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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2021

Tolles Setting, aber vorhersehbar

Die Jägerin
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Ich hatte das Buch angefordert, weil ich mir Spannung erhoffte, eine selbstbewusste Frau, die mit List an ihr Ziel kommt, die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Elegant sind im Buch vor allem die Klamotten, ...

Ich hatte das Buch angefordert, weil ich mir Spannung erhoffte, eine selbstbewusste Frau, die mit List an ihr Ziel kommt, die Verbrecher zur Strecke zu bringen. Elegant sind im Buch vor allem die Klamotten, wirklich spannend, wie ich es von einem Krimi erwarte, ist der Text nicht. Dafür überzeugt das Setting.

Im Englischen heißt das Buch "War Widow", was nicht nur ein gutes Wortspiel ist, sondern auch auf eines der Hauptthemen verweist. "Die Jägerin" verheißt Spannung, die nicht da ist.

Rezi enthält Spoiler!

Worum geht es?

Billie Walker war im Zweiten Weltkrieg Reporterin in Europa und hat ihren Mann verloren. Im Jahre 1946 hat sie die Detektei ihres toten Vaters übernommen und hält sich mit Scheidungsfällen über Wasser. Als Nettie Brown ihren Sohn vermisst, sieht alles nach einem klaren Fall aus. Doch bald häufen sich die Zufälle und auch Billie bleibt nicht verschont.

Der Text wird dabei meist aus Billies Sicht erzählt, einige Szene auch aus der Perspektive des vermissten jungen Mannes.

Schwerpunkte

Sydney: Das Buch spielt in Australien, das ich bisher nicht mit dem Krieg in Verbindung brachte. Es zeigt, wie sich die Stadt verändert hat und dass der Reichtum der Oberschicht schwindet, dass alles nur Schein ist. Gleichzeitig befinden wir uns am Beginn einer wirtschaftlichen Krise. Hinzu kommt, dass die Stadt überflutet ist von Kriegsheimkehrern, die körperlich und seelisch verletzt sind und nun ihren Platz suchen. Von Frauen wird erwartet, dass sie die Jobs, die sie während des Krieges von den Männern übernommen haben, aufgeben und "zurück an den Herd" kehren. Außerdem hat sich die Medizin im Laufe der Jahre weiterentwickelt - Soldaten können besser behandelt werden als zehn Jahre zuvor. Ich finde den Handlungsort und die Zeit sehr interessant, denke aber, dass Leute, die damit vertraut sind, nicht soviel Neues lernen.

Frauen: Billie ist keine Ermittlerin, die eine männliche Rolle übernimmt, sondern (feminine) Kleidung ist ihr wichtig und sie wehrt sich mit den Waffen einer Frau z.B. einer Hutnadel. Allerdings wird sehr häufig erwähnt (und nur selten gezeigt), dass sie als Frau im Beruf nicht ernst genommen wird. Das war etwas nervig. Das Thema "Liebe" spielt eine Rolle, aber es ist keine Liebesgeschichte. Das hat mir gefallen.

Aufbau und Spannung

Die Geschichte lebt von der Umgebung, wird aber gebremst von den ausführlichen Beschreibungen. Überspitzt formuliert: Bis ich herausgefunden habe, welche Farbe die Blumen auf der Tischdecke auf dem Tisch in der Mitte des Wohnzimmers der Verdächtigen haben, habe ich bereits vergessen, wer gerade spricht und was er sagt. Es fühlte sich nicht langatmig an, aber das, was auf 307 Seiten passiert, hätte man auch in 150 erzählen können.

Der Perspektivwechsel auf das Opfer gibt dem Text Spannung, und es gibt eine Verfolgungsjagd. Auf dem Höhepunkt fehlte mir jedoch das Überraschungsmoment. Es gibt noch ein Nachleuchten, aber ich habe nicht mitgelitten.

Der Täter und das Motiv sind bekannt: Ein Nazi, der in der Verwaltung eines KZ saß und den Schmuck und die Gemälde seiner Opfer nach Australien geschafft hat, wo er sich damit, und mit dem Missbrauch junger Aborigine-Mädchen, sein Leben finanziert. Für mich war das nicht spannend, das WIE wäre es gewesen.

Immerhin ist das Krimi-Noir-Feeling vorhanden.


