Profilbild von Girdin

Girdin

Lesejury Star
offline

Girdin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Girdin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gut konstruiert und ansprechend zu lesen

Die große Kälte
0

Schnee und Eiseskälte in Katalonien im Winter 1956 spielen direkt in die Handlung des Romans „Die große Kälte“ von Rosa Ribas und Sabine Hofmann hinein. Denn die in Barcelona lebende junge Journalistin ...

Schnee und Eiseskälte in Katalonien im Winter 1956 spielen direkt in die Handlung des Romans „Die große Kälte“ von Rosa Ribas und Sabine Hofmann hinein. Denn die in Barcelona lebende junge Journalistin Ana Marti wird in das kleine Dorf Las Torres in den Bergen Aragoniens geschickt. Der dortige Pfarrer hat sich bei der Zeitung, bei der Ana beschäftigt ist, gemeldet und davon erzählt, dass dort seit geraumer Zeit ein Mädchen Stigmata an Händen und Füßen aufweist. Für die Bewohner ist das ein Wunder, doch Ana glaubt nicht an so was. Sie macht sich auf die Reise mit dem festen Entschluss, den Schwindel aufzudecken. Im Ort stößt sie bei ihren Fragen nur auf Schweigen. Nachdem sie gerade beschlossen hat, wieder nach Barcelona zurück zu kehren, wird ihr über Nacht wegen erneuten starken Schneefalls der Weg abgeschnitten. Dann stirbt ein Kind und es ist nicht das erste in den letzten Jahren. Ana wird dadurch veranlasst, nicht aufzugeben. Wird sie die Geheimnisse um die Wundmale und den Tod der Kinder lüften können?

Ana, die unter Pseudonym schreibt, weil weibliche Journalistinnen zur damaligen Zeit nicht gern gesehen sind, fühlt sich der Wahrheit und seriöser Berichterstattung verpflichtet. Es ist für sie nicht leicht, mit den Menschen in Las Torres zurecht zu kommen. Zu tief sind hier Glauben und Gemeinschaft verankert. Tonangebend sind der Bürgermeister, der Pfarrer und vor allem ein Großgrundbesitzer und Unternehmer. Ihren Worten beugen die Einwohner sich, weil sie sonst mit Benachteiligungen für sich und ihre Familie rechnen. Ihre Armut verbunden mit Unkenntnis und der Abgeschiedenheit des Ortes bringen sie in eine nicht revidierbare Abhängigkeit. Politisch stehen sie hinter der Herrschaft Francos, Aufwiegler werden gemeinschaftlich verfolgt. Größere Probleme und Sorgen werden hinter verschlossenen Türen diskutiert, kommen aber unterschwellig ans Tageslicht und manifestieren sich in Sprüchen und Kinderliedern.

Als Prolog und zwischen den Kapiteln finden sich immer wieder kurze Einschübe in kursiver Schrift. Sie geben die Gedankengänge eines der Charaktere wieder und stärken den Eindruck des Lesers, dass neben dem Mysterium der Stigmata ein weiteres Geheimnis über allem liegt. Die Begründungen für die Handlungsweisen der einzelnen Charaktere fand ich glaubwürdig. Das Wunder der Stigmata könnte aus dem unbedeutenden Dorf einen bekannten Wallfahrtsort machen, was gewisse Vorteile für unterschiedliche Personen bringt.

Steht im ersten Teil des Romans die Enttarnung des vermuteten Schwindels im Vordergrund ändert der Tod eines Mädchens alles. Ana kommt ein ungeheuerlicher Verdacht, ein Geheimnis das scheinbar jeder im Ort kennt, aber niemand ausspricht. Immer mehr gelingt es Ana hinter die Fassade des Schweigens zu schauen. Doch von denjenigen, von denen sie Unterstützung erhält und die ihr langsam sympathisch werden, wird sie teilweise enttäuscht.

Der Erzählstil ist angenehm, die Handlung fließt eher ruhig, meiner Meinung nach im mittleren Teil ein wenig sehr gemächlich. Die Autorinnen bauen mit den unterkühlt wirkenden Figuren und der Eiseskälte des Winters einen passenden Rahmen für ihre mysteriöse Geschichte. Ana muss förmlich in jeder Richtung das Eis brechen. Das von allen vertuschte Geschehen wird bereits am Beginn des Romans angedeutet und erst nahezu am Ende des Buchs aufgedeckt. Wer einen gut konstruierten, ansprechenden Roman lesen möchte, ist hier richtig. Gerne gebe ich eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Aufwühlende Story, mitreißender Schreibstil

Die Nacht schreibt uns neu
0

Emma und Richard kennen sich seit ihrer Jugend, aus Freundschaft wurde schließlich Liebe. Nach einer kurzen Trennung, die aus dem Wegzug von Emma resultierte, ist ihre Liebe neu entflammt nachdem der Gesundheitszustand ...

