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Veröffentlicht am 06.01.2020

Emotionaler Psychothriller mit besonderer Atmosphäre

Das Licht am Ende
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„Das Licht am Ende“ von Claudia Giesdorf ist ein Psychothriller, der mit vielen Emotionen aufwartet. In meinen Augen ist es auch diese Fülle an Gefühlen, die mich so ans Buch gefesselt hat. Natürlich war ...

„Das Licht am Ende“ von Claudia Giesdorf ist ein Psychothriller, der mit vielen Emotionen aufwartet. In meinen Augen ist es auch diese Fülle an Gefühlen, die mich so ans Buch gefesselt hat. Natürlich war dies jedoch nur in Verbindung mit der spannenden Story möglich:

Helena zieht auf eine abgelegene Lichtung im Wald. Neben ihrer sind nur zwei weitere Hütten auf dort zu finden. Ihre Nachbarn Anuk und Salim nehmen sie herzlich auf. Alles scheint trotz Helenas Ängsten und Zwängen perfekt für einen Neuanfang bis plötzlich Gegenstände verschwinden und eine unsichtbare Bedrohung die Lichtung erreicht. Alle drei haben mit den Geistern ihrer Vergangenheit zu kämpfen. Doch nur eines dieser Geheimnisse kann tödlich enden.

Mehr zum Inhalt möchte ich auch gar nicht verraten, da gerade die Geheimnisse der drei Hauptfiguren mich zu Beginn neugierig werden ließen. Das Buch beginnt nämlich eher ruhig und im ersten Drittel sind es auch die leisen Töne, die mich gefesselt haben. Die Gespräche, die Helena mit Salim und Anuk führte. Die Beschreibung ihrer Zwänge. Die Erinnerungen an Helenas Kindheit. Die Figurenzeichnung von Salim und Anuk. Ab dem zweiten Drittel steigt die Spannung rapide an. Ich war hier so sehr an die Zeilen gefesselt, dass ich sogar vergaß Notizen für die Leserunde zu machen, an der ich teilnahm.

Das Buch wird aus der Sicht Helenas erzählt und spielt auf verschiedenen Zeitebenen, die jedoch geschickt in die Story eingewoben sind. Die Autorin hat einen sehr eigenen Schreibstil, der vermutlich nicht jedem Leser zusagt. Ich musste mich zugegebenermaßen daran auch erst gewöhnen. Die Sätze wirkten etwas sperrig auf mich, teils „dramatisch“ und „geschwollen“. Claudia Giesdorf formuliert jedoch mit viel Liebe zum Detail und so gab es auch durchaus Passagen, die für mich schon poetisch oder philosophisch anmuteten. Die Formulierungen sind jedoch auch reich an Beschreibungen und sehr lebendig. Je weiter ich in die Geschichte eintauchte, umso besser kam ich mit diesem besonderen Stil zurecht. Ich habe mir auch Passagen notiert, die mir besonders gefielen. Hier ein Beispiel:

„Liebe kommt und geht jeden Tag. Ihre Macht kann uns erschüttern, ihr Fehlen uns zerstören. Sie zu erkennen und um jeden Preis zu halten, darauf kommt es an.“

Die Erinnerungen an Helenas Vergangenheit, die in die Geschichte eingesponnen erzählt werden, sind erschreckend, brutal, erniedrigend. Sie machten mich traurig und wütend zugleich. Ich fühlte Helenas Hilflosigkeit. Nach und nach holte die Vergangenheit auch Anuk und Salim ein. Der actionreiche Showdown gegen Ende des Buchs war unausweichlich und doch waren es wieder die leisen Töne, die darauf folgten, die mich mehr faszinierten. Sogar ein paar Tränchen habe ich beim Lesen verdrückt. Ganz zum Schluss folgte ein Twist, der alles in Frage stellte, was man gelesen hat und doch alles erklärte. Und zurückbleibt ein Buch, das mich begeistern konnte!

Fazit: Lesenswert, emotional, spannend und besonders! Besonders gut gefiel mir die geheimnisvolle Atmosphäre, die die ganze Zeit beim Lesen mitschwang. Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung und volle Punktzahl!

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Veröffentlicht am 20.12.2019

Gefangen in den Klauen des Overlook-Hotels

Shining
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Ich habe vor einiger Zeit endlich das Hörbuch zu Stephen KIngs "Shining" gehört und war total gefangen in den Klauen des Overlooks.

Bisher habe ich mich ja eher selten an Stephen King gewagt, da er dazu ...

Ich habe vor einiger Zeit endlich das Hörbuch zu Stephen KIngs "Shining" gehört und war total gefangen in den Klauen des Overlooks.

