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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.12.2019

"Schindlers Liste" aus Sicht eines Betroffenen

Der Junge auf der Holzkiste
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Autor Leon Leyson wurde als Leib Lejzon 1929 in Polen geboren und gehörte zu jenen jüdischen Arbeitern, die von Oskar Schindler gerettet wurden. In diesem Buch berichtet er vom Lageralltag, der Todesangst, ...

Autor Leon Leyson wurde als Leib Lejzon 1929 in Polen geboren und gehörte zu jenen jüdischen Arbeitern, die von Oskar Schindler gerettet wurden. In diesem Buch berichtet er vom Lageralltag, der Todesangst, die ständig quälte und von seinem Helden Oskar Schindler.

Leon Leyson trug die Nummer 289. Er war auf Schindlers Liste verzeichnet. Mehr als 1.000 Juden waren auf dieser Liste eingetragen und konnten so gerettet werden. Als 13-jähriger arbeitete Leon in der Emailwarenfabrik von Oskar Schindler. Man nannte ihn den Jungen auf der Holzkiste, weil er auf Grund seiner geringen Körpergröße, auf eine Holzkiste steigen musste, um die Maschinen bedienen zu können.

Das Buch ist in 10 Kapitel gegliedert und mit Prolog, Epilog und Nachwort sowie einigen privaten Fotos des Autors und seiner Familie versehen.

Auch wenn es Berichte, Dokumentationen, Filme und wissenschaftliche Arbeiten zur Nazi-Zeit, in Hülle und Fülle gibt, es ist doch immer wieder etwas Berührendes die persönliche Erlebnisse „aus erster Hand“ zu lesen. So hat der Autor seine Lebensgeschichte in Schulen und Universitäten erzählt, auf dass diese Gräueltaten niemals vergessen werden. Denn die Zeitzeugen, Betroffene wie Beteiligte, werden nicht mehr lange unter uns weilen.

Leon Leyson verstarb Anfang 2013. Die Veröffentlichung seiner Lebensgeschichte erlebte er leider nicht mehr.

„Wer ein einziges Leben rettet, der rettet die ganze Welt." - Die Überlebenden dieser Liste schenkten ihrem Retter Oskar Schindler einen Ring aus Zahngold, in dem dieser Spruch eingraviert ist.

Fazit:

Eine beeindruckende Biografie, die in keiner Schulbibliothek fehlen sollte. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 22.12.2019

Porträt einer fast vergessenen Künstlerin

Charlotte Salomon
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Anlässlich des 100. Geburtstags von Charlotte Salomon am 16. April 2017 rückt diese Biografie von Margret Greiner erstmals die vielen Bilder der jüdischen Malerin in den Blickpunkt. Zuvor hat das kurze ...

Anlässlich des 100. Geburtstags von Charlotte Salomon am 16. April 2017 rückt diese Biografie von Margret Greiner erstmals die vielen Bilder der jüdischen Malerin in den Blickpunkt. Zuvor hat das kurze Leben der Malerin Stoff für einen Roman (David Foenkino), Filme und eine Oper (Regie Luc Bondy) geboten.

Penibel, wie es Margret Greines Arbeitsweise ist, hat sie sich auf die Spurensuche nach Charlotte Salomon begeben.

Wer ist sie nun, diese Charlotte Salomon?

Charlotte ist ein typisches Kind ihrer Zeit: 1917 in die bürgerliche Welt eines jüdischen Arztes in Berlin hinein geboren. Aufgewachsen mit der Lüge, dass ihre Mutter an der Grippe verstorben wäre. Eines der zahlreichen Kindermädchen weckt in Charlotte die Lust, zu zeichnen und zu malen. Später wird der Vater die Sängerin Paula heiraten. Der latente Antisemitismus, der in Deutschland herrscht führt dazu, dass Charlotte die Schule kurz vor dem Abitur abbricht. Die Kunsthochschule wird sie dann ebenfalls ohne Abschluss verlassen.

Als die Nazis 1933 an die Macht kommen, teilt die Familie Salomon das Schicksal der meisten jüdischen Familien: Ausgegrenzt, verspottet und ihrer Besitztümer beraubt. Die Großeltern sind rechtzeitig nach Frankreich emigriert und leben auf dem Anwesen der Ottilie Moore.

Charlotte reist widerwillig zu ihren Großeltern. Der Selbstmord ihrer Großmutter und die Internierung im Lager Gurs stürzt CHarlotte in eine tiefe Krise. Denn hier, im französischen Exil, erfährt sie von ihrem Großvater, dass es in ihrer Familie bereits acht Suizide gegeben hat. Ihre Mutter war auch eine dieser Selbstmörderinnen. Sie muss einfach malen, um nicht verrückt zu werden. In den Jahren 1940-1942 malt sie rund 1.300 Bilder, die einem Tagebuch ähnlich, ihre Geschichte zeigen.

