Wie weit darf Mutterliebe gehen?
Die Welt nach der FlutMyra erinnert sich noch an die Welt vor der großen Flut, als sie in einem Haus in Nebraska wohnte. Sie erinnert sich noch an den Duft von Flieder und den Tag, an dem ihr Mann die gemeinsame Tochter Row ...
Myra erinnert sich noch an die Welt vor der großen Flut, als sie in einem Haus in Nebraska wohnte. Sie erinnert sich noch an den Duft von Flieder und den Tag, an dem ihr Mann die gemeinsame Tochter Row kidnappte und sie bereits mit Pearl schwanger war.
Sieben Jahre später lebt sie auf einem Segelschiff und der Boden unter ihren Füßen schwankt ständig. Wasser bedeckt einen großen Teil der Erde. Die Menschen haben neue Kolonien auf Bergspitzen gebaut.
Pearl begleitet ihre Mutter Myra auf dem Boot. Die beiden ernähren sich vom Fischfang und den Dingen, die sie in den Küstenorten eintauschen können.
Eines Tages findet Myra eine Spur ihrer lange verschollenen Tochter Row.
Die Autorin beschreibt das Leben auf dem Meer, den täglichen Überlebenskampf und die allgegenwärtige Angst vor Piratenschiffen in eindringlichen und archaischen Bildern.
»Wir verwendeten zwar immer noch die Namen der alten Meere, doch in Wahrheit waren sie längst zu einem einzigen riesigen Ozean zusammengeflossen, mit kleinen Fleckchen Festland darin, die wie vom Himmel gefallene Brotkrumen aussahen.
Am Horizont graute der Morgen. Pearl verstaute das Bettzeug unter der Persenning, dort, wo sie vor sieben Jahren zur Welt gekommen war. Während eines Gewittersturms, dessen Blitze so weiß glühend gewesen waren wie meine Schmerzen.«
Mit der Zivilisation schwindet schnell auch die Moral. Könnte ich um Lebensmittel kämpfen? Andere verletzten oder auch töten, wenn es sein müsste? Könnte ich andere ins Verderben führen, nur um meine Tochter wiederzufinden?
Ich hatte teilweise Schwierigkeiten, den Hauptcharakter zu respektieren. Myra setzt den Wunsch, zu ihrer Tochter Row zu gelangen, vor das Wohl anderer Menschen. Selbst Pearl fühlt sich von ihrer Mutter nicht gehört.
Ich erwarte keine perfekten Protagonisten. Sie können auch mal schwach sein oder Fehler machen, aber mit Manipulation habe ich meine Schwierigkeiten, wenn das Gegenüber bisher immer fair gehandelt hat.
Ist mein Urteil ungerecht? Wer weiß, wie ich in der gleichen Situation gehandelt hätte? Hätte ich auch alle Moral fallen lassen, um meine älteste Tochter zu finden?
Ich empfand den Plot sowie die beiden starken weiblichen Hauptfiguren als sehr spannend. Und Kassandra Montag erzählt in einer poetischen, aber schlichten Sprache, die sich flüssig lesen lässt. Leider war ich jedoch emotional nicht so begeistert, dass ich die volle Punktzahl vergeben könnte. Aber vielleicht beurteile ich Myra auch zu hart, weil ich selbst keine Kinder habe, und ich mich nicht in ihre Lage versetzen kann. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Handlung an manchen Stellen leicht gestrafft worden wäre.
Trotzdem empfehle ich das Buch zu lesen, da es kontrovers ist und zum Nachdenken anregt. Eine Geschichte über Mutterliebe, das Überleben und Menschlichkeit.
Ein Roman, der sicher zum Gesprächsthema werden wird.