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Veröffentlicht am 06.04.2020

Mark Fahnert - Lied des Zorns

Lied des Zorns
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Europa im Visier islamistischer Terroristen. Von langer Hand aus dem Mittleren Osten geplant, wollen sie Rache nehmen an jenen, die sie als Ungläubige und Kolonialisten betrachten. Die westlichen Geheimdienste ...

Europa im Visier islamistischer Terroristen. Von langer Hand aus dem Mittleren Osten geplant, wollen sie Rache nehmen an jenen, die sie als Ungläubige und Kolonialisten betrachten. Die westlichen Geheimdienste sind ihnen auf der Spur, sie haben den Drahtzieher Abu Kais schon lange auf ihrer Liste und scheinen ihn nun auf frischer Tat ertappen zu können. Auch Saskia versucht Anschläge in Deutschland zu verhindern und wird dann selbst zum Opfer. In letzter Sekunde kann sie ihrer Zwillingsschwester noch eine Warnung zukommen lassen, die Ex-Elitesoldatin Wiebke hat eigentlich mit dem Kämpfen abgeschlossen, aber ungewöhnliche Situationen erfordern ihren Tribut.

Mark Fahnerts Debüt ist der Auftakt einer neuen Thriller Serie um Wiebke Meinert. Der Polizist mit dem Spezialgebiet politisch und religiös motivierte Straftaten hat eine der größten Bedrohungen unserer Zeit zum Thema gemacht und zeigt die internationale Vernetzung des Terrorismus und den dadurch extrem erschwerten Kampf gegen diese Art von Verbrechen.

Die Thematik ist gut gewählt für einen spannenden politischen Thriller. Kurze Kapitel wechseln sich ab, was die sich überschlagenden Ereignisse gut widerspiegelt und zudem die Komplexität durch die große Anzahl an Akteuren verdeutlicht. Genau hier liegt für mich aber auch der größte Schwachpunkt der Geschichte: mir fehlte der rote Faden, der den Leser begleitet, die Haupthandlung, die die Ereignisse leitet. Zwar ist mit Wiebke vermeintlich eine Protagonistin geschaffen, aber diese erscheint viel zu spät und so ganz schlüssig ist für mich ihre Rolle nicht geworden. Durch die hohe Agitation bleibt auch nur wenig Zeit, die Figur kennenzulernen und Sympathien zu ihr aufzubauen. Sie ist reduziert auf die wütende Kampfmaschine ohne Vergangenheit und weitere Charakterzüge.

Zu viele Details und Nebenhandlungen sind es letztlich, die die Handlung zerfasern und ihr nicht nur Spannung, sondern vor allem den Sog rauben, der einem beim Lesen fesseln könnte. Viele Verbindungen haben sich mir auch nicht erklärt, was womöglich auch einfach daran lag, dass ich bisweilen den Eindruck hatte, den Überblick zu verlieren und nicht mehr alles im Blick zu haben. Komplexität und Anspruch erhöhen sich nicht einfach dadurch, dass man eine immer größer werdende Anzahl von zusätzlichen Handlungssträngen hinzufügt. Hier wäre mir Tiefe beispielsweise bei der Figurenzeichnung oder der Motivation der einzelnen Figuren lieber gewesen.

Im Schreibstil durchaus ansprechend, thematisch ebenfalls attraktiv, aber in der Umsetzung hat das Buch leider nicht die Erwartungen erfüllen können.

Veröffentlicht am 18.02.2020

Taubenleben

Taubenleben
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Ein kleiner Fehler, der vielleicht böse Folgen hat, aber bis sie die Ergebnisse des AIDS Tests hat, muss Lois warten. In den Tagen bis zur Entscheidung über Zukunft oder Ende, setzt sich die junge Frau ...

Ein kleiner Fehler, der vielleicht böse Folgen hat, aber bis sie die Ergebnisse des AIDS Tests hat, muss Lois warten. In den Tagen bis zur Entscheidung über Zukunft oder Ende, setzt sich die junge Frau mit ihrer Vergangenheit auseinander - ihrem Vater, der früh gestorben ist, sie kehrt zurück in das Hochhaus ihrer Kindheit und besucht ihre Mutter, die immer distanziert und kalt war und denkt an ihre Kindheitsfreunde Mirabel und Heinrich, mit denen sie durch gute und schlechte Zeiten ging. Sie fragt sich, ob das Leben, wie sie es führt, überhaupt einen Sinn hat und wenn ja, welchen?

