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Veröffentlicht am 12.01.2020

Neuer packender Cold Case für Kommissar Wisting

Wisting und der fensterlose Raum
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INHALT
William Wisting bekommt einen äußerst heiklen Auftrag: Im idyllischen Wochenendhaus eines an Herzinfarkt plötzlich verstorbenen Spitzenpolitikers wurden Umzugskisten mit achtzig Millionen Kronen ...

INHALT
William Wisting bekommt einen äußerst heiklen Auftrag: Im idyllischen Wochenendhaus eines an Herzinfarkt plötzlich verstorbenen Spitzenpolitikers wurden Umzugskisten mit achtzig Millionen Kronen gefunden. Die Kisten standen im innersten, fensterlosen Raum des Hauses. Stammt das Geld etwa aus einem Raubüberfall, der fast zwanzig Jahre zurückliegt? Unterstützung bekommt Wisting von Adrian Stiller, der sich gerade mit dem ungeklärten Verschwinden des möglichen Täters befasst.

Doch wie gelangte das Geld in den Besitz des Politikers? Oder stammt es gar aus einer ganz anderen Quelle?

(Quelle: Piper Verlag)

MEINE MEINUNG
Nach dem gelungenen Auftakt ist nun mit „Wisting und der fensterlose Raum“ der zweite Band der viel versprechenden, neuen Cold Case-Reihe des norwegischen Krimi-Autors Jørn Lier Horst herausgekommen.
Diesmal muss sich der norwegische Ermittler Wisting mit den mysteriösen Hinterlassenschaften des verstorbenen Spitzenpolitikers Bernard Clausen beschäftigen, die er in dessen Hütte in Pappkartons auffindet. Einbezogen in die Untersuchungen zu dem heiklen Fall, bei dem strenge Geheimhaltung und viel Fingerspitzengefühl vonnöten ist, werden lediglich Wistings Kollege Mortensen, seine Tochter Line, die als freiberufliche Journalistin arbeitet, und schließlich auch der Leiter der neuen EU-Einheit zu Cold Cases, der junge ambitionierte Kommissars Adrian Stiller.
Die clever konstruierte, mitreißende Handlung ist geschickt verwoben mit ungelösten Fällen und Ereignissen aus der Vergangenheit, gewinnt zusehends an Tiefe und nimmt allmählich immer mehr an Fahrt auf. Im Mittelpunkt dieses Krimis steht erneut die sehr authentisch wirkenden, oft kleinteiligen Ermittlungen des Teams mit all seinen Irrwegen und Trugschlüssen und zahlreichen Verdächtigen. So ist er bestens geeignet zum vielfältigen Kombinieren und Miträtseln. Man merkt deutlich, dass Jørn Lier Horst vom „Fach“ ist und seine langjährigen Erfahrungen als Kommissar in seinen hoch komplexen Fall mit eingearbeitet hat.
Geschickt lässt uns der Autor an der akribischen, clever angelegten Ermittlungsarbeit von Wistings kleinem Team teilhaben, bei der auch seine Tochter Line als investigative Journalistin eine tragende Rolle spielt und wichtige Hinweise zutage befördert. Faszinierend ist es mitzuerleben, wie sehr sich bisweilen die strategische Vorgehensweise der Polizei von den eher unkonventionellen Befragungsmethoden der Journalistin unterscheidet.
Die Geschichte lebt von den vielschichtig ausgearbeiteten, lebensnahen Charakteren der sympathischen Ermittlergruppe um Wisting, die mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen ist. Erneut hat mich vor allem die differenzierte, glaubwürdige Charakterisierung der sehr sympathischen Hauptfigur William Wisting mit seiner tiefgründigen Persönlichkeit und seiner einfühlsamen Seite als Familienmensch sehr überzeugen können. Es macht großen Spass mitzuverfolgen, wie er mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen aber dennoch mit dem notwendigen Biss und Durchblick bei seinen Ermittlungen in diesem schwierigen Fall vorgeht. Leider spielt der junge ambitionierte Stiller, der mit seiner gänzlich anderen Vorgehensweise beim vorherigen Band ein faszinierender Gegenpart zu Wisting war, bei diesem Fall nur eine Nebenrolle.
Mit seinem mitreißenden Schreibstil, überraschenden Wendungen und geschickt gesetzten Szenenwechseln treibt der Autor seine packende Geschichte voran. Er lässt uns stets an neuen Ergebnissen der Untersuchungen und Befragungen teilhaben, zieht gekonnt den Spannungsbogen immer weiter an und lässt den Krimi schließlich in einem unglaublich fesselnden, hochdramatischen Showdown gipfeln. Die Auflösung des verwickelten Cold Case ist zwar überraschend, aber durchaus plausibel. Ganz zufriedenstellen konnten mich die Erklärungen für die psychologischen Hintergründe des Motivs allerdings nicht. Dies ist aber Mäkeln auf hohem Niveau, denn insgesamt konnte mich der neue Fall für Kommissar Wisting wieder sehr begeistern.
Ich freue ich schon sehr auf eine Fortsetzung mit dem sympathischen Ermittlungsteam um Wisting und bin schon sehr gespannt auf einen neuen Cold Case, bei dem hoffentlich auch Adrian Stiller wieder mehr zum Zuge kommt!

