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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2020

Wahnsinnig atmosphärisch und überraschend spannend

Um mich herum stehen bekannte Gesichter
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Was als erstes ins Auge sticht ist die unheimlich packende Atmosphäre, die einen umgibt und direkt in die Szenen hineinzieht. Marc Kemper hat einen sehr eingehenden, bildhaften und leicht zu lesenden Schreibstil ...

Was als erstes ins Auge sticht ist die unheimlich packende Atmosphäre, die einen umgibt und direkt in die Szenen hineinzieht. Marc Kemper hat einen sehr eingehenden, bildhaften und leicht zu lesenden Schreibstil und weiß mit Tiefgang und Emotionen umzugehen. Damit schafft er es problemlos, die Geschichte lebendig werden zu lassen und den Leser abzuholen. Für mich war es ein wahrer Genuss in den leisen, aber doch gewaltigen Stil einzutauchen und konnte ihn wundebrar auf mich wirken lassen. Besonders die tiefgreifende Momente hat der Autor sehr schön eingefangen und wiedergegeben, sodass sie ihre volle Wirkung entfalten können und zutiefst berühren und zum Nachdenken anregen. Lediglich die nebensächlich einfließenden Erklärungen und Fachbegriffe hätte ich persönlich nicht gebraucht – es hielt mich nicht auf und störte auch nicht besonders; aber es passte meiner Meinung nach nicht 100% zur Geschichte.
Ganz am Rande: es wurde sich für die dritte Person Perspektive entschieden, was ich hier mehr als passend finde. Zwar steht es ein wenig im Kontast zum Titel, doch die „Ich-Form“ hätte hier einfach nicht richtig mit der Geschichte harmoniert. Sehr gut gelöst also und stilistisch eine herrausragende Leistung von Marc Kemper.

Diejenige, die uns durch ihr Leben führt ist Camilla, eine junge Frau, deren Leben bereits während des Einstiegs eine dramatische Wendung nimmt. Der von ihr verschuldete Unfall wurde erstaunlich detailliert dargestellt und lässt einen die Veränderung von Camilla viel besser nachvollziehen. Allgemein fiel es mir, trotz ihrer Depressionen, nicht weiter schwer, mich in sie hinein zu versetzen und sie zu verstehen. Es war eigentlich ganz einfach: ich schloss sie ins Herz und schwankte ständig zwischen „bemitleiden“ und „bewundern“. Camilla ist unbeschreiblich mutig; eine wahre Kämpferin und das trotz dessen, was sie bereits alles erleben musste in ihrem Leben. Denn auch davon erfahren wir als Leser einiges; nämlich in Form von Rückblicken bzw. Träumen. So vertiefte sich mein Eindruck stetig und ich spürte, wie ich ihr trotz bereits bestehender Bindung immer näher kam und sie noch lebendiger wurde. Ihre Handlungen und Gedankengänge spielten eben jenem Punkt ebenso in die Karten: sie handelte und dachte logisch, nachvollziehbar und glaubhaft. Kurz nochmal zusammengefasst: Camilla tat enorm viel für die Geschichte, hauchte ihr Lebendigkeit ein und brachte nicht nur einiges an Potential mit, sondern schöpfte es auch gänzlich aus um mich zu überzeugen zu können.
Die Nebenfiguren konnten mich dabei aber mindestens genau so überraschen. Die Truppe ist bunt gemischt, jedes Alter ist vertreten und alle gängigen Wesenszüge gleichmäßig verteilt. Es gab die, mit denen man sofort sympathisiert, doch genau so trifft man auf Figuren, denen man erstmal eher misstrauisch begegnet. Was sie aber alle gemein hatten: sie brachten Tiefgang mit und reife, überlegte Handlungen und Gedanken. So waren es vor allem die Randcharaktere, die mich mit ihren Aussagen für sich gewannen und nachdenklich machten.

Als letztes widmen wir uns der Idee und deren Umsetzung. Zugegeben, aufgrund der geringen Länge des Buches und der großen Schrift war ich nicht ganz sicher, ob die Handlung wirklich ausreichend genau geschildert wird, um es als glaubwürdig durchzugehen. Mein erster Gedanke war „na das wird ein kurzes Vergnügen“ – womit ich zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht gerechnet hatte, war die Intensität, auf die ich traf. Die Idee hinter dem Buch ist beeindruckend und für mich was völlig neues gewesen. Sie glänzt durch eine spannende Umsetzung, auf einige Plots und auf oben erwähnte Atmosphäre. Von der ersten Sekunde an war ich gefangen, fieberte mit und konnte meine Neugier, wie Camilla sich in Sibirien so schlägt, nur schwer in Zaum halten. Dieses kurze, unscheinbare Buch wurde zu einem wahren Pageturner, zu einem Werk, das berührt und nachdenklich macht und etwas in mir bewegte. Es war durchweg spannend, es gab sogar die ein oder andere actionreiche Szene – aber es vor allem gab es Camilla, die alles tat, um alle am Leben zu halten. Stellenweise spürte ich die eisige Kälte am eigenen Leib und kann nur immer wieder die einhüllende Amtosphäre erwähnen und wertschätzen – denn mitunter davon lebte die Geschichte.
Der große Twist am Ende schockiert, anders lässt es sich nicht benennen. Niemals hätte ich mit dieser Auflösung gerechnet und ich war überrascht und entsetzt zugleich, dass der Überlebenskampf längst nicht das Highlight des Buches war. Für mich hat Marc Kemper nicht nur eine mitreißende Geschichte geschrieben, sondern eine Reise zu sich selbst, zu Einsicht, innerem Frieden und zu Genesung.

