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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.01.2021

Tödliche Lebenslüge!

Schweige still
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Der Plot:
Joe O'Loughlin & Vincent Ruiz haben ausgedient. Robotham hat sie in Rente geschickt. Dafür steht nun Joes Schüler, Cyrus Haven – ein schwer traumatisierter, forensischer Psychologe - im Mittelpunkt ...

Der Plot:
Joe O'Loughlin & Vincent Ruiz haben ausgedient. Robotham hat sie in Rente geschickt. Dafür steht nun Joes Schüler, Cyrus Haven – ein schwer traumatisierter, forensischer Psychologe - im Mittelpunkt seiner Geschichten. Mit seinem fundierten Wissen unterstützt er seine Freundin, Chief Inspector Lenny Parvel bei ihren Ermittlungen. Bald stellt sich heraus, dass ein Lügendetektor von großer Hilfe wäre. Oder eben ein Truth-Wizard.
Robotham bedient sich des ungewöhnlichen Zwei-Perpektiven-Stils. Einmal wird die Geschichte aus Cyrus‘ Sicht erzählt, im nächsten Kapitel wechselt er zu Evie, die eine junge „Patientin“ von ihm ist. Das trägt wesentlich zur Spannung bei. Die beiden Handlungsstränge verdichten sich und bevor der Überblick verloren geht, kommt es zum gelungenen Showdown. Cool!

Die Personen:
Die einzelnen Charaktere sind detailreich skizziert. Zuletzt sind sie zu „guten“ Bekannten des Lesers geworden. Selten war noch die Entwicklung der einzelnen Protagonisten derart transparent dargestellt worden. Vom ersten kühlen und selbstsichern Auftritt bis zum ausartenden Nervenzusammenbruch. Eine Freude!

Die Sprache:
Es ist eine Übersetzung. Eine sehr gute, wie ich meine. Dem Genre sind die vereinzelt derben, reißerischen Metaphern (Vergleiche ...) geschuldet, die dem Lesefluss aber keinen Abbruch tun. Lässig, kurzweilig und spannend.

Mein Fazit
Eine sehr gute Geschichte, die Lust auf mehr macht. Der Handlungsstrang um Evie hat mich beinahe mehr in den Bann gezogen, als der eigentliche Kriminalfall, die Ermordung einer jungen Eisprinzessin. Der Thriller hält mit psychologischem Wissen nicht hinter dem Berg. Selbst die mendelschen Erbregeln werden aufgefrischt. Man merkt die enorme Recherchearbeit, die in dem Roman verwoben ist, ohne sich eine Seite lang zu langweilen. Und zu guter Letzt, wird nach all den Wendungen die Lebenslüge aufgetischt. Chapeau! Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 23.12.2019

Lagerkoller!

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Der Plot:
Die Grundidee zu diesem Plot wurde schon oft in den verschiedensten Storys verwendet: man denke nur an „Das Ostermann Weekend“ von Robert Ludlum (Film von Sam Peckinpah), „Identität“ von James ...

Der Plot:
Die Grundidee zu diesem Plot wurde schon oft in den verschiedensten Storys verwendet: man denke nur an „Das Ostermann Weekend“ von Robert Ludlum (Film von Sam Peckinpah), „Identität“ von James Mangold mit John Cusack oder „10 kleine Negerlein“ von Agatha Christie. Arno Strobel entwickelt die Geschichte langsam, sodass es für den Leser ein leichtes ist, in die Atmosphäre des einsamen Hotels einzutauchen. Die Situation wird nachvollziehbar beschrieben. Nach den ersten Toten eskaliert die Gruppendynamik. Die Idee „jemanden zu töten, ohne dass er stirbt“ hat mich fasziniert.

Die Charaktere:
Die Charaktere hat Strobel gut skizziert. Jeder von ihnen hat seine Vor- und Nachteile, aber auch sein Geheimnis, das die Story zusätzlich würzt. In deren Psyche lässt er uns jedoch nicht tief eintauchen. Für meinen Geschmack sind es auch zu viele Figuren, was einerseits zu unnötiger „Verwirrung“ beiträgt und andererseits den Lesegenuss mindert.

Die Sprache:
Der Autor bedient sich einer Sprache, die der jeweiligen Situation angepasst ist. Sie vermittelt sehr gut die Stimmung in der Gruppe, beschreibt vorstellbar das Setting und die daraus resultierende, beklemmende Atmosphäre. Trotzdem fehlt der letzte Schwung.

Fazit:
So gut mir der Plot, das Setting und die Idee „jemanden mundtot zu machen, ohne ihn zu töten“ gefallen hat, ließ mich der Autor ein wenig enttäuscht zurück. Der Roman war für mich „anstrengend“ zu lesen. Vielleicht liegt es daran, dass einige Reaktionen der Protagonisten nicht nachvollziehbar sind bzw. konstruiert erscheinen. Die Gedankengänge, die zu den jeweiligen Reaktionen führen, werden leider nicht vermittelt. Es fehlte das letzte Tüpfelchen auf dem I. Spannend ja, Thrill nein.