Fazit

Für mich ist das Buch als Krimi langweilig, auch wenn ich die Umgebung mag. Das Potential für Fortsetzungen ist da, einige Fragen sind noch offen. Aber ich fand die Stimmung nicht mitreißend.

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Veröffentlicht am 20.12.2020

Funktioniert als Film, nicht als Buch.

Die Dirigentin
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Für mich war das Buch zuerst nicht reizvoll, weil es nach einer typischen Heldnengeschichte einer historischen Figur klang. Letztlich wollte ich mich aber mit Musik beschäftigen und der - auch bei Männern ...

Für mich war das Buch zuerst nicht reizvoll, weil es nach einer typischen Heldnengeschichte einer historischen Figur klang. Letztlich wollte ich mich aber mit Musik beschäftigen und der - auch bei Männern - vernachlässigten Gattung der DirigentInnen. Daher habe ich es angefordert.

Worum geht es?

Die Geschichte basiert auf der Biografie Antonie Bricos, die mit neuem Namen adoptiert wurde und von ihren Eltern mit vielen Entbehrungen erzogen wird. Ihre Mutter hat narzisstische Züge und wirft Antonia später sogar aus dem Haus - einschließlich ihres zertrümmerten Klaviers. Antonias Sinn besteht darin, Klavier zu spielen, bis sie irgendwann eine Passion für das Dirigieren entwickelt - für Frauen sowohl heute als auch in den 20er Jahren ein Beruf mit vielen Hürden.

Wie hat mir das Buch gefallen?

Ich fand die ersten Seiten gut, weil ich den Schreibstil mochte - er hatte Energie, eine eigene Sprache. Doch letztlich ist das Buch weder eine Heldenreise noch eine Liebesgeschichte. Obwohl es die Reise einer Heldin zeigt und Liebe vorkommt.

Die Geschichte Antonias treibt den Text voran. Dass sich eine unterprivilegierte Frau so weit nach oben kämpft, bis sie ein Orchester dirigieren kann. Vorbei an Männern, die sie nicht unterrichten wollen, die sie sexuell belästigen. Mit Hartnäckigkeit und der Unterstützung einiger Gönner.

Aber "Antonia" hat wenig Persönlichkeit. Ich habe nicht mit ihr mitfühlen, mitleiden können, weil sie eher kühl wirkt. Sie geht pragmatisch ihren Weg. Ich denke, dass das am Schreibstil liegt - er ist im Laufe des Buches eher erzählend und wirkt trotz der Ich-Perspektive etwas distanziert.

In der Handlung verliebt sich Antonia in einen reichen Mann, der jedoch nicht akzeptieren kann, dass ihre Leidenschaft der Musik gilt.

Eine interessante Figur war "Robin" - ein typischer Manager eines Clubs, in dem Antonia spielt, der jedoch ein Geheimnis hat.

[Spoiler] Robin lebt als Mann, ist aber körperlich eine Frau. Ob er die Rolle des Mannes nur spielt, um seinen Beruf ausüben zu können, oder ob er sich als Mann fühlt, das bleibt unklar. Er leidet unter seine Weiblichkeit und das fand ich beklemmend. Wichtig ist nicht die Frage, welchem Geschlecht sich jemand zugehörig fühlt, sondern wie er sich damit fühlt. [Spoiler Ende]

Fazit

Für mich schöpft der Text sein Potential nicht aus. Die Geschichte ist interessant, aber sie ist schleppend erzählt und sie treibt den Leser nicht erzählerisch voran. Mit-Leiden kann man hier wenig. Aber man bekommt ein Bewusstsein für eine - von vielen! - Baustellen im Musikgeschäft.

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Veröffentlicht am 08.11.2020

Chronologie des Fallens

JIMI
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Ich hatten von Jimi Hendrix bisher nur gehört und wollte etwas über diesen berühmten Musiker erfahren. Daher habe ich dieses Buch angefordert. Letztlich habe ich mehr über das Musikbusiness gelernt als ...

Ich hatten von Jimi Hendrix bisher nur gehört und wollte etwas über diesen berühmten Musiker erfahren. Daher habe ich dieses Buch angefordert. Letztlich habe ich mehr über das Musikbusiness gelernt als über Jimi.