Emma und Richard kennen sich seit ihrer Jugend, aus Freundschaft wurde schließlich Liebe. Nach einer kurzen Trennung, die aus dem Wegzug von Emma resultierte, ist ihre Liebe neu entflammt nachdem der Gesundheitszustand der Eltern Emma wieder in ihre Heimatstadt zurückführte. Zu Beginn des Buchs „Die Nacht schreibt uns neu“ von Dani Atkins begegnet der Leser Emma, wie sie sich für ein großes Ereignis zurechtmacht. Geheimnisvoll bleibt bis zum Schluss, worum es sich dabei handelt, bekannt ist ausschließlich, dass es zeitlich nach den anschließend von Emma geschilderten Geschehnissen stattfindet.

Emma ist 27 Jahre als sie mit Richard vor den Traualtar treten möchte. Ein paar Wochen vor dem großen Ereignis verunglückt die Protagonistin mit dem Wagen auf dem Heimweg von einem Abend mit ihren Freundinnen. Amy, Emmas Freundin seit ihrer Kindheit, stirbt kurze Zeit später an den schweren Verletzungen, die sie sich bei dem Unfall zugezogen hat. Emma wird in letzter Minute aus dem Auto durch Jack befreit, der zufällig am Unfallort vorbeigekommen ist.

Schon während dieser ersten Begegnung, empfinden beide trotz der widrigen Umstände Sympathie füreinander, die sich im weiteren Verlauf zu weit mehr ausweitet. Doch auch der benachrichtigte Richard eilt schnellstmöglich an die Seite seiner Verlobten. Das Leben geht weiter, obwohl die Ereignisse Emma schwer getroffen haben und sie dazu veranlasst, die Hochzeit zu verschieben. Dann erfährt sie eines Tages durch Zufall, dass Amy sie in der Vergangenheit verraten hat. Und dann ist da auch noch Jack zu dem sie sich immer mehr hingezogen fühlt, der jedoch nur vorübergehend in England ist und dessen Familie in den USA auf ihn wartet. Emma muss ganz tief in sich hineinhorchen um herauszufinden wen sie wirklich liebt und wer ihre Liebe erwidert: Richard oder Jack.

Dani Atkins schreibt mitreißend und berührend. Auch in ihrem zweiten Liebesroman verarbeitet sie parallel mehrere menschliche Tragödien. Zum einen ist es der Verlust einer besten Freundin durch deren plötzlichen Tod, zum anderen ist es der Verlauf einer schweren Krankheit eines Elternteils der Protagonistin. Hinzu kommt die Feststellung, dass Amy, mit der Emma durch dick und dünn gegangen dieser etwas Schwerwiegendes verschwiegen hat und sich Emma jetzt nicht mehr die Gelegenheit bietet Amy damit zu konfrontieren. Für sie ist nur eine innere Auseinandersetzung mit den widerstreitenden Gefühlen Freundschaft und Hass möglich.

Wie bereits bei ihrem Debütroman „Die Achse meiner Welt“ hat die Autorin auch diesmal die Ich-Perspektive der Hauptcharaktere gewählt. So kann der Leser der Gedankenwelt Emmas folgen und die Auseinandersetzung mit ihren Gefühlen besser nachvollziehen. Emma ist eine liebenswerte Person. Auch Jack konnte meine Sympathie von Beginn an gewinnen, vielleicht auch ein wenig aufgrund seines heldenhaften Verhaltens an der Unfallstelle. Ich konnte es verstehen, dass es Emma nicht leicht fiel sich den Erwartungen ihrer Freundinnen und Freunde sowie Verwandten an ihre Beziehung zu Richard entgegenzustellen und persönliche Freiheiten in ihren Entscheidungen nachzugehen.

