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Veröffentlicht am 21.12.2019

Sepp Flattacher in Hochform

Kärntner Kesseltrieb
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Der ewig grantelnde Aufsichtsjäger Flattacher hat in seinem Kärntner Revier wieder alle Hände voll zu tun. Da sind die nervigen Touristen, meist auch dem Nachbarland, die sich auf seinen Hochsitz setzen ...

Der ewig grantelnde Aufsichtsjäger Flattacher hat in seinem Kärntner Revier wieder alle Hände voll zu tun. Da sind die nervigen Touristen, meist auch dem Nachbarland, die sich auf seinen Hochsitz setzen oder kreuz und quer durch den Wald spazieren um Schwammerl zu suchen und dabei sein Wild aufzuscheuchen und dann ist doch mitten auf einer Lichtung noch eine Hanfplantage. Das kann doch nicht sein, natürlich werden die Pflanzen vernichtet, aber die Anbauer möchte er gern ausfindig machen. Was einige Folgen für ihn und seinen Dauerfeind Belter haben wird. Aber viel schlimmer als die paar Hanfstauden sind die Pillen, die der Reini, sein junger Jagdfreund, in der Tasche hat. Da will sich Sepp nicht allein auf die Polizei verlassen, er weiß schließlich aus Erfahrung, dass sie seine Unterstützung brauchen.

Sepp Flattacher ist zumindest ermittlungstechnisch wieder in Hochform, im zwischenmenschlichen Bereich – ganz besonders mit Jagdobfrau Irmi – tritt er in jedes Fettnäpfchen. Er ist ein Grantler, der mir ans Herz gewachsen ist und trotz seiner abweisenden Art weiß ich um seinen guten Kern, auch wenn der tief verborgen ist.

Auch im beschaulichen Mölltal sind die Gefährdungen durch diverse Rauschmittel angekommen, wobei nicht nur die eine oder andere Cannabispflanze gemeint ist. Es scheint, als ob grade hier zu einem Zentrum mit dem Handel von diversen synthetischen Drogen zu finden ist. Wie Sepp damit fertig wird, ist jedes Lesen wert. Ich liebe den Dialekt – es gibt sehr viel davon und wird auch im Anschluss mit einem ausführlichen Glossar erläutert – und den ganz besonderen Charakter von Sepp. Er ist bei weitem nicht der Hinterwäldler, den er gerne nach außen gibt.

Situationskomik und gut getimte Gags reihen sich aneinander und dabei wird niemals die Spannung und die kriminalistische Logik vergessen. Auch darf Revierkommissar Martin mit der Beziehung zu seiner Bettina ein wenig weiterkommen, eine nicht ganz einfache Beziehung, die sich wie ein roter Faden durch den Krimi zieht.

Auch der vierte Band hat mir wieder sehr gut gefallen, ich bin immer wieder baff, was sich Alexandra Bleyer für ausgefuchste Plots ausdenkt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.12.2019

Tödliche Klinik

Ein reines Wesen
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Willa Stark, die österreichische Polizeiinspektorin, die schon lange in Köln arbeitet, ist endlich aus dem Koma erwacht. Zur physischen und psychischen Rehabilitation schlägt ihr Kollege und Freund Harro ...

Willa Stark, die österreichische Polizeiinspektorin, die schon lange in Köln arbeitet, ist endlich aus dem Koma erwacht. Zur physischen und psychischen Rehabilitation schlägt ihr Kollege und Freund Harro eine renommierte und exklusive Privatklinik im Saarland vor. Schon beim Erstgespräch trifft Willa auf eine Grundschulfreundin aus Graz, die ihr ganz aufgeregt von einem ungeklärten Todesfall in der Klinik erzählt. Einen Todesengel vermutet Nikki unter dem Personal. Obwohl Willa die Schilderungen etwas krude vorkommen, schlägt ihr Bauchgefühl an und sie beginnt zu ermitteln.

