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Veröffentlicht am 04.12.2019

Lehrsätze - nicht nur für Bogenschützen

Der Weg des Bogens
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Rezension Der Weg des Bogens von Paulo Coelho

Paulo Coelho schrieb Der Weg des Bogens 2003. Der Diogenes Verlag veröffentlichte das Buch 2017, und brachte im Oktober 2019 eine sehr schöne, von Christoph ...

Rezension Der Weg des Bogens von Paulo Coelho

Paulo Coelho schrieb Der Weg des Bogens 2003. Der Diogenes Verlag veröffentlichte das Buch 2017, und brachte im Oktober 2019 eine sehr schöne, von Christoph Niemann illustrierte, Neuauflage heraus.

Vielleicht weiß der Eine oder Andere von euch, dass ich den brasilianischen Schriftsteller sehr schätze und versuche seine Werke zu ergründen und zu analysieren.

Es ist gar nicht so einfach, das Buch einem Genre oder einer Sparte zuzuordnen, deswegen verzichte ich darauf.



Zum Inhalt „Der Weg des Bogens“?

Das erste, was mir auffiel, war, dass das übliche Zitat aus dem Lukas Evangelium fehlt, dass Paulo Coelho fast jedem Buch voranstellt, stattdessen findet der Leser eine Bitte an Maria, für uns zu bitten, als Gebet und ein Gedicht von Ella Wheeler Wilcox. Sie war eine US-amerikanische Schriftstellerin, die nahen Kontakt zu den Rosenkreuzern hatte und sich viel mit Spiritualismus und Okkultismus beschäftigte. Sie war in der Neugeist Bewegung mit ihren Schriften sehr populär.



„Ein Gebet ohne Absicht ist wie
ein Pfeil ohne Bogen.
Eine Absicht ohne Gebet ist wie
ein Bogen ohne Pfeil.“

Ella Wheeler Wilcox aus: Der Weg des Bogens S. 9.





Paulo Coelho widmet dieses Buch Leonardo Oiticica, der ihn zu diesem Text inspirierte. In dieser Widmung erfahren wir auch, dass der Schriftsteller selbst Kyudo praktiziert.

Das Buch arbeitet mit einer Rahmenhandlung, in die Leitsätze des Zen-Buddhismus eingearbeitet werden. Dazu möchte ich einen Auszug aus einer Kyudojo-Seite beifügen, weil das anscheinend sehr umstritten ist.

Ein kleiner Ausflug in Kyudo



„Ist Kyudo gleich „Zen-Bogenschießen“?



Nein. Dieses Missverständnis geistert dank Eugen Herrigels Buch „Zen in der Kunst des Bogenschießens“ schon seit vielen Jahrzehnten herum.
Zen und Kyudo sind eigenständige Wege und Kulturen, die sich unabhängig voneinander entwickelt haben. Kyudo ist ausschließlich in Japan entstanden, der Zen-Buddhismus, eine buddhistische Richtung, die sich aus dem Mahayana-Buddhismus entwickelt hatte, kam von Indien über China erst im 12. Jhd. nach Japan.
Die Mehrheit der Samurai gehörte jedoch der Jodo-shu, der Schule vom Reinen Land, an und nicht dem Zen-Buddhismus. Auch heute hat der „Buddhismus des Reinen Landes“ in Japan mehr Anhänger als der Zen-Buddhismus.“

Kyudoyo Stuttgart





Die Kunst des Zen-Bogenschießens oder des Kyudo(?) ist in eine Rahmenhandlung gehüllt

Der Prolog enthält Tetsuyas Geschichte. Tetsuya ist ein berühmter Bogenschütze, der zurückgezogen in einem Dorf lebt, bis ein Fremder ihn sucht, um ihn herauszufordern. Ein junger Mann des Dorfes bringt den Fremden zu Tetsuya und wird Zeuge des Wettkampfs. Daraufhin möchte der junge Mann dem Meister folgen und auch in der Kunst des Bogenschießens unterrichtet werden.

Daraufhin gibt Tetsuya seine Lehren weiter und letztendlich schließt sich der Kreis harmonisch.



Welche Lehren gibt Tetsuya weiter?

Tetsuya gibt Lehrsätze in folgender Struktur weiter:

Die Verbündeten; Der Bogen; Das Ziel; Die Haltung; Wie man den Bogen hält; Wie man die Sehne spannt; Der Blick auf das Ziel; Der Augenblick des Abschusses; Die Wiederholung; Der Flug des Pfeils; Der Schütze ohne Bogen, ohne Pfeil, ohne Ziel.

