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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.12.2019

Bewegendes Lebensbild

Mama Shekinah
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„...Ich habe gelernt, was wahre Freude und wahrer Schmerz ist. Ich habe erfahren, was Zweifeln bedeutet und wie man klagt. Und ich habe erkannt, dass Rache kein Weg ist, um Schmerz zu lindern...“

Dieses ...

„...Ich habe gelernt, was wahre Freude und wahrer Schmerz ist. Ich habe erfahren, was Zweifeln bedeutet und wie man klagt. Und ich habe erkannt, dass Rache kein Weg ist, um Schmerz zu lindern...“

Dieses Zitat hat die Autorin im Vorwort ihres Buches geschrieben, eines Buches, dass ihre eigene Geschichte erzählt.
Die Autorin ist in Paraguay in einer Gemeinde der Mennoniten auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich dort deutsche Aussiedler eine neue Heimat geschaffen. In den ersten Kapiteln berichtet sie vom Leben ihrer Vorfahren und ihrer Kindheit. Schwierig war der Umgang mit dem Großvater, der am Krieg zerbrochen war. Die Autorin lernt Krankenschwester, findet im Glauben einen eigenen Weg und geht als Missionarin nach Afrika. Bei einer Weiterbildung in Großbritannien lernt sie Colin kennen und lieben. Als der in Afrika von Kindersoldaten erschossen wird, ist Hedi gerade schwanger. Sie gerät in eine Glaubenskrise.
Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Die Autorin versteht es, bildhaft zu erzählen und Wichtiges herauszuarbeiten. Das gilt insbesondere für ihren Glaubensweg. Bei einem Gespräch mit ihrer Mutter verwendet sie für das Leben das Bild eines Glases, dass sich an mehreren Stellen im Buch wiederfindet.

„...Es war das erste Mal, dass wir unsere Verletzlichkeit bekannten. Wir gaben zu, dass wir zerbrochene Menschen waren, undichte Gläser, aus denen das Wasser schon fast ganz ausgelaufen war...

Beim Zusammentreffen mit Colin kommen erst einmal die Unterschiede zum Tragen. Das betrifft nicht nur dessen Äußeres. Er ist Musiker, lebensfroh, aufgeschlossen und absolut ehrlich. Allerdings hat er auch die Schattenseiten des Lebens kennengelernt. Genau das verschweigt er nicht. Dazu gehörten Drogen. Doch er ist auch geduldig und hartnäckig. Er fliegt nach Paraguay und hält bei ihren Eltern um ihre Hand an.
Beide arbeiten zusammen in der Mission. Deutlich wird, dass es nicht einfach war, im praktischen Leben den Schritt vom Ich zum Wir zu gehen. Konflikte galt es auszuräumen. Viele Gebete und ein stilles Ringen mit Gott halfen, den Weg des Miteinander zu finden.
Und dann machten Schüsse auf das Auto und die mangelnde medizinischen Versorgung in Afrika der Zweisamkeit ein Ende. Ein Bild hat die Autorin nicht mehr losgelassen. Hier kommt das Originalzitat.

„...Mitten in diesem Chaos sah ich plötzlich ein kleines Mädchen. Es gehörte zu der Gruppe, stand aber einfach nur da und sah mich an. […] Ihre Augen brannten sich für immer in mein Herz. Dieses Kind wollte kein Teil der Zerstörung sein. Es wollte nach Hause...“

Wenige Jahre später wird Hedi mit ihrer Tochter nach Afrika zurückkehren und für Mädchen, die als Kindersoldaten missbraucht werden, eine neue Zukunft anbieten. Afrika aber wird nicht die letzte Station ihrer Lebensreise sein.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt deutlich die zwei Seiten der Mission. Einerseits fand Hedi Erfüllung in ihrer Aufgabe, andererseits ist das Leben voller Gefahren. Sie verliert in Afrika mehrere Bekannte, sei es durch Kriegsgeschehen, sei es, weil nicht rechtzeitig bei Verletzungen ein Arzt zur Stelle war. Trotzdem geht sie nach einer kurzen Zeit des Zweifelns und Kämpfens ihren geraden Weg des Glaubens.

