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Veröffentlicht am 17.12.2019

Zwischen den Fronten

Falsche Fäter
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Zum dritten Mal ermittelt die Fernsehköchin Francesca Carlotti in „Falsche Fäter“. Erschienen ist dieser 312-seitige Island-Krimi im November 2019 in der 3H group.
Francescas dritter Fall führt sie nach ...

Zum dritten Mal ermittelt die Fernsehköchin Francesca Carlotti in „Falsche Fäter“. Erschienen ist dieser 312-seitige Island-Krimi im November 2019 in der 3H group.
Francescas dritter Fall führt sie nach Island. Ihre Tochter, Clara, hat sich in Aron verliebt. In Francesca erhärtet sich der Verdacht, Aron und Clara könnten Halbgeschwister sein, da sie vor Jahren ein Verhältnis mit Magnus, Arons Vater, hatte. So kommt es ihr gerade recht, dass für das bekannte Food-Festival in Reykjavik noch Juror/innen gesucht werden. Doch ihre eigentliche Mission, herauszufinden, ob an ihrer Vermutung etwas dran ist, tritt bald in den Hintergrund, denn in Island angekommen, gerät die Fernsehköchin schnell zwischen die Fronten von militanten Walschützern und korrupten Geschäftsleuten, die Waldfleisch wieder salonfähig machen wollen.
Gerahmt ist die eigentliche Handlung, die im heutigen Island spielt, von Ereignissen aus dem Jahre 1986. Schon damals trafen Naturschützer und Walfänger aufeinander, was blutig endete. Die verbrecherischen Machenschaften in der Gegenwart fußen teils auf diesen vergangenen Vorkommnissen, was das Buch insgesamt zu einem Großen, Ganzen werden lässt. Durch die kriminellen Handlungen beginnt der Roman gleich spannend, allerding nimmt der Spannungsbogen dann erst einmal rapide ab. Im Zentrum des Romans stehen anschließend Beschreibungen Islands, die wirklich eindrücklich zu lesen sind (besonders gut hat mir Francescas erste Begegnung mit den Walen gefallen), sowie Querelen zwischen Walfanggegner/innen und einer Unternehmergruppe, die eine Kette an Walfleischrestaurants etablieren möchte. Francescas eigentliche Mission, die Vaterschaft zu klären, sorgt zudem für humoristische Einlagen, die das Lesen zwar kurzweilig machen, aber ebenfalls wenig zum Spannungserhalt oder –aufbau beitragen. Erst im letzten Viertel des Romans, als es wieder zu einem Verbrechen kommt, nimmt der Nervenkitzel erneut zu, und den Leserinnen und Lesern erschließt sich der Zusammenhang zur Vergangenheit. Das Ende hat mich beim Lesen ein wenig überrascht, da ich eine andere Person im Visier hatte – die zwar letztlich nicht die Drahtzieherin ist, aber eben auch Dreck am Stecken hat.
Obwohl es sich hierbei um den dritten Teil einer Reihe handelt und ich die Vorgängerbände nicht kannte, konnte ich dem Geschehen von Anfang an gut folgen. Die Charaktere sind klar und ausführlich beschrieben, wobei mir persönlich Magnus am besten gefallen hat, denn er entpuppt sich am Ende als ein einsichtiger, wandlungsfähiger und freundlicher Mann. Mit Francesca hatte ich beim Lesen einige Probleme, da ich ihre Handlungsmotivation oft nicht nachvollziehen konnte. Auch treten immer wieder einige Randpersonen auf, so z.B. Francescas Ex-Mann Gianluca, die zwar für Humor sorgen, dem Handlungsgeschehen aber leider keine neuen Impulse liefern.
Jungs Schreibstil ist locker-flockig zu lesen, immer wieder eingestreute witzige Dialoge sorgen zudem dafür, dass man sich beim Lesen gut unterhalten fühlt und rasch vorankommt, Gedanken zum Walfang lassen beim Lesen ernstere und nachdenklich stimmende Töne erklingen. Isländische Kuchenrezepte am Ende des Buches lassen backaffine Menschen auf ihre Kosten kommen.
Das Cover ist im Comicstil gehalten und stimmt mit seiner Szene im Eismeer gut auf das Thema ein. Vor Fragen hat mich anfangs der Titel „Falsche Fäter“ gestellt, allerdings nehme ich an, dass sich die Falschschreibung des Wortes „Väter“ darauf bezieht, dass einer der Walfänger Analphabet ist – und dieses ist mir im Roman dann auch zu kurz gekommen, gerade weil eben im Titel auf diesen Umstand hingewiesen wird.
Insgesamt hat mir der Roman einige vergnügliche Lesestunden beschert, allerdings habe ich die Spannung vermisst, die ich bei einem Kriminalroman nun einmal erwarte. Dennoch halte ich das Buch für lesenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.09.2019

