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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2017

Beeindruckendes Zeitzeugnis mit einem Krimi als i-Tüpfelchen

Der Angstmann
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Frank Goldammers Buch soll ein Krimi sein, der in den letzten Kriegsjahren 1944/45 spielt. Das Buch darauf zu reduzieren, wäre aber ein Fehler, denn viel mehr noch als der Kriminalfall haben mich die Beschreibungen ...

Frank Goldammers Buch soll ein Krimi sein, der in den letzten Kriegsjahren 1944/45 spielt. Das Buch darauf zu reduzieren, wäre aber ein Fehler, denn viel mehr noch als der Kriminalfall haben mich die Beschreibungen des Lebens zu dieser Zeit beeindruckt. Die Entbehrungen, der Hunger, die verzweifelten Versuche der Menschen, etwas Normalität in ihren hoffnungslosen Alltag zu bringen… das geht einem als Leser sehr nahe. Es wird auch deutlich, mit welchen unterschiedlichen Methoden Menschen versuchen, ihr Leben in dieser Zeit zu meistern.

Der Roman spielt in Dresden, das ja bekanntlich im Februar 1945 durch einen verheerenden Bombenangriff zu großen Teilen zerstört wurde. Auch diese Nacht bekommt im Buch viel Raum und die Schilderungen jagen einem Schauer über den Rücken. Ich wohne selbst in Dresden und Vorfahren von mir sind in jener Nacht umgekommen. So anschaulich zu lesen, wie das Feuerinferno durch Dresdens Straßen tobte, durch Straßen, in denen ich mich selbst jeden Tag aufhalte… das war schon eine sehr besondere und auch nicht ganz einfache Lektüre. Da der Autor selbst auch Dresdner ist, gehe ich davon aus, dass viel Sachkenntnis hinter diesen Beschreibungen steckt.

Was mich trotzdem bewogen hat, einen Stern abzuziehen, war letztlich „nur“ die Auflösung des Kriminalfalls. Ich möchte nicht zu viel verraten, denn spannend war der Fall definitiv. Für mich persönlich führten nur zu viele separate Handlungsstränge zu dieser Auflösung. obwohl man dem Autor natürlich zugute halten muss, dass auf diese Zusammenhänge kein Leser kommen wird und somit garantiert sein sollte, dass es bis zum Schluss spannend bleibt.

Mein Rat: lesen Sie das Buch nicht als Kriminalroman, sondern als Zeitzeugnis über eine Stadt in ihren schwersten Tagen und sehen Sie den Krimi als i-Tüpfelchen an. Wenn man das Buch so betrachtet, hätte es kaum besser geschrieben sein können.

Veröffentlicht am 24.12.2016

Aus dem Schatten der Schwester ins eigene Leben

Die Schattenschwester
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Auch dieses Buch aus der „Sieben Schwestern“-Serie ist wieder lesenswert und voller Gefühl. Diesmal ist es Star, die dritte der Schwestern, die mit einem Hinweis ihres verstorbenen Adoptivvaters ihre wahren ...

Auch dieses Buch aus der „Sieben Schwestern“-Serie ist wieder lesenswert und voller Gefühl. Diesmal ist es Star, die dritte der Schwestern, die mit einem Hinweis ihres verstorbenen Adoptivvaters ihre wahren Wurzeln sucht. Sie kommt dabei royalen Gerüchten und Geschichten auf die Spur, aber auch ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen vom Leben.

Nach den beiden ersten Büchern, in denen Maya und Ally ihren Platz im Leben (und einen Neuanfang) fanden, knüpft dieses dritte Buch nahtlos an und schlägt sogar letztlich den Bogen zu Ally, als sie in Norwegen ein Konzert gibt und Star dorthin fährt um ihre Schwester spielen zu hören. Diesmal geht es um die schüchterne 27jährige Star, die ihr gesamtes Leben bisher an der Seite ihrer Schwester Ce-Ce verbracht hat.

Den Hauptteil des Buches macht die Spurensuche von Star aus. Diesmal geht es nicht in fremde Länder – das Buch spielt weitestgehend in England. Dabei wird auf zwei Ebenen zum einen die Geschichte von Flora MacNicol erzählt, einer wahrscheinlichen Ahnin von Star – zum Anderen verschlägt es Star auf ein Anwesen in Kent, dessen Geschichte eng mit ihrer eigenen verknüpft ist und dessen jetzige Bewohner, einschließlich des kleinen tauben Jungen Rory, ihr schnell ans Herz wachsen.

