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Veröffentlicht am 26.12.2019

erfrischende Story und vielschichtige Charaktere

Kissing Lessons
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Kissing Lessons - Helen Hoang


Kissing Lessons
(Kiss, Love & Heart-Trilogie, Band 1)
Hörbuch
gekürzte Ausgabe
Argon Verlag
Autorin: Helen Hoang
Sprecherin: Christiane Marx
aus dem Englischen von Anita ...

Kissing Lessons - Helen Hoang


Kissing Lessons
(Kiss, Love & Heart-Trilogie, Band 1)
Hörbuch
gekürzte Ausgabe
Argon Verlag
Autorin: Helen Hoang
Sprecherin: Christiane Marx
aus dem Englischen von Anita Nirschl
2 MP3-CDs mit 8 Stunden 40 Minuten Laufzeit
erschienen am 23. Oktober 2019
ISBN 978-3839894194




Inhalt und Personen

Stella Lane ist Ökonometrikerin und erfolgreich in ihrem Job. Ihre Aufgabe ist es, wirtschaftliche Entwicklungen im Land anhand der vergangenen Realität zu prüfen und damit Unternehmen Entscheidungshilfen für größere Investitionen zu geben. Entsprechend hoch ist ihr Einkommen. Da sie selbst viel Zeit im Büro am Schreibtisch verbringt, führt sie so gut wie kein Privatleben. Das ist ihr auch nicht so wichtig, da sie Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen hat. Stella hat das Asperger-Syndrom - eine Autismus-Spektrum-Störung.





Zwei Menschen aus ihrem direkten Umfeld lassen ihr jedoch keine Ruhe. Stellas Mutter wünscht sich ein Enkelkind - und damit eine Beziehung für Stella. Und auch Stellas Kollege Phillip legt ihr nahe, doch mal auszugehen, statt sich in ihrem Büro zu verschanzen.
Stellas Erfahrungen, was zwischenmenschliche Beziehungen mit dem anderen Geschlecht angeht, sind nicht nur überschaubar, sondern auch gleichermaßen schrecklich für sie gewesen. Schuld daran sind nicht nur ihre individuellen Bedürfnisse sondern eher auch ihre ignoranten Sexualpartner. Da sie glaubt, dass ihr nur die Übung fehle, kommt ihr der Gedanke, Intimität mit anderen Menschen zu erkunden und kennenzulernen. Mit wem könnte sie also besser "üben", als mit einem Eskort? - Einem Menschen, den sie beauftragt und dafür bezahlt, ihr das Küssen beizubringen und daran möglichst auch noch Gefallen zu finden.

So lernt Stella Michael kennen.

Michael Phan arbeitet nebenbei als Eskort. Nicht, weil es ihm Freude bereitet, sondern aus familiären Gründen. Seine Familie allerdings weiß nichts von seinem lukrativen Nebenjob. Er unterstützt seine Mutter im Familienbetrieb bei Näharbeiten und sieht vor lauter Arbeit nicht, wie gut seine Werke tatsächlich sind.
Gemeinsam mit Stella begibt er sich auf eine Reise nicht nur zu ihren Empfindungen sondern auch zu seiner eigenen Gefühlswelt, die er "gut im Griff" vor sich selbst verborgen hält.



Meine Meinung

Die Geschichte beginnt klar verständlich und im Verlauf des Geschehens ist ein roter Faden durchweg erkennbar.

Der Schreibstil ist eingängig, die Wortwahl allerdings zum Teil ungewöhnlich. Ich kann mir gut vorstellen, dass es vielleicht an der Übersetzung durch Anita Nirschl liegt. Gestört hat mich das an einer Stelle, an der es heißt "... ihre Augen fliegen …". Also, wenn ich mir vorstelle, dass ihre Augen fliegen …, naja, das wäre dann wohl ein anderes Genre. Später flogen dann ihre Blicke, das war für mich schon bedeutend angenehmer.