FAZIT:
„Um mich herum stehen bekannte Gesichter“ von Marc Kemper ist ein beeindruckend tiefgründiges, aufklärendes Buch voller Spannung, interessanten Plots und einer einnehmenden, um nicht zu sagen, alles verzehrenden Atmosphäre. Die eisige kälte des russischen Nordens übertrug sich immer wieder wie durch Zauberhand auf meinen eigenen Körper und ließ mir in regelmäßigen Abständen einen Schauer über den Rücken jagen. Glaubhafte, detaillreiche und greifbare Charaktere rundeten dieses Werk dann letztlich ab. Für das absolute Highlight fehlte mir noch eine Spur – vielleicht lag es an der Länge; vielleicht an den unpassenden Fachbegriffen – aber letztlich schrammen wir knapp an den 5 Sternen vorbei. Trotzdem ein absolut lesenswertes Buch, das sich noch länger in mir nachklingen wird.

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Spezielle, aber authentische Sprache und hochgradig emotionale Geschichte

Die Farbe von Milch
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Die ganze Geschichte spielt sich im Jahre 1830 bzw. 1831 ab und offenbart die damaligen Lebensumstände mit erschreckender Genauigkeit. Mary wächst in einer Bauernfamilie auf, arbeitet trotz ihrer körperlichen ...

Die ganze Geschichte spielt sich im Jahre 1830 bzw. 1831 ab und offenbart die damaligen Lebensumstände mit erschreckender Genauigkeit. Mary wächst in einer Bauernfamilie auf, arbeitet trotz ihrer körperlichen Behinderung in Form eines deformierten Beins, von früh bis spät im Stall und dem Feld und erfährt nur wenig Liebe und Zuneigung. Stattdessen erzählt Nell Leyshon von Hunger, Leid und häuslicher Gewalt, von Glauben und einem Leben, das sich heutzutage keiner mehr vorstellen kann. Auch zeigt sie auf, dass ein Umbruch nicht immer gutes mit sich bringen muss und dass Hoffnung manchmal einfach erlischt.
Das Buch beginnt mit einem intensiven Einblick in Mary’s Alltag und ihr tristes, trostloses Leben. Mitzuerleben, wie dieses junge Mädchen von eingespannt wird und schon beim kleinsten Fehler bestraft wird, war eine wahre Tortur. Trotzdem empfand ich den Einstieg als äußerst gelungen, denn als Leser bekommt man so genügend Zeit, sich ein Bild von dem Begebenheiten und von Mary zu machen. Aber auch um sich an den Schreibstil, der wahrlich besonders ist, zu gewöhnen. Außerdem weckt dieser Start durchaus Neugierde, fesselt schon genug, um mehr über Mary und ihre Geschichte erfahren zu wollen. Eine gewisse, unterschwellige Spannung ist also von der ersten Sekunde an gegeben, sodass es einem schwer fällt, das Buch auch mal aus den Händen zu legen. Trotzdem lebt das Buch viel eher von den neuen Eindrücken des damaligen Lebens, die man gewinnt und der Sympathie, die man Mary gegenüber empfindet. Meiner Meinung nach erzählt das Mädchen in einem sehr ruhigen Tempo, nimmt sich Zeit und schildert genau, was sich zugetragen hat.
Im Laufe der Seiten fragte ich mich immer wieder, ob da denn überhaupt noch was nennenwertes passiert oder ob Mary einfach wahllos ein Jahr ihres Lebens offenbart. Es war einfach nicht klar, worauf alles hinauslaufen wird und als dann die große Wende kam, war ich umso überraschter, dass es doch so eine Heftigkeit an den Tag legte. Damit hatte ich, nicht zuletzt auch wegen den ansonsten eher monotonen Geschehnissen absolut nicht gerechnet und war wahrlich sprachlos. Ab diesem Moment kann und will man dann keine Sekunde mehr Pause machen, sondern endlich das Ende erfahren. Ich bin noch immer geflasht und weiß nicht recht, wie ich meine Empfindungen in Worte fassen soll. Eigentlich ist es bis kurz vor Ende weder großartig spannend noch besonders spektulär, doch diesen Anlauf hat die Geschichte schlicht und einfach gebraucht, damit das „Finale“ dann diese Wirkung entfalten und so einschlagen konnte, wie es das tat.