Von der Ausdruckskraft und Spannung der Story her konnte dieses Buch aus meiner Sicht nicht ganz mit seinen zwei Vorgängern mithalten, was mich zu einem Stern Abzug bewogen hat. Trotzdem geht die Geschichte ans Herz und ist für Fans von Büchern rund um Familiengeheimnisse auf jeden Fall zu empfehlen.

Veröffentlicht am 10.12.2016

Die Welt des Balletts in seiner ganzen Pracht und Härte

Die Schwester des Tänzers
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Eva Stachniak ist dafür bekannt, dass sie akribisch recherchierte biografische Romane schreibt – das hat sie schon in ihren Büchern „Der Winterpalast“ und „Die Zarin der Nacht“ über Katharina die Große ...

Eva Stachniak ist dafür bekannt, dass sie akribisch recherchierte biografische Romane schreibt – das hat sie schon in ihren Büchern „Der Winterpalast“ und „Die Zarin der Nacht“ über Katharina die Große bewiesen. Auch diesmal spielt ihr Roman wieder weitestgehend in Russland und sie hat sich wieder eine Persönlichkeit aus dem osteuropäischen Raum herausgepickt: Bronislawa Nijinska, eine Ballerina, die in den ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Karriere machte.

Bekannter als „Bronia“, wie sie kurz genannt wurde, ist jedoch ihr Bruder. Der legendäre Balletttänzer Waslaw Nijinsky, bekannt für seine einzigartigen Sprünge und Bewegungen. Und so ist der Roman über Bronia gleichzeitig eine Biografie Waslaws, die sich eng an historische Fakten hält und von der die Autorin selbst im Nachwort sagt, es sei ein „Roman auf archivarischer Grundlage, in dem Wirklichkeit und Fantasie miteinander verschmelzen“.

Als Leser sollte einem bewusst sein, dass eine an Tatsachen orientierte Biografie, auch wenn sie als Roman geschrieben ist, nicht die Spannungskurve einer konstruierten fiktionalen Geschichte aufweisen kann. Genau das haben nämlich einige Leser kritisiert – die Spannungskurve sei z. T. zu flach. Nun – ein Leben läuft in der Regel nicht so ab. Seien wir doch ehrlich – wir wollen so wenig Schicksalsschläge wie nur möglich erleben, aber genau das ist es, was Bücher interessant macht. Auch wenn Bronias Leben sehr viel Stoff für einen spannenden Roman abgibt, so dreht sich das Buch doch in der Hauptsache um das, was Bronias Leben ausmachte: Tanzen, Inszenieren, Choreografieren. Und ich finde es auch gut, dass die Autorin Bronias Leben genau so widergibt.

Einzig der Schluss hat mir nicht gefallen, da gibt es für mich zwei Kritikpunkte. Zum Einen endet das Buch irgendwie „mittendrin“, als Bronia im mittleren Alter ist und kurz vor dem 2. Weltkrieg Richtung Australien aufbricht. Warum genau das der Abschluss des Buches ist, ging für mich nirgends hervor. Zum Anderen wird es zum Ende hin etwas konfus. Um nicht zuviel zu verraten: wahrscheinlich hat die Autorin, um eben am Ende noch einmal etwas Spannung aufzubauen, ein einschneidendes Ereignis (das eigentlich viel früher stattfand), immer nur erwähnt und der Leser wartet eine gefühlte kleine Ewigkeit, bis das Thema ganz am Schluss erläutert wird. Zwischendurch habe ich schon gedacht, ich hätte die Zusammenhänge überlesen und habe wild geblättert… das hat den Lesefluss leider gestört und mich zu einem Punkt Abzug verleitet.

Trotzdem: es ist ein guter Roman, der ohne Kitsch und Verklärung die ganze Welt des Balletts in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt. Auf jeden Fall lesenswert!

Veröffentlicht am 02.12.2016

Mit jeder Seite spannender!

Die Reise der Amy Snow
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Anfangs war ich noch nicht so überzeugt von der „Reise der Amy Snow“. Das Buch las sich „so dahin“ und konnte mir keinen Gefühlsschauer über den Rücken jagen. Doch nach etwa 50 Seiten ging es los: ich ...

Anfangs war ich noch nicht so überzeugt von der „Reise der Amy Snow“. Das Buch las sich „so dahin“ und konnte mir keinen Gefühlsschauer über den Rücken jagen. Doch nach etwa 50 Seiten ging es los: ich wurde quasi eingesogen in den Bann von Amy und Aurelia, ihrer verstorbenen Freundin.

