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Veröffentlicht am 20.11.2019

So ein Bisschen Medizingeschichte hätte ich auch gern in der Ausbildung gehabt

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
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Es ist etwas mehr als 10 Jahre her, dass ich meine Ausbildung zur Medizinischen Dokumentationsassistentin erfolgreich abschloss. Ich war vollgepumpt mit anatomischen Wissen, fähig, sowohl eine Krankenhausabrechnung ...

Es ist etwas mehr als 10 Jahre her, dass ich meine Ausbildung zur Medizinischen Dokumentationsassistentin erfolgreich abschloss. Ich war vollgepumpt mit anatomischen Wissen, fähig, sowohl eine Krankenhausabrechnung fehlerfrei durchzuführen als auch einen Arztbrief nach den von den Ärzten dokumentierten ICD 10 und Prozeduren-Schlüssel aufzusetzen und ich war weniger fähig als Study-Nurse bei einer medizinischen Studie zu assistieren, weil ich schlicht und ergreifend diesen ganzen auf mathematisch-komplizierten Statistikkram nicht verstand. Was mich die ganzen Jahre an meiner Ausbildung genervt hat, war, dass wir, mal abgesehen von ein paar Praktika in medizinischen Einrichtungen und Krankenhausarchiven sowie einer Exkursion zu einer Sezierung in der hiesigen Pathologie nichts als grauen, trockenen Theorieunterricht hatten, bei dem meine Gedanken mehr als einmal auf Weltreise gegangen sind. Meine besten Gedichte sind während dieser Zeit im Unterricht entstanden. 🤣
Hätten wir allerdings ein Unterrichtsfach gehabt, dass Medizingeschichte geheißen hätte, wäre ich wohl die beste Schülerin auf diesem Gebiet gewesen. Zumindest, wenn wir einen Dozenten gehabt hätten, der nur annähernd so spannend unterrichtet hätte, wie Ulrike Schweikert schreibt.
Wenn man bedenkt, dass es gerade mal 180-190 Jahre her ist, dass die Patienten an Cholera, Diphterie, Sepsis und Wundbrand, sowie Kindbettfieber gestorben sind, weil die hygienischen Bedingungen zu dieser Zeit unter aller Kanone waren und das Impfen in der heutigen Form leider noch nicht erfunden und welche medizinischen Fortschritte allein die Ärzte in der Charité bis zum heutigen Tag errungen haben, schätzt man sich froh und glücklich, dass man im 21. Jahrhundert lebt. Die Frauen haben sich emanzipiert, sich die Möglichkeit erkämpft zu studieren, es gibt Verhütung, man muss keine 12 Kinder mehr austragen, kann Kind und Beruf unter einen Hut bringen, es gibt Impfungen und sterile Operationsräume und man muss sich nicht bei jedem Eingriff den Kopf zerbrechen, dass man vor Schmerzen oder vor der Angst vor Schmerzen und schon gar nicht wegen einem Arzt, der zu stolz ist, den OP-Kittel an den Nagel zu hängen, ums Leben kommt.
Es ist bewundernswert, was mutige Ärzte bis heute, unter teilweise lebensgefährlichen Umständen, erforscht, erprobt und erfolgreich umgesetzt haben. Und es wäre toll, wenn über diese Pioniere der Medizin und ihre Methoden mehr gelehrt werden würde. Sonst muss (zumindest) das administrative medizinische Personal, zu dem ich gehöre, wieder bis zu 10 Jahre warten, bis eine Autorin wie Ulrike Schweikert sehr interessante Romane über die Sternstunden der Medizin schreibt und bis dahin mit gefährlichem Halbwissen draußen rumspazieren.
Naja, die Medizin hab ich mittlerweile endgültig an den Nagel gehängt, das Interesse an Anatomie, Biochemie, Pathologie und Medizingeschichte ist jedoch geblieben. Dementsprechend bin ich auch schon auf den zweiten Band über die Charité sehr gespannt.

Veröffentlicht am 13.11.2019

Mystisch, düster, beklemmend und absolut zu empfehlen

Melmoth
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Cover des Buches Melmoth (ISBN:9783847906643)
FreydisNeheleniaRainersdottirs avatar
Rezension zu Melmoth von Sarah Perry
Mystisch, düster, beklemmend und absolut zu empfehlen
von FreydisNeheleniaRainersdottir vor ein paar Sekunden



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FreydisNeheleniaRainersdottirs avatar
FreydisNeheleniaRainersdottirvor ein paar Sekunden
Ja, was soll ich über Melmoth sagen? In dieser Geschichte tun sich Abgründe auf und zeigen die Menschen von ihrer schlechtesten Seite: Josef Hoffmann liefert aus Neid seine Nachbarn aus, Karel Pražan drückt sich vor der Verantwortung, Albína Horákova ist eine garstige alte Frau mit einer Leiche im Keller und Helen lässt den Menschen, der ihr am meisten bedeutet für ihre Taten büßen. Über alldem schwebt die biblische Figur Melmoth, auch genannt die Zeugin, wie ein dunkler Schleier und erinnert die Menschen nicht nur an ihre Verfehlungen, sondern will sie auch gleich mit ins Jenseits nehmen, um ihrer Einsamkeit ein Ende zu setzen.

