Im Dschungel aus Macht und Gewalt
Der Jäger Sucher zeichnet sich durch seinen besonderen Geruchssinn aus. Hat er einmal einen bestimmten Geruch in der Nase, verliert er ihn auch nicht mehr so schnell und kann dadurch jeden aufspüren. Genau ...
Der Jäger Sucher zeichnet sich durch seinen besonderen Geruchssinn aus. Hat er einmal einen bestimmten Geruch in der Nase, verliert er ihn auch nicht mehr so schnell und kann dadurch jeden aufspüren. Genau diese Fähigkeit bringt ihm eine seiner schwersten Aufgaben ein. Drei Jahre zuvor wurde ein Junge verschleppt, der in der Thronfolge eines phantastischen Afrikas eine wichtige Rolle spielt. Während er die Fährte des Kindes verfolgt, begleiten ihn verschiedene Gefährten. Ein Gestaltwandler, der sich in einen Leoparden verwandeln kann, ein Büffel, eine Mondhexe und auch ein Riese, der nicht gerne Riese genannt wird.
Es ist eine von Gewalt geprägte Welt, die Marlon James in „Schwarzer Leopard, Roter Wolf“ erschafft. Die Gewalt äußert sich dabei nicht nur in der Handlung, in der gemordet, versklavt, erniedrigt und vergewaltigt wird, sondern auch in der Sprache. Neben dem Lieblingsschimpfwort „Fick die Götter“ des Protagonisten ist „ficken“ überhaupt ein nicht nur häufig verwendetes Wort, sondern auch keine seltene Tätigkeit in der Geschichte. Dabei liegt der Fokus allerdings weniger auf dem Geschlechtsverkehr selbst, als auf der Ausübung von Macht dadurch. Die Reduzierung der Sprache auf Kraftausdrücke spiegelt den von Gewalt und rauen Umgangsformen geprägten Alltag der Figuren wieder. Gegenüber den Kindern zeigt Sucher zwar Zuneigung, doch diese wird meist nur vorsichtig und zurückhaltend zum Ausdruck gebracht.
Das „Was“ der Geschichte, also die Handlung an sich, ist es auch, was den Leser in die Geschichte zieht, denn das „Wie“, die von Flüchen und Kraftausdrücken geprägte Sprache, macht es oft schwer Zugang zu den Figuren zu finden. Stellenweise nimmt man dadurch beim Lesen sogar eher eine ablehnende Haltung ein, wodurch es nicht immer einfach ist, den Ereignissen zu folgen. Auch, dass keiner der Charaktere ein echter Sympathieträger ist, macht das Lesen nicht einfacher. Trotz der rauen Umgangsformen ist die Dynamik der Figuren untereinander faszinierend, da vor allem Sucher und den Leopard eine Art Hassliebe mit einander verbindet. Aus literarischer Sicht ist die gegenseitige Spiegelung von Sprache und Handlung durchaus spannend, zum entspannten Lesen lädt „Schwarzer Leopard, roter Wolf“ nur bedingt ein, was schade ist, da in der Erzählung viel Potential steckt.