Die Geschichte ist realistisch dargestellt. In Bezug auf den Titel lässt sich sagen, dass nur ein einziges Geschehen unseren Lebensplan komplett umwerfen kann, eine Nacht kann alles verändern und uns neu schreiben. Die Geschichte entwickelt ihren eigenen Reiz vor allem aufgrund der aufwühlenden Story und des fesselnden Schreibstil. Die Anfangsszene entwickelt sich in mehreren kurzen Kapiteln bis zum Ende hin weiter und wartet zum Schluss noch mit einer kleinen Überraschung auf. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ungewööhnliches Buch mit einer frischen Idee

Eine Therapie für Aristoteles
0

Der Titel des Buchs „Eine Therapie für Aristoteles“ von Melanie Sumner ließ mich zunächst daran denken, dass die namensgebende Person eine zu heilende Verhaltensauffälligkeit hat und der Roman diesen Prozess ...

Der Titel des Buchs „Eine Therapie für Aristoteles“ von Melanie Sumner ließ mich zunächst daran denken, dass die namensgebende Person eine zu heilende Verhaltensauffälligkeit hat und der Roman diesen Prozess beschreibt. Aber das wäre viel zu naheliegend, ist allerdings dennoch ein wenig wahr. Erst das Blatt auf dem Cover, das sich aus der Schreibmaschine rauswindet, führt den Leser in Kombination mit dem Titel zum Inhalt.

Die 12 ½ jährige Aristoteles Thibodeau, kurz Aris genannt, hat von ihrer Mutter Diane, einer Dozentin für Anglistik, das Buch „Romane schreiben in 30 Tagen!“ erhalten. Diane ist neben ihrem Beruf mit der Erziehung von Aris und dem vier Jahre jüngeren Max manches Mal überfordert. Ihr Mann starb, als Max noch nicht geboren war. Aris‘ Bruder ist wegen seiner hohen Sensibilität in therapeutischer Behandlung und eigentlich wäre für Aris eine solche auch angebracht. Weil ihre Mutter aber immer wieder vergisst, einen Termin für sie zu vereinbaren, nimmt sie das geschenkte Buch als Ersatz. Kapitelweise arbeitet sie sich voran, inklusive Schreibübungen. Der vorliegende Roman ist bereits das Ergebnis des Schreibprozesses und so begleitet der Leser Aris bei der Entstehung ihres Erstwerks.

Getreu ihrem Schreiblernbuch beginnt sie mit einem Vorwort, das eigentlich keines ist. In der nachfolgenden Einleitung lässt die Autorin ihre Protagonistin den Leser um Verständnis bitten, dass ihre Schreibweise gelegentlich nicht ihrem Alter entspricht. Obwohl Aris eine große Selbständigkeit von ihrer Mutter zugewiesen wird, ist sie von ihrer Einsicht in Sinnzusammenhänge und im Erkennen von Gefühlslagen her Gleichaltrigen weit voraus. Melanie Sumner nutzt jedoch die Naivität um immer wieder Leichtigkeit in die doch so ernste familiäre Situation zu bringen. Denn die Familie hat es nicht leicht, Diane weiß oft kaum wie sie das Schulgeld für Aris und Max aufbringen soll. Aris wünscht sich daher, schnell einen Bestseller zu schreiben. Das Buch gibt den Zeitrahmen vor, aber so einfach gestaltet sich das Schreiben nicht. Es gilt, bestimmte Kriterien zu beachten, die vorhanden sein sollten.

Aris Erfahrungswerte beschränken sich auf ihre eigene Vergangenheit und die ihrer Familie. Doch was sich eher langweilig anhört, wird im Roman zu einem Spiel der Realität mit Tiefgang. Nicht nur Aris Auseinandersetzung mit dem Tod ihres Vaters, sondern auch mit Themen wie Religionszugehörigkeit und Rassismus machen diesen Roman aus. Und so ganz nebenbei versucht Aris sich auch darin, einen neuen Vater für sich und Ehemann für Diane zu finden.

„Eine Therapie für Aristoteles“ ist ein Buch, dem man das US-amerikanische Setting anmerkt, das aber auch in Europa spielen könnte. Neben der amüsanten und doch nachdenklich stimmenden Lektüre lernt der Leser gleich noch etwas über das Schreiben von Romanen. Das Aris ihr Projekt beenden wird, steht nie in Zweifel, schließlich liegt es in den Händen des Lesers. Ein ungewöhnliches Buch mit einer frischen Idee, das ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein ungewöhnlicher Roman

Der Krieg im Garten des Königs der Toten
0

Bruno Hildalgo, 17 Jahre alt, lebt auf einer Insel, die sich erst vor ungefähr 70 Jahren aus dem Ozean erhoben hat. Seine Eltern gehörten einer New-Age-Gruppe an und gründeten gemeinsam mit Gleichgesinnten ...