Die Klinik wird von Dr. Schmitz und Dr. Stolz geleitet. Die wesentlich ältere Ehefrau von Stolz hat als reiche Erbin das Haus finanziert und ist die unangefochtene Chefin des Hauses. Alles wirkt sehr gediegen und seriös, doch je länger sich Willa umsieht, umso stärker wird ihr Unbehagen.

Willa Stark ist eine außergewöhnliche Frau, sie hat meist den richtigen Riecher, auch wenn sie in ihren Ermittlungen mitunter unkonventionell und spontan vorgeht. Das macht aber auch den Reiz und die Spannung um diese Krimis aus. Es ist bereits der vierte Band dieser Reihe aus dem Conte Verlag, aber auch ein Leser ohne Vorkenntnis kommt sehr gut in diese Geschichte.

Der Ermittlungsort Krankenhaus bietet jede Menge guten Stoff für einen straffen Spannungsbogen und als sich Harro entschließt, Willa zu unterstützen kommt noch eine weitere Komponente ins Spiel. Harro ist schon seit langem sehr in Willa verliebt. Sie allerdings sieht in ihm nur einen guten Freund – eine komplizierte Beziehung zwischen Privatleben und Beruf.

Das ganze Umfeld der Klinik ist gut getroffen, man spürt die Atmosphäre in einem Medizinbetrieb, inklusive der Eifersüchteleien von Schwestern und Pfleger. Als sich dann noch Verbindungen zu einem ungelösten Mordfall in einer Kölner Klinik ergeben, wird die Situation für Willa fast unüberschaubar und nicht ungefährlich.

Die Figuren in Willas Umfeld sind allesamt sehr ausdrucksstark beschrieben. Besonders mit Schwester Nikki ist Isabella Archan eine vielschichtige Charakterisierung gelungen, ich schwankte zwischen Mitleid und Abneigung und teilte damit auch Willas Einschätzung.

Ein rundum gelungener Krimi, der mit viel Einfühlungsvermögen erzählt ist und mich bestens unterhalten und gefesselt hat.

Veröffentlicht am 29.11.2019

Die Fortsetzung ist gelungen

Die Bildermacherin und der böse Wolf
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Endlich hat Amalia auch noch den allerletzten Fotoauftrag in Berlin abgewickelt und kann ihren Umzug nach Südtirol in Angriff nehmen. Sie hat von ihrer verstorbenen Großmutter ein Haus geerbt und bei ihrem ...

Endlich hat Amalia auch noch den allerletzten Fotoauftrag in Berlin abgewickelt und kann ihren Umzug nach Südtirol in Angriff nehmen. Sie hat von ihrer verstorbenen Großmutter ein Haus geerbt und bei ihrem letzten Aufenthalt funkte es zwischen ihr und ihrem alten Kindheitsfreund Felix gewaltig und sie wurden ein Paar. Ungeduldig wartete er auf ihren Umzug und bei jeder neuen Verzögerung wurde er ärgerlicher. Nun hat er sich schon seit Wochen nicht gemeldet und Amalia ahnt, dass sie einiges in Ordnung bringen muss.

Aber sie scheint zu spät zu kommen, denn Felix hat eine neue Liebe. Dr. Beate Sommer ist die neue Frau an seiner Seite, was Amalia erst mal einen Schock versetzt. Die Sommer ist zusammen mit einer weiteren Biologin, Celina Uhlig im Pustertal. Sie sollen dort die Ansiedlung von Wölfen wissenschaftlich begleiten. Ein heikles Thema in der Bevölkerung, die Bauern und Almhirten fürchten um ihr Wild und die Jäger um ihre Reviere. Die charmante und attraktive Celina kümmert sich allerdings nicht nur um die Wölfe. Auch den meisten männlichen Bewohnern des Ortes hat sie den Kopf verdreht und in einigen Ehen hängt der Haussegen gewaltig schief.

