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Veröffentlicht am 02.02.2020

Ende für Eddie

Jenseits von tot
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Zumindest, was die Reihe angeht, die auf drei Teile angelegt ist. Man mag es kaum glauben, doch dies ist tatsächlich schon der Letzte!

Eddie Beelitz ist eine gestandene Frau mit einer fundierten Ausbildung ...

Zumindest, was die Reihe angeht, die auf drei Teile angelegt ist. Man mag es kaum glauben, doch dies ist tatsächlich schon der Letzte!

Eddie Beelitz ist eine gestandene Frau mit einer fundierten Ausbildung in einem qualifizierten Beruf: sie ist nämlich Polizistin. Und seit der Trennung von ihrem Mann auch wieder in Amt und Würden. Wenn auch wegen Tochter Lotti nur in Teilzeit, was sie sich von ihrem Chef Adrian Adamkowitsch ständig aufs Butterbrot schmieren lassen muss. Sie hat nämlich gleich zu Beginn der Zusammnarbeit einen folgenschweren Fehler begangen.

Gottseidank hat sie sich in der neuen Wohngegend gut eingelebt, hat sowohl Freundinnen als auch Schutzbefohlene und ist sich - man kann es kaum glauben - mit dem recht exotischen Nachbarn Zombie um einiges näher gekommen. So nahe nämlich, dass man inzwischen auch zusammen lebt.

Wobei sie weder für traute Zweisamkeit noch für die insgesamt drei Kinder der Patchworkbeziehung sonderlich viel Zeit hat, denn bald schon taucht eine Leiche auf, eine Frau in ihren Fünfzigern, die bei einer Immobilienfirma tätig war. Und anscheinend weder im Beruf noch privat sonderlich geliebt wurde - nicht mal von der eigenen Tochter.

Möglicherweise gab es also eine ganze Reihe von Gründen, weswegen ihre Mitmenschen sie los werden wollten! Eddie ist jedenfalls ganz schön gefordert! Wird sie sich vom Abstellgleis, auf dem sie sich bei der Kripo leider befindet, mitten ins Geschehen, also ins Zentrum der Ermittlungen, manövrieren können? Wie auch in den vorherigen beiden Bänden tummeln sich abermals einige dunkle Gestalten um sie, die ihr das Leben schwergemacht haben bzw. dies gerade tun.In unterschiedlichster Hinsicht.

Die Spur führt irgendwann zu einer Pflegestation der ganz besonderen Art und - ich deute es nur an - tief in Zombies Vergangenheit.

Lucie Flebbe schreibt wie gewohnt locker-lässig und spannend zugleich und hat auch den ein oder anderen Gag parat - genau, wie man es von ihr kennt. Wenn überhaupt noch möglich, birgt dieser Fall noch mehr Überraschungen, als alle vorherigen, also die mit Lila Ziegler noch hinzugenommen. Ich bin jedenfalls ganz schön traurig - nein, nicht, weil der Inhalt des Krimis mich so bedrückt.

Nämlich, weil es ein Ende hat mit Eddie und Zombie und Lotti und Jo und wie sie alle heißen - eine kurze Reihe, die nur auf drei Bände angelegt war. Die jedoch umso knackiger sind, jeder einzelne davon. Lucie Flebbe hat wieder einmal Figuren kreiert, die ihresgleich suchen. Ebenso, wie neben der Spannung auch der Spaß hier nicht fehlt. Ich jedenfalls habe die Lektüre wieder sehr genossen!

Veröffentlicht am 11.01.2020

Freiheit im Glauben

Luther
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Das war im 16. Jahrhundert - davor natürlich auch in der christlichen Kirche undenkbar. Der Ablasshandel florierte, der jeweilige Papst machte, was er wollte und der "einfache" Gläubige hatte dazu ebenso ...

Das war im 16. Jahrhundert - davor natürlich auch in der christlichen Kirche undenkbar. Der Ablasshandel florierte, der jeweilige Papst machte, was er wollte und der "einfache" Gläubige hatte dazu ebenso wenig zu kommentieren wie Mönche und vor allem Nonnen. Im Gegenteil, sie alle hatten die Klappe zu halten und zu machen und zu tun, was ihnen gesagt wurde.