Dank des sehr außergewöhnlichen Schreibstils erlangt das Buch noch einmal eine neue Dimension an Lebendigkeit und Authensität. Nell Leyshon lässt nämlich Mary sprechen, und zwar so, als würde das Mädchen tatsächlich persönlich von Angesicht zu Angesicht erzählen. Zu Beginn war das etwas, was mich nicht nur verwirrte, sondern auch ein wenig aufhielt. Ich habe wirklich Zeit gebraucht, um mich an die Einfachheit und das Umgangssprachliche zu gewöhnen. Um mal ein Beispiel zu nennen: Mary ihr Zimmer liegt im zweiten Stock des Hauses – und tagein tagaus heißt es im Buch „ich ging die Treppe hoch und ging die Treppe nochmal hoch“. Oder sie berichtet unzählige Male, wie sie den Kamin anheizt. Allein ihre morgendliche Routine wird immer wieder genaustens und meist sogar wortgleich erzählt – aber das wirklich überraschende ist dabei, dass trotzdem keine Langeweile aufkam. Es glich einfach einem Tagebucheintrag. Es fühlte sich echt und greifbar an, authentisch und verlieh dem Buch eine besondere Note. Ich kannte so was nicht, kann aber vermelden, dass mir das unglaublich gut gefallen hat und ich nie gedach hätte, dass es einer Geschichte sogar noch in die Karten spielt. Desweiteren wird dabei auch auf Kommas, wörtliche Rede und sonstige Satzzeichen verzichtet. Am Anfang noch seltsam, doch wenn man sich mal vor Augen führt, dass Mädchen in dieser Zeit meist nicht in der Lage waren, überhaupt zu lesen, geschweige denn zu schreiben, ist es nur umso glaubhafter, dass Mary auf solch Banalitäten wie Anführungszeichen und Co. verzichtet.

Die Figuren wirkten tatsächlich wie aus den 1830er Jahren entsprungen. Nell Leyshon hat die Charakterzüge sehr schön eingefangen und widergegeben und so noch mehr Greifbarkeit und Realität in das Buch gebracht. Neben unserer Protagonistin Mary, zu der wir gleich kommen, gab es noch etliche andere Charaktere, die sich gut voneinander unterschieden und durch verschiedene Wesensmerkmale voneinander abhoben. So beispielsweise Mary’s Schwestern, die mir besonders gut gefielen, da sie alle zwar das gleiche Schicksal hatten, aber ganz unterschiedlich damit umgingen. Die eine gläubig, die andere zickig, die letzte rebellisch – und mitten drin die behinderte Mary. Obwohl man deutlich merkt, dass das Verhältnis zwischen den vier Mädchen angespannt war, schimmert doch an manchen Stellen die geschwisterliche Liebe und Loyalität durch, die untereinander herrscht.
Die Eltern von Mary hätten nicht perfekter für die Handlung und das Buch an sich sein können. Obwohl so manche Tat bei mir auf absolutes Unverständnis traf, leuchtet doch ein, dass es damals einfach normal war, wenn mal körperliche Züchtigungen und Strafen verteilt wurden. Das allein fand ich äußerst glaubhaft, und realistisch. Der Großvater tat mir in erster Linie leid, doch wenn man eben nichts mehr zum Lebensunterhalt beiträgt, war mal damals nichts mehr wert und das wurde von der Autorin in Form des Opas wirklich deutlich aufzeigt.
Ich könnte jetzt noch über alle anderen Figuren sprechen, doch im Endeffekt läuft es eh darauf hinaus, dass ich sage, sie waren alle essentiell für die Geschichte, sehr lebendig und authentisch – von Sympathie will ich aber definitiv abstand nehmen.
So verhielt es sich auch mit Mary. Man ist neugierig darauf, was das Mädchen erlebt hat, man ist gespannt, wie sie mit dem Erlebten umgeht – aber so eine richtige Bindung konnte ich nicht zu ihr herstellen. Ich verstand ihre Gedanken und Handlungen, empfand sie als nachvollziehbar und ihr unbedachtes Mundwerk sorgte für den ein oder anderen Schmunzler, aber die Distanz blieb. In erster Linie schiebe ich das für meinen Teil auf die Tatsache, dass wir in zwei komplett unterschiedlichen Welten leben und es mir dadurch wohl etwas schwer fiel, sie richtig gern zu haben. Ich hatte immerzu ein junges Mädchen, fleißig und emsig, wie aus einem alten Film oder einer alten Serie vor Augen; die Mary als Person. Allgemein erinnerte sie mich so manch eines Mal an Laura von „Unsere kleine Farm“, aber das ist ein anderes Thema.
Kurz und knapp: es hätte keine Figur gegeben, die besser für die Rolle der Mary gepasst hätte. Sie verlieh dem Buch Tiefgang und Spannung, man lernte sie ausreichend gut kennen und war ihr, allein durch den Stil, schon nah genug, um mitfühlen zu können. Auch an Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit mangelte es der 15-jährigen nicht.

FAZIT:
Mit „Die Farbe von Milch“ liefert Nell Leyshon ein Buch, das zurecht schon einige Male für Preise nominiert war. Die Geschichte kommt absolut authentisch daher, ist sprachlich betrachtet einmalig erzählt und überzeugt durch eine intensive, berührende und mitreißende Geschichte voller Leben. Die Lebensumstände der 1830er Jahre sind erschreckend und schockierend und die Autorin fängt diese Empfindungen sehr gut ein und gibt sie wider. Ich konnte in dem Buch komplett versinken und bin rückblickend enorm froh, dass ich vorher kaum etwas über den Inhalt wusste. Falls ihr mit dem Gedanken spielt, es ebenfalls zu lesen, empfehle ich euch, nicht mehr als den Klappentext, der oben steht, zu lesen – man würde sich, meiner Meinung nach, viel zu viel vorweg nehmen. Für mich hat es nicht ganz zum Highlight gereicht; dafür fehlte mir einfach das gewisse Etwas, aber wir schrammen knapp daran vorbei und deshalb gibt’s von mir eine absolute Lese-Empfehlung.

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Veröffentlicht am 07.12.2019

Wiedersehen mit Brian und Ella!