Doch dann ist es ausgerechnet Amalia die bei einer Skitour die übel zugerichtete Leiche von Celina Uhlig findet. Ganz offensichtlich wurde sie von Wölfen angegriffen. Amalia beweist ein weiteres Mal, dass sie über detektivischen Spürsinn verfügt und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei lernt sie auch den ausgesprochen charmanten neuen Polizeikommandanten Maresciallo Marchetti kennen.

Ein interessantes Thema bildet den Hintergrund für den neuen Kriminalroman um Amalia Engl. Die Ansiedlung von Wölfen ist in jedem Land sehr umstritten, so sehr die Umweltschützer und Naturfreunde die Rückkehr begrüßen, so sehr stellen sich Bauern und Viehhirten quer. Die Diskussion darüber fand auch Eingang in diese Geschichte und das gefiel mir sehr gut. Auch was ein fremder und frischer Wind in einer eingeschworenen Gemeinde anrichten kann, kommt sehr gut rüber.

Amalia ist eine taffe Frau, erfolgreich als Modefotografin will sie nun wieder in ihrer alten Heimat ansässig werden und merkt aber auch, dass sie schon ein wenig fremd geworden ist. Diesen Kontrast finde ich ebenfalls sehr reizvoll. Dann sorgen die Liebeswirren auch noch für ein turbulentes Durcheinander, was mein Lesevergnügen erhöhte. Die beiden Autorinnen, Christiane Omasreiter und Kathrin Scheck, erzählen farbig und lebendig. Die schöne, winterliche Landschaft des Pustertals bietet einen weiteren Höhepunkt. Man möchte am liebsten in den tiefverschneiten Wäldern – Wölfe hin oder her – Tourengehen und die Gegend erkunden.

Eine gelungene Auflösung, an die ich lange nicht auf dem Schirm hatte, rundet den Krimi ab. Und es gibt Grund sich auf den nächsten Band zu freuen, denn es ist noch nicht klar, wie sich Amalia entscheidet.

Veröffentlicht am 10.11.2019

In der Mitte des Lebens

Der Platz im Leben
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Nora Nolan sollte zufrieden sein. Sie und ihr Mann Charlie gehören zur New Yorker Upper Middle Class, nennen ein schönes Haus in einer prestigeträchtigen Ecke Manhattans ihr Eigen. Die Kinder sind wohlgeraten ...

Nora Nolan sollte zufrieden sein. Sie und ihr Mann Charlie gehören zur New Yorker Upper Middle Class, nennen ein schönes Haus in einer prestigeträchtigen Ecke Manhattans ihr Eigen. Die Kinder sind wohlgeraten und studieren an teuren Unis und beruflich sieht es für Nora ebenfalls sehr gut aus. Als Fundraiserin hat sie sich einen guten Ruf erworben und als sie die Leitung eines neuen Museums übernimmt, geht es noch eine Stufe aufwärts. Aber Charlie sieht es ein wenig anders aus, seine Laufbahn als Investmentbanker stagniert, jüngere, bissigere Leute sind an ihm vorbei gezogen. Noras Erfolg macht ihn neidisch.
Dann erschüttert ein Vorfall die wohlsituierte Nachbarschaft. Jack Fisk ist mit einem Golfschläger auf den hispanischen Handwerker losgegangen, der seit Jahr und Tag sich um die Kleinreparaturen in der Nachbarschaft kümmert. Nun reißen plötzlich Gräben auf.
Um es gleich vorweg zu sagen: der Roman hat mir außerordentlich gut gefallen. Er zeichnet ein präzises Gesellschaftsbild, jeder Satz sitzt und legt die Befindlichkeiten der Protagonisten bloß. Wenn zum Beispiel Charlie es als Ritterschlag ansieht, dass er nun einen Parkplatz auf einer begehrten Brachfläche bekommt, merkt man rasch um die Hohlheit seines Daseins. Als er seinen Nachbarn Fisk nach dem tätlichen Angriff noch verteidigt und den Vorfall als Versehen abtut, kommen Nora immer deutlicher Zweifel an Charlies Charakter.
Ihre Ehe ist nicht mehr gut, sie ist zu einer Zweckgemeinschaft geworden und Nora überlegt, ob Charlies Charakter schon immer so war, oder ob er sich im Lauf der Jahre verändert hat. Aber die beiden Kinder, das gemeinsame Haus und nicht zuletzt der Hund, sind der Kitt der alles noch zusammenhält. „In Wahrheit waren die meisten Ehen doch wie Luftballons: Einige wenige platzten ohne Vorwarnung, aus den allermeisten wich aber langsam die Luft, bis nur noch ein trauriges, knittriges Etwas ohne jeden Auftrieb übrig war.“ oder „Vertrautheit erzeugt Verachtung“, diese Zitate machen Noras Gedanken schon sehr deutlich.
„Der Platz im Leben“ ist ein Roman, der mich auf hohem Niveau bestens unterhalten hat. Ich mochte die Warmherzigkeit, mit der Anna Quindlen ihre Protagonisten beobachtet und denen sie trotzdem auch mit leiser Ironie begegnet. Der Roman ist auch ein Roman New Yorks oder besser Manhattans.
Die Autorin hat den Pulitzer Preis für ihre journalistischen Arbeiten bekommen und ihre Romane sind Bestseller. Verdient wie ich finde.

