Berührend, tiefgründig, emotional und einfach nur wunderschön!
Da mich bisher alle Jugendbücher von Heike Abidi, die ich bereits gelesen habe, hellauf begeistern konnten, war meine Neugierde sofort geweckt, als ich beim Durchstöbern der neuen Vorschau des Oetinger ...
Da mich bisher alle Jugendbücher von Heike Abidi, die ich bereits gelesen habe, hellauf begeistern konnten, war meine Neugierde sofort geweckt, als ich beim Durchstöbern der neuen Vorschau des Oetinger Verlags auf ihren neuen Jugendroman gestoßen bin. Der Klappentext konnte mich sofort überzeugen und in das wunderhübsche Cover habe ich mich auf den ersten Blick verliebt. Ich liebe diese Skyline im Hintergrund! „Und dann kamst du“ musste ich einfach bei mir einziehen lassen.
Für die 19-jährige Claire bricht eine Welt zusammen, als ihr Zwillingsbruder Colin bei einem Unfall ums Leben kommt. Die beiden haben gerade ihr Abi bestanden und wollten demnächst zusammen Medizin studieren. Soll Claire nun alleine das Medizinstudium antreten? Will sie überhaupt noch Medizin studieren? Claire verliert sich immer mehr in ihrer Trauer und ihren Selbstzweifeln. Ohne Colin fühlt sie sich unvollständig, sie weiß gar nicht mehr, wer sie eigentlich ist. Oder hat sie das vielleicht nie so wirklich gewusst? Sie beginnt verschiedene Dinge ausprobieren. Sie zieht in eine fremde Stadt, nimmt einen Job als Kellnerin in einer Bar an und wohnt zusammen mit zwei anderen Studenten in einer WG.
Eine schicksalshafte Begegnung in einem Bus soll Claires Leben komplett verändern. Von dem jungen Mann mit den traurigen Augen und den Wuschelhaaren fühlt sie sich vom ersten Moment an wie magisch angezogen. Er erinnert sie irgendwie an Colin. Doch ehe sie den Mut fassen kann, ihn anzusprechen, steigt er aus dem Bus – und lässt seinen Rucksack liegen. Ein Zeichen? Claire nimmt den Rucksack an sich. Der Inhalt verrät nur leider wenig über dessen Besitzer. Eine Einkaufsliste, ein Sweatshirt, eine Packung Streichhölzer, ein Kugelschreiber und ...ein Notizbuch! Leider befindet sich in dem Notizbuch nur ein einziger Eintrag. Die Worte des mysteriösen Unbekannten sprechen Claire aber direkt aus der Seele. Sie muss den Fremden (Sam) unbedingt finden! Ihre Suche nach ihm wird allerdings mehr sein als nur eine Sache nach ihrem Seelenverwandten. Es wird auch eine Reise zu sich selbst sein.
Ich bin hier eindeutig nicht mit zu hohen Erwartungen an das Buch herangekommen – mir hat der neue Jugendroman von Heike Abidi unglaublich gut gefallen! Für mich hat sich „Und dann kamst du“ zu einem richtigen Highlight entwickelt. Die Geschichte ist so bewegend, emotional, tiefgründig, warmherzig und wunderschön. Mich hat Claires Geschichte zutiefst berührt und mitfiebern lassen. Ich wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, da ich so gefesselt von der Handlung war. Dank des tollen, flüssigen Schreibstils, der mitreißenden Story und den angenehm kurzen Kapiteln bin ich hier nur so durch die Seiten geflogen und habe das Buch im Nu beendet.
Erfahren tun wir alles aus der Sicht der 19-jährigen Claire in der dritten Person. Claire war mir auf Anhieb sympathisch gewesen. Dank der einfühlsamen und authentischen Erzählweise ist es mir spielend leicht gelungen mich in sie hineinzuversetzen und ihr Denken und Handeln jederzeit nachzuvollziehen. Ihre große Trauer bezüglich ihres verstorbenen Bruders, ihre Zweifel, ihre Sorgen und Ängste – alles wird so bildhaft und gefühlvoll beschrieben. Als Leser kann man gar nicht anders als mit Claire mitzuleiden. Die Geschichte ist stellenweise schon recht bedrückend, aber keine Sorge, zu beklemmend ist sie nicht. Nein, das Buch ist ein richtiger Mut- und Glücklichmacher!
