Unterhaltsam, anziehend, romantisch.
Mister RomanceWer kennt sie nicht, die Geschichten von gutaussehenden, erfolgreichen Rockstars, die sich in unscheinbare, unschuldige Mädchen verlieben, von sexy Millionären, die ihre dunkle Vergangenheit mit einer ...
Wer kennt sie nicht, die Geschichten von gutaussehenden, erfolgreichen Rockstars, die sich in unscheinbare, unschuldige Mädchen verlieben, von sexy Millionären, die ihre dunkle Vergangenheit mit einer einfachen Angestellten überwinden, von heißen Bad Boys, die sich eigentlich nur nach ein bisschen Liebe sehnen...? Geschichten über Biker, Schriftsteller, Künstler, Schauspieler, Handwerker, CEOs, Sportler, Ärzte, die nur dazu geschrieben sind, schwärmenden Leserinnen Stoff zum Träumen zu schenken und dabei aber ihre Anforderungen an echte Typen ins Unrealistische steigern. Leisa Rayven hat genau diese Traumklischees zum Anlass genommen, einen erfrischenden, humorvollen Roman über einen Mann zu schreiben, der genau diese Szenarien für einsame, reiche Frauen zur Realität werden lässt und eine skeptische Journalistin, die seinen Schwindel aufdecken will. Nach gefühlt tausend ähnlicher Geschichten scheint "Mister Romance", endlich anders zu funktionieren - bevor ihr euch jetzt aber zu früh freut: was total innovativ beginnt, wird aber im Verlauf der Geschichte leider immer stereotypischer, bis das Ende sich dann doch wieder in den typischen Klischees verläuft.
"Wir alle brauchen ab und zu Träume. Manchmal ist das Einzige, was uns aufrecht erhält, der Glaube daran, dass unser Leben anders sein könnte."
Das Cover ist im Gegensatz zu all den peinlichen Halbnackter-Typ-posiert-so-auf-dem-Cover-dass-man-sich-im-Zug-schämen-muss-Cover deutlich stilvoller. Der Mann im Anzug lässt sich gut mit Max in Verbindung bringen und da wir (im Gegensatz zum Originalcover) zum Glück kein Gesicht sehen, wird hier auch noch genug der Fantasie überlassen. Die Lichteffekte, Farbpunkte und -verläufe verleihen der Gestaltung noch etwas Verspielteres, Geheimnisvolleres, was ebenfalls gut passt. Auch wenn das Motiv nicht besonders originell ist und auch der Titel eher zum Augenrollen ist, wenn man den humoristischen Hintergrund noch nicht kennt, bin ich mit der Gestaltung alles in allem ganz zufrieden.
Erster Satz: "Als ich aus dem Mund meiner süßen, aber etwas naiven kleinen Schwester die Worte "Mister Romance" höre, bin ich davon überzeugt, dass man ihr mal wieder irgendeinen Bären aufgebunden hat."
Die Geschichte beginnt mit einem Gespräch von Eden mit ihrer Schwester Asha, die ihr von einem geheimnisvollen Dienstleister der High-Society-Damen erzählt, von dem sie von einer Arbeitskollegin gehört hat. Eden kann den Gerüchten über einen "Mister Romance", der einsamen Damen gegen Geld Traumdates anbietet, erstmal nicht glauben, wittert als Journalistin aber eine spannende Story, die ihre Karriere auf ein neues Niveau heben könnte. So begibt sie sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Mann, der ihre Chance sein könnte, den hirnverbrannten Clickbait-Artikel, die sie schreiben muss, um für ihr Magazin Klicks zu generieren, endlich zu entfliehen. Als ihre erste Begegnung dann ganz anders abläuft, als sie sich das vorgestellt hat, bleibt ihr nur die Möglichkeit, einem Deal zuzustimmen: wenn sie nach drei Dates der romantischen Magie von Mister Romance noch nicht erlegen ist, darf sie ein exklusives Interview mit ihm machen, wenn sie sich hingegen in ihn verliebt, muss sie die Story ein für alle Mal fallen lassen. Ein gefährlicher Kampf gegen ihre eigenen Gefühle beginnt...
Wir erleben die Geschichte aus Edens Sicht, was nach etlichen Büchern des Genres, die aus zwei Sichten erzählt werden, mal wieder eine nette Abwechslung ist. Dadurch dass wir "Mister Romance" alias Kieran alias Caleb alias Mr. Roberts alias Maxwell Riley nur aus Edens Perspektive kennenlernen, bleibt er über lange Zeit sehr geheimnisvoll und undurchschaubar. Man weiß nicht so recht, was man von ihm halten soll, da er immer unterschiedliche Personen spielt. Nicht nur der Leser sondern auch Eden fragt sich also wer er wirklich ist. Wer ist der Mann hinter den Rollen? Was mag er, wenn er nicht gerade ein heißer Ire, ein begehrter Singer-Song-Writer oder ein gönnerhafter Millionär ist? Was hält er wirklich von der toughen Journalistin, die unbedingt eine Skandal-Story schreiben will und deshalb nicht besonders unvoreingenommen vorgeht? Neben diesen spannenden Fragen ist vor allem noch die starke Chemie zwischen Max und Eden verantwortlich für den Sucht-Charakter und die Anziehung der Geschichte. Das Knistern, das wir beinahe in jeder Szene durch die Seiten hindurch spüren können, ist einfach wunderbar. Das Beste daran aber ist, dass der Erotikanteil trotzdem vergleichsweise gering ist. Die Beziehung ist eher romantisch als erotisch - eine sehr angenehme Überraschung!