Cinder & Ella - Happy End - und dann?
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Lange Zeit habe ich gezweifelt, ob ich den zweiten Band dieser Reihe überhaupt lesen möchte. Band 1 ist nach wie vor das Highlight der letzten Jahre für mich und die Chance, dass der Nachfolger alles ruiniert, ...

Lange Zeit habe ich gezweifelt, ob ich den zweiten Band dieser Reihe überhaupt lesen möchte. Band 1 ist nach wie vor das Highlight der letzten Jahre für mich und die Chance, dass der Nachfolger alles ruiniert, war nicht gerade gering, immerhin gibt es online mehr negative als positive Meinungen. Trotzdem wollte ich natürlich wissen, wie es mit meinem persönlichen Traumpaar weitergeht und deshalb hab ich mich letztlich für das Hörbuch entschieden. Ob ich meine Entscheidung bereue oder ob mich auch diese Fortsetzung wieder komplett catchen konnte, erzähle ich euch jetzt. Viel Spaß ♥

Der Einstieg war, ganz wie erwartet, super leicht. Es dauerte keine 2 Minuten, ehe ich wieder diese typisch emotionale Atmosphäre verspürte und komplett in das Leben von Brian und Ella abtauchen konnte. Dafür sorgt auch der mehr als angenehme und trotzdem charakteristische Schreibstil der Autorin und die sehr passenden Vertonungen der Protagonisten. Sowohl Nora Jokhosha als auch Maximilian Atrajo als Brian und Ella machen einen ganz wunderbaren Job und verleihen den Figuren allein durch ihre Stimmen schon eine gehörige Portion Lebendigkeit und Authensität. Kelly Oram erzählt sehr direkt, verzichtet auf unnötige Beschreibungen und Details und erzeugt trotzdem Emotionen und Stimmung. Besonders die gefühlvollen Momente verpackt sie in wunderschöne Sätze und erreichte mich, wie schon bei ihrem ersten Buch, wieder auf ganzer Ebene.
Besonders gut gefiel mir auch die Gliederung in Form der beiden Perspektiven. Sowohl die Sicht der weiblichen Hauptfigur wie auch die des männlichen Parts geben einen tiefen Einblick in deren Gefühlswelten, Gedankengänge. Darüber hinaus sind die Beweggründe dadurch deutlich nachvollziehbarer und verständlicher. Sehr gut gelöst und enorm passend für die Geschichte.

Ella mit ihrer Unsicherheit war mir so vertraut, als würde ich eine alte Freundin wiedertreffen, die ich, ohne es zu merken, schmerzlich vermisst hatte. Sie war, wie schon in Band 1, das Highlight der Geschichte und auch wenn es die ein oder andere Situation gab, in der ich ihr Denken und Handeln nicht 100% verstand, hatte ich keine Probleme mich mit ihr zu identifizieren und dementsprechend mit ihr mitzufiebern. Besonders auffällig war in diesem Teil aber ihre Entwicklung. Mich sprach es enorm an, wie sich die junge Frau wandelte und immer mehr über sich hinaus wuchs. Eine glasklare Botschaft für all die jüngeren Leser, die sich genau wie Ella mit Selbstzweifeln und zu wenig Selbstvertrauen quälen. Jungs, Mädels – Ella macht es vor und auch ich möchte es nochmal betonen: jeder von euch ist wundervoll, so wie er ist – mit allen Ecken, Kanten, Narben und Mackel. Jeder von euch ist einzigartig und keiner braucht sich für irgendwas schämen.
Wer mir hingegen nicht mehr ganz so wunderbar gefallen hat wie Ella ist Brian. Ich tat mir stellenweise echt schwer, den großen Hollywood-Star mit dem unzähligen Frauengeschichten mit dem in Einklang zu bringen, was er tatsächlich war: ein Weichei. So leid es mir tut, aber sein Geschnulze war teilweise derart kitschig, dass ich einfach nur die Augen verdrehen musste. Ich hätte mir von Brian deutlich mehr Rückgrat gewünscht, mehr Stärke und mehr Charisma. Stattdessen kriecht er Ella in jeder nur sich bietenden Gelegenheit in den Hintern und legt ihr die Welt zu Füßen. In manch einer Situation mochte das angebracht und wirklich süß gewesen sein, aber manchmal war es einfach over the top und ruinierte mir die Emotionen. Es driftete einfach ins unglaubwürdige ab und das empfand ich als extrem schade. Von einem Mann, vor allem in seinen Kreisen, erwarte ich immer noch eine Portion Männlichkeit. Dementsprechend war seine Entwicklung, vor allem von Band 1 zu Band 2 eher ein Rückschritt und deshalb kaum erwähnenswert. Traurig.
Dafür aber gefiel mir die Dynamik unter den Charakteren wieder umso besser. Nicht nur zwischen Brian und Ella herrschte eine sehr stimmige Atmosphäre, auch die Nebenfiguren wurden wunderbar ins Geschehen eingewoben und man stieß wieder auf allerlei verschiedener Verbindungen untereinander. Mal schlug einem der pure Hass entgegen, mal spürte man die Liebe förmlich aus den Zeilen sprühen. Doch auch die Veränderungen im Verlauf der Geschichte taten der Geschichte herrlich gut; denn aus Freunden wurden Feinde, aus Feinden Freunde und aus Fremden nicht mehr wegzudenkende Akteure in Brian’s und Ella’s Leben.