Bruno Hildalgo, 17 Jahre alt, lebt auf einer Insel, die sich erst vor ungefähr 70 Jahren aus dem Ozean erhoben hat. Seine Eltern gehörten einer New-Age-Gruppe an und gründeten gemeinsam mit Gleichgesinnten am Ende der 1980er Jahre am Rand der großen Savanne das kleine Dorf Kajagoogoo (die 1980er Popwelt lässt grüßen) um sich den ständigen Wechseln in den politischen Machtverhältnissen zu entziehen. Vor mehr als einem Jahr sind Brunos Eltern über Nacht verschwunden. In der Folgezeit beschäftigt er sich mit dem aktuellen Tagesgeschehen. Sein großes Hobby ist das Filmen. Ein Bekannter von ihm schenkt beziehungsweise verkauft ihm Videokassetten mit Horrorfilmen, die er anderweitig in seinem Geschäft nicht verwenden kann. So wird Bruno zum Fan des Genres. Eines Tages begegnet er einer Familie, die in die Hauptstadt der Insel zu den Republikanischen Filmfestspielen reist. Fortan wächst bei Bruno der Wunsch es ihnen gleichzutun und er macht sich mit einer Tasche voller Horrorfilme auf den Weg.

Ob er dort ankommen wird, erfährt der Leser im Buch „Der Krieg im Garten des Königs der Toten“, dem Debütroman von Sascha Macht. So bunt illustriert wie das Cover ist auch der Inhalt des Buchs. Hier sei noch verraten, dass sich auch unter dem Schutzumschlag ein dekoratives Buch verbirgt. Mit einer überbordenden Fantasie erzählt der Autor die aberwitzigsten Szenen. Der Schreibstil lässt sich durchgehend flüssig lesen. Dem Erzählstrang hinterher zu kommen, erfordert jedoch eine gewisse Aufmerksamkeit des Lesers.

Bruno erzählt seine Geschichte in der Ich-Form. Der Leser verfolgt seine jugendliche Wahrnehmung in vielen Dingen. Seine Gedanken ziehen oftmals Parallelen zu Horrorfilmen, die er gesehen hat und hin und wieder driftet er dadurch in eine Traumwelt ab. Sein Bekanntenkreis ist klein. Doch immer wieder begegnet er Personen, die ohne erkennbaren Grund plötzlich da sind, manchmal verschwinden Figuren auch einfach so. Natürlich interessiert Bruno sich dafür, wie und warum sie plötzlich in sein Umfeld geraten sind oder wieder fortgehen. Manchmal gibt es dafür vom Autor aber bewusst keine Erklärung und der Leser kann sich die Lücke nach eigener Vorstellung gestalten.

Im Roman gibt es kaum etwas, was themenmäßig nicht ausgefüllt wird. Brunos Welt ist bunt und facettenreich, von der alltäglichen Lebensweise über politische Gesinnungen hin zu Liebe und Machtspielen. Manches Mal nimmt er kein Blatt vor den Mund ohne jedoch vulgär zu wirken. Seit seine Eltern verschwunden sind hat er gelernt, für sich selbst zu sorgen. Als er sich auf seine Reise begibt, beginnt für ihn ein wichtiger Lernprozess, wem er sein Vertrauen schenken kann. Freude und Enttäuschung liegen für ihn nahe beieinander, während um ihn herum verschiedene politische Gruppierungen der Inselbewohner um ihre Vormachtstellung kämpfen.

Brunos Anliegen ist es, mit der Kunstform des Horrorfilms den Menschen Hoffnung auf eine Zukunft zu geben. Obwohl sich die Umgebung in der er aufwächst im Laufe der Zeit als unbeständig erweist und ihn eigentlich verzweifeln lassen sollte, stellt er sich seinem Schicksal mit stoischem Eigensinn und mutig entgegen.

In den ungewöhnlichen Charakteren die der Autor schafft, glaubt man so manche bekannte Persönlichkeit und seine Handlungsweise ansatzweise zu erkennen oder auch nicht. Die Gedankenwelt Brunos ist teils so bizarr, die Situationen so ungewöhnlich und verdreht, dass sie den Leser auch erheitern und amüsieren. Man muss sich hierauf einlassen können und jedem wird die Geschichte nicht gefallen. Ich habe dieses wortgewandte und bildhafte Debüt gerne gelesen und empfehle es gerne an interessierte Leser ungewöhnlicher Roman weiter.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Subtile Spannung und eine unerwartete Wendung zum Schluss

Was wir getan haben
0

Die zwei Brüder Luke und Nick Yates, 8 und 10 Jahre alt, spielen gemeinsam mit ihrer 8-jährigen Freundin Katie an einem Fluss in Kenia. Am gleichen Flussabschnitt halten sich noch zwei weitere Kinder auf. ...

