facettenreicher Auftakt: gruselig, spannende CyberGames & tolle Charaktere& viel Gefühl
Gaming Erlebnisse der besonderen Art: tauche selbst in das Spiel ein und steuere mittels deiner Gedanken deinen Avatar. Stürze dich in Abenteuer, besiege fiese Monster, wende Zaubersprüche an, löse mysteriöse ...
Gaming Erlebnisse der besonderen Art: tauche selbst in das Spiel ein und steuere mittels deiner Gedanken deinen Avatar. Stürze dich in Abenteuer, besiege fiese Monster, wende Zaubersprüche an, löse mysteriöse Rätsel – dir sind keine Grenzen gesetzt. So ähnlich könnten wohl die Werbeslogans für die CyberGames im Jahr 2038 in London aussehen. Das Cybernetz wurde intensiv ausgebaut, man kann sich nicht nur virtuell treffen und unterhalten, sondern auch die verschiedensten Spiele ausprobieren und sich durch umfangreiche Missionen arbeiten.
Jemma, Jamie und Zack treffen sich mit ihren Avataren regelmäßig in der CyberWorld und entfliehen so dem Alltag. Die drei halten allerdings nicht nur in der virtuellen Welt, sondern auch im echten Leben zueinander und gehen gemeinsam durch dick und dünn. Als drei Jungen nach einem Aufenthalt in der CyberWorld ins Koma fallen, kann sich niemand erklären, was mit ihnen geschehen ist. Wer steckt dahinter? War es ein technischer Defekt? Haben die drei Jugendlichen sich einfach nicht an die Regeln gehalten? So sehr es die drei Freunde auch bestürzt, was passiert ist, nie hätten sie gedacht, wie schnell sie Teil der Ermittlungen werden und selbst auf die Suche nach Antworten gehen.
Nadine Erdmann hat mich mit ihrer Geschichte von der ersten Seite an mitgenommen und bis zum Ende nicht wieder losgelassen. Ich mag den Stil der Autorin sehr gern. Der Schreibstil ist flüssig und leichtgängig, trotz einiger schwerer Themen, die innerhalb der Handlung eine Rolle spielen, transportiert Emotionen, weiß zu fesseln und enthält eine gute Portion Sarkasmus und einen für meinen Geschmack sehr angenehmen Humor, was beides unter anderem in den facettenreichen Dialogen zum Tragen kommt.
Die Kombination aus realem Leben und den Gaming Episoden in der CyberWorld empfand ich als sehr gelungen. So wird die Handlung abwechslungsreich und bleibt durchweg spannend, da in beiden Bereichen kontinuierlich neue Dinge passieren. Durch die actionreiche Passagen in den Spielen wird das Tempo immer wieder angezogen, ich war gefesselt von dem Geschehen, obwohl ich selbst keine Zockerin bin. Es gibt aber auch ruhigere Momente, in denen man die interessanten Figuren Stück für Stück besser kennenlernen kann.
Das Buch beginnt sofort richtig spannend und actiongeladen mitten in einem der CyberGames. Während man erlebt, wie die Protagonisten gegen ihren Endgegner kämpfen, erfährt man erste Dinge über das System der CyberWorld und die Spielabläufe. Auch wenn man die Charaktere an der Stelle noch gar nicht weiter kennt, war ich gleich fasziniert von der virtuellen Welt, in die man eintaucht und von dem Zusammenhalt der Figuren, der spürbar über die Grenzen des Games hinaus geht.
Im Verlauf lernt man die Zwillinge Jemma und Jamie und dessen Freund Zack dann intensiver kennen und merkt schnell, wie unterschiedlich sie sind. Neben den dreien gibt es noch weitere Figuren, von denen einige von Anfang an dabei sind und andere erst mit dem Voranschreiten des Buches in den Mittelpunkt des Geschehens rücken. Insgesamt entsteht so eine sehr facettenreiche Personenkonstellation, in der es immer mal wieder zu Reibereien, Streitigkeiten, aber auch zu sehr schönen, bewegenden Momenten kommt.