FAZIT
Eine gelungene Fortsetzung der neuen Cold-Case-Reihe rund um Kommissar Wisting mit einem sehr fesselnden, clever konstruierter Fall und einem sehr sympathischen Ermittlerteam!
Lesenswert – wenn auch etwas schwächer als der erste Band!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.12.2019

Intensiver, berührender Roman

Laufen
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INHALT
Eine Frau beginnt wieder mit dem Laufen. Sie hat mit jedem Schritt zu kämpfen bis sie schließlich immer größere Strecken schafft. Schnell wird klar, dass es ihr beim Laufen nicht um den gesundheitlichen ...

INHALT
Eine Frau beginnt wieder mit dem Laufen. Sie hat mit jedem Schritt zu kämpfen bis sie schließlich immer größere Strecken schafft. Schnell wird klar, dass es ihr beim Laufen nicht um den gesundheitlichen Aspekt geht, sondern ein existenzielles Bedürfnis für sie darstellt. Nach einem erschütternden, persönlichen Verlust wurde sie völlig aus der Bahn geworfen. Schrittweise wird das Laufen nun für sie wieder selbstverständlich und so erkämpft sie sich allmählich die Souveränität über ihr Leben zurück und fasst neuen Lebensmut ...

(Quelle: Kiepenheuer & Witsch)
MEINE MEINUNG
Nach ihrem Bestseller-Roman »Der Pfau« ist nun ein Roman von Isabel Bogdan erschienen, der überraschenderweise ganz neue Wege beschreitet und eine sehr ernste Thematik behandelt. Es ist ein außergewöhnlicher, äußerst eindringlich geschriebener Roman über eine Frau von Anfang vierzig, der es nach einem schweren Schicksalsschlag mit Hilfe des Laufens allmählich gelingt, ihre tiefe Trauer zu überwinden, an Leib und Seele zu gesunden und schließlich wieder ins Leben zurückzufinden.
Obwohl es anfangs etwas schwierig ist, sich in den ungewöhnlichen, aber sehr authentischen Schreibstil der Autorin hineinzufinden, dauert es nicht lange, bis man gebannt dem inneren Monolog und endlosen Gedankenkarussell der namenlos bleibenden Protagonistin und Ich-Erzählerin folgt und in ihren Laufrhythmus hineinfindet. Sehr unmittelbar nehmen wir Anteil an ihrer intensiven Innenansicht - ihrem Leid, ihrer Verzweiflung, Selbstvorwürfen und Wut – angesichts des unfassbar schmerzhaften Verlusts ihres depressiven Partners durch den für sie äußerst überraschenden Freitod. Faszinierend ist es mitzuerleben, wie sich allmählich eine gewisse Ordnung in ihre rastlosen, mäandrierenden Gedanken kommt, sich eine zunehmende Distanzierung zu dem traumatisierenden Ereignis einschleicht und langsam innere Heilungsprozesse einsetzen. Geschickt und äußerst überzeugend setzt Bogdan die allmählichen Entwicklungen in der angeschlagenen Psyche ihrer Hauptfigur und ihrer Auseinandersetzung mit ihrem Verlust durch subtile Veränderungen in ihrem Schreibstil um. Allmählich erweitert sich ihr gedanklicher Fokus weg von der reinen qualvollen Laufroutine, ihrer Trauer und ihrem Schmerz hin zu Gedanken über ihren Beruf als Musikerin, ihre Freunde und Familie und einer Auseinandersetzung mit ihren unerfüllten Träumen. Immer besser gelingt es ihr mit ihrer Trauer umzugehen, endlich „ihren Friesennerz“ abzulegen und die Dunkelheit hinter sich zu lassen – dank der unschätzbaren Hilfe einer hervorragenden Therapeutin und ihrer Freundin Rike. Schließlich kann auch die Ich-Erzählerin wieder die schönen Seiten des Lebens entdecken und einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft richten.
FAZIT
Ein unglaublich intensiver, berührender und sehr authentisch geschriebener Roman, der einen noch länger beschäftigt! Sehr lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.11.2019