Aurelia schickt Amy mit Briefen, die sie noch zu Lebzeiten verfasst hat, auf eine Reise quer durch das Königreich, damit Amy ihr Geheimnis kennenlernt. Ein Geheimnis, das dermaßen prekär ist im England des 19. Jahrhunderts, dass Aurelia äußerste Vorsicht walten lässt und posthum sogar Amys Freundschaft aufs Spiel setzt.

Was mir besonders positiv auffiel an diesem Roman, ist die Sprache. Mit viel Authentizität des damaligen Englands, aber auch genügend modernem Einfluss um für Leser aus dem „Heute“ interessant zu bleiben. Tracy Rees hat einen beeindruckenden Weg gefunden, die Geschichte glaubwürdig wirken zu lassen und gleichzeitig für moderne, vor allem junge Leser interessant zu machen. Für ein Erstlingswerk, das in einem Schreibwettbewerb eingereicht wurde, ist das definitiv mehr als man erwarten kann.

Einzig der keine Durchhänger am Anfang bewegt mich dazu, nicht die vollen fünf Sterne zu geben. Trotzdem freue ich mich jetzt schon auf den nächsten historischen Roman von Tracy Rees und hoffe, dass man noch viel von ihr hören wird und sie sich als Autorin etablieren kann!

Veröffentlicht am 02.11.2016

Verrückte Reise mit verrückten Jungs

Drei Freunde, ein Taxi, kein Plan ...
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Der Titel des Buches spricht Bände… Die zwei Worte „Kein Plan“ hätte ich allerdings doppelt so groß geschrieben, denn diese drei Jungs haben so ziemlich alles, aber absolut keinen Plan, auf was sie sich ...

Der Titel des Buches spricht Bände… Die zwei Worte „Kein Plan“ hätte ich allerdings doppelt so groß geschrieben, denn diese drei Jungs haben so ziemlich alles, aber absolut keinen Plan, auf was sie sich da einlassen Irgendwann dämmert es ihnen dann auch, aber das dauert ein paar Tausend Kilometer…

Dieser Reisebericht strotzt vor Unbekümmertheit und Wagemut. Ob das in jeder Situation immer so gut ist, ist natürlich fraglich – besonders wenn man morgens aus seinem Zelt kriecht und im Morgenlicht begreift, dass man mitten im Iran auf dem Gelände der Flugabwehr wild gecampt hat. Nicht gut. Oder wenn man sich in Russland mit der Polizei anlegt. Nicht gut. Oder wenn man… ach, lesen Sie selbst. Es gibt Unmengen dieser Situationen, in die sich die drei jungen Kerls da reinmanövrieren und bei denen man wirklich mitfiebert, wie sie da wohl wieder rauskommen werden. Es macht Spaß, dieses Buch zu lesen – mir persönlich aber erst nach einer kleinen „Anlaufzeit“, denn im ersten Drittel des Buches war es mir einfach zuviel Party und zu wenig Reisebericht. Dafür ein Sternchen Abzug. Andere Leser stört das vielleicht nicht, die finden eventuell die Schilderungen der vergnügungssüchtigen Briten sogar sehr amüsant. Ist eben Geschmackssache.

Trotzdem war es ein wirklich vergnüglicher Roadtrip, den uns der Dumont Verlag hier präsentiert. Ich habe das Buch innerhalb eines Wochenendes ausgelesen, weil ich nicht aufhören konnte und immer wieder wissen wollte, wo die Jungs als nächstes landen, wen sie treffen und ob Hannah (so der hübsche Name des 20 Jahre alten London Cab, mit dem sie unterwegs sind) mal wieder die Puste ausgeht und Improvisationstalent bei der Reparatur gefragt ist. Denn zwei Dinge sind Fakt: Erstens -Hannah ist eine alte Dame. Und zweitens – für ein London Cab bekommt man Ersatzteile nun mal selten, wenn man sich nicht in Großbritannien befindet…

Ich hab mich gut amüsiert mit Hannah und ihren drei Gefährten. Und ich denke, das Buch ist das Richtige für alle, die schon immer mal von einer abenteuerlichen Weltreise geträumt haben. So schnell wie mit diesem Buch kommt man sonst auf keinen Fall um die Erde – ich habe gerade mal zwei Tage gebraucht ;)