Das Projekt, das Stella und Michael mit harmlosen Küssen beginnen, weitet sich aus auf körperliche Intimität. Der gemeinsame Sex- und spätere Beziehungsunterricht wird zudem mit erotischen Szenen transportiert. Für einen Liebesroman war das für mich eine gelungene Überraschung, damit hatte ich in der Form nicht gerechnet.
Die Szenen sind deutlich geschrieben und Stellas Wünsche klar zu verstehen.

In ihrem Beruf muss Stella eine wahre Koryphäe sein, so viel Geld, wie sie verdient. Ihre Fähigkeit, sicherlich durch das Asperger Syndrom verstärkt, beschert ihr unaufgefordert Gehaltserhöhungen und eine Beförderung. Das ist eine tolle Leistung, zumal Stella sehr zurückhaltend ist.

Michael hat mich als Person überrascht. Ich dachte, er wäre europäischer Herkunft. - Doch man sollte nie von sich auf andere schließen, nicht wahr? Tatsächlich ist er vietnamesisch-amerikanischer Herkunft. Und auch sonst ist er ein Mann, der gefestigt erscheint, doch immer wieder für eine Überraschung gut ist. Ein sehr vielfältiger Charakter neben Stella.


Angetan von der Geschichte um Stella und Michael, habe ich mich weiter informiert.

Das Asperger Syndrom hat mich beispielsweise sehr beschäftigt. Es ist eine Variante des Autismus, eine sogenannte Autismus-Spektrum-Störung.
Obwohl sie weder eine Intelligenzminderung noch eine Entwicklungsverzögerung innehat, wird das Asperger Syndrom als psychische Störung eingestuft und gilt medizinisch als Krankheit.
Menschen mit Asperger Syndrom haben oft Schwierigkeiten bei sozialen Interaktionen, der Kommunikation und der Reizverarbeitung. Dafür besitzen sie meist ausgeprägte außergewöhnliche Interessen.
Es gibt beim Asperger Syndrom verschiedene Stufen. Menschen mit Asperger Syndrom können durchaus normal leben und die Störung nicht festgestellt sein. Sie gelten vielleicht als besonders Schüchtern oder besitzen ein kleines "Professor Syndrom".

Die derzeit wohl bekannteste Person mit Asperger Syndrom ist Greta Thunberg. Ihren Einsatz in der Klimapolitik können wir in den Sozialen Medien beinahe täglich verfolgen.

Weiter hat mich beschäftigt, wie Helen Hoang zu dieser Geschichte kam. Wieso beschäftigt sie sich mit dem Asperger Syndrom und woher weiß sie so viel über die Auswirkungen - gerade wenn es um individuelle Bedürfnisse und körperliche Intimitäten geht?

Das sind ja nicht gerade Fragen, die man jemandem beim Nachmittagskaffee stellt.

Helen Hoang ist 1982 geboren. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und einen Fisch als Haustier. Helen Hoang bevorzugt romantische Geschichten mit Happy-End. Für ihr neues Buchprojekt hat sie sich eine "gender-swapped" Geschichte á la "Pretty Woman" vorgestellt. Klingt interessant: Pretty Woman mit vertauschten Geschlechtern.

Anfangs ist Helen Hoang das meiner Meinung auch sehr gut gelungen. Die vertonte Umsetzung durch Christiane Marx ließ mich allerdings oft an Ana Steele aus Fifty Shades of Grey denken. Stella ist wie Ana in der Liebe nicht gerade erfahren und wirkt dadurch umso schüchterner. Wie Ana gerät Stella an einen äußerst attraktiven und selbstbewussten Mann. Das war es dann auch schon an Gemeinsamkeiten - doch die Parallelen, erst einmal entdeckt - ließen mich während der Geschichte nicht mehr los.