Diese Sätze sind wie Aphorismen und bergen Weisheit in sich, die nicht nur bei Erlernen des Bogenschießens nützlich sind.

Ja! Dieser Text findet den Eingang zum Meditieren, ohne dass der Leser oder Hörer darin geübt sein muß. Man ist geneigt dazu, sofort die Lehrsätze des Bogenschießens auf das Leben und den Alltag zu übertragen.



Die Illustrationen von Christoph Niemann



Der in Ludwigsburg geborene Grafiker und Illustrator Christoph Niemann lebte nach seinem Studium elf Jahre in New York, 1997 kehrte er zurück und lebt seitdem in Berlin.

Seine Werke erschienen auf den Titelseiten zahlreicher Zeitschriften, u. a. The New Yorker, The New York Time Magazine.

Er entwarf 2012 für die Deutsche Post eine Briefmarke. 2014 wurde sein Bilderbuch Der Kartoffelkönig für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie Sachbuch nominiert.

Einen Künstler erkennt man wohl am Besten in seinen Werken. Anschließend an den Text, findet ihr eine Linksammlung zum Buch, Autor und Illustrator. Außerdem möchte ich euch einen kleinen Film, den die Oper Berlin ins Netz stellte, Im Atelier mit Christoph Niemann empfehlen.





Die Illustrationen von Christoph Niemann sind in einem angemessen Stil, der sofort als japanisch vielleicht sogar zen-buddhistisch wahrgenommen wird, gezeichnet und visualisieren „Der Weg des Bogens“ in eindringlicher Weise. Man kann beim Betrachten darin aufgehen.



Gibt es ein Hörbuch Der Weg des Bogens?

Ja! Ich würde es aber nur zusätzlich empfehlen, weil die Illustrationen von Christoph Niemann natürlich fehlen.

Das Hörbuch wird sehr angenehm von Sven Görtz gesprochen und hat eine Hördauer von ca. 48 Minuten.



Meine Schlussgedanken zu „Der Weg des Bogens“

Als ich meinem Mann die Hörbuchfassung vorspielte, sagte er sofort:



„Was für eine schöne Meditation!“



Wie selbstverständlich geschieht hier das Reflektieren und Vergleichen mit dem eigenen Leben. Eine Eigenschaft, die viele Bücher von Paulo Coelho besitzen.

Der Weg des Bogens ist geradezu nüchtern, schlicht und überaus dicht geschrieben. Der Inhalt dagegen ist erfahrene Lebensweisheit, vielleicht kann man es, weniger pathetisch Aphorismen nennen, die dem Leser helfen können, wenn er es möchte. Sie bieten zusammen mit den Illustrationen von Christop Niemann, die japanisch anmuten, eine Hilfestellung.

Natürlich sind das Lehrsätze für das Erlernen des Bogenschießens, aber eben nicht nur. Es sind auch Metaphern für den Alltag, für das tägliche Leben. Die Gedanken lohnen sich, mitgedacht zu werden.

Es geht um Achtsamkeit. Du musst den Augenblick im Jetzt wahrnehmen, deinem Handeln, ja selbst den einfachsten Abläufen deine gesamte Aufmerksamkeit gönnen. Dann wird dein Handeln erfolgreich sein. Bei Paulo Coelho hört es sich viel schöner und weniger erhobener Zeigefinger an!

Und wie schon erwähnt, lässt sich damit wunderbar meditieren.

Geh das Wagnis ein! Lasse dich auf Der Weg des Bogens ein. Ein besinnliches Buch für die Adventszeit.

Veröffentlicht am 27.11.2019

Ein bereicherndes Dokument von Zeitzeugen

«Ich bin Dir halt ein bißchen zu revolutionär»
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„Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“
Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Dolf Sternberger

Rezension «Ich bin Dir halt ein bißchen zu revolutionär»


„Ich bin Dir halt ein bißchen zu revolutionär“ ...

„Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“
Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Dolf Sternberger

Rezension «Ich bin Dir halt ein bißchen zu revolutionär»


„Ich bin Dir halt ein bißchen zu revolutionär“ ist der dokumentierte Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Dolf Sternberger, der in Buchform von Udo Bermbach herausgegeben wurde.