Bisher habe ich mich ja eher selten an Stephen King gewagt, da er dazu neigt sehr umfangreich zu schreiben. Ich mag doch eher die knackig kurzen Bücher im Umfang von 300-400 Seiten. Da ich nun jedoch endlich den Film zum Buch sehen möchte (er ist ja erst 40 Jahre alt), musste zuerst die Romanvorlage ran.

Und was soll ich sagen? Ja, Stephen King schreibt ausschweifend, ABER er erzeugt dabei einfach genau die richtige Atmosphäre, die der Leser braucht, um sich auf die Geschichte einzulassen und sie komplett auf sich wirken zu lassen.

Das Hörbuch ist von Dietmar Wunder fantastisch eingesprochen. Er hat so eine Vielzahl an Stimmlagen und Tönen modelliert, dass ich zum einen immer sofort wusste, wer gerade spricht und zum anderen in einigen Momenten eine echte Gänsehaut verspürte. Dabei war es völlig egal, ob er einen kleinen verängstigten Jungen spricht, eine hysterische Mutter oder einen durchgeknallten Vater. Es passte einfach perfekt! Vor allem Jack Torrance Weg zum Wahnsinn hat er genial verkörpert.

Die Geschichte selbst ist aber auch einfach unheimlich und spannend gewesen. Auch die ganze Vorgeschichte der Familie (die im Film vermutlich fehlen oder stark reduziert dargestellt sein wird) fand ich super eingearbeitet. Ja, vielleicht ist "Shining" nach heutigem Stand für einige Leser nicht mehr gruselig genug. Aber ich bin sowieso ein großer Fan von psychologischer Spannung und einer gruseligen Atmosphäre und beides hat Stephen King hier definitiv geschaffen.

Die Charaktere waren durch die Bank weg interessant und authentisch. Auch die Nebenfiguren aus dessen Sicht Stephen King nicht direkt berichtet, haben mich alle gefangen genommen. Man merkt hier, dass King mit Liebe zum Detail schreibt und Figuren schafft, die im Gedächtnis bleiben.

Mich hat das Hörbuch wahnsinnig (haha, Wortspiel) gut unterhalten und ich war wirklich traurig als es endete. Ich glaube, ich muss nun unbedingt Doctor Sleep hören. Von mir gibt es eine klare Empfehlung für diesen Klassiker der Horrorgeschichten.

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Veröffentlicht am 09.12.2019

Sehr beeindruckend

Die Arena: Grausame Spiele
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„Die Arena – Grausame Spiele“ hat mich mit seinem großartigen Cover direkt in den Bann gezogen. Nachdem ich die ersten positiven – und teils euphorischen – Stimmen meiner Lieblingsblogger gelesen hatte, ...

„Die Arena – Grausame Spiele“ hat mich mit seinem großartigen Cover direkt in den Bann gezogen. Nachdem ich die ersten positiven – und teils euphorischen – Stimmen meiner Lieblingsblogger gelesen hatte, wollte ich das Buch unbedingt auch lesen.

„Die Arena“ spielt im London der Zukunft. Hier ist die Gesellschaft in zwei Klassen unterteilt: Auf der einen Seite die Pures – die „reinen“ Menschen, die über allem stehen, und die Dregs – unterdrückter Abschaum, der beseitigt werden muss. Für die „Dreg-Kontrolle“ gibt es sogar einen eigenen Ministerposten. Vivian Banes hat dieses Amt inne. Sie ist die Mutter der männlichen Hauptfigur Ben. Ben wuchs in dieser Zwei-Klassen-Gesellschaft auf und hat vieles nie hinterfragt. Als Sohn einer Politikerin wurde er weitestgehend abgeschirmt und hat einen eigenen Bodyguard, der ihn überall begleitet, u.a. weil in seiner Kindheit entführt und ein Anschlag auf ihn nur knapp verhindert werden konnte. Ben ist vollkommen aufgeregt als der Zirkus nach London kommt und möchte ihn unbedingt besuchen. Er ahnt nicht, welche Zustände dort herrschen. Hoshiko, die Hochseilartistin, ist eine der Hauptattraktionen und fasziniert Ben von Anfang an. Hoshiko ist in Bens Alter und das ist im Zirkus eine wahre Seltenheit. Normalerweise überlebt keine der Attraktionen sehr lange. Der Zirkusdirektor denkt sich zur Unterhaltung der Pures nämlich immer neue Grausamkeiten aus, quält und foltert die Dregs auch außerhalb der Vorstellungen. Hoshiko erleidet bei jeder Aufführung Todesangst und hasst die Pures, die schaulustig in den Zirkus strömen, um Dregs möglichst sensationsträchtig sterben zu sehen, abgrundtief. Wie kann man es ihr verübeln, wurde sie doch mit fünf Jahren ihrer Familie entrissen, um Teil des Zirkus zu werden.