Christiane Marx hat mit dem Klang ihrer Stimme die Geschichte eindrucksvoll erzählt und wiedergegeben, wie sie das Geschehen empfindet. Ich bin mir nicht sicher, ob ich beim puren Lesen der Geschichte das Geschehen anders empfunden hätte. Es bleibt eine Herausforderung für mich, zu einem späteren Zeitpunkt einmal das Buch zu lesen. Die schüchterne Zurückhaltung von Stella hat Christiane Marx sehr überzeugend dargestellt.

Helen Hoang hat viel über Autismus recherchiert. Ihre Tochter hat eine Autismus-Spektrum-Störung, worin das ausgeprägte Interesse an dem Thema begründet ist. Während ihrer Recherchen musste Helen Hoang feststellen, dass sie selbst auch einer Autismus-Spektrum-Störung unterliegt. Durch die Recherche und die eigene, doppelte, Nähe zum Autismus war die Basis für ihr neues Buchprojekt geboren.

Das Buch Kissing Lessons erreichte innerhalb kürzester Zeit die vierte! Auflage. Die Film, TV und andere Medien-Rechte sind bereits verkauft. Ich bin gespannt, wie es mit der Reihe weitergeht, denn Kissing Lessons ist der Auftakt einer Trilogie.

Wir dürfen uns sicher auf ein Wiedersehen mit Stella und Michael freuen und hoffentlich die Nebencharaktere Quan Diep, Michaels vertrautestem Freund, und Khai, dem autistischen Cousin von Michael, näher kennenlernen.


Fazit

Kissing Lessons hat eine für mich bewegende Hintergrundgeschichte. Sie ist erfrischend, eindrucksvoll erzählt und lässt mich neugierig zurück. Ich würde sehr gern das Original von Helen Hoang lesen, da ich meine, dass durch die Übersetzung ins Deutsche durch Anita Nirschl als auch durch die Interpretation der Hörbuchsprecherin Christiane Marx mein persönlicher Freiraum des eigenen Kennenlernens der Geschichte und der Charaktere verloren gegangen ist.
Für den Hörgenuss der Geschichte an sich gibt es da ein keinen Abbruch. Mein Interesse an den Charakteren und zu den Hintergründen hat Helen Hoang mit ihrer Geschichte geweckt.

Wer an Abwandlungen der Geschichten Pretty Woman und Grundzügen des Charakters der Ana Steele aus Fifty Shades of Grey interessiert ist, ist mit Kissing Lessons in der deutschen Hörbuch-Fassung gut beraten. Allen, die jetzt neugierig geworden sind, wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre oder dem Hörgenuss.

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Veröffentlicht am 14.05.2023

Eine Geschichte über Freundschaft und die Suche nach der eigenen Identität

Roxy
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Roxy handelt von der Freundschaft zwischen Roy und Marc. Roy und Marc lernen sich während der Schulzeit kennen und könnten verschiedener nicht sein. Während Roy - der eigentlich Robert, nach seines Vaters ...

Roxy handelt von der Freundschaft zwischen Roy und Marc. Roy und Marc lernen sich während der Schulzeit kennen und könnten verschiedener nicht sein. Während Roy - der eigentlich Robert, nach seines Vaters Vater heißt - sich alles nimmt, was ihm das Leben bietet, weil er es von Haus aus gar nicht anders gewohnt ist, versucht Marc immer ausgleichend nach allen Seiten zu wirken und sucht gleichzeitig nach dem Sinn seines Lebens.



"Muss man sein Leben lang der sein, als der man geboren wurde? Wieviel Freiheit besitzen wir überhaupt, uns weiterzuentwickeln? Wer legt das eigentlich alles fest, wer man ist?" - Section 97



Diese Fragen gehen Marc oft durch den Kopf, während er versucht, sein Leben so gut es geht zu gestalten. Ich lerne Marc zu einem Zeitpunkt kennen, an dem er selbst in der Mitte seines Lebens ist. Gerade befindet er sich auf dem Weg nach München - zur Beerdigung seines Freundes Roy. Die beiden hatten wenig Kontakt in den vergangenen Jahren, während sie die ersten Jahre ihrer Freundschaft sehr eng und beinahe tagtäglich gemeinsam verbracht haben.

