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Veröffentlicht am 14.01.2020

Unterhaltsam, anziehend, romantisch.

Mister Romance
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Wer kennt sie nicht, die Geschichten von gutaussehenden, erfolgreichen Rockstars, die sich in unscheinbare, unschuldige Mädchen verlieben, von sexy Millionären, die ihre dunkle Vergangenheit mit einer ...

Wer kennt sie nicht, die Geschichten von gutaussehenden, erfolgreichen Rockstars, die sich in unscheinbare, unschuldige Mädchen verlieben, von sexy Millionären, die ihre dunkle Vergangenheit mit einer einfachen Angestellten überwinden, von heißen Bad Boys, die sich eigentlich nur nach ein bisschen Liebe sehnen...? Geschichten über Biker, Schriftsteller, Künstler, Schauspieler, Handwerker, CEOs, Sportler, Ärzte, die nur dazu geschrieben sind, schwärmenden Leserinnen Stoff zum Träumen zu schenken und dabei aber ihre Anforderungen an echte Typen ins Unrealistische steigern. Leisa Rayven hat genau diese Traumklischees zum Anlass genommen, einen erfrischenden, humorvollen Roman über einen Mann zu schreiben, der genau diese Szenarien für einsame, reiche Frauen zur Realität werden lässt und eine skeptische Journalistin, die seinen Schwindel aufdecken will. Nach gefühlt tausend ähnlicher Geschichten scheint "Mister Romance", endlich anders zu funktionieren - bevor ihr euch jetzt aber zu früh freut: was total innovativ beginnt, wird aber im Verlauf der Geschichte leider immer stereotypischer, bis das Ende sich dann doch wieder in den typischen Klischees verläuft.


"Wir alle brauchen ab und zu Träume. Manchmal ist das Einzige, was uns aufrecht erhält, der Glaube daran, dass unser Leben anders sein könnte."


Das Cover ist im Gegensatz zu all den peinlichen Halbnackter-Typ-posiert-so-auf-dem-Cover-dass-man-sich-im-Zug-schämen-muss-Cover deutlich stilvoller. Der Mann im Anzug lässt sich gut mit Max in Verbindung bringen und da wir (im Gegensatz zum Originalcover) zum Glück kein Gesicht sehen, wird hier auch noch genug der Fantasie überlassen. Die Lichteffekte, Farbpunkte und -verläufe verleihen der Gestaltung noch etwas Verspielteres, Geheimnisvolleres, was ebenfalls gut passt. Auch wenn das Motiv nicht besonders originell ist und auch der Titel eher zum Augenrollen ist, wenn man den humoristischen Hintergrund noch nicht kennt, bin ich mit der Gestaltung alles in allem ganz zufrieden.


Erster Satz: "Als ich aus dem Mund meiner süßen, aber etwas naiven kleinen Schwester die Worte "Mister Romance" höre, bin ich davon überzeugt, dass man ihr mal wieder irgendeinen Bären aufgebunden hat."


Die Geschichte beginnt mit einem Gespräch von Eden mit ihrer Schwester Asha, die ihr von einem geheimnisvollen Dienstleister der High-Society-Damen erzählt, von dem sie von einer Arbeitskollegin gehört hat. Eden kann den Gerüchten über einen "Mister Romance", der einsamen Damen gegen Geld Traumdates anbietet, erstmal nicht glauben, wittert als Journalistin aber eine spannende Story, die ihre Karriere auf ein neues Niveau heben könnte. So begibt sie sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Mann, der ihre Chance sein könnte, den hirnverbrannten Clickbait-Artikel, die sie schreiben muss, um für ihr Magazin Klicks zu generieren, endlich zu entfliehen. Als ihre erste Begegnung dann ganz anders abläuft, als sie sich das vorgestellt hat, bleibt ihr nur die Möglichkeit, einem Deal zuzustimmen: wenn sie nach drei Dates der romantischen Magie von Mister Romance noch nicht erlegen ist, darf sie ein exklusives Interview mit ihm machen, wenn sie sich hingegen in ihn verliebt, muss sie die Story ein für alle Mal fallen lassen. Ein gefährlicher Kampf gegen ihre eigenen Gefühle beginnt...

Wir erleben die Geschichte aus Edens Sicht, was nach etlichen Büchern des Genres, die aus zwei Sichten erzählt werden, mal wieder eine nette Abwechslung ist. Dadurch dass wir "Mister Romance" alias Kieran alias Caleb alias Mr. Roberts alias Maxwell Riley nur aus Edens Perspektive kennenlernen, bleibt er über lange Zeit sehr geheimnisvoll und undurchschaubar. Man weiß nicht so recht, was man von ihm halten soll, da er immer unterschiedliche Personen spielt. Nicht nur der Leser sondern auch Eden fragt sich also wer er wirklich ist. Wer ist der Mann hinter den Rollen? Was mag er, wenn er nicht gerade ein heißer Ire, ein begehrter Singer-Song-Writer oder ein gönnerhafter Millionär ist? Was hält er wirklich von der toughen Journalistin, die unbedingt eine Skandal-Story schreiben will und deshalb nicht besonders unvoreingenommen vorgeht? Neben diesen spannenden Fragen ist vor allem noch die starke Chemie zwischen Max und Eden verantwortlich für den Sucht-Charakter und die Anziehung der Geschichte. Das Knistern, das wir beinahe in jeder Szene durch die Seiten hindurch spüren können, ist einfach wunderbar. Das Beste daran aber ist, dass der Erotikanteil trotzdem vergleichsweise gering ist. Die Beziehung ist eher romantisch als erotisch - eine sehr angenehme Überraschung!