Der Roman wird abwechselnd aus Hoshikos und aus Bens Sicht erzählt. Hayley Barker schreibt die Geschichte in sehr knappen Kapiteln, oft umfassen diese nur zwei Seiten. Ich mochte diese schnellen Perspektivwechsel unheimlich gern. Das Tempo war dadurch sehr hoch und die Spannung zog von Kapitel zu Kapitel immens an. Der Schreibstil gefiel mir dabei außerdem sehr gut, weil er bildhaft und lebendig war: „Ich bin immer noch wach, als der Morgen seine eisigen Finger durch die Vorhänge streckt und ein langweiliger Tag anbricht.“ Viele Dialoge gab es nicht, was ich normalerweise bemängeln würde. Aber hier passte es einfach zum Inhalt und zum Stil. Die Geschichte um Ben und Hoshiko zog mich unaufhörlich weiter in seinen Bann. Ich ertappte mich dabei, wie ich selbst den grausamen Zirkusaufführungen entgegenfieberte und ekelte mich dabei beschämt vor mir selbst. Auch Ben erkennt plötzlich wie falsch die Welt ist, in der er lebt. Er schämt sich dafür, dass er nicht viel früher hinterfragt hat, was um ihn herum geschieht und kann dies nicht weiter ertragen. Auch Hoshiko merkt durch Bens Bemühen nach und nach, dass nicht alle Pures, die Monster sind, für die sie sie hält und so nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Ben und Hoshiko, die beiden Hauptakteure, wirken auf mich auch authentisch als sie sich innerhalb kürzester Zeit unsterblich ineinander verlieben. Die Ich-Perspektive tut viel dafür, dass man ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen nachvollziehen kann. Für viele mag diese Liebe auf den fast ersten Blick durchaus übertrieben sein, ich wiederum empfand es aber keinesfalls abwegig. Wir haben es hier immerhin mit zwei Teenagern zu tun, die vermutlich noch nie verliebt waren. Bei Shakespeares „Romeo und Julia“ hat man diesen Umstand doch auch nicht groß hinterfragt und das Stück zählt heute zur Weltliteratur.
Das Buch erinnerte mich beim Lesen aber nicht vordergründig an Shakespeare, sondern viel mehr an „Die Tribute von Panem“ oder auch an Nazi-Deutschland. Diskriminierung, Gewalt und Unterdrückung vermeintlich niederwertiger Personen durch eine „Rasse“, die sich über alles stellt. Das kennt man aus der Geschichte und wirkte beim Lesen leider erschreckend realistisch auf mich. Die „minderwertige“ Klasse wird zur Belustigung und Unterhaltung der Höherwertigen im Zirkus zu grausamen Spielen gezwungen. „Die Arena“ wirkt jedoch keinesfalls wie eine billige Kopie von „Tribute von Panem“. Der Roman besticht einfach vollends durch das einzigartige Zirkus-Setting, das die Autorin erzeugt. Die Atmosphäre wird wunderbar von ihr eingefangen: die Gerüche, die Geräusche, die Bilder, die Angst und die Aufregung – alles habe ich beim Lesen hautnah erlebt. Ein wenig schade finde ich jedoch, dass die Autorin nicht darauf eingeht, wie es zu der politischen Lage im Buch gekommen ist. Es wird lediglich erwähnt, dass die Dregs Zuwanderer und ethnische Minderheiten darstellen. Hier wäre durchaus an der einen oder anderen Stelle Potential gewesen, ein paar Hintergründe einzustreuen, um beispielsweise den Hass der Pures besser zu verstehen.

Hayley Barker hat hier einen dystopischen Roman geschaffen über ein London, das man so nicht kennenlernen möchte; über eine erste Liebe, die allen Widrigkeiten und Regeln zum Trotz entsteht; über Werte, die für unsere Gesellschaft wichtig sind und immer sein sollten; über Menschen, die ihre Grausamkeiten nicht als solche sehen; über das Leben und den Tod und wie sinnlos beides sein kann. Für mich ist „Die Arena – Grausame Spiele“ ein sehr beeindruckender Auftakt der Dilogie, auf deren Fortsetzung ich unendlich gespannt bin. Man findet hier eine besondere Erzählweise, eine bedrückende Atmosphäre und eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Ich empfehle dieses Buch unbedingt weiter und vergebe volle Punktzahl.