Bewegende Geschichte über eine außergewöhnliche Frau

Ein neues Blau
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INHALT
Als Lilis Mutter früh stirbt, kümmert sich ihr Vater Jakob rührend um sie. Aber erst als sie Günther von Pechmann kennenlernt, den Direktor der Königlichen Porzellan-Manufaktur, findet sie ihre ...

INHALT
Als Lilis Mutter früh stirbt, kümmert sich ihr Vater Jakob rührend um sie. Aber erst als sie Günther von Pechmann kennenlernt, den Direktor der Königlichen Porzellan-Manufaktur, findet sie ihre Bestimmung: die Welt des Porzellans. Doch die Nationalsozialisten kommen an die Macht und Lili muss aus Berlin fliehen.
Fünfzig Jahre später lebt Lili wieder in Charlottenburg, zurückgezogen in ihrem Haus mit dem japanischen Garten. Sie spricht nicht viel über sich und ihr bewegtes Leben. Erst die 18-jährige Anja, widerspenstig und quer, kann Lili dazu bewegen, sich ihr zu öffnen. Stück für Stück enthüllt sich Lilis Geschichte, doch auch Anja hat ein Geheimnis. Welche Rolle spielt dabei die schlichte Porzellanschale, die die alte Frau wie einen Schatz hütet?
(Quelle: List Verlag)
MEINE MEINUNG
Nach seinem Debüt „Wenn Martha tanzt“ hat Tom Saller mit „Ein neues Blau“ erneut einen bewegenden und zugleich sehr lehrreichen Roman vorgelegt, der allerdings nicht ganz an sein Erstlingswerk heranreichen kann.
Der Autor erzählt in seiner fiktiven Geschichte die bewegende Biographie einer faszinierenden, jungen Frau. Einfühlsam und mit angenehmer Leichtigkeit zeichnet er verschiedene Stationen im Leben von Lili und ihrer Familie nach – ihre Kindheit und Jugend, ihre Suche nach künstlerischer Selbstverwirklichung bis hin zu einem tragischen Schicksalsschlag, der sie für immer aus der Bahn werfen wird.
Die zwei sich abwechselnden, auf unterschiedlichen Zeitebenen angesiedelte Erzählstränge haben mich anfangs rasch in ihren Bann gezogen. In der in der Gegenwart angesiedelten Rahmenhandlung lernen wir etwas kauzige, zurückgezogen lebende Lili kennen und erfahren durch die Gespräche mit der jungen Anna allmählich immer neue Details über Lilis bewegter Vergangenheit und ihren späteren Weg als Porzellanmalerin der Königlichen Porzellan-Manufaktur. Auch die feinfühlige,nuancenreiche sprachliche Umsetzung von Lilis Geschichte, die oft ohne große Worte auskommt, vieles nur szenisch anreißt und der eigenen Interpretation freien Lauf lässt, ist außergewöhnlich und hat mir sehr gut gefallen.
Geschickt nimmt uns Saller mit auf eine faszinierende Zeitreise. Aufgrund vieler gut recherchierter Informationen und atmosphärisch dichter Beschreibungen kann man mühelos in diese spannende zeitgeschichtliche Epoche voller Umbrüche und Wandel eintauchen. Die interessanten Ausführungen des Autors, die im Anhang detaillierter erläutert sind, haben mich parallel zur Lektüre des Romans dazu angeregt, weitere Hintergründe zu einigen der angesprochenen Themen wie zB die japanische Teekultur und die Porzellanherstellung zu recherchieren. Obwohl der Autor uns durch Lilis persönliche Erinnerungen an vielen bedeutsamen Episoden aus ihrem berührenden Leben teilhaben lässt, erscheint diese facettenreich angelegte Hauptfigur leider eigentümlich blass, so dass ich mich bisweilen nicht gut in ihr Innenleben hineinversetzen und ihre Handlungen nicht nachvollziehen konnte.
Mitreißend und informativ ist diese Geschichte zu lesen, und konnte mich mit unvorhersehbaren Wendungen und überraschenden Enthüllungen insgesamt sehr fesseln, doch hätte ich mir etwas mehr Tiefe für die weibliche Hauptfigur gewünscht und gerne auch noch etwas mehr zu ihrer weiteren charakterlichen Entwicklung im Lauf der Zeitgeschichte erfahren.
FAZIT
Eine interessante, bewegende und mitreißende Geschichte über eine außergewöhnliche Frauenfigur im vorigen Jahrhundert, die mich aber leider nicht völlig überzeugen konnte!