"Du findest, ich bin ein Hauptgewinn?"
"Ich finde, du bist alle Hauptgewinne."
Wärme durchströmt mich und ja, ich gebe es zu: ich verstehe, warum er so beliebt ist."


Die packende, anziehende Grundatmosphäre wird auch durch den modernen, spritzigen Schreibstil der Autorin mit verursacht. Ich bin außerdem sehr schnell ein Fan ihres grandiosen Humors geworden, der uns vielen skurrilen Situationen, witzige Schlagabtausche und eine sarkastische Protagonistin beschert. Ich habe an etlichen Stellen ein leichtes Schmunzeln, ein breites Grinsen und immer mal wieder auch ein herzhaftes Lachen auf den Lippen gehabt, während ich Max´ und Edens Geschichte gelesen habe.

Auch die Protagonistin Eden hat mir sehr zugesagt. Anders als oft im Genre New Adult ist sie kein verschüchtertes, graues Mäuschen sondern eine selbstbewusste, anpackende, quirlige und alles andere als unerfahrene Frau, die ein Single-Dasein mit bedeutungslosen One-Night-Stands einem komplizierten Beziehungsdrama bewusst vorzieht. Ihre zielstrebige, karriereorientierte Art lässt sie aus dem Meer aus rückgratlosen Protagonistinnen hervorstechen und auch wenn sie nicht immer zu 100 Prozent sympathisch erscheint und auch sie an versteckten Komplexen leidet, empfand ich ihre Stärke als erfrischend. Auch die Nebencharaktere wie ihre wunderschöne, hoffnungslos romantische Schwester Asha, ihre jugendliche Oma Nannabeth, deren Entendame Moby oder ihr technisch begabter, strickjackensammelnder Arbeitskollege und Kumpel Toby, bereichern die Geschichte und machen sie lebendiger, bunter, liebenswerter und echter.


"Du hast dich so sehr ans Starksein gewöhnt, dass du nicht erkennst, dass es manchmal die mutigere Option ist, dir einzugestehen, dass du jemanden brauchst."


Ja und dann gibt es da noch den "Mister Romance" persönlich: Max. Auch wenn sein Charakter spannend und geheimnisvoll angelegt wurde, konnte ich nicht so viel mit ihm anfangen, da ich aufgrund der verschiedenen Facetten, die er während der "Dates" zeigt, nie wirklich ein Gefühl dafür bekommen habe, wer er eigentlich ist. Er vereint in seiner Person so viele anziehenden Klischees, dass er selbst als Persönlichkeit total schwammig bleibt und als sich als einzige Projektionsfläche für Edens und des Lesers Träume fungiert. Ich hatte lange Zeit gehofft, dass sich der Mann hinter den großen Rollen als total normal herausstellt, sodass ich ein wenig enttäuscht war, als auch der Typ hinter der Maske einem absoluten Klischee entsprach.

Denn trotz des starken, originellen Anfangs der Geschichte, verliert sich Leisa Rayven im hinteren Teil der Geschichte in typischen Klischees anstatt wie zu Beginn die unrealistischen Träume und Vorstellungen, die wir durch Filme und Liebesromane haben auf die Schippe zu nehmen. Die elektrische Anziehungskraft wird zu rein sinnlichem Verlangen, die Gefühle der Protagonisten gehen in dem Wirrwarr aus heißen Dates total unter, der geheimnisvolle, echt Max wird selbst zum klischeehaften Traum-Mann. Wirklich enttäuscht hat mich dann das Ende. Die Autorin hat versucht, es nicht in die Länge zu ziehen, kein übertriebenes Drama auszupacken und den typischen obligatorischen Drop vor dem Happy End anders zu verpacken (und dafür bin ich ihr auch wirklich dankbar und ziehe meinen Hut). ABER: Leider ist das Ergebnis, dass aus diesen Versuchen resultiert auch nicht wirklich besser als die typische Prä-Happy-End-Krise inklusive kitschiger Auflösung am Ende. Denn was sich zuvor langsam entwickelt hat, überschlägt sich plötzlich, die Protagonistin verliert die Stärke, für die ich sie so respektiert habe und die Auflösung wirkt mehr als konstruiert und glatt. Angesichts der unspektakulären, unglaubwürdigen Art und Weise, wie diese Geschichte endet, hätte ich mir fast (aber auch nur fast) das typische, tränenreiche Zerwürfnis zurückgewünscht.


"Man hat die Wahl, sich der Dunkelheit zu ergeben oder sich ins Licht zu kämpfen, und May ist es gelungen, voller Licht zu sein."


Auch wenn mir die Umsetzung am Schluss nicht gefallen hat, feiere ich diese Geschichte für den Versuch, ein wenig frischen Wind ins Genre zu bringen und Klischees auf unterhaltsame Art und Weise zu entkräften, sodass ich wahrscheinlich auch den zweiten Teil "Mister Secret", der sich ganz um Edens Schwester Asha drehen wird, lesen werden.




Fazit:


Unterhaltsam, anziehend, romantisch. Leider wird was total innovativ beginnt aber im Verlauf der Geschichte immer stereotypischer, bis das Ende sich dann doch wieder in den typischen Klischees verläuft. Dennoch feiere ich diese Geschichte für den Versuch, ein wenig frischen Wind ins Genre zu bringen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.12.2019

Eine dynamische Dreiecksgeschichte mit bittersüßer Grundstimmung...