Paulina Czienskowski schildert das Lebensgefühl einer neuen Lost Generation, die in Wohlstand und mit vermeintlich glorreicher Zukunft aufwuchs und sich, gerade im Erwachsenenalter, plötzlich in fragilen Beziehungen wiederfindet oder von einem One-Night-Stand zu nächsten wandernd, und sich voller Ängste und Hoffnungslosigkeit der Versprechungen für ihr Leben beraubt sieht. Die Sinnsuche wird entweder durch oberflächliche Internetwelten oder der Betäubung durch Drogen aller Art ersetzt oder führt sie geradewegs in eine manifeste Depression und Suizidgedanken.

„Und jetzt bin ich nicht tot und habe mich trotzdem umgebracht.“

Lois wandelt durch ihr Leben ohne sich lebendig zu fühlen. Nicht nur der fehlende Partner reißt ein Loch, vor allen die Ziel- und Bedeutungslosigkeit ihres Daseins lässt sie so sehr zweifeln, dass die Option selbiges zu beenden zur realen Möglichkeit wird. Wie eine Taube, die in den Verkehr gerät und getötet wird, deren Dasein aber keine Spuren hinterlässt und die nicht vermisst wird, fürchtet sie, könnte auch ihr Leben enden. Wozu war es dann gut?

„Früher sagte mir meine Mutter oft, ich sei tatsächlich besonders. Nicht, weil ich so einzigartig wäre für sie. Sie fand mich bloß besonders merkwürdig.“

Das Verhältnis zu ihrer Mutter scheint schwierig, abweisend und desinteressiert an ihrer Tochter erlebt man sie. Es fehlen beiden die passenden Kommunikationsmittel, zu verschiedenen scheinen die beiden Frauen auch, um eine gemeinsame Ebene zu finden. Je mehr Lois jedoch über den Tod ihres Vaters erfährt, desto nachvollziehbarere wird auch die Haltung und der Gemütszustand der Mutter, deren Leben ebenfalls nicht hielt, was sie sich von ihm versprochen hatte.

Es gelingt der Autorin, den emotionalen Ausnahmezustand der Protagonistin nachvollziehbar zu gestalten, leider fällt es jedoch schwer, diese sympathisch zu finden. Passiv erwartet sie, dass das Leben zu ihr kommt und alles vor ihr ausbreitet, einen eigenen Beitrag zum Gelingen scheint sie nicht bereit zu leisten und Verantwortung für das eigene Dasein übernimmt sie nicht. Zu schön hat sie es sich auch in ihrer Depri-Ecke eingerichtet, von der aus sie die Schuld auf andere verteilt. Beziehungsfähig kann man in dieser extrem Ich-bezogenen Haltung kaum werden und so muss jede Verbindung zu einem anderen Menschen zwangsweise scheitern.

Sollte der Roman als Anklage dieser Erwartungshaltung gedacht sein, dann überzeugt er – ob dies jedoch bei der Zielgruppe gelingt, darf bezweifelt werden – wollte Czienskowski für Verständnis werben, hat sie dies zumindest bei mir nicht geschafft.

Veröffentlicht am 20.12.2019

Eva Eich - Escape Room: Gefangen im Schnee

Escape Room. Gefangen im Schnee
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Das Abenteuerspiel in Buchform. Nur wenn man am Ende des Kapitels die richtige Lösung hat, führt diese einem zum nächsten Abschnitt in der Handlung. „Escape Room - Gefangen im Schnee“ wird als Thriller ...

Das Abenteuerspiel in Buchform. Nur wenn man am Ende des Kapitels die richtige Lösung hat, führt diese einem zum nächsten Abschnitt in der Handlung. „Escape Room - Gefangen im Schnee“ wird als Thriller mit 20 Rätseln angekündigt. Die Hintergrundgeschichte ist der Tod eines Metzgereibesitzers Schmitzgebel, dessen Sohn Jonas von München in die Provinz nach Lauffingen fährt, um den Nachlass zu regeln. In der Familienvilla findet er in einem Umschlag mit seinem Namen die erste Aufgabe. Gemeinsam mit dem angestellten Metzger Max Wegner folgt er den Spuren, die jemand für ihn gelegt hat, um ein großes Familiengeheimnis aufzudecken.