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Veröffentlicht am 22.11.2019

Die 20er in Wien und Lokalkolorit vom Feinsten

Die rote Frau
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Der Plot:
August Emmerichs zweiter Fall spielt wieder 1920 im Nachkriegs-Wien und ist die logische Fortsetzung des ersten Teils. Diesmal ist die Story nicht so subtil mit Nebensächlichkeiten, die schlussendlich ...

Der Plot:
August Emmerichs zweiter Fall spielt wieder 1920 im Nachkriegs-Wien und ist die logische Fortsetzung des ersten Teils. Diesmal ist die Story nicht so subtil mit Nebensächlichkeiten, die schlussendlich dann doch eine wichtige Rolle spielen, bestückt. Der Aufbau der Story gleicht einer Schnitzeljagd, einem Adventure-Game. Selbst eine Sackgasse, bietet noch einen kleinen Hinweis.
Aber: Ein Besuch im Puff oder Schwulenlokal kann man meiner Meinung nach nicht recherchieren. Man muss Vorort gewesen sein und das Treiben mit eigenen Augen beobachtet haben, um es beschreiben zu können – das geht nicht mit Rosamunde Pilchers Blümchensex Beschreibungen.
Darüber hinaus grenzt die Story diesmal sehr ans Unwahrscheinliche, wie zum Beispiel: sich mit einer Hellebarde durch Wände zu graben.
Andererseits gibt Geschichte einen hervorragend recherchierten Einblick ins Jahr 1920. Von der Beschreibung der Stadtteile, über die politischen Strömungen bis hin zu der polarisierten Gesellschaft, die in Not oder Überfluss lebt.

Die Personen:
Wie gehabt. Das kann die Autorin! Inspektor Emmerich ist ein typischer Antiheld, Einzelgänger und zäher Kerl, dem immer wieder Prügel in den Weg geworfen werden. Stets an der Grenze zwischen Recht und Unrecht dahinlavierend. Seine Moralvorstellungen sind mit dem Mainstream der damaligen Zeit oft nicht kongruent. Sein ursprünglich ambivalentes Verhältnis zu seinem jungen Kollegen Winter hat sich einspielt. Selbst die Randfiguren der Backgroundstory haben sich interessant verändert.

Die Sprache:
Die direkte Sprache teilweise im Wiener Dialekt - geprägt von den 20er Jahren - finde ich sehr gut. Auch der böhmische Arbeiter bereichert mit seinem „Böhmakeln“ (Kuchldeitsch) so manche Scene. Wieder gut leserlich, flüssig geschrieben, ohne wirkliche Highlights.

Mein Fazit:
Daniela Larcher hat es wieder geschafft! Es ist eine spannende Geschichte, mit vertrauten Orten, die es zum Teil gottseidank nicht mehr gibt und mit einem plastischen Lokalkolorit vom Feinsten. Alles sehr gut beschrieben. Ein zeitgeschichtlicher Krimi, zum Weiterempfehlen. Die gut konstruierte Geschichte hat mir gefallen, auch wenn die Wendungen, immer verworrener werden. Die Spannung wird diesmal nicht von vorschnellen „Auflösungen“ gestört. Scheibchenweise geht es der letzten Seite entgegen, während so manche Theorie wie eine Seifenblase zerplatzt. Aber das überraschende Ende ist von Hollywoods Einfallsreichtum und dem berühmten Hut, aus dem kein Hase sondern Blut zum Vorschein kommt, infiziert. Jetzt habe ich zwei Teile gelesen. Ich lese auch den Dritten, sofern er von einem meiner Sponsoren in meinen Reader geworfen wird.

Veröffentlicht am 22.11.2019

Gefällt!

Der zweite Reiter
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Der Plot:
Das Nachkriegs-Wien kurz vor den 1920er Jahren ist dicht beschrieben, hervorragend eingefangen. Es ist genau das, was ich unter einem Kriminalroman verstehe. Mehr Roman, als Krimi. Die erste ...

Der Plot:
Das Nachkriegs-Wien kurz vor den 1920er Jahren ist dicht beschrieben, hervorragend eingefangen. Es ist genau das, was ich unter einem Kriminalroman verstehe. Mehr Roman, als Krimi. Die erste Hälfte der Story ist genial aufgebaut, führt zu verständlichen, logischen Verquickungen und ungewöhnlichen Situationen. Zum Schluss möchte der Autor jedoch – so hatte ich das Gefühl – zum Thriller-Genre überwechseln, was ihm für mein Dafürhalten aber nicht ganz gelingt. Fast alle „Bögen“, „geöffnete Türen“ werden geschlossen. Bis auf eine: Ein zwielichtiger Jugendfreund. Den lässt Alex Beer in der Luft hängen.