Bring Down the Stars
0

Seit ich Emma Scotts "The Light In Us" gelesen habe, würde ich mich auf jeden Fall als Fan bezeichnen, weshalb ich mich natürlich sehr über ihre neue Reihe gefreut habe. "Bring Down The Stars" ist jedoch ...

Seit ich Emma Scotts "The Light In Us" gelesen habe, würde ich mich auf jeden Fall als Fan bezeichnen, weshalb ich mich natürlich sehr über ihre neue Reihe gefreut habe. "Bring Down The Stars" ist jedoch eng mit einem privaten Schicksalsschlage der Autorin verknüpft und in einer ganz anderen Zeit und Lebenssituation verfasst wie "The Light In Us" - und das spürt man auch. So fiel die Geschichte ganz anders aus als ich erwartet hätte und ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich das finden soll.


"Weißt du, warum die Morgendämmerung so schön ist, Autumn?", hatte Dad gefragt. "Weil jeder Tag die Möglichkeit von etwas Wunderbarem birgt. Du musst nur bereit sein dafür."


Das Cover ist ein üblicher LYX-Traum mit dem dominanten Titel in gravierten Großbuchstaben und den glitzernden Lichtpunkten auf dem creme-lila Grund. Auch wenn mir die Farb- und Lichtakzente sehr gut gefallen finde ich es ein wenig zu fröhlich und glamourös für diese teilweise eher schwermütige Geschichte. Versteht mich nicht falsch - die Gestaltung ist wirklich wunderhübsch, auf mich wirkt sie aber ein wenig zu harmlos. Das Cover des zweiten Teils mit dem dunklen Grund und den starken Akzenten, macht in meinen Augen da schon viel mehr her und kann die Dramatik besser einfangen. Geteilt in 6 Teile umfasst die Geschichte 32 Kapitel, die entweder aus Westons oder aus Autumns Sicht erzählt sind. Zu Beginn erklärt die Anmerkung der Autorin einiges zum Entstehungskontext, dann folgt eine kurze Playlist und ein anrührender Prolog über Westons Kindheit. Besonders schön ist jedoch, dass ganz am Ende noch Westons Gedichte in englischer (also Original-)Fassung eingefügt worden sind, die eine ganz andere Magie entfalten als die deutschen Übersetzungen (auch wenn man an jener nichts aussetzen kann). Das war eine wunderbare Idee des Verlags, die einiges hermacht!


Erster Satz: "Ich war sieben Jahre alt, als mein Vater uns verlassen hat."


Der Klapptext impliziert eine Dreiecksgeschichte zwischen Autumn, Connor und dessen Freund Weston, welcher ich eher mit gemischten Gefühlen entgegensah, da ich mit der typischen Dreiecksbeziehung in all den Jahren meiner "Lesekarriere" selten eine gute Erfahrung gemacht habe. Anders als erwartet, steht hier jedoch der Protagonist und Sympathieträger des Lesers schon von der ersten Seite an fest und die Frage, wer Autumns wahre Liebe ist, wird dadurch vorweggenommen, dass der Prolog zu Beginn Nähe und Verständnis zu Weston aufbaut. Obwohl wir nach dem Prolog erstmal in Autumns Leben am Amherst College einsteigen, wo sie zuerst den attraktiven Connor mit dem gewinnenden Lächeln und dann den ebenso gutaussehenden Weston mit seiner beißenden Abwehrhaltung kennenlernt, ist Weston durch den Einschub seiner Geschichte von Beginn an der eigentliche Favorit des Lesers.

Auch im Laufe der Geschichte werden Autumns Gefühle für Connor durch das Wissen um die eigentliche Herkunft der anrührenden, perfekten Textnachrichten, Telefonanrufe, Briefe und Gedichte, die Autumn in Connors Namen erreichen, als Projektion und Täuschung entlarvt. Je näher sich Connor und Autumn kommen, desto mehr wundert sie sich darüber, wie er schriftlich so romantisch und perfekt sein kann, es aber oft nicht funkt, wenn sie sich gegenüber stehen. Auf der anderen Seite ist sie verwirrt von den Gefühlen, die Connors abweisender Freund Weston in ihr auslöst. Wer sich also von dem Ausblick auf eine Dreiecksgeschichte abschrecken lassen würde: wir haben es hier nicht mit einem nervtötenden Hin und Her zu tun sondern erleben ein authentisches, mitreißendes Gefühlsdilemma. Die Konstellation von Autumn, die nach einem enttäuschenden Beziehungsende eigentlich keine neue Liebschaft will, dem Aufreißer Connor, der seinen besten Freund um Ratschläge bittet und dem tiefgründigen Weston, der für die beiden aus Liebe nur das Beste will, hat eine herzzerreißende Dynamik, sodass bald klar wird, dass nicht jede Dreiecksgeschichte ein Reinfall werden muss.


"Ganz langsam. Dir hat gerade jemand das Herz gebrochen, und du kletterst schon wieder auf den Felsvorsprung und überlegst, erneut zu springen. (…) Doch bei jedem Lächeln von Connor, jedem Lachen und jeder beiläufigen Berührung spürte ich diese Anziehung, die mir zuflüsterte, dass ich springen sollte, dass es mich glücklich machen würde. Nur erinnerte ich mich noch allzu gut, wie hart und unnachgiebig der Boden sein konnte."