Worum geht es?

"Jimi" beleuchtet auf 350 Seiten das Leben und Sterben des berühmten Gitarristen.

Meine Meinung

Für mich war das Buch ein Kraftakt, weil es sehr, sehr langatmig ist und viele Details und vor allem Namen genannt werden. Den Anfang mit Jimis Kindheit fand ich interessant, aber besonders am Ende zieht sich die unaufhörliche Katastrophe in die Länge.

Mein Problem war vor allem der Erzählstil: Er ist nicht trocken, nicht protokollarisch - aber sehr akribisch. Und wenig wertend. Das ist gut, weil sich der Autor nicht wichtiger nimmt als seinen Gegenstand. Das nimmt dem Buch aber auch Spannung, weil man niemanden hat, der einen durch das Buch führt, der neue Aspekte, Emotionen liefert. Denn das Ende ist ja bekannt.

Außerdem ist Hendrix jemand, der sich sowohl politisch und gesellschaftlich nur wenig geäußert hat. Er war ein schüchterner Mann, der gern Musik gemacht hat und in den Mühlen des Business zerrieben wurde. Es gibt nur wenig von ihm, umso mehr ÜBER ihn.

Im Gegensatz dazu fand ich die Einblicke in die Musikwelt der 60er Jahre super. Dass Musiker ausgenutzt, instrumentalisiert wurden. Und es wird klarer, warum es auch heute noch Stars gibt, die mit Skanalen auffallen - weil Künstler-Sein kein 40-Stunden-Job ist, bei dem man abends nach Hause kommt, sondern bei dem man manchmal monatelang unterwegs ist, immer dem Druck standhalten muss. Ich habe beim Lesen Ekel vor den Strukturen entwickelt und bin jetzt ein bisschen des-ilusioniert.

Fazit

Nichtsdestotrotz stellt sich die Frage: Braucht es NOCH ein Buch über Hendrix? Ob der Text neue Fakten liefert, können Kenner besser beurteilen. Für mich war es interessant, aber ich habe kein Gefühl für Hendrix bekommen - weder für ihn als Musiker mit seinen künstlerischen Ansichten noch für ihn als Privatperson.

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Veröffentlicht am 23.02.2020

Halbguter CEO

Most Wanted CEO
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Rezi enthält Spoiler

Ich hatte das Buch gewählt, weil es um Schauspielerei geht, auch wenn sich bereits im Klappentext andeutete, dass es viele Klischees gibt. Letztlich funktioniert die Idee, den (vermeintlichen) ...

Rezi enthält Spoiler

Ich hatte das Buch gewählt, weil es um Schauspielerei geht, auch wenn sich bereits im Klappentext andeutete, dass es viele Klischees gibt. Letztlich funktioniert die Idee, den (vermeintlichen) Jäger zum Gejagten zu machen, besser, als ich gedacht habe. Ich hatte viel Spaß und freue mich, dass es im Roman eher um die Bedürfnisse der Frau geht denn um die des Mannes. Jedoch verpufft das Potential, nach der Hälfte - als die Figuren zusammen kommen. Die Flirt-Regeln, mit denen die Kapitel überschrieben sind, verkommen zum Stilmittel ohne Sinn, dazu kommen Zeitraffungen innerhalb einer Szene.

Die Charaktere sind einfach: Frau ist das hässlichen Entlein mit dem Jersey-Akzent, Mann der missverstandene Millionär mit Hang zur Wohltätigkeit. Ich finde es besonders für die männliche Figur schade, dass sie auf "das Wesentliche" reduziert wird.

Das unterstreichen einige Ähnlichkeiten zu "Shades of Grey" - Begriffe wie "köstlich", die Betonung des Animalischen und das intensive Bedürfnis, "in der Frau" zu sein. Er fühlte sich an wie Mr. Grey, aber mit erheblich kleinerem Kindheitstrauma.

Die Erotikszenen folgen guten Ansätzen - denn die Frau fordert die Akte. Genießen tut sie jedoch der Mann. Was sich auf den ersten Blick frauen-freundlich anhört, ist letztlich nur die Botschaft "Frau muss Mann glücklich machen. Dann ist auch sie glücklich" Dennoch haben sie mir gefallen, weil die Figuren schnell auf den Punkt kommen, besonders in den Dialogen.