Veröffentlicht am 07.11.2019

Ein kleines Kloster im Burgund

Eine himmlische Katastrophe
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Das Kloster von Bleaumont ist fast vergessen. Nur drei alte Schwestern leben noch in dem bröckelnden Gemäuer und leben mühsam vom Verkauf des einst berühmten Schimmelkäse Bleu de Bleaumont. Doch seit Schwester ...

Das Kloster von Bleaumont ist fast vergessen. Nur drei alte Schwestern leben noch in dem bröckelnden Gemäuer und leben mühsam vom Verkauf des einst berühmten Schimmelkäse Bleu de Bleaumont. Doch seit Schwester Agathe das Zeitliche gesegnet hat, will er einfach nicht mehr richtig gelingen.

In diese klösterliche Einsamkeit kommt eines Tages Louise geschneit. Sie ist in den Banlieues von Paris aufgewachsen, rotzfrech und schon mehrfach im dem Gesetz in Konflikt geraten. Ein Klosteraufenthalt von 3 Monaten ist ihr zur Bewährung aufgebrummt worden. Den will sie in diesem Konvent im Burgund ableiten, denn die ihr unbekannte Tante Madeleine ist dort Schwester.

Damit gerät der beschauliche Alltag der Nonnen komplett aus den Fugen, denn Louise findet nicht nur am Gefallen am Kräutergarten des Klosters, der neben vielen Heilkräutern auch ein bei ihr beliebtes Gewächs zum Rauchen kultiviert, sondern sie erkennt auch das musikalisch außergewöhnliche Talent der drei alten Nonnen. Als „Der himmlische Harem“ rocken sie bald nicht nur die Gemeindezentren der Nachbarschaft.

Ein wirklich himmlisches Lesevergnügen, leider viel zu schnell durchgelesen. Ich habe mich bestens amüsiert, sind die Figuren doch allesamt liebenswert und werden vom Autor warmherzig begleitet. Menschlichkeit, Respekt und Toleranz über Glaubensgrenzen hinweg, sind Werte, die hoch gehalten werden und was den drei Nonnen gelingt, färbt auch auf die Bewohner der Pariser Vorstädte ab. Wenn es auch wie ein kleines Wunder erscheint, ist es doch die Gemeinschaft und das Füreinander einstehen, dass die Veränderungen bewirkt.

Nicht nur die Figuren machen beim Lesen Freude, auch der Sprachstil hat mir gut gefallen.

Nichts was in diesem Roman geschieht, könnte in der Realität passieren, aber man wünschte sich, es wäre so!