Die Idee hinter dem Buch hat mich direkt angesprochen, als Lese- und Rätselfan schien mir die Verbindung ausgesprochen reizvoll. Eine kurze Recherche zeigt, dass es bereits eine ganze Reihe von Büchern gibt, die diesem Prinzip folgen.

Die Geschichte war leider nur mäßig spannend, von Thrill war hier nicht viel zu spüren. Auch sprachlich wirkte der Text leider ziemlich flach und lieblos, so richtig wollte keine Spannung aufkommen und da die Handlung recht vorhersehbar war, blieben nur noch die Rätsel, die zumindest die Neugier weckten. Leider wurden auch hier meine Erwartungen nicht erfüllt, die Aufgaben sind entweder bekannt oder so simpel, dass auch 10-Jährige sie schnell lösen können dürften.

Das Konzept finde ich immer noch gut und werde gerne auch noch andere Escape Room Bücher lesen, „Gefangen im Schnee“ indes konnte mich leider nicht überzeugen.

Veröffentlicht am 20.11.2019

Elizabeth Harrower - Die Träume der anderen

Die Träume der anderen
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Als der Vater von Laura und Clare unerwartet stirbt, steht die Mutter mit den beiden Mädchen alleine da. Sie konnte noch nie viel mit ihnen anfangen und beabsichtigt auch jetzt nicht, sich um sie zu kümmern. ...

Als der Vater von Laura und Clare unerwartet stirbt, steht die Mutter mit den beiden Mädchen alleine da. Sie konnte noch nie viel mit ihnen anfangen und beabsichtigt auch jetzt nicht, sich um sie zu kümmern. Laura, die Ältere, soll auf eine Hauswirtschaftsschule, der Traum vom Medizinstudium oder als Opernsängerin ihren Lebensunterhalt zu verdienen, soll sie halt aufgeben. Die Jüngere hat noch keine Träume und als sie in das Alter kommt, welche zu entwickeln, wird auch ihr die Entscheidung abgenommen. Die Mutter beschließt Australien trotz des wütenden 2. Weltkrieges gen England zu verlassen und da Lauras Chef ohnehin noch Bedarf an einer Gattin hat, kann er das Mädchen ja heiraten und sich auch gleich um Clare kümmern. So kommen die beiden aufgeweckten und neugierigen Frauen von einem Haushalt, in dem sie von jung an auf sich alleine gestellt waren in die Fänge eines kontrollsüchtigen und jähzornigen Eigenbrötlers.

Elizabeth Harrower wurde 1928 in Sydney geboren und hat bis Ende der 1960er vier Romane verfasst, von denen jedoch bislang nur einer in deutscher Sprache verfügbar war. „Die Träume der anderen“ ist die zweite Übersetzung, die mehr als 50 Jahre nach der Veröffentlichung entstand. Bemerkenswert – und auch erschreckend - daran ist, dass die Autorin den Zeitgeist damals ebenso wie heute eingefangen hat und das Buch quasi keinerlei Aktualität eingebüßt hat.

„‘Aber gibt es nicht irgendetwas, was du gern sein möchtest?‘ Das Mädchen betrachtete sie. Laura zwang sie unglücklich zu sein. Aber das wollte sie nicht sein. Und wenn doch, dann in ihrem eigenen Tempo und aus ihren eigenen gründen.“

Die Schwestern und ihre Träume bilden den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Interessanterweise beginnt das Buch mit der Präsentation einer recht unabhängigen Frau. Die Mutter der beiden ist hochgradig selbstbestimmt, dies geht sogar so weit, dass sie die Mutterrolle einfach ablegt und sich nicht verantwortlich erklärt. Sie verlässt ihre Töchter, um ihren eigenen Ideen nachzujagen und taucht auch später nicht mehr auf. Die vermeintlichen Freiheiten der Töchter werden jedoch durch die finanzielle Situation massiv eingeschränkt und so müssen sie sich dem Schicksal letztlich fügen.

Musste Laura früh schon die Last für ihre kleine Schwester mittragen nachdem die Eltern ausgefallen waren, drängt sie ihrerseits die Jüngere nun in die Zwangsgemeinschaft und fordert von ihr, das Leid im neuen Haushalt des Chefs mitzutragen. Es ist weniger Böswilligkeit aus dem Gedanken, dass die anderen nicht haben soll, was sie nicht bekommen konnte, als das Wissen, alleine das Leben an der Seite von Felix Shaw nicht ertragen zu können. Doch Clare kann und will sich nicht einfach einfügen und beginnt ihre Rebellion.