Im Juni 1943 heiratet Charlotte Salomon den österreichischen Emigranten Alexander Nagler. Im Herbst werden sie von Spitzeln der Vichy-Regierung verraten und nach Auschwitz deportiert. Charlotte ist schwanger und wird vermutlich noch am Ankunftstag ermordet. Ihr Mann stirbt 1944 an den Folgen der unmenschlichen Bedingungen.

Meine Meinung:

Margret Greiner ist wieder eine eindrucksvolle Biografie gelungen. Sie nähert sich behutsam, aber bestimmt der Malerin an. Die Stimmung in Berlin der Zwischenkriegszeit ist authentisch wiedergegeben. In klaren, präzisen Worten beschreibt sie das kurze Leben der Charlotte Salomon und ihr beeindruckendes Werk. Ihre Bilder sind von Malern wie Matisse, Picasso oder van Gogh inspiriert. Dennoch hat sie einen eigenen, eindrucksvollen Malstil, den man ihr fast nicht zutraut. Sie malt wie besessen, als wenn sie wüsste, dass ihr nicht mehr viel Zeit bliebe.

Gleich zu Beginn der Biografie finden wir einige der Gouachen aus jenem Konvolut, das Charlottes Eltern Ottilie Moore abgekauft haben. Im Anhang finden die Chronologie von Charlotte Salomons Leben und Literaturhinweise.

Fazit:

Eine gelungene Biografie einer fast vergessenen Künstlerin. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.12.2019

Verwirrend und fesselnd - echt Hardinghaus

Die Schatten von Norderney
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Dieser zweite Krimi rund um KHK Carsten Kummer ist wieder komplex, vielschichtig und vor allem irreführend!

Der Prolog deutet an, dass wir wieder über ein Verbrechen lesen werden, das mehr als 200 Jahre ...

Dieser zweite Krimi rund um KHK Carsten Kummer ist wieder komplex, vielschichtig und vor allem irreführend!

Der Prolog deutet an, dass wir wieder über ein Verbrechen lesen werden, das mehr als 200 Jahre zurückliegt. Doch wie es der Autor so hinterhältig anlegt, spielt diese Geschichte vorab einmal keine Rolle.

Vielmehr kommt dem Seelenzustand von Carsten Kummer große Bedeutung zu. Nachdem im ersten Fall Gesa, seine ehemalige Schulfreundin und Mutter seiner kleinen Tochter Leefke als mehrfache Mörderin überführt worden ist, leidet er an einer posttraumatischen belastungsstörung, die er vor seinen Kollegen geheim halten möchte. Die Therapiesitzungen absolviert er mehr als widerwillig, aus Angst davor, noch einmal manipuliert zu werden.

Doch dann scheint ein Serienmörder, der bereits begangene Morde nachstellt, auf Norderney sein Unwesen zu treiben, und Carsten Kummer muss ermitteln ....

Meine Meinung:

Ich mag sie, die verdrehten Kriminalgeschichten von Christian Hardinghaus! Nichts ist wie es scheint! Unerwartete Wendungen, Sidesteps und ein Blick auf ein anderes Buch des Autors („Schlehmils Schatten“) rücken in den Fokus des Lesers. Der kann nicht sicher sein, was ist nun echte Ermittlungsarbeit oder was ist nur in Carstens Kopf verborgen.

Selbst gute Kollegen werden unter diesem Aspekt zu Verdächtigen. Christian Hardinghaus ist es wieder meisterhaft gelungen, die Leser an der Nase herumzuführen. Ein Charakter bei dem es mich ziemlich gruselt, ist der Therapeut Freesemann, in dessen Familie noch dazu Leefke als Pflegekind aufwächst. Dem traue ich nicht wirklich über den Weg.

Erst ganz zum Schluss schließt sich der Kreis zum Prolog, der gleichzeitig Clilffhanger für einen nächsten Fall sein wird.

Fazit:

Dieser Thriller ist kein üblicher „whodunit“ mit wilden Verfolgungsjagden oder ähnlichem. Wer hier einen typischen Krimi mit „Tat - Täter - Polizei - Aufklärung“ erwartet, wird enttäuscht sein. Es ist eben anders als es scheint. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 21.12.2019

Die Dosis macht das Gift - und den Rausch

Die Zeiten verfliegen wie im Rausch (Wissen & Leben)
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Der Autor ist Arzt und Psychotherapeut und zeichnet in diesem Buch eine durchaus auch humorvolle Sichtweise auf die diversen Süchte.