"Du findest, ich bin ein Hauptgewinn?"
"Ich finde, du bist alle Hauptgewinne."
Wärme durchströmt mich und ja, ich gebe es zu: ich verstehe, warum er so beliebt ist."
Die packende, anziehende Grundatmosphäre wird auch durch den modernen, spritzigen Schreibstil der Autorin mit verursacht. Ich bin außerdem sehr schnell ein Fan ihres grandiosen Humors geworden, der uns vielen skurrilen Situationen, witzige Schlagabtausche und eine sarkastische Protagonistin beschert. Ich habe an etlichen Stellen ein leichtes Schmunzeln, ein breites Grinsen und immer mal wieder auch ein herzhaftes Lachen auf den Lippen gehabt, während ich Max´ und Edens Geschichte gelesen habe.
Auch die Protagonistin Eden hat mir sehr zugesagt. Anders als oft im Genre New Adult ist sie kein verschüchtertes, graues Mäuschen sondern eine selbstbewusste, anpackende, quirlige und alles andere als unerfahrene Frau, die ein Single-Dasein mit bedeutungslosen One-Night-Stands einem komplizierten Beziehungsdrama bewusst vorzieht. Ihre zielstrebige, karriereorientierte Art lässt sie aus dem Meer aus rückgratlosen Protagonistinnen hervorstechen und auch wenn sie nicht immer zu 100 Prozent sympathisch erscheint und auch sie an versteckten Komplexen leidet, empfand ich ihre Stärke als erfrischend. Auch die Nebencharaktere wie ihre wunderschöne, hoffnungslos romantische Schwester Asha, ihre jugendliche Oma Nannabeth, deren Entendame Moby oder ihr technisch begabter, strickjackensammelnder Arbeitskollege und Kumpel Toby, bereichern die Geschichte und machen sie lebendiger, bunter, liebenswerter und echter.
"Du hast dich so sehr ans Starksein gewöhnt, dass du nicht erkennst, dass es manchmal die mutigere Option ist, dir einzugestehen, dass du jemanden brauchst."
Ja und dann gibt es da noch den "Mister Romance" persönlich: Max. Auch wenn sein Charakter spannend und geheimnisvoll angelegt wurde, konnte ich nicht so viel mit ihm anfangen, da ich aufgrund der verschiedenen Facetten, die er während der "Dates" zeigt, nie wirklich ein Gefühl dafür bekommen habe, wer er eigentlich ist. Er vereint in seiner Person so viele anziehenden Klischees, dass er selbst als Persönlichkeit total schwammig bleibt und als sich als einzige Projektionsfläche für Edens und des Lesers Träume fungiert. Ich hatte lange Zeit gehofft, dass sich der Mann hinter den großen Rollen als total normal herausstellt, sodass ich ein wenig enttäuscht war, als auch der Typ hinter der Maske einem absoluten Klischee entsprach.
Denn trotz des starken, originellen Anfangs der Geschichte, verliert sich Leisa Rayven im hinteren Teil der Geschichte in typischen Klischees anstatt wie zu Beginn die unrealistischen Träume und Vorstellungen, die wir durch Filme und Liebesromane haben auf die Schippe zu nehmen. Die elektrische Anziehungskraft wird zu rein sinnlichem Verlangen, die Gefühle der Protagonisten gehen in dem Wirrwarr aus heißen Dates total unter, der geheimnisvolle, echt Max wird selbst zum klischeehaften Traum-Mann. Wirklich enttäuscht hat mich dann das Ende. Die Autorin hat versucht, es nicht in die Länge zu ziehen, kein übertriebenes Drama auszupacken und den typischen obligatorischen Drop vor dem Happy End anders zu verpacken (und dafür bin ich ihr auch wirklich dankbar und ziehe meinen Hut). ABER: Leider ist das Ergebnis, dass aus diesen Versuchen resultiert auch nicht wirklich besser als die typische Prä-Happy-End-Krise inklusive kitschiger Auflösung am Ende. Denn was sich zuvor langsam entwickelt hat, überschlägt sich plötzlich, die Protagonistin verliert die Stärke, für die ich sie so respektiert habe und die Auflösung wirkt mehr als konstruiert und glatt. Angesichts der unspektakulären, unglaubwürdigen Art und Weise, wie diese Geschichte endet, hätte ich mir fast (aber auch nur fast) das typische, tränenreiche Zerwürfnis zurückgewünscht.
"Man hat die Wahl, sich der Dunkelheit zu ergeben oder sich ins Licht zu kämpfen, und May ist es gelungen, voller Licht zu sein."
Auch wenn mir die Umsetzung am Schluss nicht gefallen hat, feiere ich diese Geschichte für den Versuch, ein wenig frischen Wind ins Genre zu bringen und Klischees auf unterhaltsame Art und Weise zu entkräften, sodass ich wahrscheinlich auch den zweiten Teil "Mister Secret", der sich ganz um Edens Schwester Asha drehen wird, lesen werden.
Fazit:
Unterhaltsam, anziehend, romantisch. Leider wird was total innovativ beginnt aber im Verlauf der Geschichte immer stereotypischer, bis das Ende sich dann doch wieder in den typischen Klischees verläuft. Dennoch feiere ich diese Geschichte für den Versuch, ein wenig frischen Wind ins Genre zu bringen!