Da dieser Artikel immer mehr Raum, Seiten und Wörter einnahm, habe ich daraus nun eine Kurzrezension und einen längeren Artikel zum Buch geschrieben. Der längere Artikel unterscheidet sich insofern, dass er zusätzlich einen Überblick über die Lebensläufe von Hannah Arendt, Dolf Sternberger und Udo Bermbach beinhaltet, kurz auf die Essays eingeht und Zitate enthält.


Zurück zur Rezension „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“
Das Buch ist in folgende Teile gegliedert.

Hannah Arendt und Dolf Sternberger: Eine Freundschaft
Briefwechsel 1946 – 1975
„Organisierte Schuld“ von Hannah Arendt
„Konzentrationsläger“ von Hannah Arendt
„Rede an die Freunde“ von Dolf Sternberger
Anhang (Personenregister, Lebenslauf Hannah Arendt und Dolf Sternberger, Bildnachweis)

Bevor ich näher auf den Inhalt eingehe, möchte ich die Lebensläufe von Hannah Arendt, Dolf Sternberger und Udo Bermbach ein wenig näher betrachten und die Gemeinsamkeiten herausfiltern. Im Anschluß werde ich zwei oder drei wichtige Punkte des Briefwechsels versuchen, herauszuarbeiten.

Hannah Arendt (1906-1975)
Hannah Arendt gehört zu den wichtigsten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts. Gerade in der heutigen Zeit werden ihre Werke zur Theorie der totalen Herrschaft viel gelesen.


Dolf Sternberger (1907-1989)
Dolf Sternberger wurde als Adolf Sternberger geboren, legte das A aber schon vor der Machtergreifung der Nazis ab.

Er lernte Hannah Arendt kennen, als er 1927 von der Universität Kiel, über Frankfurt zu Karl Jaspers nach Heidelberg wechselte.

Die „Die Wandlung“
Die Zeitschrift Die Wandlung erschien von November 1945 bis Herbst 1949 monatlich. Sie wurde Karl Jaspers, Dolf Sternberger, Werner Krauss und Alfred Weber gegründet.

In „Die Wandlung“publizierten Berthold Brecht, Thomas Mann, Martin Buber, Carl Zuckmayer, T. S. Elliot, N. H. Anden, Jean Paul Sartre, Albert Camus und viele weitere.


Udo Bermbach (geb. 1938)
Udo Bermbach war Assistent bei Dolf Sternberger. Von 1971 bis 2001 war er Professor für Politische Theorie an der Universität Hamburg.


Der Briefwechsel „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“
Was verbindet Hannah Arendt mit Dolf Sternberger
Dolf Starnberger schrieb nach dem Krieg am 31.05.1946 den ersten dokumentierten Brief an Hannah Arendt.

In der Zeit von 1948 bis 1975 trafen sich die Beiden mehrfach, entweder in Deutschland oder in den USA.

In beider Werke spielen Aristoteles, Heinrich Heine, Niccolo Machiavelli und Augustinus eine große Rolle.

Keineswegs einig waren sich die beiden Freunde in der Beurteilung Heideggers und seiner Philosophie. Sicherlich lag das auch daran, dass Dolf Sternberger nicht darüber hinwegsehen mochte, dass sich Heidegger zum Nationalsozialismus bekannt hatte und Dolf Sternberger seine jüdische Frau nur mit großer Mühe, Glück und der Hilfe Alexander Mitscherlichs vor der Deportation retten konnte.

Hannah Arendt hatte die Größe die Person Heidegger und seine Philosophie getrennt betrachten und bewerten zu können.

Aus den Briefen ist auch zu entnehmen, dass das Ehepaar Sternberger einige Pakete mit begehrten Waren nicht nur für sich selbst, sondern auch für Freunde auf postalischem Weg überreicht bekam.

Sicherlich mag es zwischen Hannah Arendt und Dolf Sternberger Freundschaft, aber doch ein wenig eine ungleiche Beziehung, gewesen sein. Beim Lesen der Briefe fällt auf, dass Dolf Sternberger, der Forderndere war. Er wollte, dass Hannah Arendt mehr Artikel für „Die Wandlung“ schriebe und eine redaktionelle Rolle bei „Der Wandlung“ einnähme. Hannah Arendt lehnt das ab.


„Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“
Zu den Essays von Hannah Arendt und der Rede von Dolf Sternberger
Von Hannah Arendt wurden insgesamt sechs Essays in „Die Wandlung“ veröffentlicht, die 1948 vom Springer Verlag unter dem Titel „Sechs Essays“ veröffentlicht wurde.

In „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“ wurden die Essays „Organisierte Schuld“ und „Konzentrationsläger“ und eine Rede Dolf Sternbergers aufgenommen.

Ausführlicher Beitrag zu „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“


Meine Schlußgedanken „Ich bin dir halt ein bißchen zu revolutionär“
Die Herausgabe dieses Briefwechsels zwischen Hannah Arendt ist eine Ergänzung des bisherigen Materials über die großartige Philosophin und ihre freundschaftlichen Beziehungen.

Für jeden, der an der Nachkriegszeit, Hannah Arendt, Dolf Sternberger oder an Philosophie überhaupt interessiert ist, ist dieser Briefwechsel lesenswert. Vor allem lässt sich aus diesen Briefen herauslesen, welch große Bedeutung Hannah Arendt schon damals hatte.

Bemerkenswert ist sicherlich auch, dass man in den Briefen vergeblich nach einem „Gespräch“ über die Zeit im dritten Reich sucht. Wahrscheinlich wollten beide dieser Zeit nicht noch mehr Raum zugestehen.

Udo Bermbach ist es gelungen, diesen Briefwechsel in Buchform mit ausführlichem Zusatzmaterial, wie den Essays, den Lebensläufen und einer lesenswerten Einleitung herauszugeben. Das Schönste sind die zahlreichen Bilder! Es handelt sich um ein bereicherndes Dokument der Zeitzeugen!

Vielen Dank!

Veröffentlicht am 14.11.2019

Crime Noir mit genialer Choreografie

Der Revolver
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„Der Revolver“ von Fuminori Nakamura (Rezension)
„Der Revolver“ war der Debütroman von Fuminori Nakamura und mein zweiter Roman von ihm. Ich hatte 2018 „Die Maske“ gelesen und rezensiert. Schon damals ...

„Der Revolver“ von Fuminori Nakamura (Rezension)
„Der Revolver“ war der Debütroman von Fuminori Nakamura und mein zweiter Roman von ihm. Ich hatte 2018 „Die Maske“ gelesen und rezensiert. Schon damals hatte er mich begeistert und dementsprechend neugierig und gespannt war ich auf „Der Revolver“. Fuminori Nakamura hat mich nicht enttäuscht.

Der Inhalt in drei Sätzen
Ein junger Mann, Tooru Nishikawa, findet eine Leiche, bei der ein Revolver liegt. Er nimmt diesen Revolver an sich, der fortan sein Leben und die Handlung bestimmt. Nishikawa wird in einen Strudel der Ereignisse hineingerissen.

Beim Lesen erinnerte mich die Konzeption an das Musikstück „Bolero“ von Maurice Ravel. Genauso inszeniert Fuminori Nakamura das Geschehen.

Tooru Nishikawa ist ein ganz normaler durchschnittlicher Student mit Freunden und Affären, über den es am Anfang nicht viel zu sagen gibt. Der Lesen lernt ihn durch seine Handlungen, Gefühle und Gedanken kennen. Nicht nur der Protagonist wird von der Handlung mit gerissen, sondern mir ging es als Leser genauso.

Tooru ist nicht pessimistisch, er neigt sich immer mehr einem Nihilismus zu, außer diesem Revolver hat nichts mehr einen Sinn oder Wert für ihn.

„Der Revolver war mein Ein und Alles. Ohne ihn hatte mein Leben keinen Sinn. Ich liebte ihn leidenschaftlich.

Worum geht es?
Es geht um kriminelle Energie, die einmal entzündet, wie ein schwarzes Loch, jeden der ihr zu nahe kommt, den Ereignishorizont betritt, unweigerlich in die Verdammnis führt. Es ist das Aufzeigen einer unausweichlichen Kausalität. Ich würde ihn als einen Crime Noir einordnen, die fast schon Züge einer griechischen Tragödie aufweist.

Es geht um eine Art Besessenheit oder Hörigkeit. Kann man von Objekten besessen sein? Kann man tote Dinge lieben? Diese Hingabe ist auch als Objektsexualität, eine Art der sexuellen Orientierung, bekannt. Der Besessene sieht die Objekte als perfekt, ohne jeglichen Mangel oder Fehler.