Ganz anders als gewohnt, lässt sich die Geschichte viel Zeit und konzentriert sich auf das Spannungsgefüge zwischen Connor, Autumn und Weston ohne dass es schnell konkret wird. Brodelnde Leidenschaft sucht man hier also ebenso vergebens wie Lockerheit und Fröhlichkeit. Denn trotz des zuerst eher unproblematischen Hintergrunds kommt der Roman weitaus schwermütiger daher, als erwartet, als überschatte eine dunkle Vorahnung die ersten Gefühle zarter Liebe. Zur Erschaffung dieser bittersüßen Grundstimmung, trägt vor allem Emma Scotts Schreibstil bei. Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. Sie erschafft durch die Mischung von drei zerbrechlichen und doch starken Protagonisten, einer wunderschöner und doch hässlicher Stadt und herzzerreißend traurigen und anrührend süßen Momenten einen ambivalenten Mix voller Kontraste, Wahrheit und Tiefgründigkeit.


"Sie haben die Liebe von tausend Herzen zu geben. Tausend Tränen können fallen, wenn ein Herz bricht. Aber weinen Sie nie vor Scham." Er nahm mein Kinn in seine große Hand. "Auch verlorene Liebe ist sinnvoll verschenkt."



Das klingt ja soweit ganz wundervoll, also warum bin ich mir nicht sicher, was ich von der Geschichte halten soll? Hauptsächlich liegt das daran, dass mich Autumn als Protagonisten überhaupt nicht erreichen konnte. Trotz dass ich viele Gemeinsamkeiten mit ihr habe (Ausgehmuffel, Faible für Second-Hand-Chic, Workaholic, Studium mit Stipendium, immer überarbeitet, ehemaliges Landei), konnte ich sie nicht wirklich als Charakter greifen, weshalb mir ihre Seite der Geschichte schwer zugänglich blieb. Auch gegen Connor habe ich bald unabsichtlich eine Aversion entwickelt. Auch wenn er mit seinem strahlenden Lachen, der aufgeschlossenen Art und der Loyalität gegenüber Weston grundsätzlich sympathisch ist, hat mich sein Verhalten Autumn gegenüber oft ziemlich gestört und auch seine Blindheit gegenüber Westons Gefühlen hat ihm viele Minuspunkte eingebracht. So habe ich mich schon bald dabei erwischt, mir einfach nur zu wünschen, er möge doch endlich einfach gehen und Wes das Feld überlassen.

Der große Lichtblick, der die Schwäche der beiden anderen Protagonisten wieder ausbügelt ist Weston Turner, der zu den anbetungswürdigsten Charakteren gehört, von denen ich je gelesen habe. Er besitzt eine poetisch Tiefgründigkeit und gequälte Intensität, die Connor definitiv fehlt und das zeigt sich nicht nur darin, dass er wundervolle Gedichte schreibt. Nein, die Art und Weise, wie er seine Gefühle reflektiert, die Folgen seines Verhaltens auslotet und sein eigenes Glück hinter das der Menschen, die er liebt zurückstellt, ist einfach hinreißend, auch wenn er mich mit seinen masochistischen, aufopferungsvollen Zügen in den Wahnsinn trieb.


"Was ist passiert, dass Sie das Gefühl haben, selbst nichts Gutes zu verdienen?" (…)
"Das Gute fühlt sich unerreichbar an", murmelte ich. "Ich hatte mal etwas Gutes und habe es verloren."
"Und jetzt greifen sie nur nach Dingen, deren Verlust nicht wehtut." (…)
"Es ist zu spät"
"Ist es das? Sie sitzen hier quicklebendig vor mir, durch ihre Adern fließt Blut, ihre Lungen atmen. Für mich sieht das nicht nach zu spät aus."


Dadurch dass man als Leser die ganze Zeit weiß, was Autumn verborgen bleibt und wie sehr Weston unter der Situation leidet, möchte man am liebsten in die Geschichte einsteigen und ihr die Wahrheit ins Gesicht brüllen. So einfach macht es uns die Autorin jedoch nicht und gerade als man denkt, die Geschichte bewege sich endlich in die richtige Richtung, schockiert sie uns mit einem fiesen Bruch. Durch eine im Affekt getroffene Entscheidung geht es plötzlich um weitaus mehr als unerwiderte Liebe. Doch anstatt die plötzliche Wendung zu nutzen um mehr Tiefe in die Geschichte zu bekommen, überspringt die Autorin wichtige Schlüsselszenen einfach durch extrem große Zeitsprünge, weshalb ich endgültig die Verbindung zu Connor und Autumn verloren habe. Etwas enttäuscht war ich auch, dass wir von den vielen Briefen, die Weston im hinteren Teil der Geschichte schreibt nur einen einzigen abgedruckt bekommen und so alles, was zuvor sehr langsam entwickelt wurde plötzlich viel zu schnell vonstattengeht.


"Eine kupferrote Strähne wehte über ihre porzellanweiße Wange. Ihr braunen Augen waren voller Gedanken über die Welt und die Menschen darin. Sie ist zu süß für meine Bitterkeit. Zu freundlich für meine boshafte Ader."


Und dann... dann kommt das Ende mit einem Cliffhanger, der es in sich hat. Anders als in den meisten YA-Büchern kommt kein übertriebenes Schmalz-Happy-End mit Flughafen-Renn-Szene, Heiratsantrag, Kinder oder Haus oder vielleicht ein Cliffhanger der "es gab einen schlimmen Streit, werden wir das je wieder gerade biegen"-Sorte, nein, Emma Scott lässt ihre Protagonisten in einer Szene zurück, bei der ich mich wirklich gefragt habe: "Warum tust du uns das an?". Ein Ende, das gleichzeitig der Anfang einer neuen Geschichte voller Schmerz und Liebe ist … und auf die wir noch bis zum 31. Januar 2020 warten müssen!