Meiner Meinung nach hat Kelly Oram das Leben in und um Hollywood sehr gut eingefangen. All die Probleme die unweigerlich auftauchen für diejenigen, die im Rampenlicht stehen, sind realistisch und glaubwürdig dargestellt, sind einnehmend ausgearbeitet und sehr schön in Szene gesetzt. Dank der doch eher unvorhersehbaren Storyline und den überraschenden Wendungen wird es nie langweilig und die Emotionen, die ich in Band 1 so sehr geliebt habe, sind auch hier wieder in Hülle und Fülle vertreten. Trotzdem fehlte mir das „gecatcht“ sein. Ich wollte mich mitgerissen fühlen, wollte wieder eine Achterbahnfahrt der Gefühle erleben; doch das war hier bei weitem nicht so präsent wie ich es mir erhofft und gewünscht hatte. Trotzdem vermittelt die Autorin die richtigen Werte und setzt auf Unterhaltung, Spaß und stellenweise sogar Humor.
Inhaltlich gesehen ist es schwer, sich eine finale Meinung zu bilden. Einerseits konnte mich dieser zweite Band wirklich gut unterhalten; es hat Spaß gemacht, den Protagonisten und Randcharakteren wieder zu begegnen und auch, dass wir miterleben dürfen, wie Ella immer mehr in diese glamouröse, aber ebenso feindselige Welt gerät, ist ein großer Pluspunkt. Leider aber kann dieser Teil nicht mit seinem Vorgänger mithalten. Für mich war er kein Flop – davon sind wir weit entfernt – aber es war nicht mehr das Highlight wie der Auftakt. Im Endeffekt hat es Band 1 nicht geschadet, aber eben auch nicht in die Karten gespielt. Diese Fortsetzung war unterhaltsam, durchaus spannend, enthält eine enorm wichtige Botschaft und macht Freude; weist aber genau so auch Schwächen auf.

FAZIT:
„Cinder und Ella: Happy End – und dann?“ von Kelly Oram ist eine wunderbar unterhaltsame Lektüre mit jeder Menge Witz und Charme und Emotionen. Hinter dem kitschigen Cover verbirgt sich eine überraschend tiefgreifende Geschichte, die mich berühren und für sich gewinnen konnte. Trotzdem ist dieser Band, im Vergleich zu seinem Vorgänger, eher schwach; nicht zuletzt weil die Autorin die Messlatte schon beim Auftakt so enorm hoch gelegt hat dass sie sie nun selbst nicht mehr erreichen kann. Trotzdem hat mir die Geschichte rund um mein geliebtes Traumpaar gut gefallen und ich bin rund herum zufrieden; nur eben nicht so überwältigt wie ich es von Band 1 kenne.

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Veröffentlicht am 06.10.2019

Großartiger Jugendroman mit topaktueller Thematik!

Staat X
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„Staat X“ ist eine wirklich besondere Geschichte. Hinter diesem hübschen Cover verbirgt sich eine Handlung, die einerseits zum Nachdenken anregt, andererseits aber auch erschreckende Parallelen zur Wirklichkeit ...

„Staat X“ ist eine wirklich besondere Geschichte. Hinter diesem hübschen Cover verbirgt sich eine Handlung, die einerseits zum Nachdenken anregt, andererseits aber auch erschreckende Parallelen zur Wirklichkeit aufweist. Der Staat, der allein von den Schülern regiert wird, wartet mit allem auf, was es für ein solches System braucht: das Parlament, das Gericht, die Polizei inklusive Präsidenten und das „kleine“ Volk. Selbst die Presse ist vertreten und so fällt es nicht schwer, die Handlung auf das reale Leben zu übertragen. Unwillkürlich stellt man sich als Leser etliche Fragen; allen voran: geht es in der Politik tatsächlich so zu? Aber auch „Ist das wirklich nur Fiktion?“. Hier spielen einige Elemente mit, die sicher so oder so ähnlich auch in Deutschland – oder irgendwo anders auf der Welt – genau so stattfinden. Korruption, Erpressung, Manupulation und Sabotage. Und das ist nur der Gipfel des Einbergs. Die Autorin hat noch ganz andere Problematiken aufgezeigt, die weniger auf der politischen als viel mehr auf der privaten Ebene zu Hause sind. Misstrauen, das Gegeneinander ausspielen, aber auch Freundschaft, Liebe und Vertrauen.
Schon auf den ersten Seiten wird klar, dass das Buch eher von einer unterschwelligen Spannung lebt, und auch von der Neugier des Lesers darauf, zu erfahren, in welcher Form alles aus dem Ruder läuft und wie die Schüler mit dieser Situation und der damit einhergehenden Verantwortung umgehen. Dabei hat Carolin Wahl eine Storyline geschaffen, die absolut rund, absolut nachvollziehbar ist; bei der wirklich jedes Zahnrad ins andere greift und alles logisch und authentisch vonstatten geht. Eine echt gruselige Tatsache, dass sich Menschen von Macht derart beeinflussen lassen und sich innerhalb kürzester Zeit verändern. Trotzdem zeigt die Autorin auch auf, wie sehr der familiäre Hintergrund dabei eine Rolle spielt.
Ich für meinen Teil war komplett begeistert von der Idee, die hinter diesem Buch steckt. Wenn man erst einmal beginnt zu lesen, wird einem aber auch schnell klar, dass die Geschichte mehr von unterschwelliger Spannung und vor allen Dingen, von den Charakteren lebt [dazu gleich nochmal mehr]. Wir begeben uns hier in eine Welt, die realistischer nicht sein könnte und so war es für mich überhaupt kein Problem, mich von der Handlung an sich gefangen nehmen und mitreißen zu lassen. Dennoch ist das Erzähl-Tempo eher im mittleren Bereich angesiedelt, schließlich soll „Staat X“ kein Actionthriller sein, sondern ein Buch, das nachdenklich macht und ganz aktuelle Problematiken aufzeigt. Ich muss zugeben, dass ich gerade zu Beginn der Geschichte eher schwer ins Geschehen rein fand; was nicht zuletzt an der Vielzahl an Charakteren lag. Ich tat mir schwer, sie alle zuzuordnen, mir ihre Namen und ihre Jobs zu merken und auch noch ihre Vergangenheiten bzw. familiären Verhältnisse einzuprägen. Es verging einige Zeit, ehe ich mich zurecht fand, doch als dieser Punkt erreicht war, war ich eins mit den Figuren und fieberte auch problemlos mit ihnen mit. Für mich war dieser Einstieg, der noch recht wenig mit dem Staat zu tun hatte, zu lang – obwohl mir natürlich einleuchtet, dass auch Tiefgang Platz braucht und Seiten in Beschlag nimmt. Man wird auch gleich, wenn ich auf die Charaktere zurück komme klar merken, dass es auch einige Vorteile bot, dass sich Carolin Wahl für so viele Hintergrund-Informationen entschieden hat. Trotzdem hätte ich mir vorstellen können, das alles etwas knackiger zusammengefasst wird und der eigentliche Twist früher einsetzt. Gerade als es anfängt, temporeicher und dramatischer zu werden, ist das Ende schon nah und mir fehlte ein wenig die Ausgeglichenheit zwischen Vorgeschichte/Charakterinfos und der Handlung allgemein. Sehr schade, wie ich finde – aber natürlich befinden wir uns im Jugendbuch-Bereich und natürlich will ich diese großartige Idee und deren Umsetzung nicht kritisieren; denn die Ausarbeitung, die Gedanken die dahinter stecken und diese runde Gesamtbild grenzen eindeutig an Perfektion.