Mit der Berufswahl und den ersten intensiven Gefühlen von Marc zu Carolin sehen sich Roy und Marc kaum noch. In gedanklichen Rückblenden auf der Fahrt nach München lerne ich mehr über die Vergangenheit der ungleichen Freunde kennen. Die verhaltenen Annäherungen von Marc zu Carolin. Die ungestüme Art von Roy. Und das Zusammenwirken der Beiden auf ihre Außenwelt. Mal ist es für mich spannend zu verfolgen. Mal plätschert die Geschichte etwas dahin. Am intensivsten ist für mich die Zurückhaltung von Marc spürbar. Und genauso ungewöhnlich ist bei all der Zurückhaltung auch sein Berufswunsch für mich: Marc möchte Schauspieler werden. Ich stelle mir die Frage, ob es rein der Wunsch ist, gesehen zu werden.



"Mir hat es vielleicht immer zu gut gefallen, angeguckt zu werden. Das haben die bei mir aber immer gleich gesehen und gesagt: "Sei doch mal existenzieller!", er lachte. Das Wort musste ich nachschlagen. Ich hatte keine Ahnung, was die meinten. Irgendwann habe ich zu ahnen begonnen, dass es darum gehen könnte, dass man, um angeguckt zu werden nicht unbedingt etwas machen muss. Also, nichts hinzutun muss. Dass man selbst genug ist. Das wusste ich nämlich nicht. Ich dachte immer, wenn man nix macht, ist da auch nix." - Section 117



Der Erzählstil hat mir sehr gefallen. Johann von Bülow erzählt die Geschichte in einem ruhigen Ton. Manchmal wirkt die Erzählung etwas verworren, wenn Episoden aus den Jugend- oder jungen Erwachsenenjahren erzählt werden. Ich finde jedoch immer schnell ins Geschehen.

Was mich ebenfalls etwas erstaunt hatte, war der Bezug zum Titel. Nach etwa der Hälfte wurde mir als Leser erzählt, was es mit dem Roxy auf sich hatte. Das ist bei einem Hörbuch von rund 10 Stunden nach meinem Geschmack etwas spät, aber verschmerzbar. Nur wunderte ich mich bis dahin, was es denn mit Roxy auf sich hatte und wann sie oder er in Erscheinung treten würde.



Johann von Bülow hat für mich mit seiner Erzählung um Freundschaft, Angst, Mut und dem Wunsch mehr zu sein, als man ist, genau die richtige Geschichte, wenn es um das Zusammentreffen von Menschen geht. Jedes Gefühl, jedes Hoffen, jedes Bangen ist spürbar - ganz genauso wie die Ausgelassenheit und der Nervenkitzel der Protagonisten in jungen Jahren. Mir hat es viel Spaß gemacht, die Freunde zu begleiten und ihre jeweilige Entwicklung zu verfolgen.



"Und seine Angst, abgelehnt zu werden. Über die Frage, ob es vorbestimmt ist, wer man sein muss im Leben. Oder ob man da eine Wahl hat. Wieviel man selber mitzureden hat, bei solchen Fragen." - Section 163



Fazit
Roxy ist für alle, die sich schon mal Gedanken über die Vorherbestimmug des eigenen Lebensverlaufs gemacht haben und anhand der fiktiven Geschichte von Roy und Marc erleben wollen, was es bringt, wenn man auf die richtige Gelegenheit wartet.

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Veröffentlicht am 27.03.2023

Lebendig und bildhaft geschriebenes Sachbuch

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?
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Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten ist ein lebendig und bildhaft geschriebenes Sachbuch. Darin steht nichts, was ich nicht selbst in den letzten Monaten erlebt habe. Die Welt geht unter, ...

Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten ist ein lebendig und bildhaft geschriebenes Sachbuch. Darin steht nichts, was ich nicht selbst in den letzten Monaten erlebt habe. Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten ist eine schöne Zusammenfassung der erlebten Arbeitswelt - aus ArbeitnehmerInnen-Sicht.


Wenn ich jemanden das Buch oder Hörbuch empfehlen würde, dann wären es auf jeden Fall die Arbeitgeber, die Wirtschaftsbosse dieser Zeit, den politisch Tätigen - die Gewerkschaftler wissen es ohnehin und die Arbeiter und Arbeitnehmerinnen spüren die Auswirkungen am eigenen Leib und Geldbeutel.

The Great Resignation - das große Kündigen ist das Hauptthema in diesem mit der Arbeitswelt befassten Sachbuch. Und gerade deshalb würde ich jedem Vorgesetzten, jedem Arbeitgeber empfehlen: Bitte rechnen Sie sich einmal selbst aus, wie gut Sie mit dem geringst bezahlten Vollzeitlohn heutzutage über die Runden kommen würden. Und zwar auch dann, wenn Sie alleine leben oder ein Kind zu verpflegen haben, in einem Wohnumfeld leben, dass manchmal ein wenig zweifelhaft, laut oder unsauber ist, Sie für den Weg zur Arbeit Aufwendungen haben, sich und Ihr Kind vielleicht zumindest haftpflichtversichern möchten, gesundes und nahrhaftes und abwechslungsreiches Essen haben möchten, und dann vielleicht noch ein Hobby unterhalten und einmal im Jahr eine Woche in den Urlaub reisen möchten. Können Sie sich das alles leisten? - Die meisten würden wahrscheinlich den Kopf schütteln und sich fragen: wofür gehe ich eigentlich arbeiten? Entweder "Muckibude" oder Urlaub oder versichert sein? Und im Januar kann ich den Zeitraum vom 1. zum 2. Januar finanziell nicht überstehen. - Das sagt das Buch Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten zwar nicht im Klartext - aber genau das wäre der Ansatz, um den sich unser Land erst einmal kümmern muss. Nämlich, dass der Geringverdiener sich ein normales Leben leisten kann. Wir sind schließlich ein reiches Land.

Genau das wünsche ich mir von meiner Umwelt.

Wie das Arbeitsleben in Angestelltenkreisen abläuft und wie man sich das in Arbeiterkreisen vorstellt - genau davon handelt Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten. Daneben wird das Gefühl der Machtlosigkeit und der inneren Kündigung thematisiert. Alles wichtige Aspekte, die unbedingt beachtet werden müssen.

Sara Weber hat das Buch selbst eingelesen. Ihre Stimme ist klar verständlich und ich finde es toll, dass sie ihrem Werk ihre eigene Stimme gegeben hat. Sara Weber kann beim Aufklären der Sachverhalte während des Schreibens, des Lesens, nicht aus ihrer Haut und wird auch mal emotional. Die Emotionalität hat mir gutgetan. Allerdings fand ich den Aufhänger minimal zu persönlich. Denn auch ich möchte mal gefragt werden: "Wie nah gehen dir als Frau die Nachrichten über die Greueltaten gerade?" Das ist keine Frage, die ich hautfarben- oder herkunftsabhängig prüfen würde, sondern menschlich. Liebe Sara, wenn du das hier liest: auch mir gehen diese Schicksale nahe. Ganz hautfarben- und herkunftsunabhängig.



Fazit
Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten ist für alle, die den derzeitigen Arbeitsmarkt als Arbeitnehmerin oder Arbeiter erleben eine gute Zusammenfassung und für Arbeitgeber eine Pflichtlektüre. Die Politik ist zum Teil schon auf einem guten Weg - doch mitziehen oder besser vorlegen muss die Wirtschaft.

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Veröffentlicht am 05.11.2022

Dystopische und real anmutende Geschichte

Auf See
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Auf See erzählt die dystopische Geschichte von Yada. Yada ist zu Beginn der Geschichte 17 Jahre alt. Sie wächst als Halbwaise bei ihrem Vater auf Seestatt auf. Die Welt, wie sie einst war, gibt es nicht ...