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Veröffentlicht am 06.11.2019

Für alle Frauen, über deren Ermordung erst auf Seite 6 berichtet wird

Die schöne Tote
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Rezension „Die schöne Tote“ von Christi Daugherty
Im ersten Teil um Harper McClain „Echo Killer“ ermittelte sie an einem Fall, der dem Tod ihrer Mutter fast aufs Haar glich. „Die schöne Tote“ beinhaltet ...

Rezension „Die schöne Tote“ von Christi Daugherty
Im ersten Teil um Harper McClain „Echo Killer“ ermittelte sie an einem Fall, der dem Tod ihrer Mutter fast aufs Haar glich. „Die schöne Tote“ beinhaltet den Mord an der jungen, bildhübschen Jurastudentin Naomi Scott. Hauptverdächtiger, wie sollte es anders sein, ist zunächst der Freund des Opfers. Nur Naomis Vater glaubt nicht daran und bringt einen anderen Verdächtigen ins Spiel. Peyton Anderson – Sohn des ehemaligen Bezirksstaatsanwalts. In diesem Buch bringt Christi Daugherty ihre Protagonistin damit erneut an ihre Grenzen. Nicht nur, dass Harper gegen Peyton Anderson ermittelt, nein – ein Fremder, der bereits im ersten Teil eine Rolle spielte, verschafft sich aus unklaren Gründen Zutritt zu ihrer Wohnung und ihrem Auto. Und als ob dies nicht schon genug wäre, meiden die Polizisten Savannahs Harper nach ihrem letzten großen Fall immer noch. Es gäbe also durchaus bessere Bedingungen um eine Titelstory zu schreiben.

„Die schöne Tote“ beinhaltet einen durchaus clever gestrickten Kriminalfall und obwohl die Autorin Hinweise auf einen dritten Fall streut, nimmt die Spannung dadurch keinen Abbruch. Durch einen leichten und lebendigen Schreibstil fliegt man nur so durch die Seiten. Obwohl ich den ersten Teil bereits vor einem Jahr gelesen habe, waren mir die Figuren und das Setting sofort wieder vertraut. Man merkt beim Lesen durchaus, dass Christi Daugherty selbst als Gerichtsreporterin gearbeitet hat und Savannah wie ihre Westentasche kennt. All ihr Wissen fließt wunderbar in die Geschichte ein. Es haucht den Figuren sowie der Umgebung Leben ein und lässt alle Figuren und Beschreibungen sehr authentisch wirken. Auch die Angst, die Naomi verspürt hat, bevor sie ermordet wurde, kann man aufgrund der Zeugenaussagen nachempfinden. Der Mordfall könnte genauso überall auf der Welt passiert sein und rief dadurch jede Menge Emotionen bei mir hervor. Viel zu oft kommen die Täter leider ungestraft davon. Christi Daugherty sieht dies wohl ähnlich und beginnt ihr Buch mit einer Widmung: „Für alle Frauen, über deren Ermordung erst auf Seite 6 berichtet wird.“
Das Finale des Buchs war an Spannung kaum zu überbieten, ereignis- und actionreich. Eine Wendung kurz vor Schluss überraschte und erschrak mich mindestens genauso wie Harper. Man kam – wie im Finale des ersten Teils – kaum zum Durchatmen. Und das alles, obwohl die Autorin einen neutralen Erzähler ohne Zeit- und Perspektivwechsel oder anderen stilistischen Schnickschnack für ihr Buch gewählt hat.
Mit der Auflösung des Mordfalls an Naomi und auch mit der Aussicht auf den dritten Teil bin ich mehr als zufrieden, aber (ich muss es zugeben) auch zum Sterben neugierig! Im Ernst, ich habe so viele Fragezeichen im Kopf, das glaubt ihr gar nicht! Das Buch sollte doch nicht einfach schon aufhören. Ich versinke jetzt also weiter in Lesekummer und fiebere auf den nächsten Teil hin.

„Die schöne Tote“ ist wie ihr Vorgänger äußerst spannend geschrieben und rasant erzählt, ohne dabei den Figuren die nötige Tiefe und Authenzität zu nehmen. Ein sehr gelungene Fortsetzung, die mich erneut gespannt auf den nächsten Teil zurücklässt! Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung – auch wenn ihr den ersten Teil nicht lesen wollt, könnt ihr perfekt hier einsteigen. Volle Punktzahl für diesen großartigen Südstaaten-Thriller!

Veröffentlicht am 24.10.2019

Mein Jahreshighlight

Der Fund
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Rezension zu „Der Fund“ von Bernhard Aichner
Bernhard Aichner ist vielen deutschen Lesern leider noch gar nicht bekannt. Eine absolute Tragödie in meinen Augen. Ein absoluter begnadeter Schriftsteller ...