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Veröffentlicht am 20.12.2019

Wer tötete den Skipper? Und warum?

Skippermord in Bensersiel. Ostfrieslandkrimi
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„...Den weißen Wasserturm von Langeoog konnten sie schon backbord liegend ausmachen, als Immo auf einen Pulk Möwen aufmerksam wurde, der steuerbord langsam näher kam. Eigentlich nichts Ungewöhnliches...“

Hauke ...

„...Den weißen Wasserturm von Langeoog konnten sie schon backbord liegend ausmachen, als Immo auf einen Pulk Möwen aufmerksam wurde, der steuerbord langsam näher kam. Eigentlich nichts Ungewöhnliches...“

Hauke Groot und Immo Heyen kommen von ihrem reichen Garnelenfang in der Nacht zurück. Ihre Arbeit mit all den Vor- und Nachteilen wird gut beschrieben. Als sie sich mit ihrem Boot den Möwen nähern, treffen sie auf einen Toten. Sie informieren die Polizei und bringen ihn an Land. Es handelt sich um Dr. Gunter Hagemann aus Münster, der seit kurzem Rentner ist und auf den Campingplatz einen Wohnwagen stehen hat. Schnell stellt sich heraus, dass er ermordet wurde.
Der Autor hat erneut einem fesselnden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Wieder liegen die Ermittlungen in den Händen von Bert und Nina.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Dazu trägt auch bei, dass er das Flair des Nordens widerspiegelt.
Als auf den Campingplatz weder die Frau des Toten noch der Volvo zu finden sind, schrillen bei den Kriminalisten alle Alarmglocken. Genau zwei Szenarien sind nun möglich.
Gut dargestellt wird die professionelle Fallbesprechung des Teams um Bert. Es herrscht eine angenehme Arbeitsatmosphäre. Ein Kollege, der gern mit ins Team möchte, sieht das so:

„...Vor allem der Teamgeist, der hier herrscht, und die Fairness, mit der auch der einfache Polizeimeister behandelt wird, das motiviert. Das habe ich nicht überall während meiner Ausbildung so kennengelernt...“

An passenden Stellen gibt es kurze Rückblicke auf zurückliegende Fälle. Die wecken das Interesse, ohne zu viel zu verraten.
Ab und an schwingt ein unterschwelliger Humor mit. Einer der Befragten reagiert beim Anblick der Polizei zum Beispiel so:

„...Bin ich schon wieder zu schnell gefahren? Da schickt ihr mir doch sonst immer ein Passfoto per Post, obwohl ich die noch nie bestellt hab...“

Nach und nach wird klar, dass der Fall nicht nur sehr viel verworrener ist als zu erwarten war, sondern der Mord auch akribisch vorbereitet wurde. Bert formuliert dazu:

„...Das Ganze spricht für einen hohen Grad an Professionalität des Mörders. Der scheint genau zu wissen, was er tut, wie er es tut und was er will...“

Schwierig wird die Sache außerdem, weil weit und breit keinerlei Motiv zu erkennen ist. Und diejenigen, die ein Motiv hätten, fallen schnell durchs Raster.
Interessant fand ich bei den Ermittlungen, welch vielfältige Daten sich über die Handynutzung von Provider ermitteln lassen, selbst wenn das Handy nicht zur Verfügung steht.
Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. Ich mag daran besonders, dass ich detailliert die Arbeit der Kriminalisten verfolgen kann und stets auf gleichem Wissenstand bin wie sie.

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Veröffentlicht am 19.12.2019

Spannender Blick auf das Attentat von Sarajevo

Der Attentäter
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„...Die Berta war eine hochverdiente Person. Noch dazu eine Frau. Es gelingt nur wenigen Frauen, in eurer Männerwelt zu bestehen...“

Der Roman beginnt am Montag, dem 22. Juni 1914. In Belgrad trifft Oberst ...

