Meiner Ansicht nach ist der Roman "Tod auf Stelzen" kein klassischer Krimi, sondern eine sehr eigenwillige und gewöhnungsbedürftige Mischung aus mehreren literarischen Genres (Detektivgeschichte, Liebesroman, Erotikroman, Studie einer Psychopathin usw.) Das kann den Zugang zu diesem Buch etwas erschweren.
Das Buch gliedert sich in zwei Erzählstränge, die sich ständig abwechseln. Dieser Wechsel der Perspektive wird optisch mit zwei verschiedenen Schriftarten gekennzeichnet. Alle Passagen, die aus der Sicht einer vermögenden kinderlosen Frau erzählt werden, sind kursiv gedruckt; alle anderen sind einer finanziell weitaus schlechter gestellten jungen Studentin gewidmet und erscheinen in "nornaler" Schrift.
Erzählt wird zunächst die Geschichte einer attraktiven und reichen jungen Frau, die mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet ist, der für sein Unternehmen lebt und beruflich viel unterwegs ist. Sie hat keine eigenen Kinder, hält keine Haustiere, fühlt sich einsam und vernachlässigt und legt sich aus Langeweile ein moralisch fragwürdiges Hobby zu. Nach ihren ersten "praktischen Erfahrungen" unternimmt sie zusammen mit ihrem nichtsahnenden Mann, der sie anbetet und ihr blind ergeben ist, einen spontanen Trip auf die Insel Sylt.
Die zweite Geschichte erzählt von einer frech-forschen Studentin, die gerade ihr Examen bestanden hat. Auch sie ist mit einem wesentlich älteren Mann zusammen, der ihr zur Belohung eine romantische Reise an die Nordsee schenkt. Leider verläuft dieser Urlaub überhaupt nicht nach ihren Vorstellungen, weil ihr Partner, ein arroganter Staatsanwalt, eine alte Bekanntschaft auffrischt und seine Freizeit lieber mit seinem Jugendfreund verbringt, der als Kriminalhauptkommissar auf der Insel Sylt tätig ist.
Die beiden (frustrierten) Frauen lernen sich zufällig in einem Restaurant kennen und schließen eine verhängnisvolle Freundschaft. Wie sich im Laufe der Geschichteherausstellt, ist jede von ihnen auf ihre Weise in den Mord an einem Geschäftsmann verwickelt, der während seines Urlaubs auf einem Hochsitz tot aufgefunden wird. Dieses Ereignis wird in vielerlei Hinsicht zu einer Bewährungsprobe für alle Protagonisten.
Der Roman umfasst rund 350 Seiten, und die Vielzahl der Kapitel wirkt eher störend. Hier wäre weniger mehr gewesen. Ab der Hälfte des Buches wird die Geschichte etwas zäh und es fällt wegen der klaren dramaturgischen Schwächen ziemlich schwer, weiter zu lesen. Dies gilt vor allem für den Teil der Geschichte, in dem auf politische Themen rekurriert wird. Hier hat die Autorin gründlich recherchiert und lässt ihr Fachwissen aufblitzen. Gegen Ende des Romans wird noch einmal etwas Spannung aufgebaut - und eine Lösung präsentiert, an die man gar nicht in dieser Form gedacht hatte.
Insgesamt ist der Roman ordentlich geschrieben. Das Ende ist eher überraschend und bleibt (bewusst?) offen. Bis auf die erwähnten Schwierigkeiten liest sich das Buch relativ leicht und schnell, und man erfährt durchaus Wissenswertes. Ich vergebe 3,5 Sterne für eine akzeptable Unterhaltung mit gewissen Abstrichen.