Claire wird auf ihrer Suche nach dem Jungen Sam über sich selbst hinauswachsen und sich wunderbar weiterentwickeln. Sie wird an Selbstbewusstsein und Lebensfreude gewinnen und alle Hürden, die sich ihr in den Weg stellen werden, in Angriff nehmen. Sie wird öfters über ihren Schatten springen und sich endlich wieder aus ihrem Schneckenhaus hinauswagen. Ich habe Claire für ihre Entschlossenheit und große Stärke zutiefst bewundert. Ich muss gestehen, dass ich so jemand bin, der sich selten aus seiner Komfortzone herausbewegt und sehr davor scheut, Neues auszuprobieren. Claire hat mir jetzt irgendwie richtig Mut gemacht, mich neuen Herausforderungen zu stellen.
Claires Trauerbewältigung und Entwicklung steht hier ganz klar im Vordergrund der Handlung. Die Liebesgeschichte kommt dabei ziemlich zu kurz, was mich aber überhaupt nicht gestört hat, ganz im Gegenteil. Ich fand Claires lange Suche nach Sam wahnsinnig aufregend und spannend und habe die ganze Zeit so gehofft, dass sie ihn endlich finden wird. Ob sie das wird? Tja, das werde ich hier natürlich nicht erzählen, da müsst ihr das Buch schon selber lesen. Ich kann nur sagen, dass mich das Ende doch etwas überrascht hat. Auf eine gute und positive Weise!
Ich habe keinen einzigen negativen Kritikpunkt an das Buch. Neben unserer Protagonistin Claire konnte mich Heike Abidi auch mit den Nebencharakteren komplett überzeugen. So fand ich zum Beispiel Claires WG-Mitbewohner Ben und Jenny große Klasse. Besonders Ben mochte ich sehr gerne. Anfangs konnte ich ihn tatsächlich noch nicht so wirklich leiden, allerdings hat sich dann sehr schnell gezeigt, dass er so ganz anders ist, als zuerst von mir angenommen.
„Und dann kamst du“ steckt wirklich voller Überraschungen, so viel kann ich euch ja schon mal verraten.
Fantastisch fand ich dann auch die Tagebucheinträge von Claire. Sie wird damit beginnen, in Sams Notizbuch ihre Erlebnisse und Gedanken festzuhalten. Zuerst fand ich es irgendwie nicht okay von ihr, dass sie, erstens, einfach so Sams Notizbuch liest und, zweitens, beginnt, darin zu schreiben. Ich habe mich dann aber doch sehr schnell damit angefreundet und Claires emotionale Einträge nur zu gerne gelesen. Dank diesen fühlt man sich Claire noch näher und kann ihr großes Gefühls- und Gedankenchaos noch besser verstehen.
Wovon ich ebenfalls ganz begeistert bin, ist das Setting. Das Buch spielt in einer größeren Stadt in Deutschland, allerdings wurde keine explizite genommen. Mir persönlich hat es total gefallen, dass wir Leser uns selbst vorstellen können, in welcher Stadt wir uns mit Claire auf ihre große Suche und Reise begeben.
Fazit: Was für ein wundervolles Buch, ich bin hellauf begeistert! „Und dann kamst du“ erzählt eine wunderschöne Geschichte über Verlust, Trauer, Freundschaft, Liebe, Mut, Träume und der Reise zu sich selbst. Mitfiebern und mitfühlen, hoffen, schmunzeln, grinsen, nachdenklich, traurig, glücklich und überrascht sein – all das hat das Buch in mir hervorgerufen. Ich habe Claire nur zu gerne auf ihrem Selbstfindungstrip und ihrer großen Suche begleitet. Ich kann das Buch jedem nur ans Herz legen und vergebe volle 5 von 5 Sternen!