Im Dunkel der Wälder
So düster, wie das Cover des Buches, ist auch die Geschichte. Tuva Moodyson, eine junge Journalistin, ist nach Gavrik gekommen, um für die dortige regionale Zeitung zu arbeiten. Nur ihrer schwerkranken ...
So düster, wie das Cover des Buches, ist auch die Geschichte. Tuva Moodyson, eine junge Journalistin, ist nach Gavrik gekommen, um für die dortige regionale Zeitung zu arbeiten. Nur ihrer schwerkranken Mutter zuliebe ist sie aus London zurückgekehrt in die Heimat.Es fällt ihr schwer, sich mit den Gegebenheiten des kleinen, verschlafenen Ortes abzufinden. Tuva ist sehr ehrgeizig und immer auf der Suche nach einer großen Story, die sie aus ihrer Bedeutungslosigkeit herausholt. Dabei kommt ihr der Fund einer männlichen Leiche gerade recht. Dem Toten wurden die Augen entfernt. Das erinnert an eine Mordserie, die sich vor zwanzig Jahren ereignet hat. Ist der Medusa-Mörder, wie der Täter damals genannt wurde, zurückgekommen? Auch er hatte seinen Opfern die Augen ausgestochen.Tuva wittert ihre große Chance und stürzt sich voller Elan in die Recherche. Dabei bringt sie sich immer wieder in Gefahr. Der Hauptgrund, weshalb sie nach Gavrik gekommen ist, die Betreuung ihrer Mutter, gerät vor lauter Arbeitseifer, zunehmend in den Hintergrund.
Will Dean, der in Schweden lebende Autor legt mit Totenstille seinen Debütroman vor und erfüllt alles, was man von einem nordischen Krimi erwarten kann. Seine detailreichen Schilderungen katapultieren den Lesenden mitten in die Geschichte hinein, lassen sie ihn riechen, hören, schmecken und empfinden, immer ganz nahe dabei sein. Großartig. Dean schreibt mit einer, den nordischen Krimifans vertrauten, Mischung aus Spannung, Düsternis und Melancholie und so lässt die Story den Leser erst los, wenn er sie atemlos zu Ende gelesen hat.
Tuva, die etwas schräge Heldin des Romans, wächst einem schnell ans Herz. Die Einschränkungen durch ihr Handycap, ihre Taubheit und die Probleme mit der hochmodernen Technik der Hörgeräte, machen sie menschlich und liebenswert, wenn auch ihre Alleingänge, nicht immer nachvollziehbar sind. Tuvas, aus ihrer Kindheit rührende Angst vor dem Wald, vermischt sich mit ihren realen Lebensängsten und den Schuldgefühlen ihrer kranken Mutter gegenüber. Dabei ist Tuva eine taffe, willensstarke Frau. Ihre innere Zerbrechlichkeit und ihr Kampf gegen ihre Ängste machen sie zu einer Figur, die man einerseits beschützen möchte, andererseits macht sie den Leser oft wütend durch ihre Eigenwilligkeit. Dean hat es geschafft, seine Hauptfigur so zu zeichnen, dass sie den Leser berührt und ihn in seine eigenen Ängste schauen lässt. Auch die anderen Figuren des Romanes sind gut gezeichnet, und, mit ihrer Skurrilität wunderbar in die dunklen, unendlichen Wälder passend.
Mit einem zweiten Mord nimmt die Geschichte noch einmal Fahrt auf. Alle sind verdächtig, sei es der zwielichtige Ghostwriter, die Trolle schnitzenden Schwestern, die mütterliche Frida und ihr aggressiver Mann Hannes, sowie die beste Freundin Tammy, der undurchsichtige Taxifahrer und der eigenartige Messie. Das Ende ist dann überraschend, aber völlig stimmig und man legt das Buch ungern, aber zufrieden zur Seite.
Ein spannender Roman, den ich sehr gerne gelesen habe und auf jeden Fall weiter empfehlen werde.