Tolles Setting, aber vorhersehbar
Die JägerinIch hatte das Buch angefordert, weil ich mir Spannung erhoffte, eine selbstbewusste Frau, die mit List an ihr Ziel kommt, die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Elegant sind im Buch vor allem die Klamotten, ...
Ich hatte das Buch angefordert, weil ich mir Spannung erhoffte, eine selbstbewusste Frau, die mit List an ihr Ziel kommt, die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Elegant sind im Buch vor allem die Klamotten, wirklich spannend, wie ich es von einem Krimi erwarte, ist der Text nicht. Dafür überzeugt das Setting.
Im Englischen heißt das Buch "War Widow", was nicht nur ein gutes Wortspiel ist, sondern auch auf eines der Hauptthemen verweist. "Die Jägerin" verheißt Spannung, die nicht da ist.
Rezi enthält Spoiler!
Worum geht es?
Billie Walker war im Zweiten Weltkrieg Reporterin in Europa und hat ihren Mann verloren. Im Jahre 1946 hat sie die Detektei ihres toten Vaters übernommen und hält sich mit Scheidungsfällen über Wasser. Als Nettie Brown ihren Sohn vermisst, sieht alles nach einem klaren Fall aus. Doch bald häufen sich die Zufälle und auch Billie bleibt nicht verschont.
Der Text wird dabei meist aus Billies Sicht erzählt, einige Szene auch aus der Perspektive des vermissten jungen Mannes.
Schwerpunkte
Sydney: Das Buch spielt in Australien, das ich bisher nicht mit dem Krieg in Verbindung brachte. Es zeigt, wie sich die Stadt verändert hat und dass der Reichtum der Oberschicht schwindet, dass alles nur Schein ist. Gleichzeitig befinden wir uns am Beginn einer wirtschaftlichen Krise. Hinzu kommt, dass die Stadt überflutet ist von Kriegsheimkehrern, die körperlich und seelisch verletzt sind und nun ihren Platz suchen. Von Frauen wird erwartet, dass sie die Jobs, die sie während des Krieges von den Männern übernommen haben, aufgeben und "zurück an den Herd" kehren. Außerdem hat sich die Medizin im Laufe der Jahre weiterentwickelt - Soldaten können besser behandelt werden als zehn Jahre zuvor. Ich finde den Handlungsort und die Zeit sehr interessant, denke aber, dass Leute, die damit vertraut sind, nicht soviel Neues lernen.
Frauen: Billie ist keine Ermittlerin, die eine männliche Rolle übernimmt, sondern (feminine) Kleidung ist ihr wichtig und sie wehrt sich mit den Waffen einer Frau z.B. einer Hutnadel. Allerdings wird sehr häufig erwähnt (und nur selten gezeigt), dass sie als Frau im Beruf nicht ernst genommen wird. Das war etwas nervig. Das Thema "Liebe" spielt eine Rolle, aber es ist keine Liebesgeschichte. Das hat mir gefallen.
Aufbau und Spannung
Die Geschichte lebt von der Umgebung, wird aber gebremst von den ausführlichen Beschreibungen. Überspitzt formuliert: Bis ich herausgefunden habe, welche Farbe die Blumen auf der Tischdecke auf dem Tisch in der Mitte des Wohnzimmers der Verdächtigen haben, habe ich bereits vergessen, wer gerade spricht und was er sagt. Es fühlte sich nicht langatmig an, aber das, was auf 307 Seiten passiert, hätte man auch in 150 erzählen können.
Der Perspektivwechsel auf das Opfer gibt dem Text Spannung, und es gibt eine Verfolgungsjagd. Auf dem Höhepunkt fehlte mir jedoch das Überraschungsmoment. Es gibt noch ein Nachleuchten, aber ich habe nicht mitgelitten.
Der Täter und das Motiv sind bekannt: Ein Nazi, der in der Verwaltung eines KZ saß und den Schmuck und die Gemälde seiner Opfer nach Australien geschafft hat, wo er sich damit, und mit dem Missbrauch junger Aborigine-Mädchen, sein Leben finanziert. Für mich war das nicht spannend, das WIE wäre es gewesen.
Immerhin ist das Krimi-Noir-Feeling vorhanden.
Fazit
Für mich ist das Buch als Krimi langweilig, auch wenn ich die Umgebung mag. Das Potential für Fortsetzungen ist da, einige Fragen sind noch offen. Aber ich fand die Stimmung nicht mitreißend.