Blut und Boden

Die letzte Witwe
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Bei „Die letzte Witwe“ handelt es ich um den siebten Fall für die Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Special Agent Will Trent. Dieser Thriller aus der Feder von Karin Slaughter ist im August 2019 bei ...

Bei „Die letzte Witwe“ handelt es ich um den siebten Fall für die Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Special Agent Will Trent. Dieser Thriller aus der Feder von Karin Slaughter ist im August 2019 bei HarperCollins erschienen und umfasst 560 Seiten.
Ein idyllischer Sommertag wird jäh durchbrochen - von zwei Explosionen. Sara und Will machen sich auf den Weg, Hilfe zu leisten, als sie unterwegs durch einen Verkehrsunfall aufgehalten werden. Obwohl ihnen der Vorfall nicht geheuer erscheint, bieten sie ihre Hilfe an und werden selbst zu Opfern. Der verletzte Will Trent muss hilflos mit anschauen, wie seine Sara entführt wird. Als dann auch noch Zusammenhänge zu einem einen Monat zurückliegenden Entführungsfall, die Wissenschaftlerin Michelle Spivey war gekidnappt worden, ersichtlich werden, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn bald ist klar: Hinter allem steckt eine rechtsradikale Organisation, die die USA wieder „weiß“ machen möchte.
Zwar handelt es sich hier um den siebten Teil von Slaughters Georgia-Reihe, doch sollte dieses auch für Neulinge keine Hürde darstellen: Ich selber habe die Reihe auch nur sporadisch verfolgt und konnte feststellen, dass dieser Thriller auch ohne Vorkenntnisse verständlich ist.
Der Roman beginnt spannend mit einer Entführungsszene im Juli 2019. Anschließend wird man in den August desselben Jahres katapultiert, die dortige Szenerie ist angenehm, einfach schön und idyllisch zu lesen. Die sich anschließenden Explosionen sowie die Unfallszene stehen in einem eklatanten Gegensatz dazu, was der Spannung ebenfalls zuträglich ist und das Lesen abwechslungsreich macht. Hier beweist Karin Slaughter, dass sie ihr Handwerk versteht, indem sie Gegensätze miteinander kombiniert und die Leser/innen aus der Komfortzone regelrecht herausreißt. Dann allerdings wird die Geduld der Leserinnen und Leser erst einmal auf eine harte Probe gestellt, denn ein und dasselbe Ereignis wird mehrmals erzählt, wenngleich aus unterschiedlichen Perspektiven. Die ersten ungefähr zwei Stunden des Falls ziehen sich über fast 200 Seiten hin, was m.E. einfach auf Kosten der Spannung geht. Zudem sind, und das gilt für das gesamte Buch, die Kapitel recht lang, sodass es schwer ist, an einer passenden Stelle zu pausieren.
Sara selbst wird im Laufe der Ereignisse in ein Lager gebracht, das von einer rechtsradikalen und orthodox-christlichen Gemeinschaft unterhalten wird. Dieses wird sehr gut beschrieben, man hat beim Lesen die Szenen praktisch vor Augen. Auch Saras Ängste und Zweifel sind gut dargestellt, allerdings schießt die Autorin hier immer wieder über das Ziel hinaus: Beim ersten Mal war es noch interessant zu lesen, dass Sara sich durch Songtexte ablenkt, aber irgendwann hatte ich beim Lesen das Gefühl, als wiederhole sich vieles. Nichtsdestotrotz muss man Karin Slaughter zugutehalten, dass sie beides, Szenerie und Charaktere, sehr plastisch und lebensnah beschreibt – nur geht dieses immer wieder auf Kosten der Spannung, und manchmal ist weniger eben doch mehr.
Die Themen des Romans sind (US-amerikanischer) Nazismus, Pädophilie und religiöser Extremismus: drei hochbrisante und aktuelle Themen also. Allerdings hätte es sich hier meiner Meinung nach gelohnt, sich auf einen oder zwei Aspekte zu konzentrieren, denn gerade die letzten beiden Themen werden eher im Nebenbei erwähnt und kommen wenig(er) zur Geltung bzw. sind für das Ende weniger von Belang.
Slaughters Sprache und Stil sind eingängig und flüssig zu lesen. Durch den Perspektivwechsel treten unterschiedliche An- und Einsichten zu Tage, im letzten Teil des Romans, in dem Trent und Sara sich wieder begegnen, werden die einzelnen Informationen zusammengeführt, was zu einer restlosen und logischen Aufklärung des Falles führt.
Der Titel des Romans wird im Laufe des Lesens erklärt und hängt mit Saras persönlichem Schicksal zusammen: Ihr Mann, seines Zeichens selbst Polizist, kam bei einem Einsatz ums Leben, Sara ist somit Witwe.
Mir persönlich hat dieser Thriller eher mäßig gefallen: Sprachlich ist er zwar gut, und er bietet auch vortreffliche Einsichten in die Persönlichkeiten und die Szenerie, jedoch gestaltet sich das Lesen insgesamt recht langatmig und wenig spannend, sodass das Werk den Ansprüchen, die ich an dieses Genre stelle, nicht gänzlich gerecht wird. Für Menschen, die diese Reihe nur streckenweise verfolgen, ein Thriller, den man lesen kann, aber nicht eben muss.

Veröffentlicht am 22.09.2019

Singe uns dein Totenlied

Miroloi
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Karen Köhlers dystopisches Romandebüt „Miroloi“ stand im Jahr 2019 auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Dieses hat mich, gemeinsam mit dem interessant klingenden Klappentext, dazu veranlasst, zu diesem ...

Karen Köhlers dystopisches Romandebüt „Miroloi“ stand im Jahr 2019 auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Dieses hat mich, gemeinsam mit dem interessant klingenden Klappentext, dazu veranlasst, zu diesem Buch zu greifen. Erfüllen konnte dieser 464-seitige Roman, der im August 2019 bei Carl Hanser erschienen ist, meine Erwartungen indes nicht – dazu hat er einfach nicht genug Neues zu bieten.
Die Ich-Erzählerin, eine junge, namenlose Frau, lebt als Aussätzige im „Schönen Dorf“ – einer patriarchalischen, religiös fundamentalistischen Gesellschaft. Die Männer, allen voran der Betvater und der Ältestenrat, haben hier das Sagen, und sind, wie in jeder diktatorischen Gesellschaft, gleicher als gleich. Als der Betvater, der gleichzeitig ihr Ziehvater ist, sie das Lesen und Schreiben lehrt, kurz darauf stirbt und sie in Yael, einem jungen Betschüler, einen Liebhaber findet, beginnt sich die Protagonistin gegen die herrschenden Zustände zu wehren.
Sprachlich und stilistisch ist der Roman stimmig: In 128 Strophen singt die Erzählerin hier ihr „Miroloi“, ihr Totenlied, das ihr als Findelkind eigentlich gar nicht zusteht. Die Sprache ist einfach, kindlich naiv, was sehr gut zum Bildungsstand der Dorfbewohner/innen passt und den Roman an sich, hat man sich einmal in den Stil eingefunden, gut lesbar macht. Der Aufbau einiger Strophen sowie die zahlreichen Wortneuschöpfungen zeugen von Kreativität. Über weite Strecken werden das Leben und die Rituale in dieser Gemeinschaft beschrieben, wodurch Leserinnen und Leser tief in diese archaische Welt eintauchen können. Als sehr treffend empfand ich beim Lesen auch die Dialoge. Die Stimmung ist durchgehend düster: Die Protagonistin selbst trägt aufgrund ihrer unbekannten Herkunft keinen Namen, wird von den meisten nur „Eselshure. Schlitzi. Nachgeburt der Hölle“ (S. 9) genannt. Die Dorfältesten wehren sich gegen fast jede Art des Fortschritts, sodass man auf dieser Insel, die im Mittelmeer verortet zu sein scheint, fast so lebt wie in der Antike, obwohl es in der Welt „drüben“, d.h. jenseits des Meeres, zu der mittels eines Händlers Kontakt gepflegt wird, schon viele Errungenschaften der Moderne gibt.