Der Roman leidet für meinen Geschmack unter etlichen Längen und dreht sich wiederholt im Kreis. So mühsam das Lesen an diesen Stellen wird, so beschwerlich gestaltet sich auch das Leben der Mädchen. In dieser Hinsicht ist die Passung sehr gut, überzeugt mich jedoch nicht wirklich. Auch fand ich es etwas schade, wie die Figur von Laura, die mir im ersten Teil sehr gut gefallen hat, so viel an Persönlichkeit verliert und immer mehr zur Puppe verkommt, die von Schwester und Ehemann nur noch benutzt und hin und her geschubst wird. Sicherlich war Emanzipation und völlige Entscheidungsfreiheit 1966 für junge Frauen eher im Bereich der Utopie angesiedelt, aber wäre es nicht gerade da wünschenswert gewesen, wenn die Literatur Ideen geliefert hätte und Modelle zur Orientierung hätte bieten können? Ein toller Anfang, den jedoch dann der Mut verlässt und mich am Ende etwas unglücklich mit der Geschichte zurücklässt.

Veröffentlicht am 30.08.2019

Eva Schmidt – Die untalentierte Lügnerin

Die untalentierte Lügnerin
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Nachdem sie ihr Studium der Schauspielerei an den Nagel hängen musste und einen längeren Klinikaufenthalt hinter sich gebracht hat, kehrt Maren in die Wohnung ihrer Mutter und ihres Stiefvaters in die ...

Nachdem sie ihr Studium der Schauspielerei an den Nagel hängen musste und einen längeren Klinikaufenthalt hinter sich gebracht hat, kehrt Maren in die Wohnung ihrer Mutter und ihres Stiefvaters in die österreichische Provinz zurück. Planlos lebt sie zunächst in den Tag, bevor sie einen Job in einem Museum als Aufpasserin annimmt. Mit dem Hund geht sie spazieren. Lernt Menschen kennen, die jedoch irgendwie nur an den Rand ihres Lebens drängen und bald auch wieder verschwinden. Die Ehe ihrer Eltern kriselt und sie selbst entwickelt auch nur wenig Zukunftspläne. Es wird Winter und wieder Frühling, aber Maren blickt immer noch verloren auf ihr Leben.

Bereits 2016 war Eva Schmidt mit einem Roman für den Deutschen Buchpreis nominiert. Ebenso wie „Ein langes Jahr“ tat ich mich auch mit dem aktuellen Roman schwer. Die Geschichte liest sich leicht weg, genau darin liegt aber auch für mein Empfinden die große Schwäche: mir fehlt die Entwicklung ebenso wie das Tiefgründige. Ja, die Autorin beschreibt sehr intensiv die Natur, aber die Menschen erfasst sie dabei nicht.

Vermutlich trägt der triste Grundton des Romans zu meinem eher wenig berauschenden Eindruck bei. Die Protagonistin ist unzufrieden, nur leidlich ergreift sie die Initiative, um etwas zu verändern, aber eigentlich wartet sie eher darauf, dass die Veränderung zu ihr kommt und es wundert sie auch nicht, dass Menschen einfach so wieder aus ihrem Leben verschwinden. Die Familienkonstellation bleibt zu diffus, um Stoff für analytische Betrachtungen zu liefern. Ein Bruder in der Ferne mit seiner glücklichen Familie, der andere voller Liebeskummer und gescheitertem Studium zwar in der Nähe, aber ebenfalls abwesend. Die Mutter gescheiterte Künstlerin, die nun eher dem Alkohol zuspricht und scheinbar unter einer nicht behandelten Depression leidet und dann noch der Stiefvater, der sich grenzwertig aufdrängt und dann plötzlich flüchtet. Was soll man daraus machen? Auch das Ende reißt mehr Fragen auf als Antworten zu geben, wird hier etwas angedeutet, dass das Buch in einem anderen Licht erscheinen lässt oder doch nicht?

Mich hat der Roman nicht erreicht. Auch der Titel stellt mich immer noch vor ein Rätsel: Maren lügt unentwegt, wobei es sich eher um die keinen Alltagsausflüchten handelt, um sich nicht erklären zu müssen und das Gegenüber nicht zu verletzten – obwohl sie das in ihrer stumpfsinnigen Art bisweilen geradeheraus tut. Es bleibt am Ende große Ratlosigkeit.