Nahweh
Im Freien – Abenteuer vor der TürTrotz der Wortgewandtheit des Autors bin ich mit dem Buch leider nicht völlig warm geworden. Aufgrund meiner großen Naturverbundenheit und der grünen Vegetation auf dem Cover hatte ich wohl irrtümlich ...
Trotz der Wortgewandtheit des Autors bin ich mit dem Buch leider nicht völlig warm geworden. Aufgrund meiner großen Naturverbundenheit und der grünen Vegetation auf dem Cover hatte ich wohl irrtümlich angenommen, es ginge dem Autor ähnlich. Tatsächlich ist der Titel aber ganz allgemein zu verstehen und auch wörtlich zu nehmen. Im Freien bedeutet also nicht zwangsläufig in der Natur und erst recht nicht, sich mit ihr stets verbunden zu fühlen. Zwar möchte Björn Kern den Zwängen seines Alltags entfliehen und Entgrenzung erfahren, wenn ihn, so formuliert er es, dass „Nahweh“ packt. Er macht sich dann überwiegend nachts auf dem Weg, wo schon ein harmloser Fuchs oder die durchaus friedfertige Dogge aus der Nachbarschaft zu Schreckgespenstern oder, so wörtlich, „Bestien“ mutieren. Natur ist nicht immer sein Ziel, so wandert er beispielsweise auch Bahndämme entlang und trifft dabei andere Nachtschwärmer. Während sich im Jahreslauf die Umgebung wandelt, zieht es ihn immer wieder hinaus. Mein Eindruck war dabei ein seltsam zwiespältiger. Obwohl Kern die „Kippmomente“ sucht, in denen das Denken aufhört, schien er mir stets sehr bei sich und auf sich bezogen zu bleiben, sein Umfeld manchmal fast wie ein Fremdkörper durchwandernd. Da die Erzählung nun einmal zwangsläufig von Worten lebt, entstand bei mir eher ein immer „verkopfterer“ Eindruck. Zum Ende des Buches werden die Erlebnisse zudem abenteuerlicher, wie allein in einer Mitternacht in ein Eisloch zu springen oder eine zwielichtige Schwitzhüttenzeremonie mit einem kaum bekannten Nachbarn.
Interessant für mich waren die Schilderungen des Oderbruchs als Ort dieser Wanderungen. Ansonsten war das Leseerlebnis für mich so, als hätte ich zwangsweise und unerwartet Einblick in intime Gedanken eines eigentlich Unbekannten genommen. Darauf war ich nicht vorbereitet. Was ich im Freien suche und oft auch finde, unterscheidet sich so stark von dem Gelesenen, dass es für mich leider wenig Berührungspunkte gab. Ich habe das Buch daher etwas ratlos zugeschlagen.