Die Themen, die Köhler in diesem Roman aufgreift, sind vielfältig – und hier liegt m.E. das Manko des Romans. Sie reichen von Konservatismus über Feminismus, Gesellschafts- und soziale Fragen, Religion bis hin zu Bildungsthemen. Vieles wird hier auch miteinander vermischt, wenn die Religion in diesem Dorf z.B. auf der einen Seite durch ihren Polytheismus in Gestalt von Feuer, Wasser, Erde bzw. Zerstörer, Bewahrer, Schöpfer an Naturreligionen erinnert, auf der anderen Seite aber auch Elemente von Christen- und Judentum sowie dem Islam beinhaltet. Wütende Dorfbewohner/innen, die nach Bananen schreien, erinnern an Szenen, die wohl jeder noch aus Zeiten der deutschen Wiedervereinigung vor Augen hat und wirken fast schon ungewollt komisch, genau wie der Umstand, dass die Protagonistin sich gegen Ende mithilfe von Plastikmüll verkleidet und ihre Leidensgenossinnen zu einer Revolte anstiftete. Und dieses sind nur einige Punkte, die ich herausgegriffen habe. Bei solch einer Fülle an Themen ist es nicht verwunderlich, dass letztlich alles an der Oberfläche bleibt.
Bildung in Form des Lesen- und Schreibenkönnens sowie das sich Lösen von Alterhergebrachtem bietet Köhler als Schritt in eine gerechtere Zukunft an – beides Dinge, die in unserer mitteleuropäischen Gesellschaft durchaus praktiziert werden, die allein aber nicht ausreichen. Zugute halten muss man der Autorin, dass sie das Ende des Romans offen lässt – man weiß am Ende weder, wie es mit dem Schicksal des Dorfes noch mit dem der Protagonistin weitergeht. Doch alles in allem wird hier nur eine Reihe von schon hinlänglich behandelten Gesellschaftsdefiziten aufs Tapet gebracht, ohne dass wirklich Neues oder Alternativen zu schon Bestehendem geboten werden.
Aufgrund seines ungewöhnlichen Stils und seiner guten Lesbarkeit habe ich den Roman zu Ende gelesen. Inhaltlich überzeugen konnte er mich überhaupt nicht, auch wenn er vielleicht einige Denkanstöße bietet – Denkanstöße allerdings, die man sich woanders fundierter holen und die man mit etwas gesundem Menschenverstand im Grunde selbst finden kann.

Veröffentlicht am 15.09.2019

Das Digital-Detox-Experiment

Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein. Jetzt sitzt du in der Falle.
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In seinem neusten Psychothriller „Offline“ greift Arno Strobel ein altbewährtes Thema auf: Eine Gruppe ist abgeschnitten von der Umwelt, als ein Mörder sein Unwesen treibt. Dieser 368-seitige Roman ist ...