Fazit:


Eine dynamische Dreiecksgeschichte mit bittersüßer Grundstimmung, die sich zu Beginn viel Zeit lässt, nur um nach einem fiesen Bruch mit dem heftigsten Cliffhanger aller Zeiten zu enden. Ein sensibler Schreibstil, viel Gefühle und "der anbetungswürdigste Charakter ever" stehen sonst eher mittelmäßigen Protagonisten und einem überhasteten Schlussteil gegenüber, die meine Bewertung leider herunterziehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.12.2019

Eine dynamische Dreiecksgeschichte mit bittersüßer Grundstimmung...

Bring Down the Stars
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Seit ich Emma Scotts "The Light In Us" gelesen habe, würde ich mich auf jeden Fall als Fan bezeichnen, weshalb ich mich natürlich sehr über ihre neue Reihe gefreut habe. "Bring Down The Stars" ist jedoch ...

Seit ich Emma Scotts "The Light In Us" gelesen habe, würde ich mich auf jeden Fall als Fan bezeichnen, weshalb ich mich natürlich sehr über ihre neue Reihe gefreut habe. "Bring Down The Stars" ist jedoch eng mit einem privaten Schicksalsschlage der Autorin verknüpft und in einer ganz anderen Zeit und Lebenssituation verfasst wie "The Light In Us" - und das spürt man auch. So fiel die Geschichte ganz anders aus als ich erwartet hätte und ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich das finden soll.


"Weißt du, warum die Morgendämmerung so schön ist, Autumn?", hatte Dad gefragt. "Weil jeder Tag die Möglichkeit von etwas Wunderbarem birgt. Du musst nur bereit sein dafür."


Das Cover ist ein üblicher LYX-Traum mit dem dominanten Titel in gravierten Großbuchstaben und den glitzernden Lichtpunkten auf dem creme-lila Grund. Auch wenn mir die Farb- und Lichtakzente sehr gut gefallen finde ich es ein wenig zu fröhlich und glamourös für diese teilweise eher schwermütige Geschichte. Versteht mich nicht falsch - die Gestaltung ist wirklich wunderhübsch, auf mich wirkt sie aber ein wenig zu harmlos. Das Cover des zweiten Teils mit dem dunklen Grund und den starken Akzenten, macht in meinen Augen da schon viel mehr her und kann die Dramatik besser einfangen. Geteilt in 6 Teile umfasst die Geschichte 32 Kapitel, die entweder aus Westons oder aus Autumns Sicht erzählt sind. Zu Beginn erklärt die Anmerkung der Autorin einiges zum Entstehungskontext, dann folgt eine kurze Playlist und ein anrührender Prolog über Westons Kindheit. Besonders schön ist jedoch, dass ganz am Ende noch Westons Gedichte in englischer (also Original-)Fassung eingefügt worden sind, die eine ganz andere Magie entfalten als die deutschen Übersetzungen (auch wenn man an jener nichts aussetzen kann). Das war eine wunderbare Idee des Verlags, die einiges hermacht!


Erster Satz: "Ich war sieben Jahre alt, als mein Vater uns verlassen hat."


Der Klapptext impliziert eine Dreiecksgeschichte zwischen Autumn, Connor und dessen Freund Weston, welcher ich eher mit gemischten Gefühlen entgegensah, da ich mit der typischen Dreiecksbeziehung in all den Jahren meiner "Lesekarriere" selten eine gute Erfahrung gemacht habe. Anders als erwartet, steht hier jedoch der Protagonist und Sympathieträger des Lesers schon von der ersten Seite an fest und die Frage, wer Autumns wahre Liebe ist, wird dadurch vorweggenommen, dass der Prolog zu Beginn Nähe und Verständnis zu Weston aufbaut. Obwohl wir nach dem Prolog erstmal in Autumns Leben am Amherst College einsteigen, wo sie zuerst den attraktiven Connor mit dem gewinnenden Lächeln und dann den ebenso gutaussehenden Weston mit seiner beißenden Abwehrhaltung kennenlernt, ist Weston durch den Einschub seiner Geschichte von Beginn an der eigentliche Favorit des Lesers.

Auch im Laufe der Geschichte werden Autumns Gefühle für Connor durch das Wissen um die eigentliche Herkunft der anrührenden, perfekten Textnachrichten, Telefonanrufe, Briefe und Gedichte, die Autumn in Connors Namen erreichen, als Projektion und Täuschung entlarvt. Je näher sich Connor und Autumn kommen, desto mehr wundert sie sich darüber, wie er schriftlich so romantisch und perfekt sein kann, es aber oft nicht funkt, wenn sie sich gegenüber stehen. Auf der anderen Seite ist sie verwirrt von den Gefühlen, die Connors abweisender Freund Weston in ihr auslöst. Wer sich also von dem Ausblick auf eine Dreiecksgeschichte abschrecken lassen würde: wir haben es hier nicht mit einem nervtötenden Hin und Her zu tun sondern erleben ein authentisches, mitreißendes Gefühlsdilemma. Die Konstellation von Autumn, die nach einem enttäuschenden Beziehungsende eigentlich keine neue Liebschaft will, dem Aufreißer Connor, der seinen besten Freund um Ratschläge bittet und dem tiefgründigen Weston, der für die beiden aus Liebe nur das Beste will, hat eine herzzerreißende Dynamik, sodass bald klar wird, dass nicht jede Dreiecksgeschichte ein Reinfall werden muss.