Auf See erzählt die dystopische Geschichte von Yada. Yada ist zu Beginn der Geschichte 17 Jahre alt. Sie wächst als Halbwaise bei ihrem Vater auf Seestatt auf. Die Welt, wie sie einst war, gibt es nicht mehr und so findet Yadas Leben auf See statt. Dort entzieht sich ihr Vater und alle, die ihm folgen wollen, dem Rechtsstaat unter dem Deckmantel des Helfenwollens.









Die Geschichte wird in sich abwechselnden Abschnitten erzählt, die mal aus Yadas Sicht erzählt werden, mal aus Helenas Sicht.

Helena ist eine junge Frau, die in der "kaputten" Welt lebt. Sie lebt und wirkt in Berlin und verdient ihren Lebensunterhalt mit ihren künstlerischen Darstellungen im Internet. Ihre Beiträge erlangen hohe Klickzahlen. Doch verantwortlich geht sie mit diesem Wissen und ihren folgenden Beiträgen nicht um. Während die Gemeinschaft sie als Sektenführerin ansieht, setzt sich Helena mit Themen auseinander, die sie beschäftigen. Ohne, dass sie sich der Wirkung ihrer Worte bewusst ist, gehen die Informationen an ihre Gefolgschaft heraus - und sorgen damit für jede Menge Trubel.

Neben den beiden Erzählsträngen von Yada und Helena erfahre ich immer wieder Wissenswertes aus sogenannten Archiveinträgen.

Theresia Enzensberger erzählt die Geschichte von Yada und Helena sehr direkt, ja schonungslos. Unter Verwendung zahlreicher bildungssprachlicher Begriffe werden mir die Inhalte anfangs quasi um die Ohren gehauen. Zunächst wusste ich gar nicht, wo mir der Kopf steht. Im Laufe der Geschichte spielt sich die Erzählart ein und wird etwas lockerer, so dass ich der dystopischen Reise und den Gedanken um den Fortschritt gut folgen konnte.

Es war eine Art Faszination des Unbekannten, Ungewissen, die mich an die Geschichte gefesselt hat. Ist so eine Art zu leben tatsächlich möglich? In kleineren Varianten finden wir immer mal wieder Zusammenschlüsse von Menschen, die auf kleinem Raum miteinander klarkommen müssen und voneinander abhängig sind. Diese Art der Sonderwirtschaftsform auf See hat mich gleichermaßen fasziniert wie abgeschreckt.

Theresia Enzensberger hat es sich nicht nehmen lassen, ihren Roman selbst einzulesen. Anfangs verschlug es mir regelrecht den Atem. Mit einer Stimme so rau und kühl wie die See erfahre ich die ersten Eindrücke von Yada. Eine monoton wirkende Distanziertheit macht es mir leicht, Yadas Ausführungen und ihre Eindrücke zu erfahren, ohne dass sie mir dabei zu nahe kommt. Tatsächlich empfinde ich die Erzählart schon nach kurzer Zeit für die Geschichte als angenehm.

Dennoch bleibe ich nach dem Roman mit gemischten Gefühlen zurück. Die Dystopie klingt einfach zu real und zu nah.



Fazit
Auf See ist für alle, die an dystopischen und dennoch real anmutenden Geschichten Geschmack haben.

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Veröffentlicht am 10.08.2021

Magische Agentengeschichte mit fluchenden Feen und derbem Humor

Tinte & Siegel
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In Tinte & Siegel - Die Chronik des Siegelmagiers 1 lerne ich Aloysius MacBharrais kennen. MacBharrais ist Siegelmacher - und ein ziemlich guter noch dazu. Einzig verstörend ist, dass sein Lehrling noch ...