„...Die Berta war eine hochverdiente Person. Noch dazu eine Frau. Es gelingt nur wenigen Frauen, in eurer Männerwelt zu bestehen...“

Der Roman beginnt am Montag, dem 22. Juni 1914. In Belgrad trifft Oberst Dragutin Dimitrijevic, der Chef des serbischen Militärgeheimdienstes, dem serbischen Major Vojislav Tankosic. Beide sind Mitglieder des serbischen Geheimbundes der Schwarzen Hand. Sie debattieren darüber, ob es bei den Anschlag auf Erzherzog Franz Ferdinand bleiben soll.
In Sarajevo findet eine Zusammenkunft unter Landesherr Oskar Potiorek statt. Major Rudolf Markovic macht klar, dass er den Besuch des Thronfolgers für einen Fehler hält. Doch Potiorek will von Gefahren nichts wissen.
Der Autor hat einen spannenden historischen Roman geschrieben, der die letzten Tage bis zum Attentat an Erzherzog Franz Ferdinand nachzeichnet.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Kurze Kapitel und schnell wechselnde Handlungsorte erhöhen den Spannungsbogen. Wie immer werden die Handlungsorte vom Autor detailliert beschrieben. Über Sarajevo lese ich:

„...Ein ungewöhnliches Nebeneinander europäischer Moderne und türkischer Tradition. Sarajevo ist eine Stadt der Gegensätze und der Widersprüche....“

Auch auf das Familienleben im Hause des Thronfolgers darf ich einen Blick werfen. Sophie ist der ausgleichende und ruhende Pol in der Beziehung. Franz Ferdinand ist kein einfacher Charakter. Geht es nicht nach seinem Kopf kommt schnell sein cholerisches Temperament durch. Das gilt insbesondere für sein öffentliches Auftreten. Im Familienkreis wirkt er gelassener.
Sophie ist verwandt mit Berta Suttner. Als die Nachricht ihres Todes verkündet wird, kommt es zwischen den Eheleuten zu einem Dialog, der zeigt, dass Sophie ihren eigenen Kopf zum Denken nutzt und durchaus in politischen Fragen anderer Meinung sein kann als ihr Gatte. Das Eingangszitat stammt aus diesem Gespräch.
Vielschichtig ist ebenfalls das Bild, dass sich von den Attentätern ergibt. Sie träumen davon, ihrem Vaterland einen großen Dienst zu erweisen und als Helden verehrt zu werden. Nationalistische Parolen zeigen bei ihnen Wirkung. Trotzdem unterscheiden sie sich nicht nur in Bildung und Herkunft, sondern auch in ihrem Umgang mit dem Auftrag. Während Trifko schnell die Kontrolle verliert und Nedeljko Kollateralschäden billigend in Kauf nimmt, glaubt Gavrilo an einen gezielten Schuss. Mit jedem Tag nehmen die Spannungen, aber auch die Fragen zu. Gegenüber ihren Vorgesetzten wird Trifko deutlich:

„...Warum überlässt du uns die Drecksarbeit? Wir sollen krepieren, und du lebst dein glückliches Scheißleben weiter?...“

Immer mal wieder steht die Aktion auf Messers Schneide. Auf der politischen Bühne dagegen tut Markovic alles, um die Attentäter rechtzeitig zu erwischen. Währenddessen glaubt Potiorek an keine Bedrohung. Er erwartet nur jubelnde Menschen, die die Fahrt des Erzherzogs und seiner Frau begleiten. Das folgende Zitat passt perfekt.

„...Dafür ist er eben Feldzeugmeister. Du weißt doch, Rang verpflichtet. Je höher der Dienstgrad, umso dümmer der Mann...“

Allerdings will auch Franz Ferdinand nichts von zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wissen. Er ist Offizier und Gefahren gewöhnt. Ab und an fragt er sich aber, ob es richtig war, Sophie mit auf die Reise zu nehmen.
Letztendlich haben Selbstüberschätzung und Inkompetenz zur Katastrophe geführt. Sie wäre zu verhindern gewesen. Zurück blieben drei Kinder, die ohne ihre Eltern aufwachsen mussten.
Eine Karte von Sarajevo, ein Glossar, ein Personenverzeichnis und ausführliche Anmerkungen des Autors, die Fiktion und Realität trennen, ergänzen den Roman.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es macht deutlich, dass das Attentat der Funke war, auf den manch einer nur gewartet hat, um den Krieg anzuzetteln. Ausgerechnet Franz Ferdinand aber hat vor einem Krieg mit Serbien gewarnt. Er sah die Entwicklung realistisch.