Carolin Wahl schreibt, wie es nicht anders zu erwarten war, einfach großartig. Blidhaft, aber klar strukturiert kam die Geschichte zügig in Fahrt, jedoch nicht ohne vorher einige interessante und vor allem wichtige Informationen zur Handlung zu klären. Wie schon in „Die Traumknüpfer“ hatte ich permanent ein klares Bild vor meinem geistigen Auge, konnte mich wunderbar leicht in die Szenen hinein versetzen und fühlte mich als Teil des Ganzen. Erzählt wird „Staat X“ aus den Sichten aller vier Protagonisten plus einer weiteren allgemeinen Perspektive, was zwar etwas verwirrend war, weil eben jede Figur einen anderen Umgang hat und so etliche weitere ins Spiel kommen; aber alles in allem sehr passend. Wie ihr wisst, bin ich schon ein großer Freund von zwei Perspektiven; bei insgesamt fünf Sichten kommt daher deutlich mehr Spannung auf, in dem die einzelnen Kapitel dann prompt bei einem Cliffhanger enden und wir uns stets fragen, wie es denn nun mit Lara, Vincent, Melina oder Adrian weitergeht; jedoch vorher noch die Perspektiven der anderen Protas lesen müssen, um wieder an die Stelle des Cliffhangers zu kommen.

Die Charaktere sind ein riesiger Bestandteil des Buches und sorgten dafür, dass die Geschichte gut funktioniert. Ich hatte oben schon erwähnt, dass sie alle mit erstaunlich viel Tiefgang ausgestattet sind und dem Staat X so allein schon eine gehörige Portion Leben schenken. Durch die enorme Ausleuchtung aller Beteiligten entstand ein klares Bild von jedem einzelnen und zeigte auf, wieso sie heute so sind, wie sie sind und wieso sie handeln und denken, wie sie es innerhalb des Schulprojekts tun. Ich glaube, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass ich selten so klar strukturierte und detaillierte Figuren kennenlernen durfte wie die vier Teenager hier. Und da spreche ich erst einmal nur von den Protagonisten. Diese Schüler boten eine Bandbreite an unterschiedlichen Eigenschaften, Erlebnissen und Hintergründe und sie alle waren nicht nur im Verhalten, sondern auch in ihrer Sichtweise grundverschieden.
Gleichzeitig wird aber durch eben jene Informationen auch deutlich, dass sich ihre Entwicklung nicht aus heiterem Himmel ereignet sondern durch Erziehung, Lebensumstände und Familie herbeigeführt wird. Erschreckend, aber unheimlich realistisch und greifbar.
Adrian, Melina, Vincent und Lara wären sich an der Schule wahrscheinlich nie wirklich näher gekommen, sind aber nun durch das Projekt aufeinander angewiesen und lernen sich so gezwungenermaßen besser kennen. Trotzdem geht jeder irgendwie seinen eigenen Weg und hat seine eigene Sicht auf die Dinge, die die anderen nicht automatisch gutheißen müssen. Das war ein weiterer Punkt, der für Konflikte sorgen könnte und somit ein weiterer Punkt, der mir sehr gut gefiel.
Adrian verkörpert hier wohl den Antagonisten, und trotzdem ist er durchgängig mein Lieblingscharakter gewesen; und zwar weil seine Beweggründe nachvollziehbar und verständlich waren. Er brachte immer wieder frischen Wind ins Geschehen und durch ihn wurde es nie langweilig. Lara war das pure Gegenteil – Carolin hat sie in unserem Instagram-Chat wiefolgt beschrieben: neu und ohne einen Plan. Und das trifft es genau. Lara sticht durch ihre herrliche Normalität aus der Masse an Charakteren heraus und besticht durch ihr sympathisches, liebenswertes Wesen. Auch die anderen beiden empfand ich als interessant und authentisch; nur konnten sie für mich eben nicht mit Lara und Adrian mithalten.