Veröffentlicht am 27.11.2019

Ein höchst fataler Fund

Der Fund
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Warum musste Rita sterben? Wer hat die Supermarktverkäuferin, die doch nie jemand etwas zuleide getan hat, auf dem Gewissen? Hat die 53-jährige wirklich ihr Todesurteil unterschrieben, als sie eines ...

INHALT
Warum musste Rita sterben? Wer hat die Supermarktverkäuferin, die doch nie jemand etwas zuleide getan hat, auf dem Gewissen? Hat die 53-jährige wirklich ihr Todesurteil unterschrieben, als sie eines Tages etwas mit nach Hause genommen hat, was sie besser im Laden gelassen hätte? Offiziell ist der Fall abgeschlossen – aber da ist einer, der nicht aufgibt. Ein Polizist, der scheinbar wie besessen Fragen stellt – und Ritas Tod bis zum Ende nicht akzeptieren will…
(Quelle: btb Verlag)
MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen Spannungsroman "Der Fund" ist dem österreichischen Erfolgsautor Bernhard Aichner erneut ein geniales Werk gelungen, das einen bis zur letzten Seite zu fesseln weiß. Mit seiner Geschichte um die Supermarktverkäuferin Rita, deren Leben durch einen ganz besonderen „Fund“ vollkommen aus dem Lot gerät, beweist Aichner erneut sein großes Gespür für originelle, bisweilen sogar skurrile Stoffe, außergewöhnliche Charakterzeichnung und eine packende Inszenierung. Die zwar nicht ganz realistisch wirkende Handlung fesselt von Beginn an und nimmt mit jedem Kapitel eine neue, unerwartete Wendung. Geschickt steigert der Autor durch ständige Perspektivwechsel und Sprünge zwischen den zeitlichen Erzählebenen die Spannung und treibt das Geschehen unaufhaltsam voran. Begeistern konnte mich vor allem auch sein außergewöhnlicher, pointierter und knapp gehaltener Schreibstil, der sehr gut zu den Charakteren passt. Ein spezieller Teil des Romans besteht ausschließlich aus Dialogen, die sehr lebendig und lebensecht geschrieben sind, und die Befragungen zwischen einem namenlos bleibenden Polizisten und den von ihm befragten Zeugen wiedergeben. Äußerst fesselnd ist es, die oftmals harmlos erscheinende Interaktion zwischen ihm und den unterschiedlichen Befragten mitzuerleben und zugleich zu ergründen , was hinter ihren Aussagen und Lügen stecken mag und was sie in Bezug auf Ritas Schicksal zu verbergen versuchen. Im Laufe der Handlung wird immer deutlicher, dass hier nichts so ist, wie es auf den ersten Blick erscheint und so überrascht es auch nicht, dass die Geschichte zum Ende hin mit einer unerwarteten Auflösung aufwartet.
FAZIT
Ein fesselnder, mitreißend erzählter Spannungsroman!
Lesenswert!

Veröffentlicht am 27.11.2019

Packendes, außergewöhnliches Leseerlebnis

Hotel Cartagena
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INHALT
Der Hamburger Kiez in den 80ern, ein junger Mann will raus. Er nimmt ein Schiff nach Kolumbien und lernt am Strand von Cartagena, was passiert, wenn man mit den falschen Leuten feiert. Auf die große ...