„Dazu kaufte ich ein Taschentuch aus dem gleichen Stoff, aber in Schwarz. Um den Revolver zu polieren. Mein Revolver glänzte so sehr, dass es eigentlich gar nicht nötig war, aber durch den Akt des Polierens, davon war ich überzeugt, würde unsere Beziehung immer tiefer und enger werden.“

Seite 40

Tooru verändert sich, vor allem sein Sozialverhalten ändert sich.

Wird sich Tooru aus diesem Strudel noch befreien können?
Obwohl Tooru durchaus, wie schon erwähnt, einen Freundeskreis und mehr als eine Beziehung hat, zeigt das Buch die Einsamkeit in der Großstadt. Es sind eher oberflächliche Beziehungen. Tooru wurde von seinen Eltern als kleines Kind adoptiert, vielleicht ist das der Grund! Fehlendes Urvertrauen. Die Angst, verlassen zu werden. Obwohl Tooru rückblickend, seine Adoption als Rettung betrachtet. In seinem Leben und den Beziehungen fehlt die Intimität.

„Der Revolver“ ist durchgehend aus der Perspektive Tooru Nishikawas und in der Ichform geschrieben. Der Roman wird geradezu zu einem Psychogramm.

Die Spannung ist extrem hoch. Ich musste auf den letzten Seiten mehrfach das Buch aus der Hand legen, weil es mich so ergriffen hat und ich glaubte vorherzusehen, wie es ausgeht und ich wollte nicht, dass es auf diese Weise endet. Tooru rennt mit offenen Augen ins Messer.

Der Autor wählt so eindringliche, Beschreibungen, dass sich der Leser nicht entziehen kann:

„Der Ausdruck auf dem Gesicht der Katze war kläglich. Unverwandt starrten mich ihre Augen an, ließen nicht mehr von mir ab. Auch ihr Schreien hörte nicht auf. Je länger, je mehr glaubte ich, das Schreien müsse aus meinem eigenen Kopf kommen, und auf einmal erlosch alles.“

Das Covermotiv ist Andy Warhols „Gun“. Sehr passendes Motiv! Gefällt mir außerordentlich gut!

Der Text wurde aus dem Japanischen, wie schon „Die Maske“ von Thomas Eggenberg übersetzt, der selbst einige Jahre in Japan gelebt und gearbeitet hat.

Was nehme ich aus der Lektüre mit?
Fuminori Nakamura zeigt hier eine meisterhafte Choreografie, ohne dass es konstruiert wirkt. So würde ich gerne schreiben können.

Wer kennt nicht das Gefühl, einer Sache oder einem Menschen verbunden zu sein, das oder der einem selbst nicht gut tut und dennoch kann man sich nicht lösen?

Steckt in jedem von uns das Böse? Ja! Ich, ich glaube schon! Ich glaube auch an einen freien Willen, der uns die Möglichkeit bietet, dem Bösen die Stirn zu bieten und uns abzuwenden. Sicherlich ist es hilfreich, wenn man den eigenen Platz im Leben gefunden hat. Schwierig wird es für die, die von der Gesellschaft ausgegrenzt leben, oder sich selbst ausgrenzen. Auch eine liebevolle Kindheit trägt positiv dazu bei. Aber der Einzelne muss sich selbst für das Gute entscheiden und diszipliniert die Verführungen abwehren. Jeder von uns wird täglich verlockt, verführt oder aufgefordert, unsere eigenen Grenzen in eine Richtung zu verlassen, die nicht „gut“ ist.

Es ist nicht einfach, täglich die richtigen Entscheidungen zu treffen. Das ist die Komplexität des Lebens. Genau das will der Autor aufzeigen, und dass es schwierig ist, die einmal eingeschlagene Richtung zu ändern.

Von mir gibt es eine riesengroße

L E S E E M P F E H L U N G

Veröffentlicht am 04.11.2019

Morbide Ästhetik

Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen
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Rezension „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“


Zum Inhalt „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“


Der neue Kurzgeschichtenband „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“ von Nadja Losbohm ist sehr dunkel und düster. ...

Rezension „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“


Zum Inhalt „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“


Der neue Kurzgeschichtenband „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“ von Nadja Losbohm ist sehr dunkel und düster. Er hat das Mystischmythische des Bösen.


Es handelt sich um sieben Kurzgeschichten mit einem abschließenden sehr persönlichen Teil, der auch verrät, warum die Autorin diese Themen gewählt hat. Der Leser lernt Autorin und Beweggründe näher kennen.