FAZIT:
Mit „Staat X“ ist Carolin Wahl eine erschreckend realistische Geschichte gelungen, die aufzeigt, mit welch einfachen Mitteln man die Macht erlangt und wie sehr Macht einen Menschen verändern kann. Einfache Schüler werden zu Bürgern eines Staates und benehmen sich genau so, wie man es nur aus Polithrillern kennt. Besonders diese Schüler waren es, die mich rund herum beeindruckt haben, die aber gleichzeitig auch dafür sorgten, dass mir der Einstieg nicht ganz leicht viel. Ein enorm starker Jugendroman mit einer brisanten, topaktuellen Thematik; aber leider auch mit kleineren Schwächen. Trotzdem gibt’s von mir eine bedingungslose Lese-Empfehlung; denn diese Geschichte kann nicht nur Jugendlichen, sondern auch Erwachsenen die Augen öffnen und zum Nachdenken animieren.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Typischer Marie-Force-Charme lässt die Herzen höher schlagen

Vergiss die Liebe nicht
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Man muss schon sagen, dass es hauptsächlich die Charaktere sind, von denen die Geschichte lebt. Schon in anderen Büchern der Autorin wuchsen mir Haupt,- wie Nebenfiguren enorm ans Herz und da bildet dieser ...

Man muss schon sagen, dass es hauptsächlich die Charaktere sind, von denen die Geschichte lebt. Schon in anderen Büchern der Autorin wuchsen mir Haupt,- wie Nebenfiguren enorm ans Herz und da bildet dieser Auftakt keine Ausnahme. Ich bin immer wieder begeistert, wie einfach ich mit den Protagonisten, die Marie Force zum Leben erweckt, mitfiebern und mitfühlen kann. Sie wirken alle so greifbar, sind hochgradig sympathisch und einfach liebenswert. Man fühlt sich als Leser pudelwohl an der Seite aller und begleitet sie gerne durch ihr Leben – mit allen Höhen und Tiefen.
In diesem Fall treffen wir auf Jack, einen dreifachen Familienvater, den das Schicksal ganz schön hart getroffen hat. Ich kann mich beim besten Willen nicht in seine Situation hineinfühlen, doch die Autorin hat es geschafft, dass ich mich voll und ganz von Jack’s Trauer anstecken lasse und sie tatsächlich am eigenen Leib fühlen konnte. Eine Tatsache, die mich zutiefst beeindruckte. Doch auch seine Entwicklung war bemerkenswert und mir gefiel es zu sehen, wie er langsam aus dem schwarzen Loch, in dem er gefangen war, herauskroch und wieder ins Leben zurückfand. Jack war facettenreich und vielschichtig, brachte alles mit, was es für einen guten Protagonisten braucht und begeisterte mich sowohl in Sachen nachvollziehbaren Gedankengängen als auch bei seinen glaubhaften Handlungen. Jack war einerseits ein so fürsorglicher, liebevoller Vater, der jedoch erst in genau diese Rolle hineinfinden musste. Ein Prozess, den ich gern mitverfolgte und der mir sehr zusagte. Nicht zu schnell, aber auch nicht zu sehr in die Länge gezogen. Andererseits war aber auch seine berufliche Laufbahn interessant und spannend zu verfolgen. Meines Erachtens nach verkörperte Jack die perfekte Mischung aus gefühlvollem Vater, erfolgreichem Architekt und sinnlicher und sanfter Liebhaber. Ich bin wirklich glücklich darüber, dass Marie Force ihn so dargestellt hat, wie er dargestellt wurde. Er dachte immer wieder an seine Ehefrau, war in dieser Hinsicht sehr verantwortungsvoll und gewissenhaft und für seine drei Mädels das perfekte Vorbild. Ich hatte ja enorme Angst, dass die neue Frau auftaucht und Clare, die ja im Koma lag, einfach vergessen war – das bewahrheitete sich zum Glück nicht. Kurz um: Jack war die perfekte Besetzung für diese Geschichte.
Andi, die schon früh ins Spiel kommt, gefiel mir genau so gut. Sie war absolut bodenständig, sympathisch und liebenswert. Als neue Frau an Jack’s Seite hatte ich zu Beginn noch Probleme, da meine Loyalität eher auf Clare’s Seite lag, doch im Laufe der Zeit, wuchs sie mir immer mehr ans Herz und ich verstand zunehmend, was Jack in ihr sah. Besonders gut gefiel mir, wie sie mit Jack’s Kindern umging und wie viel Mühe sie sich mit ihnen gab. Doch auch mit ihrem eigenen Sohn ging sie herzallerliebst um und vergötterte den 5-jährigen total. Trotzdem konnte ich diese liebevoller Mutter wunderbar mit der starken Karriere-Frau in Einklang bringen und sie auf beiden Ebenen voll und ganz nachvollziehen.
Besonders schön fand ich aber, wie beinah in all den Marie Force Geschichten, die Nebenfiguren. Hier drehte sich sehr viel um Jack’s Schwester und seinen besten Freund; doch auch die vier Kinder der Protagonisten waren großartig und sooo echt! Die beiden pubertierten Mädels waren perfekt getroffen und ich erkannte mich in vielen Situationen wider, als ich so alt war. Wundervoll – alle – wie immer.