In diese Welt trat der Mönch Martin Luther mit einer Reihe neuer Ideen, die er erst im Laufe seines Klosterlebens entwickelte und in seinen 95 Thesen festhielt. Diese sollten als Diskussionsgrundlage mit Kollegen dienen - das und nichts anderes war der Grund, warum der junge Mönch sie im Oktober 1517 an die Tür des Wittenberger Doms schlug.

Ein Unterfangen, das komplett missverstanden wurde. Anstelle von Gesprächen wurde - wie wir alle wissen - ein Riesenfass aufgemacht - es kam zu Ereignissen, die die Weltordnung - oder sagen wir mit dem Blick von heute auf die Welt von damals: die Ordnung Europas kräftig durchschüttelten. Denn diskutiert wurde noch lange nicht. Nicht nur in Bezug auf diesen Aspekt war Luther seiner Zeit um Meilen voraus und wurde somit als Bedrohung angesehen.

Eric Metaxas nimmt sich seiner bereits so oft erzählten Geschichte an und stellt sie unter Einbeziehung unzähliger Quellen und Sekundärliteratur in den Kontext der damaligen Zeitgeschichte, vor allem natürlich in religionspolitischer Hinsicht, was damals ein dominanter Faktor war. Aber auch die anderen Bereiche der Politik und vor allem auch die Gesellschaftsgeschichte kommen nicht zu kurz, wir erfahren, wie es um Luthers Verdauung in seiner Zeit auf der Wartburg als Junker Jörg stand (alles andere als gut - machen Sie sich auf etwas gefasst), in wie kurzer Zeit er das neue Testament ins Deutsche übertrug, was Münzer, Karlstadt und Konsorten wirklich so trieben und - halten Sie sich fest - dass die Hochzeitsnacht öffentlich war. Also viel Neues, natürlich vor allem im Hinblick auf die Interpretation der Person Martin Luther.

Metaxas schreibt sowohl unterhaltsam als auch eindringlich, dabei prasselt eine solche Fülle von Information auf den Leser herab, dass dieser doch nicht so schnell voran kommt wie eigentlich gedacht. Ich jedenfalls hing ewig an diesem Buch, was mich jedoch keineswegs betrübte. Nein, ich habe seit langem nicht mehr einen so außerordentlichen Gewinn aus einer Biographie gezogen, obgleich ich diese literarische Gattung zu meiner Lieblingslektüre zähle und ich auch so einiges Exellente dabei verschlinge. Aber Metaxas' Werk über den Mann, der Gott neu entdeckte, ist "outstanding" und ich wünsche ihm unzählige Leser. Und natürlich auch Diskutanten! Theologen, Historiker, Laien, junge und alte Menschen - ich denke, zu diesem Buch hat jeder etwas zu sagen!

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Veröffentlicht am 08.01.2020

Übrig geblieben

Violet
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ist Violet nach dem großen Krieg, dem bitteren Stellungskrieg im zweiten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts, in dem ihr Liebster fiel, ebenso wie ihr großer Bruder. Sie gehört zu der Generation der ...

ist Violet nach dem großen Krieg, dem bitteren Stellungskrieg im zweiten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts, in dem ihr Liebster fiel, ebenso wie ihr großer Bruder. Sie gehört zu der Generation der überschüssigen Frauen und ist allein - auch noch dreizehn Jahre nach diesem Krieg, den wir heute den Ersten Weltkrieg nennen, also zu Beginn der 1930er Jahre und wahrscheinlich für immer. So denkt sie, als sie nach Winchester umsiedelt, um ein neues Leben, fern von ihrer Mutter zu starten. Wobei es geographisch gesehen ein Katzensprung ist, nämlich nicht mehr als 12 Meilen. Aber mit dem Antreten einer neuen Stellung in einer für sie neuen Stadt, in der sie ganz auf sich gestellt ist, beginnt für Violet eine neue Lebensphase, eine, in der sie ganz auf sich allein gestellt ist.