Die Geschichte ist ohne Frage richtig gut geschrieben und es wird der ein oder andere geschichtliche Fakt eingewebt. Dazu noch eine Hand voll Mystizismus und fertig ist der Lack. Die Story erdrückt einen aber auch teilweise mit Melancholie, Selbsthass und dem schlechten Gewissen der Protagonisten, dass man sich regelrecht beklemmt fühlt, so als stehe Melmoth auch in der eigenen Zimmerecke. Da denkt man automatisch über seine eigenen Verfehlungen nach und wie schwer sie wiegen. Gegen die Verfehlungen der Protagonisten kommt man sich allerdings wie ein Chorknabe vor, soviel kann ich versprechen.
Melmoth sollte man reinen Gewissens lesen können, man sollte es sogar gelesen haben. Es ist ein schaurig-mystisches Leseerlebnis.

Veröffentlicht am 12.11.2019

Da will man sich am liebsten mit ins Abenteuer stürzen

Strange the Dreamer - Der Junge, der träumte
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Lazlo Strange ist ein Waisenkind und wächst in einem Kloster auf. Um den grauen Alltag von "Ora er labora" zu entkommen, flüchtet er oft in die Zelle eines dementen Mönchs, der ihm die Geschichte über ...

Lazlo Strange ist ein Waisenkind und wächst in einem Kloster auf. Um den grauen Alltag von "Ora er labora" zu entkommen, flüchtet er oft in die Zelle eines dementen Mönchs, der ihm die Geschichte über eine sagenhafte Stadt erzählt, die jenseits einer großen Wüste liegt und in der sich allerlei fantastisches Getier und mancher Held herumtreiben soll. Mit seiner grenzenlosen Fantasie spielt er die Abenteuer jener Helden nach, wird von den Mönchen aber mehr als einmal dafür gescholten und verprügelt. Dennoch, der Glaube, dass diese sagenhafte Stadt existiert, wird Lazlo dadurch nicht ausgetrieben. Er begleitet ihn sogar bis ins Erwachsenenalter, und so sucht er nach jedem sich bietenden Hinweis über die  geheimnisvolle Stadt (deren wahrer Namen verloren ging und nur noch als Weep bekannt ist), was ihn den Spitzname Lazlo der Träumer einbringt. Weep gilt als Ammenmärchen - aber nur bis zu dem Tag, als eine Gruppe Krieger, die sogenannten Tizerkan, aufkreuzen und eine Expeditionsgruppe zusammenstellen. Lazlo gewinnt das Vertrauen des Anführers Eril-Fane und wird als dessen Sekretär mit auf die Reise genommen. Was er jedoch in Weep erleben wird, liegt jenseits seiner Vorstellungen.

Mir hat dieser erste Band um den "Träumer" Lazlo sehr gut gefallen und ich erwarte mit Spannung die Fortsetzung Ende November. Schon die ersten Seiten haben mich in ihren Bann gezogen und ich konnte es kaum erwarten, mit Lazlo auf Reisen zu gehen. Ich bin natürlich gespannt, wie es ihm in Weep ergeht und ob die Stadt von ihrem "dunklen Schatten" befreit wird. Und wie es dann der sogenannten Götterbrut ergeht. Ach man, wenn es nach mir geht, könnte der zweite Teil am besten gestern erscheinen.

Veröffentlicht am 23.10.2017

Wenn ein Buch soviel mehr ist, als eine interessante Geschichte

Ich treffe dich zwischen den Zeilen
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Loveday findet auf dem Weg zur Arbeit ein Buch. Außer ihr scheint sich allerdings keiner dafür zu interessieren, geschweige denn scheint es irgendwem zu gehören. Loveday nimmt es kurzer Hand mit auf Arbeit, ...

Loveday findet auf dem Weg zur Arbeit ein Buch. Außer ihr scheint sich allerdings keiner dafür zu interessieren, geschweige denn scheint es irgendwem zu gehören. Loveday nimmt es kurzer Hand mit auf Arbeit, in ein Antiquariat, und hängt dort einen Aushang ins Schaufenster. Kurz darauf steht Nathan mit seinen unterschiedlichen Stiefeln vor ihr. Und kurz darauf stellt er Loveday´s Leben auf den Kopf.

So beginnt Loveday´s Geschichte und ich dachte, bei „Ich treffe dich zwischen den Zeilen“ handle es sich einfach um ein nettes, leseleichtes Buch über die Liebe über Bücher. Das habe ich aber auch nur gedacht, denn dieser Roman geht sehr viel tiefer.