Die Personen:
Rayonsinspektor Emmerich ist ein typischer Antiheld, Einzelgänger und zäher Kerl, dem immer wieder Prügel in den Weg geworfen werden. Ein bisserl Schimanski, immer an der Grenze zwischen Recht und Unrecht dahintorkelnd. Seine Moralvorstellungen sind mit dem Mainstream der damaligen Zeit oft nicht kongruent. Sein ambivalentes Verhältnis zu seinem jungen Kollegen Winter (das sich aber im Laufe der Story einspielt) bietet immer wieder Reibungsflächen. Alex Beer bietet vielen Protagonisten Platz, sich vorzustellen, um ihre Wesenszüge herausarbeitet. Vielen, aber nicht allen. Bei Einigen hätte ich es mir gewünscht!

Die Sprache:
Die direkte Sprache im Wiener Dialekt - geprägt von den 20er Jahren - finde ich sehr gut. Wirklich nur dort (sparsamst) eingesetzt, wo es zur Stimmung beiträgt. Ansonsten gut leserlich, flüssig geschrieben, ohne wirkliche Highlights. Die Buchstaben dienen der Inhaltsvermittlung. Und einige Absätze ließen in mir den Verdacht aufkeimen, als hätten sie eine Frau geschrieben (Ich dachte, der Verfasser sei ein ER!" Schande über mich!) – und siehe da, Alex Beer ist das Pseudonym für Daniela Larcher.

Mein Fazit:
Wenn man den Krimi als historischen Roman liest, kommt man auf seine Kosten. Die gut konstruierte Geschichte, hat mir gefallen, auch wenn die Wendungen immer verworrener werden, um nicht zu sagen, an den Haaren herbeigezogen sind. Die Spannung ist gegeben, aber durch die jeweiligen, relativ schnell folgenden Auflösungen, nicht von Nachhaltigkeit geprägt. Ich wollte zuletzt nur wissen, wie die Story zu Ende geht. Wenn ich einmal am Strand liege, lese ich den zweiten Teil, „Die rote Frau“.

Veröffentlicht am 28.08.2020

Ein Bazooka-Kaugummi

Jenseits von Afrika
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Der Plot:
Eine autobiographische Beschreibung. Anekdoten aus einem Leben in einer fremden Kultur, mit der man sich zu arrangieren hat. Doch frage ich mich, ob man jede Geschichte wirklich erzählen muss, ...

Der Plot:
Eine autobiographische Beschreibung. Anekdoten aus einem Leben in einer fremden Kultur, mit der man sich zu arrangieren hat. Doch frage ich mich, ob man jede Geschichte wirklich erzählen muss, denn einigen fehlt der „große“ Höhepunkt. Das geschriebene Wort schlägt den Inhalt um Längen.

Die Charaktere:
Obwohl jeder einzelne Protagonist plakativ beschrieben wird, kristallisieren sich am Ende nur vier Haupttypen heraus: Die Weißen, die Massai, die Somali und die Kikuyu. Die einzelnen Personen müssen sich letztendlich mit Schattierungen dieser vier Grundtypen zufriedengeben.

Die Sprache:
Naturgemäß habe ich die deutsche Übersetzung gelesen. Ursprünglich die, aus dem Jahre 1937 / 1965 von Rudolf von Scholtz . Jeder zweite Satz warf mich aus dem Text. Nach dem zweiten Kapitel kapitulierte ich und gönnte mir die Neuübersetzung des Manesse Verlages von Gisela Perlet . Damit wurde diese Episodensammlung für mich lesbar. Stellenweise faszinierende Satzgebilde, die mich mehr in ihren Bann zogen, als die einzelnen Geschichten. Ein großes Lob der Übersetzerin, vor allem, nachdem ich die alte Fassung mit der Neuen verglich. Ich würde gerne – zumindest stellenweise – das Originalmanuskript lesen können. Jetzt kenne ich, spüre ich, Kenia.

Fazit:
Ein Bazooka, er war der Kaugummi in den 60-90ern, mit dem man die größten Blasen vor seinem Gesicht entstehen lassen konnte. Genauso ist dieser Roman. HALT. Es ist kein Roman! Steht auch nicht auf dem Buch. Es ist eine Aneinanderreihung von geschönten Geschichten, die sich teilweise überschneiden. Hat man einmal in das Setting gefunden, wurde es in jedem Kapitel aufs Neue aufgeblasen und durchgekaut. Irgendwann lässt der Geschmack nach, oder besser gesagt, kommt nichts Neues mehr. Die Geschichte wird fahl, leider auch die Beschreibungen, auch wenn sie auf höchstem schriftstellerischem Niveau angesiedelt sind.
Geschrieben in einer Zeit, in der man zum Schreiben viel Zeit hatte, noch mehr Zeit, um solche Texte zu lesen. Es gab nur wenig Konkurrenz. Damals wurden noch einzelne Geschichten / Bücher gelesen und nicht Autoren
Wen würde ich dieses Sachbuch empfehlen? Lesern, die gerne um des Lesens willen lesen, und denen es weniger um eine unterhaltsame Literatur geht!

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