Jeder der Protagonisten hat sein Päckchen zu tragen und auch wenn wir noch längst nicht alles erfahren, was die Charaktere bewegt und geprägt hat, so bekommt man doch erste Einblicke in die Dinge, die sie beschäftigen, die ihnen widerfahren sind, sie sie belasten oder erfreuen, wofür sie einstehen und wer ihnen besonders wichtig ist. Ich freue mich schon darauf noch weitere Facetten an ihnen zu entdecken und mitzuerleben, wie sie sich weiter entwickeln werden. Mein aktueller Liebling ist Jemma. Sie ist einfach eine tolle Person und ich mag ihre oft eher ruhigere, ernstere Art. Bedingungslos steht sie zu den Menschen, die sie liebt und auch wenn sie sich nicht ständig überall einmischt, so findet sie doch die richtigen Worte, wenn sie ihre Meinung sagt. Zack und Jamie sind da beide deutlich temperamentvoller und gehen schneller an die Decke, wenn der Frust überkocht. Sie haben als Paar eine besondere Herausforderung zu meistern, die allerdings nichts mit ihrer Homosexualität zu tun hat. Dieser Aspekt ist sehr selbstverständlich und unaufgeregt in die Handlung eingebunden, was ich total angenehm fand. Durch die authentischen Beschreibungen der Situationen, Gedanken und Gefühle, konnte ich nachvollziehen, wieso es für Jamie oft so schwer und belastend ist, aber auch, was Zack manchmal auf die Palme bringt. Umso berührender waren dann die Gespräche, in denen die beiden nicht nur ihre Wut, sondern auch ihre positiveren Gefühle zum Ausdruck bringen.
Neben den persönlichen Entwicklungen der Figuren geht es im Verlauf um die mysteriösen Komafälle und die Alltags-Auszeiten in den CyberGames. Besonders gut gefallen hat mir die Mischung dieser unterschiedlichen Elemente innerhalb der Geschichte. Die Szenen in der CyberWorld sind düster, geheimnisvoll und sehr spannend. Immer wieder müssen die Charaktere sich neuen Quests und Gegnern stellen, wobei es häufig turbulent und dramatisch wird.
All die Fragen, die sich um die drei Jugendlichen im Koma ranken, laden zum Mitraten ein. Die Auflösung zum Mind Ripper war definitiv komplexer als ich sie erwartet hatte. Gut umgesetzt fand ich auch die durchaus kritische Auseinandersetzung mit den Dingen, die in dem Zusammenhang passieren bzw. passiert sind, die ich hier aus Spoilergründen aber natürlich nicht näher erläutern kann.
Der „Fall“ rund um den Mind Ripper ist am Ende des Buches abgeschlossen, die Geschichte der Protagonisten wird in den folgenden Bänden weitergehen. Ich bin super neugierig, werde definitiv weiterlesen und freue mich schon auf all die weiteren Abenteuer, die die Jugendlichen in der CyberWorld und auch in ihrem normalen Leben bestreiten werden, auf die persönlichen Entwicklungen und weitere tolle Gespräche.
Fazit
Der Ausflug in die CyberWorld war richtig spannend, cool und facettenreich. Ich mochte sowohl die düsteren, ereignisreichen Passagen in den CyberGames, als auch die von unterschiedlichen Emotionen geprägten Entwicklungen rund um die Protagonisten und die spannenden Ermittlungen rund um den Mind Ripper. Die Kombination der unterschiedlichen Elemente ist gelungen und harmonisch umgesetzt, obwohl die Aspekte so extrem unterschiedlich sind. Ich habe mit den Figuren gebangt, mich mit ihnen gefreut und geärgert, ein paar Tränchen für sie vergossen und hatte öfter das Bedürfnis, sie in den Arm nehmen zu wollen. Gleichzeitig war es jedoch auch total fesselnd und faszinierend sie in der virtuellen Welt zu begleiten. Ein gelungener Auftakt der Reihe, der neugierig auf weitere Abenteuer macht.