Loveday ist völlig kaputtgespielt von ihrer Vergangenheit, lässt niemanden wirklich an sich ran, aus Angst, das jemand hinter ihre harte Fassade sehen und erkennen könnte, dass sie eigentlich ein trauriges, verletzliches Wesen ist, deren Leben von einem Tag auf den anderen eine krasse Wendung nahm. Mit Nathan will sie eigentlich nichts zutun haben, ist sie gerade erst knapp einer Beziehung mit dem psychisch instabilen Rob von der Schippe gesprungen. Das einzige, was sie interessiert, sind Bücher. Die tun keinem weh und scheren sich nicht darum, wer man ist und woher man kommt. Dann springt Loveday aber über ihren Schatten und nimmt Nathan´s Einladung zum Poetry Slam an und damit stößt sie eine neue Wende in ihrem Leben an.

„Ich treffe dich zwischen den Zeilen“ erzählt in drei Phasen die Geschichte des Hauptcharakters Loveday. Es gibt um Loveday´s Erlebnisse als Kind, ihre „Beziehung“ zu Rob und wie sie in der Gegenwart damit umgeht. Es geht um Liebe, Freundschaft, kaputte Familien und eben doch die liebe zu Büchern. Je weiter man liest, desto besser kann man Loveday und Ablehnung gegenüber den Menschen verstehen. Und dann kommt das große, emotionale Finale.

Ein tolles Buch, das so viel mehr ist, als ich von ihm erwartet habe. Eine interessante Geschichte, glaubwürdige, teils verrückte und dennoch (zum Großteil) liebenswerte Charaktere. „Ich treffe dich zwischen den Zeilen“ ist es wert, im Buchladen gefunden und mitgenommen zu werden. Vielleicht lernt man dadurch ebenso interessante Menschen kennen, wie Nathan.

Veröffentlicht am 23.10.2017

Kein Schnulz, kein Kitsch, einfach ein grandioser Roman

Das saphirblaue Zimmer
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Wenn man einen historischen Liebesroman lesen will, der ohne jeglichen Kitsch auskommt, dann liegt man bei der Lektüre von „Das saphirblaue Zimmer“ genau richtig. Natürlich, es gibt viel Liebe, Leid und ...

Wenn man einen historischen Liebesroman lesen will, der ohne jeglichen Kitsch auskommt, dann liegt man bei der Lektüre von „Das saphirblaue Zimmer“ genau richtig. Natürlich, es gibt viel Liebe, Leid und Herzschmerz, dieser drängt sich allerdings nicht in den Vordergrund. Vielmehr beschäftigt sich dieses Buch mit der Frage „Wenn du in einer frauenfeindlichen, von Männern dominierten Gesellschaft lebst, welche Entscheidungen würdest du treffen und könntest du mit den Konsequenzen leben?“

Da hätten wir Olive. Sie kam als Dienstmädchen getarnt ins Haus der Pratts, um Beweise zu sammeln, dass der Familien-Patriarch Henry August Pratt die Dienstleistung ihres Vaters in Anspruch nahm, ohne ihn jedoch je dafür zu bezahlen. Das ruinierte Olive´s Vater und er nahm sich das Leben. Mit den Beweisen wollte sie nun ihrerseits die Familie Pratt ruinieren. Doch es kam alles anders, denn sie verliebte sich in den Sohn der Pratts, Harry. Bald darauf muss sie sich jedoch entscheiden: Schenkt sie den Versprechungen Harry´s glauben und brennt mit ihm durch oder heiratet sie Hans Jungmann und entscheidet sich damit für eine sichere Zukunft?

Olive´s Tochter Lucy tritt nach dem Tod ihres Vaters einen Posten als Rechtsanwaltssekretärin in einer renommierten New Yorker Kanzlei an und lernt dort den Anwalt Philip Schuyler kennen. Sie schwärmt natürlich ein wenig für ihn, doch er ist mit einem gesellschaftlich hochangesehenen Flapper verlobt und somit Sperrgebiet. Weil Schuyler verhindert ist, bittet er Lucy, sich mit einem Mandanten zum Abendessen zu treffen. Lucy ringt sich zähneknirschend dazu durch und lernt somit John Ravenell kennen. Es fliegen die Funken, doch dann macht Philip Schuyler ihr ein überraschendes Geständnis und Lucy sitzt zwischen den Stühlen. Wie wird sie sich entscheiden?

Lucy´s Tochter Kate hat sich gegen alle Widerstände eine Karriere als Ärztin erkämpft. Sie kümmert sich in einem zum Krankenhaus umgebauten Herrenhaus um verletzte Soldaten und wird vom ärztlichen Leiter schikaniert bis auf´s Blut. Nur weil sie eine Frau ist. Dann wird Cooper Ravenell eingeliefert, der ihr gleich zu Anfang in einem Fieberwahn eröffnet, dass er ihr Gesicht sein Leben lang kennt. Kann Kate die professionelle Distanz zwischen Arzt und Patient waren oder wirft sie für Cooper alles über Board, was sie sich hart erarbeitet hat?

Drei Frauen, drei Entscheidungen, ein großes Familiengeheimnis. Dieser Roman ist von Anfang bis Ende spannend, geht an Herz und Materie und kommt ohne übertriebenen Kitsch oder Schnulz aus. Ein Buch für gemütliche Lesewochenenden oder der Kuscheldecke. Ein Schmöker, den man nicht mehr aus der Hand legen will.