"Ganz langsam. Dir hat gerade jemand das Herz gebrochen, und du kletterst schon wieder auf den Felsvorsprung und überlegst, erneut zu springen. (…) Doch bei jedem Lächeln von Connor, jedem Lachen und jeder beiläufigen Berührung spürte ich diese Anziehung, die mir zuflüsterte, dass ich springen sollte, dass es mich glücklich machen würde. Nur erinnerte ich mich noch allzu gut, wie hart und unnachgiebig der Boden sein konnte."


Ganz anders als gewohnt, lässt sich die Geschichte viel Zeit und konzentriert sich auf das Spannungsgefüge zwischen Connor, Autumn und Weston ohne dass es schnell konkret wird. Brodelnde Leidenschaft sucht man hier also ebenso vergebens wie Lockerheit und Fröhlichkeit. Denn trotz des zuerst eher unproblematischen Hintergrunds kommt der Roman weitaus schwermütiger daher, als erwartet, als überschatte eine dunkle Vorahnung die ersten Gefühle zarter Liebe. Zur Erschaffung dieser bittersüßen Grundstimmung, trägt vor allem Emma Scotts Schreibstil bei. Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. Sie erschafft durch die Mischung von drei zerbrechlichen und doch starken Protagonisten, einer wunderschöner und doch hässlicher Stadt und herzzerreißend traurigen und anrührend süßen Momenten einen ambivalenten Mix voller Kontraste, Wahrheit und Tiefgründigkeit.


"Sie haben die Liebe von tausend Herzen zu geben. Tausend Tränen können fallen, wenn ein Herz bricht. Aber weinen Sie nie vor Scham." Er nahm mein Kinn in seine große Hand. "Auch verlorene Liebe ist sinnvoll verschenkt."



Das klingt ja soweit ganz wundervoll, also warum bin ich mir nicht sicher, was ich von der Geschichte halten soll? Hauptsächlich liegt das daran, dass mich Autumn als Protagonisten überhaupt nicht erreichen konnte. Trotz dass ich viele Gemeinsamkeiten mit ihr habe (Ausgehmuffel, Faible für Second-Hand-Chic, Workaholic, Studium mit Stipendium, immer überarbeitet, ehemaliges Landei), konnte ich sie nicht wirklich als Charakter greifen, weshalb mir ihre Seite der Geschichte schwer zugänglich blieb. Auch gegen Connor habe ich bald unabsichtlich eine Aversion entwickelt. Auch wenn er mit seinem strahlenden Lachen, der aufgeschlossenen Art und der Loyalität gegenüber Weston grundsätzlich sympathisch ist, hat mich sein Verhalten Autumn gegenüber oft ziemlich gestört und auch seine Blindheit gegenüber Westons Gefühlen hat ihm viele Minuspunkte eingebracht. So habe ich mich schon bald dabei erwischt, mir einfach nur zu wünschen, er möge doch endlich einfach gehen und Wes das Feld überlassen.

Der große Lichtblick, der die Schwäche der beiden anderen Protagonisten wieder ausbügelt ist Weston Turner, der zu den anbetungswürdigsten Charakteren gehört, von denen ich je gelesen habe. Er besitzt eine poetisch Tiefgründigkeit und gequälte Intensität, die Connor definitiv fehlt und das zeigt sich nicht nur darin, dass er wundervolle Gedichte schreibt. Nein, die Art und Weise, wie er seine Gefühle reflektiert, die Folgen seines Verhaltens auslotet und sein eigenes Glück hinter das der Menschen, die er liebt zurückstellt, ist einfach hinreißend, auch wenn er mich mit seinen masochistischen, aufopferungsvollen Zügen in den Wahnsinn trieb.


"Was ist passiert, dass Sie das Gefühl haben, selbst nichts Gutes zu verdienen?" (…)
"Das Gute fühlt sich unerreichbar an", murmelte ich. "Ich hatte mal etwas Gutes und habe es verloren."
"Und jetzt greifen sie nur nach Dingen, deren Verlust nicht wehtut." (…)
"Es ist zu spät"
"Ist es das? Sie sitzen hier quicklebendig vor mir, durch ihre Adern fließt Blut, ihre Lungen atmen. Für mich sieht das nicht nach zu spät aus."


Dadurch dass man als Leser die ganze Zeit weiß, was Autumn verborgen bleibt und wie sehr Weston unter der Situation leidet, möchte man am liebsten in die Geschichte einsteigen und ihr die Wahrheit ins Gesicht brüllen. So einfach macht es uns die Autorin jedoch nicht und gerade als man denkt, die Geschichte bewege sich endlich in die richtige Richtung, schockiert sie uns mit einem fiesen Bruch. Durch eine im Affekt getroffene Entscheidung geht es plötzlich um weitaus mehr als unerwiderte Liebe. Doch anstatt die plötzliche Wendung zu nutzen um mehr Tiefe in die Geschichte zu bekommen, überspringt die Autorin wichtige Schlüsselszenen einfach durch extrem große Zeitsprünge, weshalb ich endgültig die Verbindung zu Connor und Autumn verloren habe. Etwas enttäuscht war ich auch, dass wir von den vielen Briefen, die Weston im hinteren Teil der Geschichte schreibt nur einen einzigen abgedruckt bekommen und so alles, was zuvor sehr langsam entwickelt wurde plötzlich viel zu schnell vonstattengeht.


"Eine kupferrote Strähne wehte über ihre porzellanweiße Wange. Ihr braunen Augen waren voller Gedanken über die Welt und die Menschen darin. Sie ist zu süß für meine Bitterkeit. Zu freundlich für meine boshafte Ader."