„Chwedlau – Tywill“ ist Nadja Losbohms dreizehntes Buch. Drei Bücher habe ich nun gelesen. Zu den bisherigen Rezensionen von „Die Tagebücher des Michael Iain Tyr“, „Die Magie der Bücher“. Die Reihe der Vampirjägerin habe ich mir gerade gekauft. Also die Rezensionen findet ihr demnächst hier. Ich mag das „Dark“ in ihren Geschichten, so wie in der Reihe um Michael Iain Ryan.

Hier findet ihr das Interview mit der sympathischen Autorin vom Februar 2018.

Oft höre ich, dass Fantasy nichts mit dem realen Leben zu tun hat. Das stimmt nicht!. Wenn man genau hinsieht und die Geschichten analytisch betrachtet, entdeckt man, dass es sich um alltägliche Begebenheiten handelt, die in Fantasy verkleidet wurden. Manchmal ist die Verkleidung so gut, dass man „Real Life“ kaum noch erkennt. Wie ich das meine?

Auch hinter Nadjas fantastischen Kurzgeschichten versteckt sich das reale Leben.

Ich transportiere die Geschichten wieder ins reale Leben und überlege, was sich dahinter verbergen könnte.

Analytisch betrachtet könnte die Zusammenfassung oder Überschrift auch so aussehen:

„Die zwölf Söhne der Cairdeas“


Ein One-Night-Stand mit Folgen – oder – was geschieht, wenn Kinder nicht in einer Familie aufwachsen?

„Die Geschichte von Tod und Winter“

Der Tod als Lösung? Oder „Rendezvous mit Joe Black“. Es erinnert ein wenig an die Romantik.


„Der alte Baum von Pen y Fan“

Könnte ein Vortrag oder „Theaterstück“ sein, das für Fridays for Future aufgeführt wird. Eine Anklageschrift.

„Gordyndra“

Der Dämon in uns!

„Wenn Träume sterben“
Ein schlechtes Gewissen ist kein ruhiges Kopfkissen. Böse Taten verhindern einen erholsamen Schlaf.

„Der Wächter des Herbstes“

Wenn die Liebe dich zerstört …

„Die roten, auf Hochglanz polierten Schuhe“


Opfer der Leidenschaft!! Super Ende!

Nadja Losbohm erzählt Geschichten, die wir alle kennen, manche Dinge haben wir selbst erlebt, oder jemand aus der Familie oder aus unserem Umfeld war der Leidtragende oder hat von so etwas gehört.

Die Visualisierungen der Schnipsel gefallen mir gut, obwohl sie doch sehr unterschiedlich gestaltet sind.

Zum Cover „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“

Das Cover ist sehr geheimnisvoll. Aber ich finde die Geschichten viel dunkler als die Cover.

Fazit zu „Chwedlau Tywyll – Dunkle Märchen“ oder mit den Augen der Fantasy betrachtet

Nadja Losbohm betrachtet diese Episoden mit den Augen der Fantasy. Sie füllt die Geschichten empfindsam, mit phantastischen Inhalten. Sie kennt diese Gefühle und gibt sie einfühlsam an den Leser weiter, der mit ihr und ihren Helden fühlt. Die Hauptpersonen sind alle Helden, wenn auch manchmal tragische Helden.

Ja! Die Geschichten sind teilweise sehr dunkel, aber diese Dunkelheit birgt eine geheimnisvolle Schönheit in sich. Vor allem in der „Dark Fantasy“ geht es um dunkle Leidenschaften, Tod, Verlust, Crime und Liebe.

Wir ernten in unserem Leben nicht immer nur gute Gefühle, oftmals werden wir es auch mit schlechten, traurigen oder bösen Gefühlen zu tun haben. Oft machen uns andere Menschen das Leben schwer, obwohl sie scheinbar unsere Freunde sind. Oder sie sind tatsächlich unsere Freunde und machen uns das Leben schwer, weil wir einen falschen Weg eingeschlagen haben.

Nadja Losbohm findet die richtigen Worte, um die Atmosphäre einzufangen und zu vermitteln.

Alle sieben Geschichten lassen am Schluss den Satz zu:

Und die Moral von der Geschichte ist …

Die Märchen haben, so wie beinahe alle Märchen, eine Prämisse. Sozusagen sollen wir daraus etwas lernen. Oder anders gesagt, durch die phantasievolle Entfremdung der Geschichte, kann der Leser sich damit identifizieren und fühlt mit.