Stilistisch bin ich wenig glücklich. Ich fand es gut, dass die Dialoge locker, aber nicht zu umgangssprachlich sind. Ich habe das gern gelesen. Leider war mir die Metaphern-Flut zuviel und ich finde die Übersetzung nicht überall gut. Ob der Dativ von "Kumpel" "Kumpeln" oder "Kumpels" ist, darüber kann man streiten. Aber "die Faust in ein Sandwich boxen", das fand ich nicht stimmig.

Amüsant war der Verweis auf die deutsche Sprache, weil nur das Deutsche soviel Oxymorone hat :)

Fazit: Der Roman ist einzigartig, wirkt aber nach der Hälfte verkrampft. Es sind einige schöne Sätze enthalten, aber letztlich wurde das Potential nicht ausgeschöpft.





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Veröffentlicht am 24.12.2019

Viele Fakten, wenig Einheit

Untrue
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"Untrue" hat mich mit seinem Thema und dem fetzigen Cover geködert und ich hoffte, dass es ein lockeres, nahbares Buch mit vielen Fakten ist. Letztlich war es ein Buch, das mich bereichert, aber insgesamt ...


"Untrue" hat mich mit seinem Thema und dem fetzigen Cover geködert und ich hoffte, dass es ein lockeres, nahbares Buch mit vielen Fakten ist. Letztlich war es ein Buch, das mich bereichert, aber insgesamt nicht glücklich gemacht hat. An das im Buch zitierte "Sex - die wahre Geschichte" kommt die Autorin nicht heran.

Meine Meinung zum Inhalt

Der englische Titel spielt sehr gut mit dem Thema - "untrue" bedeutet "unwahr"; "untreu" übersetzt man meist mit "unfaithful". Es geht weniger um die Frage, ob Untreue gut ist, sondern wie der Begriff und seine Verwendung insgesamt zu bewerten sind. Warum wird von Frauen erwartet, dass sie "treu" sind - und stimmt das? Nicht gut ist, dass sich der deutsche Titel und der Untertitel auf "Treue" beschränken, während der englische verspricht, dass es auch im Lust und Frauen (allgemein) geht. Das wird dem Buch besser gerecht.

Zuerst geht es im Buch darum, warum der Frau die Rolle zugeschrieben wird, bevor die Autorin den Sinn und Un-Sinn von "Treue" erläutert und mittels matriarchalischer Gesellschaften zeigt, dass auch Frauen manipulieren und bewusst "untreu" sein können. Leider greift sie dabei meist auf Affen zurück, was ich wenig aussagekräftig fand. Trotzdem war das ein sehr spannendes Kapitel.

Später zeigt uns die Autorin, wie wichtig Frauen auch heute noch das Ideal der "treuen" Frau ist und wie die Partner das ausnutzen. Bedrückend fand ich die Geschichte einer Frau, die ihren Mann betrügt, von ihm auf's Land gedrängt wird, damit er seiner Affäre nachgehen kann - und das später lange Zeit als ausgleichende Gerechtigkeit sieht. Ähnliches bei einem lesbischen Ehepaar, bei dem eine Frau aus der unglücklichen Beziehung in Form des Betrugs und später einer offenen Beziehung flieht - und dann zurückkehrt, weil ihre Frau das nicht möchte. Und die Schuldgefühle hat, weil sie ihrer Frau so etwas angetan hat. Ob der Betrug "gerecht" war, darüber kann man streiten, aber es hat mich sehr traurig und wütend gemacht. Als leider sehr typisches Gegenbeispiel wird eine offene Ehe am Ende genannt, bei der die Frau einen dritten Partner eingeführt hat, während der Mann mit anderen Frauen schläft - aber unter Einhaltung bestimmter Regeln. Ich fand das gut, aber die Autorin ist hier an eine Grenze gestoßen, weil sie das nicht analysiert, aufbereitet, sondern nur erzählt.