Alkohol (und seine abhängig machende Wirkung) spielt in seinen Betrachtungen ...

Der Autor ist Arzt und Psychotherapeut und zeichnet in diesem Buch eine durchaus auch humorvolle Sichtweise auf die diversen Süchte.

Alkohol (und seine abhängig machende Wirkung) spielt in seinen Betrachtungen eine zentrale Rolle, weil der in unserer Gesellschaft nach wie vor „salonfähig“ ist.

Nach einer ausführlichen Einleitung, stellt uns Thomas Köhler die wichtigsten Substanzen in 8 weiteren Kapiteln vor:

Einführung
Alkohol
Opiode
Kokain
Psychostimulantien
Cannabis und Cannabioide
Die wundersame Welt der Psychodelika
Partydrogen
Schnüffelstoffe und andere Inhalanzien


Jedes Kapitel ist noch in Bereiche wie

Was ist ..?
Historisches
Pharmakologische und klinische Grundlagen
Aufnahme
Wirkung
Toleranz
Missbrauch und Abhängigkeit
Berühmte ...

geteilt. Für diejenigen, die es noch etwas genauer wissen wollen, gibt es in jedem Bereich Ergänzungen im Text sowie im Anhang weiterführende Literatur.

Das Buch greift die verschiedenen Mechanismen, die den Menschen (und so manchen tierische Genossen) in die Abhängigkeit treiben, auf. Allerdings, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger zu drohen. Das nützt nämlich genau gar nichts.

Immer wieder lässt der Autor berühmte Personen zu Wort kommen. So zitiert er Joseph Roth, Charles Baudelaire oder den Apotheker Albert Hofmann.

Gewundert habe ich mich ein wenig, dass der Missbrauch von Drogen im Dritten Reich ein wenig heruntergespielt worden ist. Es ist ja erwiesen, dass einige hochrangige Nazis Drogen im großen Stil konsumiert haben.

Die süchtig machenden Substanzen sind ebenso ausführlich beschrieben, wie ihre Konsumenten und die Folgen für dieselben. Die eine oder andere Darstellung ist ziemlich chemielastig und so manche chemische Formel kreuzt des Lesers Weg. Das soll keineswegs abschrecken, sondern auf die Mechanismen hinweisen, denen man sich sonst nicht bewusst ist.
Weiters wird aufgezeigt, dass der Grat zwischen Gebrauch (z.B. als Schmerzmittel) und Missbrauch ein recht schmaler ist. Wie sagte schon Paracelsus? „Die Dosis macht das Gift!“.

Fazit:

Ein gut aufbereiteter Überblick über Substanzen, die in kleinen Dosen meist heilende, aber in großen Mengen schädliche Wirkungen haben. Gerne gebe ich für dieses Kompendium 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.12.2019

Eine neue kulinarische Reise durch Europa

Der Geschmack Europas
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In seinem dritten Band „Der Geschmack Europas“ nimmt uns Lojze Wieser wieder auf eine kulinarische Reise quer durch Europa mit. Wir besuchen

Mähren
Montenegro
Elsass
Westliches Friaul
Alentejo
Wales
Bregenzerwald
Westirland
Korsika
Oberschlesien

Wie ...

In seinem dritten Band „Der Geschmack Europas“ nimmt uns Lojze Wieser wieder auf eine kulinarische Reise quer durch Europa mit. Wir besuchen

Mähren
Montenegro
Elsass
Westliches Friaul
Alentejo
Wales
Bregenzerwald
Westirland
Korsika
Oberschlesien

Wie schon in den Bänden 1 + 2 geht es hier nicht ausschließlich um Rezepte, sondern eher um die Esskultur, die eine lange historische Entwicklung gemeinsam mit der Gegend hat, die besucht wird. So fließt immer wieder die regionale Geschichte ein, sei es durch Kriege oder durch geschickte Heiratspolitik z.B. der Habsburger. Esskultur ist immer in Zusammenhang mit Land & Leuten zu sehen. Dies vermitteln Lojze Wiesers Reisen durch Europa sehr gut. Wer die gleichnamige TV-Serie nicht kennt, kann trotzdem diese Reisen an Hand der Bücher nachvollziehen. Wunderbare Fotos ergänzen die anspruchsvollen Texte, so dass der Leser beinahe Fernweh bekommt.

Fazit:

Ein Buch das Lust macht, Europa und seinen Geschmack abseits der üblichen Touristenpfade zu erkunden. Gerne gebe ich wieder 5 Sterne.

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