Faszinierende Zeitreise durch Europas Naturgeschichte
Eigentlich eine Schande, dass erst ein Australier kommen musste, um ein solches Buch zu verfassen!
Tim Flannery, geboren in Melbourne, aber großer Europa-Fan, unternimmt hier eine rasante Tour durch die ...
Eigentlich eine Schande, dass erst ein Australier kommen musste, um ein solches Buch zu verfassen!
Tim Flannery, geboren in Melbourne, aber großer Europa-Fan, unternimmt hier eine rasante Tour durch die Vergangenheit dieses Kontinents. Er beginnt vor 100 Millionen Jahren in der Kreidezeit, als das, was später unser Europa werden sollte, noch eine Ansammlung einzelner Inseln in einem tropischen Meer war. Danach folgt er dem Verlauf der Erdgeschichte über Etappen wie Paläozän, Eozän oder Miozän bis hin zu Pleistozän und Holozän, als die ersten Menschen in Europa auftauchten, und danach nichts mehr so war wie zuvor.
Im Gegensatz zu fast allen anderen Werken über Paläontologie, die sich auf die spektakulären Funde (und bezüglich Europa daher hauptsächlich auf die Grube Messel und die Mammuts) konzentrieren, widmet er sich auch und gerade „gewöhnlicheren“ oder weniger auffälligen Geschöpfen, welche aber oft die wahren Helden der Evolution waren, und zeigt dabei vorzeitliche Lebensgemeinschaften in ihrem Gesamt-Zusammenhang. Auch zwergenhafte Dinosaurier und unscheinbare Kreaturen wie Geburtshelferkröten oder Salamander werden entsprechend gewürdigt.
So entstehen lebendige Porträts der Flora und Fauna vergangener Epochen. Dabei wird immer wieder deutlich, welch wechselhaften Einflüssen Europa im Lauf der Äonen ausgesetzt war, wie sehr es von Einwanderungsbewegungen aus anderen Erdteilen geprägt wurde, wie produktiv es aber auch selbst bei der Hervorbringung neuer Arten war.
Auch der Geschichte des Menschen und den vielgestaltigen Folgen seiner Eingriffe in die Umwelt wird viel Platz eingeräumt. Wie sich dabei herausstellt war allein schon die Entstehung des modernen Menschen komplexer und hatte vor allem mehr mit Europa zu tun, als es lange der Lehrmeinung entsprach.
Ausführlich setzt sich der Autor dann mit den Problemen der Gegenwart auseinander wie Klimawandel und Artensterben. Bei manchen Aussagen und Kritikpunkten geht er allerdings für meinen Geschmack etwas zu hart mit den Europäern ins Gericht bzw stellt unrealistische Forderungen. (Erst recht, wenn man die Situation in Europa mit jener in anderen Weltgegenden vergleicht ...)
Ein paar weitere kleine Kritikpunkte möchte ich ebenfalls nicht unerwähnt lassen: Ich halte es nicht für besonders sinnvoll, ein Buch von ca 320 Seiten in sage und schreibe 44 Kapitel zu unterteilen, die dann eben meist weniger als zehn Seiten umfassen. Dadurch wird der Inhalt zu sehr zerstückelt. Außerdem ist der Text bisweilen in einer übertrieben und unnötigerweise hochgestochenen Sprache verfasst (was vielleicht auch an der Übersetzung liegen könnte) und manche Informationen oder Aussagen finden sich mehrmals, oft innerhalb weniger Seiten.
Alles in allem ist dieses Buch aber jedenfalls absolut empfehlenswert. Es bietet eine Fülle faszinierender Einblicke in Europas Vergangenheit, Gegenwart und teilweise auch Zukunft.