Ohnehin stört mich im Buch, dass uns die Autorin eher Fakten darlegt, als Erzählerin zu sein. Das Buch versucht an einigen Stellen brachial, Atmosphäre zu erzeugen, indem die Autorin das Aussehen und die Umgebung ihrer Gesprächspartner beschreibt - obwohl das für den Inhalt nicht relevant ist. Ich habe sie eher als Diener der Sache gesehen, denn als jemand, der aktiv daran teilnimmt, der den Leser mitnehmen will auf seine Reise. Was der Begriff "Treue" mit der Autorin zu tun hat, wusste ich nicht. Ich habe keine Bindung zu ihr aufgebaut und mir ging die Glaubwürdigkeit verloren.

Ohnehin habe ich nicht verstanden, warum das Wort "Untreue" nicht hinterfragt, sondern im ganzen Buch verwendet wird. Warum sollte jemand nicht loyal zu seinem Partner sein, wenn er mit anderen schläft? Kann man das von außen bewerten?

Ein Begriff, der für mich neu war, war "Fortpflanzungserfolg" - die Autorin erklärt das leider nicht ausführlich, sondern bindet ihn nur ein. Aber er bedeutet die Anzahl der überlebenden Nachkommen bzw. Maßnahmen, die sie erhöhen. "Untreue" kann den Fortpflanzungserfolg erhöhen, wenn sich die Frau z.B. in einer sozial schwachen Schicht befindet und offen lässt, wer der Vater des Kindes ist. Dann hat sie mehrere Männer, die sie versorgen, was von Vorteil ist.

Schuld an der Untreue ist übrigens ein alter Bekannter - die "Neolithische Revolution". In dieser Zeit wandelten sich die Menschen von umherziehenden Jägern und Sammlern zu sesshaften Ackerbauern. Die Techniken zur Bewirtschaftung verbesserten sich, bis die Erfindung des Pfluges den Wert von Mann und Frau trennte - trugen Frauen bis dahin gleichberechtigt zum Lebensunterhalt bei, konnte die schwere Arbeit des Pfluges eher von Männern durchgeführt werden, sodass die Frau am Herd stand und die Kinder versorgte. Manchmal ging dieser "Wertverlust" als Teil der Gemeinschaft bzw. "Wertsteigerung" als Objekt soweit, dass es sich manche Männer "leisten" konnten, eine "Frau am Herd" wie ein Schmuckstück zu haben. Dieser Werteverfall durch die patriachalische Gesellschaft reicht bis in die heutige Zeit.

Interessant fand ich, dass manche Frauen, besonders in weiblich organisierten Gesellschaften, weder "brav" noch "nett" sind. Ganz im Gegenteil: Sie nötigen Männer zum Akt, nutzen körperliche Nähe, um Bündnisse zu schließen.

Wie wurde das Wissen präsentiert?

Ich habe zum Erzähler keinen Zugang gefunden, konnte das Buch aber gut lesen. Mehr Erklärungen wären gut gewesen.

Es wird viel zitiert und das sehr korrekt - 512 Fußnoten gibt es, einschließlich des konkreten Wortlautes und der Stelle. Ich hätte mich gefreut, wenn man mehr davon eingebunden hätte, weil ich es, besonders bei kleiner Schrift, mühselig finde, die Fußnote auf dem Reader zu treffen.

In den seltenen Fällen, in denen mehr als eine Wortgruppe zitiert wird, ist diese mit einem Absatz abgegrenzt - in Grau. Das ist digital sehr schlecht lesbar.

Fazit

Der engliche Untertitel verspricht "Why Nearly Everything We Believe About Women, Lust, and Infidelity Is Wrong and How the New Science Can Set Us Free" - besonderes letztes habe ich nicht so empfunden. Die Autorin geht oft zurück zu den Ursprüngen, vergleicht mit Gesellschaften, die weiblich geprägt sind. Aber sie zeigt nicht, was wir in unserer (männlich) dominierten Gesellschaft ändern können, damit die Last der Untreue gleichmäßig auf beide Geschlechter verteilt wird. Warum (sexuelle) Untreue oft gleichgesetzt wird mit emotionaler Untreue. Im Nachwort relativiert die Autorin: dass das nur ein Ausschnitt aus einem sehr umfassenden Thema sei, dass ihre Forschung weitergeht usw. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich hier eher ein Klecks-Gemälde aus Fakten, vielen Zitaten anderer Forscher und einigen Geschichten habe. Aber kein stimmiges Ganzes. Immerhin habe ich einiges gelernt.

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