Und dann... dann kommt das Ende mit einem Cliffhanger, der es in sich hat. Anders als in den meisten YA-Büchern kommt kein übertriebenes Schmalz-Happy-End mit Flughafen-Renn-Szene, Heiratsantrag, Kinder oder Haus oder vielleicht ein Cliffhanger der "es gab einen schlimmen Streit, werden wir das je wieder gerade biegen"-Sorte, nein, Emma Scott lässt ihre Protagonisten in einer Szene zurück, bei der ich mich wirklich gefragt habe: "Warum tust du uns das an?". Ein Ende, das gleichzeitig der Anfang einer neuen Geschichte voller Schmerz und Liebe ist … und auf die wir noch bis zum 31. Januar 2020 warten müssen!




Fazit:


Eine dynamische Dreiecksgeschichte mit bittersüßer Grundstimmung, die sich zu Beginn viel Zeit lässt, nur um nach einem fiesen Bruch mit dem heftigsten Cliffhanger aller Zeiten zu enden. Ein sensibler Schreibstil, viel Gefühle und "der anbetungswürdigste Charakter ever" stehen sonst eher mittelmäßigen Protagonisten und einem überhasteten Schlussteil gegenüber, die meine Bewertung leider herunterziehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.12.2019

Eine dynamische Dreiecksgeschichte mit bittersüßer Grundstimmung...

Bring Down the Stars
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Seit ich Emma Scotts "The Light In Us" gelesen habe, würde ich mich auf jeden Fall als Fan bezeichnen, weshalb ich mich natürlich sehr über ihre neue Reihe gefreut habe. "Bring Down The Stars" ist jedoch ...

Seit ich Emma Scotts "The Light In Us" gelesen habe, würde ich mich auf jeden Fall als Fan bezeichnen, weshalb ich mich natürlich sehr über ihre neue Reihe gefreut habe. "Bring Down The Stars" ist jedoch eng mit einem privaten Schicksalsschlage der Autorin verknüpft und in einer ganz anderen Zeit und Lebenssituation verfasst wie "The Light In Us" - und das spürt man auch. So fiel die Geschichte ganz anders aus als ich erwartet hätte und ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich das finden soll.


"Weißt du, warum die Morgendämmerung so schön ist, Autumn?", hatte Dad gefragt. "Weil jeder Tag die Möglichkeit von etwas Wunderbarem birgt. Du musst nur bereit sein dafür."


Das Cover ist ein üblicher LYX-Traum mit dem dominanten Titel in gravierten Großbuchstaben und den glitzernden Lichtpunkten auf dem creme-lila Grund. Auch wenn mir die Farb- und Lichtakzente sehr gut gefallen finde ich es ein wenig zu fröhlich und glamourös für diese teilweise eher schwermütige Geschichte. Versteht mich nicht falsch - die Gestaltung ist wirklich wunderhübsch, auf mich wirkt sie aber ein wenig zu harmlos. Das Cover des zweiten Teils mit dem dunklen Grund und den starken Akzenten, macht in meinen Augen da schon viel mehr her und kann die Dramatik besser einfangen. Geteilt in 6 Teile umfasst die Geschichte 32 Kapitel, die entweder aus Westons oder aus Autumns Sicht erzählt sind. Zu Beginn erklärt die Anmerkung der Autorin einiges zum Entstehungskontext, dann folgt eine kurze Playlist und ein anrührender Prolog über Westons Kindheit. Besonders schön ist jedoch, dass ganz am Ende noch Westons Gedichte in englischer (also Original-)Fassung eingefügt worden sind, die eine ganz andere Magie entfalten als die deutschen Übersetzungen (auch wenn man an jener nichts aussetzen kann). Das war eine wunderbare Idee des Verlags, die einiges hermacht!


Erster Satz: "Ich war sieben Jahre alt, als mein Vater uns verlassen hat."


Der Klapptext impliziert eine Dreiecksgeschichte zwischen Autumn, Connor und dessen Freund Weston, welcher ich eher mit gemischten Gefühlen entgegensah, da ich mit der typischen Dreiecksbeziehung in all den Jahren meiner "Lesekarriere" selten eine gute Erfahrung gemacht habe. Anders als erwartet, steht hier jedoch der Protagonist und Sympathieträger des Lesers schon von der ersten Seite an fest und die Frage, wer Autumns wahre Liebe ist, wird dadurch vorweggenommen, dass der Prolog zu Beginn Nähe und Verständnis zu Weston aufbaut. Obwohl wir nach dem Prolog erstmal in Autumns Leben am Amherst College einsteigen, wo sie zuerst den attraktiven Connor mit dem gewinnenden Lächeln und dann den ebenso gutaussehenden Weston mit seiner beißenden Abwehrhaltung kennenlernt, ist Weston durch den Einschub seiner Geschichte von Beginn an der eigentliche Favorit des Lesers.

Auch im Laufe der Geschichte werden Autumns Gefühle für Connor durch das Wissen um die eigentliche Herkunft der anrührenden, perfekten Textnachrichten, Telefonanrufe, Briefe und Gedichte, die Autumn in Connors Namen erreichen, als Projektion und Täuschung entlarvt. Je näher sich Connor und Autumn kommen, desto mehr wundert sie sich darüber, wie er schriftlich so romantisch und perfekt sein kann, es aber oft nicht funkt, wenn sie sich gegenüber stehen. Auf der anderen Seite ist sie verwirrt von den Gefühlen, die Connors abweisender Freund Weston in ihr auslöst. Wer sich also von dem Ausblick auf eine Dreiecksgeschichte abschrecken lassen würde: wir haben es hier nicht mit einem nervtötenden Hin und Her zu tun sondern erleben ein authentisches, mitreißendes Gefühlsdilemma. Die Konstellation von Autumn, die nach einem enttäuschenden Beziehungsende eigentlich keine neue Liebschaft will, dem Aufreißer Connor, der seinen besten Freund um Ratschläge bittet und dem tiefgründigen Weston, der für die beiden aus Liebe nur das Beste will, hat eine herzzerreißende Dynamik, sodass bald klar wird, dass nicht jede Dreiecksgeschichte ein Reinfall werden muss.


