Ein Gänserich als Fluglehrer für einen Drachen?
Die Reihe um den kleinen Drachen Kokosnuss ist natürlich primär für Kinder, zum Vorlesen wie auch zum Erstlesen, konzipiert – doch, der Autor möge es mir nachsehen, auch ich als längst Erwachsene habe ...
Die Reihe um den kleinen Drachen Kokosnuss ist natürlich primär für Kinder, zum Vorlesen wie auch zum Erstlesen, konzipiert – doch, der Autor möge es mir nachsehen, auch ich als längst Erwachsene habe immer wieder aufs Neue großes Vergnügen an den launigen, mit viel Wortwitz und feiner Ironie gespickten Abenteuern von Kokosnuss und seinen Freunden vielfältigster Gestalt, habe – zum Glück! - das Kind in mir niemals abgestreift!
Ja, Ingo Siegner macht sein Handwerk richtig Spaß, wie man in Interviews und auf Lesungen, die er nach eigener Aussage nicht etwa als lästig betrachtet, sondern im Gegenteil sogar liebt, unschwer erkennen kann. Er mag Kinder, er hat unmittelbaren Zugang zu ihnen, sucht den Kontakt mit ihnen, nimmt sie so ernst, wie er die von ihm sorgfältig kreierten Figuren ernst nimmt, schafft es mühelos, dass der Funke sofort auf seine kleinen Leser oder Zuhörer überspringt. Er weiß eben, was Kindern gefällt, womit sie zu erheitern sind und bei der Stange bleiben – und das ist das Geheimnis seines Erfolgs! Das – und nicht zum geringen Teil seine kunterbunten, phantasievollen Zeichnungen, die sich durch jedes der inzwischen beinahe dreißig Kokosnuss-Bände ziehen. Kaum zu glauben, dass Ingo Siegner sich das Zeichnen autodidaktisch beigebracht hat – und was für ein Glück, dass sein Talent durch Zufall entdeckt wurde und er seitdem, über zwanzig Jahre ist das jetzt her, ein phantasievolles Kokosnuss-Abenteuer nach dem anderen ersinnt, gar nicht zu reden von seinen weiteren Kinderbuchserien um eine Ratte und ein Erdmännchen!
„Schulfest auf dem Feuerfelsen“ ist eines der Bücher der Reihe, deren Handlung vollständig auf der Dracheninsel spielen, einer kleinen Welt für sich, denn hier gibt es so viele Ecken und Winkel, dass man Jahre braucht, um auch nur einige von ihnen kennenzulernen. Aber bei diesem Abenteuer hier geht es einmal nicht darum, etwas zu erforschen! Nein, Kokosnuss ist vor allem mit sich selbst beschäftigt, denn er hat ernsthafte Sorgen. Der Höhepunkt des Schuljahres steht nämlich bevor: das von allen geliebte und schon lange herbeigesehnte Schulfest auf dem Feuerfelsen! Eigentlich sollte auch er, der kleine Drache, zu denen gehören, die erstmals und ganz alleine dorthin fliegen, anstatt gemeinsam mit den großen Drachen und ihren flugunfähigen Schulkameraden auf dem Floß zum Feuerfelsen geschippert zu werden.
Nur – die Voraussetzung für den Flug zum Felsen ist der berühmte und gefürchtete Klippensprung! Und der misslingt Kokosnuss so gründlich, dass er mit verstauchtem Fuß das Bett hüten muss und sich von nun an weigert, den Sprung ein zweites Mal in Angriff zu nehmen. Doch nagt es gewaltig an ihm, zuschauen zu müssen, wie sich seine Mitschüler mit Begeisterung auf das Fest vorbereiten. Und so packt ihn der Ehrgeiz: er muss unbedingt das Fliegen üben, muss Privatstunden nehmen, heimlich, so dass die anderen davon nichts mitbekommen! Einen Fluglehrer hat er auch schon; es ist der Wildgänserich Dieter, die Düse, ein Meister seines Fachs, der sich nach anfänglichem Zögern bereit erklärt, den wild entschlossenen kleinen Feuerdrachen zu unterrichten – unterstützt, das ist doch klar, von Kokosnuss Freunden, dem wissbegierigen, naseweisen, aber nicht sehr mutigen Stachelschwein Matilda und dem völlig angstfreien, schul- und lernbegeisterten Fressdrachenjungen Oskar, der – Schande für einen seiner Art – aufgrund einer Fleischallergie Vegetarier ist.
Ob und wie es unserem kleinen Helden Kokosnuss doch noch gelingt, den Klippensprung zu absolvieren und – fliegenderweise, versteht sich – zum Feuerfelsen zu gelangen, um dort das beliebteste, fröhlichste, großartigste Fest des Jahres zu feiern, kann man in vorliegendem Kokosnuss-Abenteuer mit Genuss verfolgen, einem Genuss, der, wie am Anfang gesagt, nicht nur den Kleinen unter den Lesern vorbehalten sein sollte!