Rezension zu „Der Fund“ von Bernhard Aichner
Bernhard Aichner ist vielen deutschen Lesern leider noch gar nicht bekannt. Eine absolute Tragödie in meinen Augen. Ein absoluter begnadeter Schriftsteller mit unverwechselbarem Stil. „Der Fund“ ist sein neuestes – und in meinen Augen – auch sein bestes Werk! Zeigt mir jemanden, der seine Hauptfigur schon auf der ersten Seite sterben lässt und trotzdem eine dermaßen fesselnde Story liefern kann. Ganz großes Kino!
Warum musste Rita sterben? Wer hat die Supermarktverkäuferin, die doch nie jemand etwas zuleide getan hat, auf dem Gewissen? Hat die 53-jährige wirklich ihr Todesurteil unterschrieben, als sie eines Tages etwas mit nach Hause genommen hat, was sie besser im Laden gelassen hätte? Offiziell ist der Fall abgeschlossen – aber da ist einer, der nicht aufgibt. Ein Polizist, der scheinbar wie besessen Fragen stellt – und Ritas Tod bis zum Ende nicht akzeptieren will…
Die Geschichte um Rita Dalek wird vom Autor von vorn erzählt, aber gleichzeitig auch von hinten aufgerollt. Der Polizist, der in Ritas Fall ermittelt, befragt etliche Zeugen. Diese Befragungen sind im schlichten Frage-Antwort-Stil gehalten. Ohne schriftstellerische Ausschmückungen – das ist eh nicht Aichners Art. Trotz dieser knappen Erzählform kam unheimlich viel Emotion bei mir an. Die Kapitel, die Ritas Fund und ihre Handlung von vorn erzählen, sind jedoch genauso besonders. Das liegt an Aichners unglaublich einzigartigem Schreibstil, den ich bereits erwähnt habe. Er schreibt kurz und knapp, einfach und redundant in der Wortwahl aber keinesfalls niveaulos, nüchtern aber nicht ohne Emotionen. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber ich liebe es! Die Wechsel zwischen Befragungen und Erzählungen machten das Buch unheimlich spannend. Zum einen besaß man bereits Informationen, die man ohne die Befragungen nicht gehabt hätte, zum anderen war man aber trotzdem noch total ahnungslos. Dieses Spiel mit den Informationen machte das Buch zu einem richtigen Pageturner. Es wirkte alles einfach perfekt zusammen.
Der Autor hat es außerdem auf wenigen Seiten geschafft, eine dermaßen große Sympathie für Rita bei mir zu erzeugen, dass ich alles guthieß, was sie getan hat – auch, wenn es eigentlich falscher nicht hätte sein können. Sie ist eine sehr tragische, aber auch starke, Figur:
„Sie hat es hingenommen, dass das Glück in ihrem Leben immer ein Ablaufdatum hatte.“
Ich verstand Rita, ich mochte Rita, ich hatte Mitleid mir Rita. Kurz: Ich gönnte ihr diesen Fund und die damit verbundene Chance.
„Wie eine Blume fühlt sie sich, die plötzlich aufblüht. Etwas Verwelktes, das wieder zu leben beginnt. Es fühlt sich wunderbar an. Jede Minute, jede Sekunde.“
Die heimliche Heldin des Buchs war für mich jedoch ganz klar Ritas Nachbarin Gerda. Ich möchte nicht zu viel über Gerda und ihre Ideen verraten, aber Aichner hat nicht ohne Grund entschieden, dass David Bowies Song „Heroes“ in einem ganz bestimmten Moment im Buch im Radio läuft.
Ich tappte im Dunkeln. Wusste nicht, was Rita zugestoßen sein könnte. Erst nach ungefähr 300 Seiten hatte ich eine Idee, die sich sogar bewahrheitete. Aber trotzdem habe ich damit nicht ins Schwarze getroffen, denn der Autor hat sich ein grandioses Finale und Ende überlegt.
Bernhard Aichner hat sich mit diesem Buch in meinen Augen ganz klar in die Riege der ganz Großen geschrieben. Spannung, Emotion, Wendungen, toll gezeichnete Charaktere. Ich habe alles gefunden, was sich mein Leserherz erhofft. Ich kann ganz klar sagen: Ich habe einen neuen Lieblingsschriftsteller und kann das nächste Buch kaum erwarten. Seitdem ich weiß, dass Bernhard Aichner seine Erstfassungen sogar handschriftlich schreibt, habe ich noch größeren Respekt.
Von mir gibt es einen Lesebefehl für dieses Thriller-Meisterwerk!