Leseempfehlung!
Ein wenig GlaubeLyle Hovde ist überglücklich. Seine Tochter Shiloh und ihr 5-jähriger Sohn Isaac sind wieder bei ihm und seiner Frau Peg eingezogen. Er geniesst es sehr Grossvater zu sein, und so lebt er völlig auf in ...
Lyle Hovde ist überglücklich. Seine Tochter Shiloh und ihr 5-jähriger Sohn Isaac sind wieder bei ihm und seiner Frau Peg eingezogen. Er geniesst es sehr Grossvater zu sein, und so lebt er völlig auf in der Grossvaterrolle. Als Shiloh sich mehr und mehr zu dem jungen Prediger Steven hingezogen fühlt, haben die Eltern Bedenken.
Denn sie können die Glaubensgemeinschaft, der sich Shiloh angeschlossen hat, nicht einordnen. Plötzlich wird auch Isaac in den Strudel der Glaubensgemeinschaft gesogen, und es kommt zu einem Bruch zwischen Lyle und seiner Tochter. Stück für Stück versuchen Lyle und Peg zu verstehen, was Shiloh an der Gemeinschaft, die sich regelmässig zu Gottesdiensten in einem alten Kinosaal trifft, findet. Damit versuchen sie das Vertrauen zu ihrer Tochter wieder herzustellen, um regelmässig Kontakt zu Isaac haben zu können. Eine schwierige Gratwanderung für Lyle, der den Glauben an Gott, vor Jahren beim Tod seines neugeborenen Sohnes, verloren hat.
Ausdrucksstark erzählt Nickolas Butler die Geschichte von Lyle Hovde und seiner Familie. Dabei ist Grossvater, Vater und Ehemann Lyle praktisch durchgehend im Mittelpunkt des Geschehens. Es gibt keine Szene, die nicht aus seiner Sicht beleuchtet und keinen Gedanken, der nicht von ihm gedacht wurde. Und Butler hat das so hingekriegt, dass es weder langweilig noch eintönig wird.
Im Gegenteil!
Lyle ist mir so richtig ans Herz gewachsen. Dies, weil Lyle sehr unaufgeregt ist, sehr sympathisch und immer das Wohl seiner Familie und Freunde in den Mittelpunkt stellt. Aber auch, weil ich seine Sorge um Enkelsohn Isaac und Tochter Shiloh so richtig verstehen konnte. Es muss sehr schwierig sein, mitansehen zu müssen, wenn die Liebsten mehr und mehr unter fremden und nicht gutem Einfluss stehen.
Das Grundthema " der Glaube " in all seinen Facetten ist brisant. Wann gilt eine Glaubensgemeinschaft als Sekte? Wie weit gehen Menschen für ihren Glauben?
Hier hätte meiner Meinung nach der Autor krassere Szenen anführen dürfen.
Man spürt, dass diese Glaubensgemeinschaft, der sich Shiloh verschrieben hat, nicht gut für sie ist. Die Szenen, in denen die Gottesdienste beschrieben werden, sind zuerst relativ harmlos. Und so kann man die Sorge von Lyle zwar verstehen, hat aber auch das Gefühl, dass er doch etwas über behütet.
Erst als Steven den kleinen Isaac als Heiler darstellt, merkt man, dass an dem Prediger etwas faul ist.
Wird da ein kleiner Junge instrumentalisiert? Ich empfand diese Zweifel und das sichere Gefühl von Lyle, dass da etwas nicht ganz sauber ist, sehr gut ausgearbeitet.
Die Fragen, die Überlegungen zum Thema Glaube, stehen stark im Zentrum. Nicht nur, dass Shiloh, und damit auch Isaac, in diese Gemeinschaft eintritt. Auch Lyle, der nach dem Säuglingstod seines Sohnes vor vielen Jahren den Glauben an Gott verloren hat, wird auf eine harte Probe gestellt. Denn sein ältester und bester Freund Hoot muss mit der Diagnose Krebs zurechtkommen und da wird das Thema " Ein Leben nach dem Tod " eingearbeitet. Was wiederum das Thema Glauben tangiert.
Wie in "die Herzen der Männer " hat sich Butler wieder ganz der männlichen Sicht verschrieben. Dieser ausschliesslich männliche Gesichtspunkt, der sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht, ist sehr feinfühlig, stimmig und mit sehr viel Tiefe eingeflochten.
Sehr gefallen hat mir, dass Butler nie Klischees benötigt, um die Sicht von Lyle zu verdeutlichen.
Mich konnte Butler mit seiner Erzählung über die Familie Hovde nicht nur begeistern, sondern auch sehr viele Gefühle entlocken. Die tiefe Beziehung zwischen Lyle und Isaac empfand ich als herzerwärmend. Berührende Szenen, die die tiefe Vertrautheit und Liebe widerspiegeln. Die Dialoge zwischen Hoot und Lyle humorvoll. Hier musste ich einige Male schmunzeln. Die Skrupel, die Peg und Lyle gegenüber der Glaubensgemeinschaft und vor allem Steven haben, sehr glaubwürdig. Dann ist der kleine Ort Wiscosin ganz à la Unsere kleine Farm beschrieben. Da kamen unweigerlich Bilder auf.
Ich kann für "ein wenig Glaube" eine klare Leseempfehlung aussprechen! Ein Buch das nachhallt und mich noch eine Weile gedanklich beschäftigen wird.