In Tinte & Siegel - Die Chronik des Siegelmagiers 1 lerne ich Aloysius MacBharrais kennen. MacBharrais ist Siegelmacher - und ein ziemlich guter noch dazu. Einzig verstörend ist, dass sein Lehrling noch während der Ausbildung verstirbt. Erstickt! Ausgerechnet an einer Rosine. Wo diese doch als "verderbenbringende Perversionen" gelten.









MacBharrais - der auch gern nur einfach Al genannt wird - steht schnell im Fokus der polizeilichen Ermittlungen. Das ist sehr unangenehm, da ja nicht alle Welt wissen muss, dass er ein begabter Siegelmagier ist. Gut, dass seine Mitarbeiterin Nadia ihm den Rücken freihält.

Nadia hat eine herzerfrischende, direkte Art. Dies wird durch ihren Kleidungsstil und ihre Ausdrucksweise gut zur Geltung gebracht.



"Dazu gehörten ein Lippenstift mit dem fröhlichen Markennamen Vaters Asche und ein Nagellack, der Satans Schwärzestes Loch hieß, wie sie mir glaubhaft versichert hatte." - Seite 23



MacBharrais konnte ich anfangs eher weniger greifen. Mal hieß Herr MacBharrais, mal Al, mal Aloysius. Auf Anhieb gefiel mir seine jugendliche Auftrittsweise - und das, obwohl er selbst Schüler ausgebildet hat. Als es später hieß, er wäre 60 Jahre alt und weißhaarig stellte das für mich ganz schön das bisher Erlebte auf den Kopf. Ich hatte ihn eher so auf 40 geschätzt.

Der Schreibstil ist eher ungewöhnlich, was aber auch an der Übersetzung und der Wortwahl liegen mag. Daher ist es ganz praktisch, dass die Sätze meist einen erklärenden Charakter haben.



"Ich schrieb meine Erwiderung. [Mein beknackter Scheiß sorgt dafür, dass sich die Leute weiter über Wirtschaft und Politik den Kopf zerbrechen statt über die Möglichkeit, irgendwelche Trolle könnten ihre Kinder zum Frühstück verspeisen, deswegen sollten wir das nicht auf die leichte Schulter nehmen.] "In Ordnung, ich mach die Schulter schwer."" - Seite 33


Die Ausdrucksweise ist zudem eher etwas unflätig, was nicht ganz so mein Stil ist. Zu den Charakteren und ihren Umgang miteinander ist es stimmig, so dass ich mich damit schnell arrangieren konnte.

Etwas ausgebremst fühlte ich mich anfangs auch durch die Entgegnungen von MacBharrais, die in den eckigen Klammern dargestellt werden. Das liegt daran, dass MacBharrais auf das gesprochene Wort verzichtet, da er sich mit dem Klang seiner Stimme bei seinem Gegenüber sonst schnell unbeliebt macht. Das war für mich sehr gewöhnungsbedürftig, passt aber prima zum Charakter.

Einen Vorteil haben Leser, die sich in dem Genre gut auskennen, den Humor teilen und die ganzen Wesen wir Clurichaun, Leprechaun und Hobgoblin kennen. Für mich waren diese Wesen zunächst unbekannt und damit ein ziemliches Abenteuer und ob der schwer lesbaren Namen eine Herausforderung.

Sobald ich diese anfänglichen Holprigkeiten gemeistert hatte, kam ich in einen zügigen Lesefluss, denn es passiert ständig etwas in der Geschichte. Seien es Unverschämtheiten, Tarnversuche oder Ermittlungen - ich hatte jede Menge Spaß.

Glücklicherweise hat mich das Cover zu einem Ausflug in diese magische Agentengeschichte gelockt. Denn das Cover ist eindeutig Schuld daran, dass ich mich für das Buch interessiert und hier zugegriffen habe. Und nun kann ich es kaum erwarten, MacBharrais in seinem nächsten Abenteuer zu begleiten.



Fazit
Ein Buch für alle, die magische Agentengeschichten mit fluchenden Feenwesen und derbem Humor mögen.

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