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Veröffentlicht am 17.12.2019

klasse Kinderbuch

Toto. Auf vier Pfoten zum Zauberer von Oz
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„...“Es ist wirklich herrlich hier“, sagte Dorothy. „Aber zu Hause ist zu Hause, und zu Hause ist es einfach am schönsten...“


Klein – Toto ist einer von sieben Welpen. Er ist zwar der Kleinste, aber ...

„...“Es ist wirklich herrlich hier“, sagte Dorothy. „Aber zu Hause ist zu Hause, und zu Hause ist es einfach am schönsten...“


Klein – Toto ist einer von sieben Welpen. Er ist zwar der Kleinste, aber er hört besonders gut zu, wenn Papa Toto sein spannendstes Abenteuer erzählt. Und diese Geschichte gibt Klein-Toto nun wieder.

Toto ist der Hund von Dorothy. Die lebt in Kansas. Es war ein heftiger Sturm, der sie aus der Heimat katapultierte und sie letztendlich zum Zauberer von Oz führte.

Der Autor greift das Geschehen aus einem bekannten Kinderbuch auf und erzählt sie aus völlig neuer Perspektive.

Das Buch hat mich von Anfang an begeistert. Der Schriftstil ist kindgerecht. Auffallend sind die typischen Wiederholungen, die Totos Geschichte schmücken. Eines davon ist:


„...Doch um ehrlich zu sein: Das Erschreckendste an mir ist vermutlich meine kalte, kalte, Schnauze...“


Dazu gehört auch das Eingangszitat, das sich in verschiedenen Variationen im Buch wiederfindet. Es drückt Dorothys Heimweh aus. Dabei gleicht das Land der Munchkins fast einem Paradies:


„...Wohin man schaute, sah man grüne Wiesen voller wilder und herrlich bunter Blumen und hoher Bäume, an denen köstliche Früchte wuchsen, mit Blättern in allen Farben des Regenbogens...“


Die Munchkin schicken Dorothy zum Zauberer von Oz, weil nur der ihr den Weg zurück nach Hause zeigen kann. Auf den Weg dorthin müssen Dorothy und Toto viele Abenteuer bestehen. Sie finden außerdem drei Begleiter, die mit eigenen Wünschen vor den Zauberer treten wollen. Zusammen überwinden sie fast alle Schwierigkeiten. Jeder bringt sich auf seine besondere Art ein. Außerdem finden sie in kritischen Situationen weitere Helfer.

Als etwas Besonders empfinde ich auch die Worte Totos, die er zu Beginn jedes Kapitels an seine Zuhörer richtet. Die wecken Interesse und bauen Spannung auf. Das klingt zum Beispiel so.


„...Ich fürchte fast, meine lieben Kleinen, dass die Dinge oft erst schlimmer werden, bevor sich wieder alles zum Guten wendet – ihr werdet gleich verstehen, wie ich es meine...“


Jede Etappe der Reise darf ich als Leser begleiten. Dabei lerne ich Land und Leute kennen.

Hervorzuheben sind außerdem die farbigen und aussagekräftigen Illustrationen. Sie lassen ein Bild der Geschichte entstehen und verdeutlichen, von wem jeweils die Rede ist. Häufig sind zarte Blumenbilder am unteren Rand zu sehen. Der Text wird ab und an durch stilisierte Bilder von Toto unterbrochen.

Jedes Kapitel beginnt mit einem doppelseitigen Bild, bei dem links eine aussagekräftige Überschrift und die ersten ein oder zwei Abschnitte des Textes integriert werden.

Die letzten Worte des Buches gehören wieder Klein-Toto.

Das farbenfrohe und glitzernde Cover ist ein Hingucker.

Das Kinderbuch gehört für mich in dem Genre zu meinem Buch des Jahres. Ein Zitat soll meine Rezension abschließen:


„...Verstand allein macht nicht glücklich, wenn man kein Herz hat. Und glücklich zu sein ist das Wichtigste und Schönste auf der Welt...“

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Veröffentlicht am 15.12.2019

Eine besondere Weihnachtsgeschichte

Tanz mit mir, Aurelia
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„...Der Glaube lehrt Freundlichkeit, nicht Unhöflichkeit und Brutalität, er verlangt nicht, dass man andere vor den Kopf stößt...“

Wir schreiben das Jahr 1647 in London. Oliver Cromwell hat die Macht ...

