Dieses Buch entführt uns in das mittelalterliche Lübeck.
Der wohlhabende Kaufmann und Ratsherr Bertram Morneweg besucht 1275 die Baustelle des Heiligen Geist Hospitals. Der junge Maler Johannes soll das Gebäude mit Fresken ausstatten. Doch leider ist er verliebt und die Angebetete soll mit einem anderen verheiratet werden. Um ihn abzulenken, erzählt Morneweg die Geschichte eines Jungen, der 1231 bei einem Piratenüberfall nicht nur seinen Vater sondern auch das Gedächtnis verloren hat. Nur ganz knapp entgeht er dem Tod, weil er von einem Kauffahrer aus dem Wasser gefischt wird, in dessen Haushalt er als Knecht aufgenommen wird. Man nennt ihn Moses und dieses Leben ist kein Zuckerschlecken. Es lässt sich nur ertragen, weil er in Rebecca, der jüdischen Sklavin, so etwas wie eine große Schwester hat.
Meine Meinung:
Dieser historische Roman hat mich in den Bann gezogen. Zwei opulente Handlungsstränge sind ineinander verwoben. Zum einen jener aus 1275 und der andere, der die Geschichte des Waisenknaben erzählt.
Wir erfahren viel über die damaligen Lebensumstände der Menschen in Lübeck. Wie sie leben, leiden und sterben. Da musste ich über das heimliche Gebet von Morneweg schmunzeln, das er gemurmelt hat als sich Burchard, der wichtigtuerische Bischof der Marienkirche, darüber darüber aufregt, dass die armen Leute ihren kirchlichen Beistand bei den Minderen Brüder (=Franziskaner) suchen, deren Gebühren geringer sind.
„..Schenke diesem zornigen und stolzen Mann endlich einen Kardinalshut. In Rom kann er unserem schönen Lübeck keinen Schaden zufügen. In Deiner grenzenlosen Güte, Amen. (S.40).“
Dem Autor ist abwechslungsreicher, spannender und opulenter Historienroman gelungen. Auch wenn wir eher die dunklen Seiten des Lebens als seine Sonnenseiten kennenlernen. Gut gelungen ist dem Autor die Balance zwischen Gottesfürchtigkeit, Glauben und Zweifel zu halten. Am Beispiel der Jüdin Rebecca wird die Judenfeindlichkeit der Zeit anschaulich dargestellt. So findet das Progrom von 1221 in Erfurt Eingang in die Geschichte. Die Gespräch über den rechten Glauben und die Warnung Rebeccas an Moses etwas über ihre jüdische Herkunft verlauten zu lassen, prägen den Jungen. Deswegen wird er immer wieder gedankliche Zwiesprache mit Gott halten - ein schöner Gedanke.
Das mag ich, wenn historische Details so subtil in einen Roman eingebaut werden, dass niemand merkt, dass es hier ein wenig Nachhilfe in Geschichte gibt.
In einer Zeit ohne Krankenversicherung oder Pensionsvorsorge sind arme Menschen auf Barmherzigkeit von Kirche und den Wohlhabenden angewiesen. Nachdem die Kirche in der Gestalt von Burchard hier eher auslässt, zeigt Morneweg Mitgefühl und Tatkraft. Er gibt nicht nur Almosen, sondern auch Hilfe zur Selbsthilfe.
Die Beschreibung der (See)Reisen nach Schweden, Kiew oder Nowgorod, um Handel zu treiben, sind gut dargestellt und in den geschichtlichen Kontext eingewoben. Ähnliches kenne ich aus anderen hist. Romanen. Hier scheint die Quellenlage gut zu sein. Überhaupt ist dieser Roman penibel recherchiert. Auch die Sprache ist der Zeit angepasst. Sehr spannend ist die Umrechnung der unterschiedlichen Währungen. Das lässt Rubin Laurin immer wieder Moses oder einen anderen der Kaufleute machen, so das diese Informationen Teil des Romans sind.
Einzig den Titel finde ich nicht ganz passend. Als „Weißes Gold“ wird immer Salz bezeichnet. Doch das kommt als Handelsgut nicht wirklich vor. Vielleicht sind die seltenen weißen Tiere, die an den diversen Königshöfen gerne gesehen sind?
Bertram Morneweg und andere Mitspieler sind historisch belegte Figuren, wie wir aus dem Nachwort erfahren. Das Glossar bietet eine Menge interessanter Informationen über die Hanse und ihre Handelsbeziehungen. Eine Zeittafel, eine historische Landkarte sowie ein Personenverzeichnis zu Beginn des Buches, ergänzen diesen historischen Roman.
Fazit:
Ein penibel recherchierter und fesselnd erzählter historischer Roman aus dem 13. Jahrhundert, dem ich gerne 5 Sterne gebe.