In seinem neusten Psychothriller „Offline“ greift Arno Strobel ein altbewährtes Thema auf: Eine Gruppe ist abgeschnitten von der Umwelt, als ein Mörder sein Unwesen treibt. Dieser 368-seitige Roman ist im September 2019 als FISCHER-Taschenbuch erschienen.
Eine Gruppe, bestehend aus 13 Personen, ist in einem ehemaligen Bergsteigerhotel im Berchtesgadener Land eingeschneit. Ziel des Unternehmens war es ursprünglich, fünf Tage ohne Smartphone, Internet und Co. zu verleben. Doch dann geschieht das Unvorhergesehene: Schon in der ersten Nacht verschwindet ein Teammitglied spurlos. Nach langer, intensiver Suche wird der junge Mann gefunden, all seiner Sinne beraubt, gequält und geschunden. Als er kurz darauf stirbt, macht sich Misstrauen breit, denn alle wissen: Eine/r von ihnen muss ein Mörder sein. Als es in der Nacht darauf zu einem zweiten Unglücksfall kommt, spitzt sich die Lage zu.
Der Thriller beginnt spannend mit einem Prolog, der mich ein wenig an Thriller für Teenager erinnert hat: Eine Frau wird mithilfe ihrer digitalen Geräte terrorisiert. Dann schwenkt der Autor zur Reisegruppe über, deren Unternehmen von Anfang an unter keinem guten Stern steht, denn gleich zu Beginn kommt es zu ersten Animositäten und Sticheleien. Gleichzeitig dient dieser Einstieg dazu, Leserinnen und Leser mit den Charakteren vertraut zu machen, was dem Autor auch sehr geschickt gelingt. Auch wenn es, wie im realen Leben, hier sowohl Figuren gibt, die eher sympathisch, als auch solche, die eher unsympathisch und ein wenig verschroben wirken, bleibt doch bis kurz vor Ende rätselhaft, wer denn nun der Täter ist. Die Auflösung des Rätsels hat mich beim Lesen dann jedoch enttäuscht, denn sie wirkt auf mich sehr konstruiert und kommt recht abrupt.
Zeitweise ist der Roman aus zwei Perspektiven erzählt: Zum einen aus derjenigen der Reisegruppe an sich, zum anderen erhalten die Leser/innen Einblick in das Innenleben des zweiten Opfers, einer jungen Frau, die ebenfalls ihrer Sinne beraubt wurde, aber immer wieder versucht, mit den Mitgliedern ihrer Reisegruppe zu kommunizieren. Obwohl ich persönlich von Computertechnik wenig Ahnung habe, gelang es mir doch schneller, den Code zu verstehen, als der Computerexpertin im Thriller selbst. Dieses erschien mir beim Lesen ein wenig unglaubwürdig.
Zwar lässt Strobel die Anspannungen innerhalb der Gruppe nach und nach wachsen, bis es schließlich zur Zersplitterung der Gruppe kommt, was durchaus glaubwürdig ist, jedoch fehlte es mir als Leserin einfach an emotionaler Beteiligung, sprich: So richtig packen konnten mich das Geschehen und die Gruppendynamik nicht. Zum Teil liegt dieses bestimmt auch an der einen oder anderen Figur, die ich recht penetrant fand (z.B. das Ehepaar Annika und Matthias Baustert), zum anderen auch daran, dass ich zwar wusste, dass sich vor dem Hotel ein Schneesturm abspielt, die Brisanz der Lage aber nicht richtig ausgearbeitet und quasi im Nebenbei erwähnt wurde. Außerdem muten andere Umstände ziemlich naiv an, z.B. dass man eine solche Reise ohne Verbandsmaterial antritt, jemandem einfach Schmerzmittel verabreicht etc.
Gut gelungen indes ist, dass der Begriff „Offline“ gegen Ende des Thrillers noch eine zweite, übertragene Bedeutung erhält, sodass der Titel in zweifacher Hinsicht zur Handlung passt.
Strobels Sprache ist flott und schnörkellos zu lesen und die Darstellung der Opfer ist prägnant, ohne die Lesenden zu überfordern.
Alles in allem lässt sich das Buch gut lesen, es enthält auch durchaus spannende Momente, wirklich packen und in seinen Bann ziehen konnte es mich indes nicht. Meiner Meinung nach ein Thriller, den man lesen kann, aber nicht lesen muss.