Um es vorwegzunehmen: sie bleibt es nicht, aber auf ganz andere Art, als sie es vorgestellt oder gar gewünscht hat. Sie erlebt sowohl Liebe als auch Gemeinschaft auf eine ganz neue Art, lernt, sich zu behaupten, aber auch - zu leiden. Sie lernt Menschen kennen, die ihr ein Vorbild sind, solche, vor denen sie sich fürchten lernt und Menschen, die ihre Hilfe brauchen. Und die ihr umgekehrt ebenfalls zur Seite stehen. Und einen liebenswerten Menschen, der ihr Herz voll, aber auch schwer werden lässt.

Es ist immer wieder herrlich, zu erleben, wie eindringlich Tracy Chevalier in ihr jeweiliges Setting einführt - ich fühle mich jedes Mal wie ein Teil davon. Sie filtert die wesentlichen Faktoren - wie diesmal das Schicksal einer alleinstehenden Frau mittleren Alters - klar heraus und setzt mit ihren Schilderungen packend ein - genau an der richtigen Stelle. Diesmal in den frühen 1930er Jahren im englischen Kleinstadtmilieu, wo es eine ganze Generation übriggebliebener Frauen wie Violet gibt - die Männer blieben zurück auf den Schlachtfeldern von Passchendaele, an der Somme und anderen Schauplätzen des Ersten Weltkriegs.

Was für ein hartes Leben sie als alleinstehende, immer noch stark benachteiligte Frauen hatten, ist uns heute gar nicht mehr bewusst - Violet hat es mir deutlich gemacht mit ihrem Minigehalt als Schreibkraft, mit dem sie sich kaum über Wasser hält. Um sich einen Urlaub der einfachsten Kategorie leisten zu können, muss sie ihren Bruder um Unterstützung bitten.

Erfüllung findet sie - man glaubt es kaum - im Sticken von Knie- und Sitzkissen für die Kathedrale von Winchester inmitten einer Gemeinschaft von Frauen, von denen ihr einige zu Freundinnen werden. Und auch sonst erlebt sie Ungeahntes und Unverhofftes in Winchester und um Winchester herum.

Ein großartiges, ein kraftvolles Buch, das die Frauen und ihren steinigen Weg, den sie im Verlauf der historischen Entwicklungen gingen, feiert. Ich konnte es nicht aus der Hand legen und es wird noch lange in mir nachhallen.

Veröffentlicht am 28.12.2019

Neue Sphären für Ophelia

Die Spiegelreisende 3 - Das Gedächtnis von Babel
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Beziehungsweise eine neue Welt. Denn es hat sie auf eine fremde Arche verschlagen, die sowohl für sie als auch für den Leser völlig neu ist. Denn die Uhren dort ticken vollkommen anders als auf Pol und ...

Beziehungsweise eine neue Welt. Denn es hat sie auf eine fremde Arche verschlagen, die sowohl für sie als auch für den Leser völlig neu ist. Denn die Uhren dort ticken vollkommen anders als auf Pol und erst Recht als auf Anima.

Auf Babel hofft sie, ihren Ehemann Thorn wiederzufinden, von dem sie seit fast drei Jahren getrennt ist - unfreiwillig, denn er fiel auf Pol, seiner Heimatarche, in Ungnaden und musste verschwinden. Alles deutet darauf hin, dass er auf Babel ist. Oder doch nicht? Es ist sehr schwer für Ophelia, dort Fuß zu fassen, da sie völlig auf sich allein gestellt ist - nicht einmal ihre Patentante begleitet sie diesmal.

Insidergerede meinerseits? Nun ja, aber wir befinden uns ja auch schon im dritten Teil der Saga, also mittendrin im Epos um die Spiegelreisende von der Arche Animanämlihc und den Intendanten der Arche Pol. Anders kann man da kaum drauf zugehen, denn es ist, wie es ist: zu diesem Zeitpunkt steckt der Leser mittendrin und hat auf jeden Fall bereits die Entscheidung getroffen, sich auf diese Story voll einzulassen. Wer so weit gelesen hat, will auch die ganze Geschichte, also alle vier Teile. Denn mittendrin kann man hier nicht starten, dann kapiert man nämlich gar nichts mehr!