INHALT
Der Hamburger Kiez in den 80ern, ein junger Mann will raus. Er nimmt ein Schiff nach Kolumbien und lernt am Strand von Cartagena, was passiert, wenn man mit den falschen Leuten feiert. Auf die große Party folgt die Hölle. Erst das ganz große Drogengeschäft, dann Verrat, Flucht, Untertauchen. Später dann: Die Chance auf Vergeltung. Der inzwischen gar nicht mehr so junge Mann beschließt, sie zu ergreifen. Und so wird St. Pauli von einer spektakulären Geiselnahme erschüttert: Zwölf schwerbewaffnete Männer kapern eine Bar am Hamburger Hafen, nehmen Gäste und Personal in ihre Gewalt. Mittendrin: Chastity Riley. Die Polizei steht draußen und scheint zum Zuschauen verdammt, während die Staatsanwältin ihren inneren John McClane aktivieren muss.
(Quelle: Suhrkamp Nova)
MEINE MEINUNG
„Hotel Cartagena“ ist der neueste Roman der deutschen Autorin und mehrfachen Gewinnerin des Deutschen Krimipreises Simone Buchholz und bereits der neunte Band ihrer in Hamburg angesiedelten Krimireihe rund um die unkonventionelle Staatsanwältin Chastity Riley.
Zum Verständnis sind Vorkenntnisse aus den vorherigen Fällen nicht notwendig, da jeder Band in sich abgeschlossen ist. Doch ist es sehr fesselnd die Vorgeschichten und die Entwicklung der einem inzwischen ans Herz gewchasenen Figuren sowie ihre Dynamik untereinander über die Zeit mitzuverfolgen, so dass die Lektüre der vorangegangenen Bände sehr lohnenswert ist. Die Autorin hat sich für ihre Hauptfigur Riley einen wirklich ungewöhnlichen Charakter mit vielen Ecken und Kanten gewählt, auf dem man sich erst einlassen muss. Die kettenrauchende Antiheldin mit ihrem oft derben Charme wirkt irgendwie gebrochen und verletzlich, hat mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen, gibt sich aber nach außen sehr taff und zynisch. Mit mit ihrer drastischen, nüchternen Sichtweise bringt die Hauptfigur die Dinge sehr plastisch und treffsicher auf den Punkt.
Der neue Kriminalfall entwickelt sich nach einem packenden Einstieg jenseits der üblichen Muster mit einer interessanten “locked room” Konstellation, die uns in so manche menschlichen Abgründe blicken lässt. Diesmal geraten die Staatsanwältin und ihr bunt gemischtes, skurriles Kollegenteam, die in der Bar im 20. Stock eines Edel-Hotels am Hafen von St. Pauli den 65. Geburtstag ihres ehemaligen Vorgesetzten Faller feiern wollten, selbst in den Mittelpunkt eines Verbrechens und befinden sich unversehens mitten in einer schwerbewaffneten Geiselnahme. Die packende Geschichte beschäftigt sich weniger mit klassischen Ermittlungen, sondern hauptsächlich mit den Hintergründen, die den Anführer der Geiselnehmer Henning zu dieser Tat gebracht haben. In geschickt platzierten Rückblenden erfahren wir schrittweise das aufwühlende Schicksal eines gescheiterten Menschen, der Schaden genommen hat am Leben, und nun auf Vergeltung aus ist. Die Autorin bietet dem Leser eine schillernde Milieu-Studie zu Drogenkatell, Kiezganoven und mit Einblicken ins Sankt Pauli der 80er-Jahre, die aber leider nicht frei von Klischees sind. Der unverwechselbare, ungewöhnlich Schreibstil der Autorin, der prägnant, ironisch, derb und mit viel Witz und Esprit daher kommt, konnte mich wieder sehr begeistern, und passt hervorragend zur skizzierten Persönlichkeit der Figuren, dem ganzen Milieu und macht das besondere Flair des Romans aus. Zudem versteht es Buchholz die oft düstere, melancholische Stimmung einzufangen. Die atmosphärisch dichten Beschreibungen lassen sofort das Kopfkino anspringen. Gebannt verfolgt man die sich zuspitzende Dynamik und fiebert bis zum packenden, hochexplosiven Ende mit der unversehens angeschlagenen Riley und den übrigen Figuren mit.
Ein ungewöhnlicher Kriminalroman mit einem beklemmenden Ausgang und erneut ein ganz besonderes Leseerlebnis, das mich sehr neugierig gemacht hat auf weitere Fälle mit Chastity Riley und ihre weitere Entwicklung.
FAZIT
Ein packender, außergewöhnlicher und sprachlich einzigartiger Krimi – ein ganz besonderes Leseerlebnis!