Lesehighlight
Der rote JudasLeipzig 1920: Frisch aus der Kriegsgefangenschaft entlassen muss Paul Stainer wieder in sein normales Leben finden. Das ist gar nicht so einfach, er hat mit den psychischen Auswirkungen des im Krieg Erlebten ...
Leipzig 1920: Frisch aus der Kriegsgefangenschaft entlassen muss Paul Stainer wieder in sein normales Leben finden. Das ist gar nicht so einfach, er hat mit den psychischen Auswirkungen des im Krieg Erlebten zu kämpfen, seine Frau, die ihn für tot hielt, hat eine neue Beziehung und will sich deshalb von ihm trennen. Immerhin kann er in seinen alten Beruf zurück, wird sogar zum Leiter der Kriminalpolizei befördert. Kaum im Dienst bekommt er es mit mehreren Morden zu tun, deren Hintergrund sich als äußerst perfide herausstellt.
Mich hatte der Roman sehr schnell gepackt, Stainer ist sympathisch und man kann gut mit ihm mitfühlen. Aber auch andere Charaktere haben es mir sofort angetan, Fine, die Straßenbahnfahrerin, Rosa, von der man zunächst nur Tagebucheinträge liest und die sich als sehr tough erweist, Max Heiland, Boxer und Einbrecher, der seine kleine Familie liebt, der Kommissaranwärter Junghans, der eine perfekte Unterstützung Stainers ist, Bruno Schilling, dem der Krieg viel genommen hat, oder auch Kubitz, Stainers Chef, der zu ihm hält. Sie alle entwickeln Charakter, und ich hoffe sehr, dass ich sie in Folgebänden wiedertreffen kann.
Auch die Antagonistenseite ist gut dargestellt, wobei es hier einen Charakter gibt, dessen weitere Entwicklung mich gespannt zurück lässt. Die Thematik der Geschichte ist brisant, bietet auch eine gewisse Gesellschaftskritik. Gerne hätte ich in einem Nachwort des Autors ein bisschen mehr über die Hintergründe erfahren. Wie hat er recherchiert, wie viel Reales, wie viel Fiktion steckt in diesem Roman, wie überhaupt kam er auf dieses Thema. Schade, dass keinerlei Boni enthalten sind, die für mich eigentlich zu einem perfekten historischen Roman gehören.
Thomas Ziebula erzählt spannend, ich mochte den Roman kaum aus der Hand legen. Etwas aufgesetzt wirkt auf mich nur, dass Stainer bzgl. der Aktentasche nicht sofort reagiert. Was daraus entsteht, habe ich dennoch gerne gelesen, hier zieht die Spannung noch einmal an. Der Autor schreckt auch nicht davor zurück, manche Hoffnung des Lesers zunichte zu machen.
Ich bin absolut begeistert von Thomas Ziebulas erstem historischem Kriminalroman und hoffe sehr, dass dieser der Start in eine Reihe sein wird. Hier stimmt nahezu alles, Charaktere, historischer Hintergrund, Erzählstil – meine Kritikpunkte werden da zur Nebensache. Ich vergebe sehr gerne volle Punktzahl und eine Leseempfehlung vor allem, aber nicht nur, für Fans historischer (Kriminal)Romane.