Die Story, eine Eierlegendewollmilchsau ...
Der Gesang der FlusskrebseDer Plot:
Eine Entwicklungsgeschichte mit einer Krimialstory aufzupeppen und obendrein mit einer eine Liebesgeschichte zu hinterlegen ist ein netter Ansatz. Mehr aber nicht! Nicht Fisch, nicht Fleisch, ...
Der Plot:
Eine Entwicklungsgeschichte mit einer Krimialstory aufzupeppen und obendrein mit einer eine Liebesgeschichte zu hinterlegen ist ein netter Ansatz. Mehr aber nicht! Nicht Fisch, nicht Fleisch, eine Eierlegendewollmilchsau. Die „Entwicklungsgeschichte“ wird nur punktuell beschrieben. Dem Leser bleibt es überlassen, sich die Gedanken dazu zu reimen und abzuwarten, ob seine Vermutungen stimmen. Im Krimi fehlt das ausschlaggebende Motiv. Selbst bei der Gerichtsverhandlung kommt der Angeklagte nicht zu Wort. Seine Sicht der Dinge und was den Ausschlag für sein fatales Handeln gab, wird verschwiegen. Und die Liebesgeschichte ist hölzern. Klischeehaft, wie aus einem Pilcher-Roman. Guter Junge versus bösen Platzhirsch. Überhaupt wird mit Klischees gegen Klischees angekämpft z.B.: Rassismus. Die Idee die dem Roman zugrunde liegt ist originell, aber vielen Genres recht getan, ist eine Kunst die anscheinend auch Owens nicht kann. Alles in allem eine rührende (Young-Adjult-) Geschichte.
Die Charaktere:
Kya ist der einzige Charakter der näher (emotional) beschrieben wird. Sie entwickelt sich eigentlich nicht, sondern wird von ihrem Environment geprägt. Sie bezieht ihre Lebenserfahrung aus dem Verhalten der Natur. Jumpin‘ ist zum Beispiel von Anfang bis Ende des Romans immer ein und derselbe. Selbst der Platzhirsch und Tate sind von Kindheit an bis zum Erwachsen immer die gleichen.
Die Sprache:
Nach kurzer Zeit hatte ich mich an dem Maisgrießbrei mit Bohnen über(l)es(s)en. Selbst der wiederholte Anblick der Palmettopalmen konnte diesem Gefühl nichts entgegenstellen. Die Beschreibungen der Flora und Fauna des Marschs hingegen sind empfehlenswert. Die Dialoge sind auf ein Minimum reduziert. Ist auch gut so, denn Dialoge sind nicht die Stärke der Autorin: So unterhält sich kein Mensch. Auch der Versuch der Übersetzer, südstaatenenglisch mit norddeutschem Akzent zu übersetzen, schmerzt. Und zu guter Letzt, sind da noch die für mich ‚gewöhnungsbedürftigen‘ Adjektiva: „Show, don’t tell“ hätte so manche Textstelle ‚gerettet‘.
Fazit:
Für einen Entwicklungsroman ist für mit zu wenig „Entwicklung“ beinhaltet. Der Kriminalfall verstößt gegen drei der fünf Hauptfehler, die bei einem Krimi gemacht werden können und hinterlässt deshalb einen unbefriedigenden Nachgeschmack. Und die Liebesgeschichte wird auf die mordende Kopulation der Gottesanbeterin heruntergebrannt. Und das „Sensitive Reading“ setzt dem Text die Krone auf: Auf Seite 93: »Das nenn ich Schwein. Ein N** auf dem Weg ins N**dorf.«. Spielt der Roman nicht im Jahre 1960 und früher in den Südstaaten? Darf man nicht einmal mehr in einem Roman „zeitgemäß“ schreiben. (Und 1960 war das Wort Neger noch nicht in der heutigen Bedeutung angekommen. „Nigger“ hieß das Schimpfwort, aber das Wort Schwein hatte seine heutige Bedeutung bereits! ) Lesen darf man das Wort „Neger“ nicht, aber im eigenen Kopf formulieren! Eine Scheinmoral! Für mich, ein weiteres Klischee!
Ich stelle mir gerade vor, Jules Verne hätte einen seiner Protagonisten das Wort „cool“ oder „verhaltensauffällig“ sagen lassen. Einerseits ‚Politische Korrektheit‘ (für mich ein Oxymoron par excellence) im Text einfordern und sie auf der anderen Seite im Handlungsstrang (Mörder / Ethik)) negieren. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.
Die Story selbst und die Naturbeschreibungen bekommen von mir, trotz aller Kritik meinerseits, 4-5 Sterne. Der Rest 2 Sterne.