„...Der Glaube lehrt Freundlichkeit, nicht Unhöflichkeit und Brutalität, er verlangt nicht, dass man andere vor den Kopf stößt...“

Wir schreiben das Jahr 1647 in London. Oliver Cromwell hat die Macht übernommen. Plötzlich ist das Land gespalten. Auf der einen Seite stehen diejenige, die dem König nahe standen, auf der anderen die Anhänger der neuen Regierung. Das aber ist nur die eine Seite. Den Vertretern der bisherigen Religion stehen die Puritaner gegenüber. Selbst Weihnachten haben sie verboten.
John ist Wasserträger. Als er mit dem Wasser ins Haus des Graveurs kommt, trifft er dort auf Aurelia, die Tochter des Hauses.
Der Autor hat eine berührende Liebesgeschichte geschrieben. Die Personen werden gut charakterisiert. John wächst bei Onkel und Tante auf, nachdem sein Vater ins Gefängnis kam. Da er für das Handwerk des Onkels wenig Geschick zeigte, hat er sich eine neue Arbeit gesucht. Er ist mit den puritanischen Idealen aufgewachsen.
Aurelia ist eine selbstbewusste und wissbegierige junge Dame. Sie möchte mehr als nur die Frau an der Seite eines Mannes sein. Das passt ihrer Mutter gar nicht. Doch der Wohlstand der Familie beginnt zu bröckeln. Unter der neuen Regierung bekommt der Vater keine Aufträge mehr. Wappen und Siegel sind nicht mehr gefragt. Aurelia mag Musik und Tanz. Sie sagt über sich:

„...Ich soll die Rolle der braven Bürgerstochter spielen, die Bühne betreten, mein Verslein aufsagen, heiraten und der Familie keine Schande bereiten. Aber es war die falsche Rolle für sie...“

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist sehr behutsam und fein ausgearbeitet. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht beider Protagonisten erzählt. Dadurch erhalte ich einen Einblick in deren Gedankenwelt. Gleichzeitig werden die Zeitverhältnisse aus unterschiedlichen Blickwinkel beleuchtet. Während John die dunklen Seiten des Lebens kennengelernt hat, ist Aurelia behütet aufgewachsen. Trotzdem kommt sie, im Gegensatz zu ihrer Mutter, erstaunlich gut mit den neuen Verhältnissen zurecht. Sie hat Mut.
Sehr behutsam gehen Aurelia und John aufeinander zu. Beide Familien beäugen das geschehen mehr als argwöhnisch.
Zu den Höhepunkten des Buches gehören für mich die Glaubensgespräche, die in die Tiefe gehen. Während sich John und Aurelia dabei das Für und Wider abwägen und erkennen, dass es kein Entweder - Oder gibt, sondern das beide Richtungen positive Aspekte haben, die verbinden könnten, tun sich die anderen damit schwerer.
Wegen der Ernsthaftigkeit der Puritaner macht sich Aurelia den folgenden Gedanken:

„...Wenn Gott der Schöpfer dieser Welt ist, gibt es nichts, was mit größerem Ernst behandelt werden müsste...“

Besonders bewegt hat mich das Gespräch von John mit seinem Onkel Nehemia. Es ist ein Sieg der Liebe. Nicht Worte sind das Entscheidende, es sind die Taten.
Die Aufmachung des Buches ist hochwertig. Das zeigt zum einen das in zarten Blau und Weiß gestaltete Cover, zum anderen die feinen Schwarz-Weiß-Zeichungen beim Wechsel der Protagonisten. Über dem Namen ist eine Blüte dargestellt, auf der linken Seite bei John ein Buch, bei Aurelia ein Zopf.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ein Zitat vom Schluss des Buches soll meine Rezension abschließen:

„...Warum war er als ein Kind geboren worden, warum nicht als Erwachsener, als starker Held gekommen? Ein liebender Gott war er, der sich schwach machte für seine Geschöpfe, um nicht mit Gewalt ihren Willen zu brechen...“

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