Allerdings fehlt mir eine Geschichte, in welcher der Protagonist überlebt und gestärkt aus dem Tal der Trauer kommt. Ich hätte es noch schöner gefunden, wenn Nadja Losbohm eine Story eingebaut hätte, deren Ende den Leser hoffen lässt.

Ich finde das Dunkle sehr schön, aber die Hoffnung auf Licht, sollte nicht vergessen werden. Aber das ist meine persönliche Meinung. Dir gefällt es vielleicht, weil alle Märchen dunkel sind.


By Connie Ruoff

Veröffentlicht am 04.11.2019

Das gezeichnete Leben Stephen Hawkings

Hawking
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Oder das Leben Stephen Hawkings als Graphic Novel
„Hawking“ stellt das Lebenswerk von Stephen Hawking mit passenden und ansprechenden Zeichnungen von Leland Myrick, die von Rachel Polk koloriert wurden ...

Oder das Leben Stephen Hawkings als Graphic Novel
„Hawking“ stellt das Lebenswerk von Stephen Hawking mit passenden und ansprechenden Zeichnungen von Leland Myrick, die von Rachel Polk koloriert wurden und Texten von Jim Ottaviani, aus dem Englischen übersetzt von Ebi Naumann, vor.

Das Duo Ottaviani und Myrick veröffentlichte im Mai 2013 schon ein Graphic Novel über Richard Feynman. Die Physik und ihre Stars liegen den beiden am Herzen.

Stephen William Hawking
Stephen Hawking ist für mich schon seit vielen Jahren mein Idol, Held und großes Vorbild. Vor allem, wie er mit seiner Behinderung umging, fand ich bemerkenswert. Er war ein Mann, der immer ein Lächeln auf den Lippen hatte, mit dem er die Menschen für sich gewann. Ich liebe seine Auftritte in „Big Bang Theory“ oder das Pokerspiel mit Isaac Newton, Albert Einstein und Data auf dem Holo Deck der Star Treck Serie. Das Pokerspiel findet ihr auf meiner Youtube Playlist am Ende des Beitrags.

Als ich das Graphic Novel „Hawking“ entdeckte, dachte ich sofort, das hätte ihm gefallen. Ich ging mit gemischten Erwartungen an die Lektüre. Ich kannte zwar einige Graphic Novels aus dem Fantasybereich, aber funktioniert das auch mit einer Biographie?



Hawking Ottaviani graphic novel schwarze Löcher
Was steckt hinter dem Begriff Graphic Novel?
Ich hatte eigentlich gar keine Ahnung, was wirklich hinter dem Begriff Graphic Novel steht. Kann man Graphic Novel als Comic für Erwachsenen bezeichnen? War es so einfach? Beim Recherchieren fand ich die Informationsseite von Graphic Novel und folgende Erläuterung:

„Graphic Novels gehören der literarischen Gattung der Comics an und erzählen ihre Geschichten mit den Mitteln desselben. Graphic Novels sind, vergleichbar mit Romanen, längere, komplexere Geschichten von mehrteiligem Aufbau. Sie sind in sich abgeschlossen. Das unterscheidet sie von beispielsweise Comicserien, die von vornherein ganz anders, eben auf die serielle Erscheinungsweise, angelegt sind. Graphic Novels können allerdings, genau wie Romane, mehrere Bände umfassen.“
Also gut, ein Roman in Form eines Comics. Ich war gespannt.


„Hawking“
„Hawking“ hat auch Hawking auf dem Cover. Das gefällt mir sehr gut. Jeder interessierte Leser kann sofort entscheiden, ob ihm diese Art an Zeichnung, bzw. der individuelle Zeichenstiftstil gefällt. Ich finde den Stil frech und humorvoll. Das passt gut.

Stephen Hawking wird genauso dargestellt, wie man ihn von Fotos und Filmen kennt. Man identifiziert die Zeichnung sofort mit ihm.

hawking schrödingers Katze
Wer hat noch nicht von Schrödingers Katze gehört?
„Hawkings Leben in Bildern“
„Hawking“ beginnt mit einer Wette: Gibt es Leben auf anderen Planeten? Hawking wettete, dass es das gibt. Schade, dass er nicht mehr beweisen konnte, ob er richtig liegt.