Marie Force schafft es problemlos, mich in ihre Geschichten hinein zu ziehen. Ich fühle stets wohl und auch in diesem Auftakt war wieder dieser Wühlfühl-Faktor spürbar, den ich so sehr liebe. Man fühlt sich als Mitglied der Familie, als wichtiger Teil der Geschichte und kann sich nicht nur emotional fallen lassen, sondern auch in die traumhaften Beschreibungen der Umgebung. Ich spürte mit jeder Seite mehr, wie Fernweh in mir aufstieg und musste Rhode Island umgehend auf meine Bucketlist setzen. Marie Force erzählt so flüssig und angenehm, und trotzdem sehr gefühlvoll und mitreißend, dass man quasi nur so durch die Seiten rauscht und kaum aufhören kann zu lesen.
Erzählt aus zwei verschiedenen Sichten bekommen wir als Leser einen Einblick in beide Gedanken,- und Gefühlswelten und fühlen uns so den beiden Protagonisten noch näher, als es ohnehin schon der Fall war. Auch die gewählte dritte Person fand ich hier sehr passend; auch wenn ich eigentlich die Ich-Perspektive bevorzuge.

Die Idee hinter dem Buch ist vielversprechend; keine Frage. Auch die Handlung an sich ist alles andere als schlecht. Schon nach den ersten Seiten war ich komplett abgetaucht und fühlte mich rund herum wohl in der Geschichte. „Vergiss die Liebe nicht“ trumpft mit dem typischen Marie Force Charme auf, sodass man sich in eigentlich fremden Gebieten und bei völlig fremden Familien direkt heimisch fühlt. So war es auch hier. Bevor ich auch nur dazu kam, die Protagonisten und Nebenfiguren kennen zu lernen, fühlte ich mich schon Zuhause und wollte nie wieder von Rhode Island weg. Das ist einfach diese heimelige Atmosphäre, die einen hier komplett in Beschlag nimmt. Besonders die Emotionen, die so wunderbar authentisch zum Leser transportiert werden, fesseln genug, um das Buch kaum aus den Händen zu legen. Man sollte sich einfach von vorn herein klar werden, dass es eine süße, lockerleichte (um nciht zu sagen, seichte) Liebesgeschichte ist, die rein von den Figuren und den Emotionen lebt. Nervenaufreibende Action sucht man hier natürlich vergeblich; es ist schöne Unterhaltung für zwischendurch mit jeder Menge berührenden Momenten und herzerwärmenden Szenen. Trotzdem finde ich, dass es nicht das stärkste Buch der Autorin ist. Ich hatte oftmals das Gefühl, dass so ein bisschen Leerlauf aufkam und die Handlung nicht wirklich weiterkommt. Manche Elemente fand ich auch etwas unnötig, denn letztlich sorgten sie nur dafür, dass sich die Geschichte in die Länge zog. Beim Auftakt der Green Mountain Saga beispielsweise hätte ich 1000 Seiten davon lesen können, ohne auch nur an Langeweile zu denken; doch hier verspürte ich stellenweise schon eine gewisse Langatmigkeit. Aber ich möchte die beiden Bücher gar nicht miteinander vergleichen. Das Ende von „Vergiss die Liebe nicht“ war dann auch keine umwerfende Überraschung mehr. Alles wirkte ein wenig vorhersehbar und gewisse Elemente davon sogar ein bisschen zu zufällig. Trotzdem war es schön, es zu erleben und zu verfolgen. Kein bahnbrechendes Finale, aber doch einfach passend für das Buch. Alles in allem war dieser Auftakt sehr unterhaltsam und äußerst stimmungsvoll, auch wenn es letztlich nicht ganz kritikfrei davon kommt.

FAZIT:
„Vergiss die Liebe nicht“ ist ein herrlich unterhaltsamer, lockerleichter Zeitvertreib voller Emotionen. Die so typische Atmosphäre, die wir schon aus anderen Marie Force Werken kennen, ist auch hier wieder einer der Gründe, wieso ich das Buch so gern gelesen habe. Stimmungs,- und gefühlvoll erzählt die Autorin eine berührende Geschichte rund um den dreifachen Familienvater Jack, den ich nicht nur äußerst sympathisch fand, sondern auch sofort tief ins Herz schloss. Selbst die Nebenfiguren fanden einen Platz darin und sind aus dem Buch nicht mehr wegzudenken. Trotzdem gibt es auch Kritik von mir, wie beispielsweise die zu sehr in die Länge gezogene Handlung – oder die Vorhersehbarkeit mancher Wendungen. Alles in allem nicht perfekt, aber trotzdem lesenswert – vor allem für all diejenigen, die zum Beispiel Redwood Love gerne mochten. Für die ist Marie Force und somit auch dieser Auftakt der Neuengland-Reihe ein Muss.