Interessantes und wichtiges Thema – spannend verpackt
„Eden Academy“ von Lauren Miller scheint auf den ersten Blick, wie eine typische Internatsgeschichte mit ein bisschen Romanze und einem Geheimnis, das zu klären ist. Aber es ist noch viel mehr!
Aurora ...
„Eden Academy“ von Lauren Miller scheint auf den ersten Blick, wie eine typische Internatsgeschichte mit ein bisschen Romanze und einem Geheimnis, das zu klären ist. Aber es ist noch viel mehr!
Aurora „Rory“ Vaughn kann ihr Glück nicht fassen, als sie die Zusage für die Eden Academy erhält, eine hervorragende Privatschule für besonders begabte Schüler. Kurz nach ihrer Ankunft erfährt sie von einem Geheimbund an der Schule. Die Geheimnisse mehren sich weiter als sie North kennenlernt, der anscheinend etwas verbirgt, aber auch sehr anziehend auf Rory wirkt.
Mit der Inhaltsangabe habe ich mich bereits sehr schwer getan. Der erste Teil des Buches ist allerdings auch tatsächlich so, wie der Klappentext vermuten lässt: ein Mädchen kommt auf ein Internat und abgesehen von einem großen Geheimnis dort, will sie auch mehr über einen Jungen herausfinden, der ihr gefällt. Dies ist gar keine schlechte Geschichte. Die große Stärke und Einmaligkeit des Buches liegt allerdings in einem anderen Thema.
Es ist das Jahr 2030 und neben vielen anderen technischen Neuerungen ist es für die meisten Menschen völlig normal, alle Entscheidungen ihres Lebens von der Smartphone-App „Lux“ treffen zu lassen. Das beginnt bei der Essensauswahl im Restaurant, über die Entscheidung an welcher Universität man sich bewirbt, oder sogar, ob man mit einer bestimmten Person eine romantische Beziehung eingeht. Die App bestimmt, wann man das Haus verlässt, sodass man nie zu spät kommt und „optimiert“ so das Leben der User. Eine innere Stimme zu hören, „der Zweifel“ genannt, und entsprechend dieser zu handeln, gilt als ernste psychische Erkrankung.
Der Leser schwenkt von dem Gedanken, wie praktisch dies ist, sehr schnell dazu um, dystopische Merkmale in der gesellschaftlichen Situation zu erkennen. Man reflektiert nicht nur kritisch, wie abhängig man sich selbst von elektronischen Geräten und vor allem sozialen Medien macht, sondern hinterfragt auch, ob man nicht sensibler mit seinen Daten umgehen sollte - und ich bin bislang niemand gewesen, der hierum großes Aufheben machte. Gerade weil ich aber dazu animiert wurde, mich damit auseinanderzusetzen, bin ich sehr beeindruckt davon, wie das Buch das Thema behandelt, ohne den mahnenden Zeigefinger zu erheben.
Neben diesem fesselnden Aspekt, sollten aber auch die anderen positiven Merkmale des Romans nicht vernachlässigt werden.
Die Charaktere, die die Autorin vorstellt, sind alle sehr interessant und vielschichtig. Bei vielen gibt es so viel mehr zu entdecken, als auf den ersten Blick vermutet: Stärken und Schwächen gleichermaßen. Ohne zu viel auf optische Beschreibungen einzugehen, hat die Autorin zu jedem ein ausdrucksstarkes Bild im Kopf des Lesers entstehen lassen. Rory als Protagonistin ist sehr sympathisch. Sie ist intelligent, aber auch clever, zu eigenem Denken fähig und hat einen sehr ehrenhaften moralischen Kodex – fast schon zu stark für ihr Alter. Auf der anderen Seite ist sie aber auch voller Selbstzweifel, hat Ängste und lässt sich, ihrem Alter entsprechend, von ihren Gefühlen mitreißen. Die Kombination macht sie für mich absolut authentisch und zu einer richtigen Heldin der Geschichte.
Mit North wurde ein Charakter geschaffen, der wunderbar untypisch für derartige Teenager-Liebesgeschichten ist. Er schwimmt nicht mit dem Storm, sowohl optisch als auch charakterlich, ist selbstständig und vor allem vernünftig. Auch wenn er nicht mein Fall wäre, passt er hervorragend in diese Geschichte und ist nicht, wie viele andere Jungs in dem Genre, farblos und austauschbar.
Die Story ist von vorne bis hinten spannend. Es gibt sehr viele Geheimnisse zu ergründen und da der Leser nur Rorys Gedanken und Gefühle kennt und nicht mehr Informationen als sie besitzt, kann er gleichzeitig mit ihr Vermutungen anstellen, sowie richtige und falsche Schlüsse ziehen. Natürlich ist der Einstieg in die Geschichte etwas sanfter, aber spätestens nach dem ersten Drittel konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen, da sich ein Ereignis an das andere reihte.
Es fällt mir schwer, auch noch die anderen positiven Aspekte des Romans angemessen zu würdigen, denn vor allem das Gefühl, mit dem der Leser zurückgelassen wird, macht es für mich ausgeschlossen, weniger als das Maximum an Sternen zu vergeben (nein, das hat mir nicht Lux vorgegeben). Selten findet man noch ein Buch, was den Leser nachhaltig beschäftigt und mit so vielen interessanten Gedanken zurücklässt. Dennoch stimmt auch der Rest des Romans, sodass meine Bewertung mit 5 von 5 Sternen in allen Aspekten gerechtfertigt ist.