Für ihn war es ein Zeichen, dass er genau auf den Tag 300 Jahre nach Isaac Newtons Tod zur Welt kam. Immerhin ist es ihm gelungen, den Lucasischen Lehrstuhl zu übernehmen. Und endlich erfahren wir auch, warum Stephen Hawking so ein begnadeter Astrophysiker wurde. Auf Isobel Hawkings Nachttisch lag während der Schwangerschaft ein Astronomieatlas? Ach, wenn es doch so einfach wäre.

Aus Stephen Hawkings Privatleben werden Stationen der Kindheit und Jugend, der Verlauf der Krankheit ALS, seine Ehe, die Kinder, die Scheidung und die erneute Heirat sachlich nüchtern, ohne es zu bewerten, gezeigt. Auch die Jahre, in denen die Familie Hawking mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, werden beschrieben.

Aber den größten Teil des Graphic Novels nimmt die Wissenschaft der Theoretischen Physik und die Astrophysik, Hawkings Lebenswerk ein.

Der Leser findet am Ende des Buches einen Nachweis über Bücher und Videos und ein Verzeichnis über die Aufsätze, das chronologisch angelegt ist. Kurz und gut – die Lektüre dieser Aufsätze

„für den Fall, dass Sie die Entwicklung der Ideen im Verlauf der (Raum-)Zeit verfolgen wollen – wird Ihnen, falls Sie sie in der U-Bahn lesen, den Anschein absoluter Hochgelehrtheit verschaffen.“

"Hawking" Seite 302
Mein Fazit zu "Hawking"
Hawking Ottaviani Meine kleine Hawking Bibliothek
Meine kleine Hawking Bibliothek dazu kommen noch ebooks und Hörbücher
Ich bin sehr an Zukunftstechnologien, moderner Physik, vor allem Quantentheorie und allem, was dazu gehört, interessiert. Ich besitze fast alle Bücher Stephen Hawkings und natürlich las ich auch darin und sicherlich habe ich nur Weniges wirklich verstanden, aber ich weiß jetzt, um so viel mehr, was ich nicht weiß. „Hawking“ hat mir mittels dieser Art der Übermittlung – das visuelle Gedächtnis funktioniert bei mir besser, als wenn ich nur Buchstaben lese oder etwas höre – wirklich den einen oder anderen Sachverhalt deutlicher gemacht.

Stephen Hawking starb am 14. März 2018 und erlebte die Veröffentlichung des Graphic Novels nicht mehr. Umso schöner, dass Jim Ottaviani und Leland Myrick von Stephen Hawking am 4. Juli 2012 empfangen wurden und er das Projekt „absegnete“.

Comicartig werden nicht nur die einzelnen Stationen aus Stephen Hawkings Leben dargestellt, wobei der Schwerpunkt auf dem wissenschaftlichem Teil liegt, sondern der Leser erhält zudem einen Abriß der Geschichte der modernen Physik. Von Benjamin Franklin über Isaac Newton, Albert Einstein, Carl Sagan, bis zu Richard Feynman, Roger Penrose und Stephen Hawking. Es macht Freude Wissenschaftsgeschichte auf diese Weise präsentiert zu bekommen.

Das Buch zeigt auch die Dynamik der Erkrankung ALS, wie die Krankheit zu Beginn seines Studiums diagnostiziert wurde, wie er während seines Aufenthalts in Cern, wegen eines lebensnotwendigen Luftröhrenschnitts, die Fähigkeit zu sprechen verlor. Leser wird wieder einmal klar, was für ein herausragender Mensch Stephen Hawking war, nicht nur, weil er den Menschen einen riesigen Erkenntnisfortschritt lieferte, sondern auch, weil er, trotz seiner bestimmt nicht leichten Beeinträchtigungen, nie die Freude am Leben und den Humor verlor. Er hat den Menschen das Universum, verpackt in einer Nussschale, näher gebracht. Wenn du nähere Information möchtest, besuche die offizielle Website.

Dieses Buch gefällt mir gut. Es passt zu Stephen Hawking und ich kann mich nur noch den Anmerkungen des Verfassers anschließen!



„{...} In unserem Gedächtnis ist er noch immer sehr lebendig. Möge dieses Buch dazu beitragen, dass er das auch bei Ihnen bleiben wird.“

"Hawking" Seite 302
By Connie Ruoff