Ende bekannt, trotzdem (oder gerade deswegen) mitreißend
Der AttentäterWie schreibt man ein spannendes Buch zu einem Thema, das sehr vielen Personen und Lesern zumindest oberflächlich geläufig ist? Möglicherweise lässt sich dadurch ein bisschen Inhalt sparen, weil man Teile ...
Wie schreibt man ein spannendes Buch zu einem Thema, das sehr vielen Personen und Lesern zumindest oberflächlich geläufig ist? Möglicherweise lässt sich dadurch ein bisschen Inhalt sparen, weil man Teile der Geschehnisse voraussetzen kann. Ulf Schiewe muss das gar nicht, er schreibt sogar noch mehr dazu.
Sein historischer Thriller handelt zudem nicht nur von einem Ereignis, das vielen bekannt ist - viel schlimmer: noch viel mehr Leute wissen schon vor dem Lesen, wie das Ende ausgeht. Es ist hohe Kunst, aus wahren Begebenheiten und einem unausweichlichen Höhepunkt ein spannendes, abwechslungsreiches und lehrreiches Buch zu formen.
Mit “Der Attentäter” ist das gelungen. Über die Geschehnisse einer Woche hinweg wird der Leser an jenen schicksalshaften Tag im Jahr 1914, der Österreich einen (weiteren) Thronfolger nahm. Ohne aufdringlich zu sein, fügen sich die harten Fakten zu einer packenden Geschichte zusammen, gespickt mit Zitaten, belegten Vorkommnissen und dazu fiktiven, aber sehr passenden Anekdoten oder Charakteren.
Passender fiktiver Held ist hier Major Rudolf Markovic, in Sarajevo stationierter österreichischer “Geheimdienstler” und ein guter Ermittler. Schiewe spielt durch ihn ein “Was-wäre-wenn” und lässt Markovic dem Attentat auf die Spur kommen. Er stellt sich als guter Gegenspieler heraus, der der bekannten Geschichte einen ganz besonderen Thrill und dem Leser einige fesselnde Stunden zuteilwerden lässt.
Mit all dem war und bin ich sehr zufrieden und finde das Buch dahingehend auch äußerst gelungen. Ein Teil des Epilogs aber konnte mich nicht überzeugen, hätte doch meiner Meinung nach auch ein anderes “Happy End” durchaus ausgereicht.
Alles in allem sei dieser historische Thriller jedem empfohlen, der gute, faktenbasierte Krimis mit eingewobener Fiktion zu schätzen weiß und unauffällig wie gratis sein Geschichtswissen erweitern oder auffrischen möchte.