Veröffentlicht am 04.08.2019

Alles nur ein Spaß?

R.I.P.
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Bei Yrsa Sigurdardóttirs Thriller „R.I.P.“ handelt es sich um den dritten Fall für Kommissar Huldar und Psychologin Freyja; er ist im Juni 2019 bei btb erschienen und umfasst 448 Seiten.
Die 16-jährige ...

Bei Yrsa Sigurdardóttirs Thriller „R.I.P.“ handelt es sich um den dritten Fall für Kommissar Huldar und Psychologin Freyja; er ist im Juni 2019 bei btb erschienen und umfasst 448 Seiten.
Die 16-jährige Stella wird im Kino brutal ermordet. Und: Sie musste vor ihrem Tod ihren Peiniger um Verzeihung bitten. Doch wofür? Als Huldar und Freyja sich auf die Jagd nach dem Täter machen, wird bald ein zweiter Jugendlicher vermisst. Langsam stellen sich Zusammenhänge heraus, die die beiden Ermittelnden vermuten lassen, dass es nicht bei diesen Vorfällen bleiben wird. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.
Der Thriller ist an sich, typisch nordisch, spannend und brutal zu lesen, hat allerdings doch einige Schwächen. So wirkt die Auflösung des Falles für meinen Geschmack zu konstruiert: Zwar ist das Motiv an sich schlüssig, doch fragt man sich am Ende, wie weit Selbstjustiz eigentlich gehen kann. Die offenen Aspekte des Endes schließen eine Fortsetzung der Reihe nicht aus.
Des Weiteren ist zwar von Anfang an ein Spannungsbogen vorhanden, doch gibt es zu Beginn und in der Mitte einige Längen, die vor allem aus den privaten Animositäten und Gesprächen innerhalb des Ermittlungsteams resultieren.
Das Thema, das diesem Roman zugrunde liegt, ist brisant und hochaktuell: Cybermobbing und –bullying sowie, damit verbunden, soziale Netzwerke. Wie weit diese reichen, wozu (nicht nur) Jugendliche imstande sind, wird in diesem Werk klar dargelegt, ebenso dass Mobbing an sich kein neues Phänomen darstellt. Nur die Methoden und Möglichkeiten ändern sich eben. Doch nicht nur im Fall selber begegnet den Leser/innen dieses Problem, auch die Ermittlungen selbst werden davon überschattet, sei es, dass Huldar Probleme mit seiner Chefin hat, sei es, dass Freyja mit ihrer eigenen Geschichte konfrontiert wird. Ob dies gute Voraussetzungen sind, einen Fall zu lösen, würde ich in der Realität hinterfragen, im Buch klappt es jedoch.
Obwohl ich mit diesem dritten Teil neu in die Reihe eingestiegen bin, hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, dem Geschehen zu folgen, da die wichtigsten Informationen über die Protagonisten in den neusten Band eingeflochten wurden. Lediglich über das Verhältnis zwischen Huldar und Erla hätte ich am Anfang gern etwas mehr erfahren, vor allem da ihre Vorgeschichte doch sehr die aktuellen Ermittlungsarbeiten beeinflussen.
Sprachlich lässt sich dieser Thriller flott und fließend lesen. Mehrmals wird die Handlung durch Einträge in einen Blog unterbrochen, was beim Lesen hilft, sich in die Rolle der Gemobbten hineinzuversetzen und für Abwechslung beim Lesen sorgt.
Insgesamt handelt es sich bei „R.I.P.“ um einen spannenden Thriller, der in einem Rutsch gelesen werden will, der mich aber aufgrund der oben erwähnten Schwächen nicht völlig überzeugen konnte. Ein Buch, das sich gut lesen lässt - mehr aber eben auch nicht.