Die zwei Brüder Luke und Nick Yates, 8 und 10 Jahre alt, spielen gemeinsam mit ihrer 8-jährigen Freundin Katie an einem Fluss in Kenia. Am gleichen Flussabschnitt halten sich noch zwei weitere Kinder auf. Plötzlich durchschneidet ein schriller Schrei die trügerische Ruhe. Die Mutter der Brüder, die in der Nähe ist, läuft sofort los, weil sie vermutet, dass etwas Tragisches passiert ist. So beginnt der Thriller „Was wir getan haben“ von dem Autorenduo Karen Perry. Der Titel deutet bereits darauf hin, dass das Geschehene als Ballast den Beteiligten in die Zukunft hinein anhängen wird.

In Dublin im Jahr 2013, etwa 30 Jahre nach den Begebenheiten am Fluss, arbeitet Katie als Reporterin. Fotos von einem toten Mädchen im Wasser bringen sie vollkommen aus dem Gleichgewicht und dann erfährt sie auch noch, dass Luke Yates, einer der beiden Brüder und inzwischen als Geschäftsmann erfolgreich, tot ist. Zur Beerdigung reist natürlich auch dessen jüngerer Bruder Nick aus Nairobi an. Das, was in Kenia passiert ist, steht immer noch zwischen den Freunden von damals. Mysteriöse Post an die beiden zeigt, dass es außerdem jemanden geben muss, der ihr Geheimnis kennt. Lukes letzter Wunsch besteht darin, seine Asche an eben jenem Fluss in Kenia, an dem die Tragödie geschah, verstreuen zu lassen. Katie und Nick kommen dieser Bitte nach. Die Erinnerungen an das damalige Ereignis drängen sich ihnen ins Bewusstsein. Wird es den beiden möglich sein, ihr Geheimnis weiterhin zu wahren?

Die Autoren erzählen, mit Ausnahme des Prologs und der Rückblenden auf das damalige Geschehen, die Geschichte im Wechsel aus der Perspektive von Nick beziehungsweise Katie. Die beiden Protagonisten schildern die Ereignisse der Gegenwart im Präsens, so dass ich mir von Beginn an sicher war, dass ihnen im Laufe der Erzählung nichts Gravierendes zustoßen konnte, denn sonst hätten sie ihre Erlebnisse nicht selbst wiedergeben können. Durch die Wahl der Zeitform kommt die Geschichte dem Leser sehr nah, sie gibt ihm das Gefühl, dass er dabei sein könnte. Die unterschwellig vorhandene Spannung wird dadurch gesteigert.

In den eingeschobenen Rückblenden erfährt der Leser immer ein kleines Stück mehr darüber, was damals passiert ist. Dabei wird allmählich klar, dass es nicht nur darum geht, wer die Schuld an den Ereignissen am Fluss trägt. Im Laufe der Erzählung wird deutlich, dass weitere Personen durch ihre Liebe, den Hass aufeinander, Freundschaft und fehlender Vergebung zu der furchtbaren Begebenheit beigetragen haben. Darüber hinaus hat deren Beteiligung weitreichende Auswirkungen bis in die Gegenwart.

Durch die Ich-Form-Erzählung von Katie und Nick kann der Leser deren Gedanken und Empfindungen teilen. Von Beginn an werden beide von den Schatten ihrer Vergangenheit bedroht, sie greifen immer wieder in deren Leben ein und bringen auch körperliche Veränderungen, die sich lebensbedrohend anfühlen, mit sich. Im Mittelteil stagnierte die Geschichte und damit die Spannung kurz. Etwas verwundert habe ich mich darüber, dass die Beteiligung eines jüngeren Mädchens an dem vergangenen Geschehen und deren Aussage sowie die Spuren vor Ort keinen größeren Hinweis auf den Ablauf geben konnte. Bei Nick fand ich es seltsam, dass er sich nicht mit der Familie seiner Frau auseinandergesetzt hat.

Den Autoren ist es sehr gut gelungen bis zum Schluss die subtile Spannung zu erhalten und auch noch eine unerwartete Wendung einzubauen. Mir hat das Buch gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter.