Ein wenig zu klischeehaft und unausgereift, als es noch okay wäre
Zur Weihnachtszeit ein Buch lesen, das im Sommer spielt, sich aber auch rund um eines der meistgefeiertsten Feste weltweit dreht. Diese Idee gefiel mir und tatsächlich durfte ich „Echo Lake - Zweimal heißt ...
Zur Weihnachtszeit ein Buch lesen, das im Sommer spielt, sich aber auch rund um eines der meistgefeiertsten Feste weltweit dreht. Diese Idee gefiel mir und tatsächlich durfte ich „Echo Lake - Zweimal heißt für immer“ innerhalb einer Leserunde lesen.
Das Buch erzählt von einer Kleinstadt in Vermont, besser gesagt von einer jungen Frau, die dorthin zurückkehrt, nachdem sie ihre Heimat vor zehn Jahren verlassen hat. Dieser Umstand hat keinen schönen Hintergrund, denn Josies Vater hatte einen Schlaganfall und liegt im Krankenhaus. Mit ihrer Rückkehr nach Echo Lake kehrt Josie auch zurück in die Nähe des Mannes, den sie vor dem Altar hat sitzen lassen. Ethan ist mittlerweile der Finanzchef in einem Weihnachtsfreizeitpark, den Josies Eltern aufgebaut haben und noch immer leiten.
Schon im Rahmen der Leseprobe fiel mir die „amerikanisch-direkte“ Art der Prologe auf, die die Autorin Maggie McGinnis nutzt, um ihre Charaktere sprechen zu lassen. Während es mir gerade bei deutschsprachigen Autoren oft ins Auge springt, dass ein Touch zu viele erklärende und beschreibende Sätze verwandt werden, die offenbar Backgroundinfos zu einer gerade passierenden Diskussion oder Unterhaltung liefern sollen, finde ich es sehr angenehm, wenn der Fokus auf dem liegt, was tatsächlich gesprochen wird. So wird man als Leser förmlich dazu gezwungen, sich in die genaue Dynamik der Situation hineinzuversetzen und sich Mimik, Gesten und andere nonverbale Geschehnisse hinzuzudenken.
Überhaupt - sprachlich ist der Schreibstil von Maggie McGinnis einer, mit dem ich schnell zurechtgekommen bin. Geprägt ist er von kurzen, prägnanten Sätzen und Ausdrücken, die direkt aus dem Leben gegriffen sein könnten - da ist nichts Aufgesetztes, nichts, das betont literarisch wäre und die Wortgewandtheit der Autorin in den Himmel loben würde. Auch die Übersetzerin hat hier ganze Arbeit geleistet.
So sehr ich mich auch wohlgefühlt habe mit dem Erzählstil der Autorin, so sehr muss ich allerdings die Charaktergestaltung kritisieren. „Zweimal heißt für immer“ lebt leider nur und ausschließlich von seinem Hauptcharakter, von Josie. Hinter ihr steckt eine durchdachte und gut geschilderte Geschichte, auch wenn es nur episodenweise und erst in einem fortgeschrittenen Teil des Buches erklärt wird, was für eine Geschichte das ist.
Die anderen Charaktere sind leider allesamt sehr unausgereift oder zumindest bringt die Autorin das nicht aufs Papier, was sie sich womöglich bei Ethan, Molly und Co gedacht hat. Obwohl mehr als nur einmal die Erzählperspektive einige der anderen Charaktere, die nicht Josie sind, eingenommen wird, bin ich leider nie warmgeworden mit ihnen. Da fehlten Erklärungen, weshalb sie mit Josie gebrochen hatten oder sich so verhielten, wie sie sich verhielten. In einem speziellen, in Ethans Fall, der im Buch eine wichtige Rolle spielt, fehlte mir etwas sehr Wesentliches: Warum liebte Ethan Josie und warum war es so schwer, sie zu vergessen? Die treibende Frage, die im Prinzip das ganze Setting, das ganze Buch bestimmt, fand ich für mich nie richtig beantwortet. Grund dafür war, dass gerade Ethan nahezu immer zuerst körperliche Dinge (Kurven, erwachsene Figur) auffielen, wenn Josie ihm gegenüberstand, ehe seine Gedanken in Richtung anderer Dinge in Bezug auf sie oder ihre gemeinsame Vergangenheit übergingen. An manchen Stellen war diese Lüsternheit für mich ziemlich unerträglich, weil sie so plump und oberflächlich dargestellt wurde.
Dass da für mich ein entscheidender, der identitätsstiftende Schritt in der Bildung und Darstellung einiger der Charaktere fehlte, das setzte sich auch in einem anderen Punkt fort. Leider schwang das Pendel für mich bei einigen Charakteren (z. B. Molly) in „zu klischeehaft“ um. Zu klischeehaft, als okay, als akzeptabel wäre. Bücher bleiben lange im Gedächtnis, wenn ihre Charaktere besonders waren - und das kann ich so leider über keinen einzigen Charakter sagen. Viel zu sehr waren sie angelegt als die typische biestige Ex-Beste-Freundin, als der schon viel zu oft gelesene Niemals-daheim-Vater, als die gute Seele des Parks. Und leider, leider gab es für mich im gesamten Buch keinen Anlass dazu, meine Meinung zu den Charakteren zu verändern. So muss ich leider in Sachen Figuren der Geschichte resümieren, dass ich von ziemlich eindimensionalen, unausgereiften und klischeehaften Charakteren gelesen habe, die mich leider - außer der Hauptprotagonistin - nicht überzeugt haben. Ich konnte mich nur sehr selten mit ihnen identifizieren.
Worin sich die Teilnehmer der Leserunde nahezu geschlossen einig waren, habe ich leider auch keine gute Meinung: ich bekam an vielen Stellen das Gefühl nicht los, dass einige Charaktere mehr Tiefe gebraucht hätten, mehr Erklärungen für/über ihre Handlungen, Meinungen und Gefühle. Vielleicht wollte Maggie McGinnis, dass man sich diese Erklärungen selbst zusammenreimte und an dieser Stelle der Leser gefragt war - wenn dem so war, hat dieses Ansinnen zumindest bei mir nicht funktioniert.
Diese Klischeehaftigkeit ist für mich leider auch zu deutlich in der Handlung von „Zweimal heißt für immer“ herausgekommen. Um ein Beispiel zu nennen, das dennoch nicht allzu viel der Handlung verrät: Josie rettet ein kleines Mädchen, bleibt dabei hängen und muss ausziehen, was sie anhat. Natürlich ist ein Prinzessinnenkleid, das eine große Rolle in Ethans und ihrer gemeinsamen Geschichte spielt, das einzige Kleidungsstück, das auf die Schnelle aufzutreiben ist. Immer dann, wenn es tolle Chancen gegeben hätte, die Geschichte in Richtungen zu lenken, an die der Leser nicht gedacht hat, die ihn verblüfft und dafür gesorgt hätten, gebannt an den Seiten des Buches zu kleben - immer dann wurde der offensichtlichste Weg der Handlung gewählt. Das fand ich sehr schade.
Die Idee eines weihnachtlichen Freizeitparks und das Setting in den USA gefielen mir außerordentlich gut - wo, wenn nicht in Amerika könnte es so einen Park geben? Für mich bleibt trotzdem gedanklich ein Buch zurück, das einen Tick zu klischeehaft und unausgereift ist, als dass es noch okay, noch akzeptabel wäre. Leider hat die Autorin großes Potential verschenkt.