Ophelia muss sich richtig auf Babel einlassen, eine freundlich und hell wirkende Arche, hinter deren Fassade leider Intrigen und Missgunst lauern und das nicht zu knapp. Aber es gibt auch ein paar Wesen, die anders ticken, Ophelia muss sie nur finden! Und findet sie auch Thorn? Oder führt ihre Reise zu ihm sie doch nur wieder auf eine weitere Irrfahrt?

Diese intelligente Fantasygeschichte macht wirklich Spaß, denn sie spinnt die politischen Intrigen von uns Erdenbürgern weiter und treibt sie in neue Räume, nämlich auf die 21 Archen. Autorin Christelle Davos gelingt es aufs Prächtigste, politische Ränke und Verschwörungen, aber auch Alleingänge irgendwelcher Machthaber oder auch Möchtegerns zu karrikieren und in eine andere Welt zu übertragen. Ein Epos, das nicht nur Jugendliche lieben werden, sondern alle, die sich gerne mal die ein oder andere neue Welt erschließen - wenn diese schlüssig und sinnvoll konstruiert ist und mit Stil und Humor dargeboten wird. All das schafft Christelle Davos mit ihrer Spiegelreisenden!

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Veröffentlicht am 12.12.2019

Eine ganz besondere (Weihnachts)Geschichte!

Tanz mit mir, Aurelia
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Wir befinden uns in England in einer sehr düsteren Zeit, nämlich der des Bücherkrieges zu Cromwells Zeiten. Die Puritaner sind an der Macht und verbieten alles, was Freude und Ausgelassenheit bringt. Nur ...

Wir befinden uns in England in einer sehr düsteren Zeit, nämlich der des Bücherkrieges zu Cromwells Zeiten. Die Puritaner sind an der Macht und verbieten alles, was Freude und Ausgelassenheit bringt. Nur dann - so ihre Überzeugung - lässt sich der wahre christliche Glaube durchsetzen. Nicht einmal Weihnachten darf gefeiert werden bzw. müssen das die Menschen heimlich tun.

Es gibt also zwei Seiten, beide stehen aus ihrer Sicht für den wahren Glauben ein. In dieser Zeit trifft Aurelia, Tochter eines Handwerkers, der dem herkömmlichen christlichen Glauben anhängt, auf John, der durch seinen Onkel, einen Anhänger Cromwells, bei dem er lebt, den Puritanismus präsentiert. John kommt als Wasserträger in Aurelias Haus, die beiden jungen Menschen sind sehr schnell voneinander fasziniert. Vor ihren Familien können sie das nicht verheimlichen und wollen das auch gar nicht, doch beide Seiten billigen diese Verbindung ganz und gar nicht. Doch so schnell geben Aurelia und John nicht auf!

Letztendlich zeigt sich, dass beide Seiten auf ihre Weise Recht, aber eben auch Unrecht haben. Jede Seite verhält sich mal richtig, mal falsch. So habe ich es als Leserin empfunden und genau das hat mir sehr gut an dem Roman gefallen. Obwohl sehr kurz, ist er unheimlich dicht und alles andere als eine oberflächliche (Weihnachts) Lektüre.

Mir hat sie einmal mehr gezeigt, dass Krieg uns nicht weiter bringt und dass es wichtig ist, dass wir uns alle im Wunsch nach Frieden vereinen - und dass unterschiedliche Meinungen nebeneinander existieren können. Oft ist es nicht anders möglich, als Kompromisse zu finden. Auch in diesem Roman wird das deutlich und er endet mit einem besonders machtvolles Zeichen für den Frieden. Sie dürfen gespannt sein. Ein sehr besonderes Weihnachtsbuch - und aus meiner Sicht gerade in den Zeiten des Brexit, der uns nun schon im vierten Jahr begleitet, ein sehr passendes!

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