"Ganz langsam. Dir hat gerade jemand das Herz gebrochen, und du kletterst schon wieder auf den Felsvorsprung und überlegst, erneut zu springen. (…) Doch bei jedem Lächeln von Connor, jedem Lachen und jeder beiläufigen Berührung spürte ich diese Anziehung, die mir zuflüsterte, dass ich springen sollte, dass es mich glücklich machen würde. Nur erinnerte ich mich noch allzu gut, wie hart und unnachgiebig der Boden sein konnte."


Ganz anders als gewohnt, lässt sich die Geschichte viel Zeit und konzentriert sich auf das Spannungsgefüge zwischen Connor, Autumn und Weston ohne dass es schnell konkret wird. Brodelnde Leidenschaft sucht man hier also ebenso vergebens wie Lockerheit und Fröhlichkeit. Denn trotz des zuerst eher unproblematischen Hintergrunds kommt der Roman weitaus schwermütiger daher, als erwartet, als überschatte eine dunkle Vorahnung die ersten Gefühle zarter Liebe. Zur Erschaffung dieser bittersüßen Grundstimmung, trägt vor allem Emma Scotts Schreibstil bei. Die Sensibilität, mit der sie dem Leser einen Blick ins Innere ihrer Protagonisten gewährt, die Grausamkeit, mit der sie uns und ihre Geschöpfe konfrontiert und die viele Liebe, mit der sie ihre und unsere Herzen heilt, sind wirklich erstaunlich. Sie erschafft durch die Mischung von drei zerbrechlichen und doch starken Protagonisten, einer wunderschöner und doch hässlicher Stadt und herzzerreißend traurigen und anrührend süßen Momenten einen ambivalenten Mix voller Kontraste, Wahrheit und Tiefgründigkeit.


"Sie haben die Liebe von tausend Herzen zu geben. Tausend Tränen können fallen, wenn ein Herz bricht. Aber weinen Sie nie vor Scham." Er nahm mein Kinn in seine große Hand. "Auch verlorene Liebe ist sinnvoll verschenkt."



Das klingt ja soweit ganz wundervoll, also warum bin ich mir nicht sicher, was ich von der Geschichte halten soll? Hauptsächlich liegt das daran, dass mich Autumn als Protagonisten überhaupt nicht erreichen konnte. Trotz dass ich viele Gemeinsamkeiten mit ihr habe (Ausgehmuffel, Faible für Second-Hand-Chic, Workaholic, Studium mit Stipendium, immer überarbeitet, ehemaliges Landei), konnte ich sie nicht wirklich als Charakter greifen, weshalb mir ihre Seite der Geschichte schwer zugänglich blieb. Auch gegen Connor habe ich bald unabsichtlich eine Aversion entwickelt. Auch wenn er mit seinem strahlenden Lachen, der aufgeschlossenen Art und der Loyalität gegenüber Weston grundsätzlich sympathisch ist, hat mich sein Verhalten Autumn gegenüber oft ziemlich gestört und auch seine Blindheit gegenüber Westons Gefühlen hat ihm viele Minuspunkte eingebracht. So habe ich mich schon bald dabei erwischt, mir einfach nur zu wünschen, er möge doch endlich einfach gehen und Wes das Feld überlassen.

Der große Lichtblick, der die Schwäche der beiden anderen Protagonisten wieder ausbügelt ist Weston Turner, der zu den anbetungswürdigsten Charakteren gehört, von denen ich je gelesen habe. Er besitzt eine poetisch Tiefgründigkeit und gequälte Intensität, die Connor definitiv fehlt und das zeigt sich nicht nur darin, dass er wundervolle Gedichte schreibt. Nein, die Art und Weise, wie er seine Gefühle reflektiert, die Folgen seines Verhaltens auslotet und sein eigenes Glück hinter das der Menschen, die er liebt zurückstellt, ist einfach hinreißend, auch wenn er mich mit seinen masochistischen, aufopferungsvollen Zügen in den Wahnsinn trieb.


"Was ist passiert, dass Sie das Gefühl haben, selbst nichts Gutes zu verdienen?" (…)
"Das Gute fühlt sich unerreichbar an", murmelte ich. "Ich hatte mal etwas Gutes und habe es verloren."
"Und jetzt greifen sie nur nach Dingen, deren Verlust nicht wehtut." (…)
"Es ist zu spät"
"Ist es das? Sie sitzen hier quicklebendig vor mir, durch ihre Adern fließt Blut, ihre Lungen atmen. Für mich sieht das nicht nach zu spät aus."


Dadurch dass man als Leser die ganze Zeit weiß, was Autumn verborgen bleibt und wie sehr Weston unter der Situation leidet, möchte man am liebsten in die Geschichte einsteigen und ihr die Wahrheit ins Gesicht brüllen. So einfach macht es uns die Autorin jedoch nicht und gerade als man denkt, die Geschichte bewege sich endlich in die richtige Richtung, schockiert sie uns mit einem fiesen Bruch. Durch eine im Affekt getroffene Entscheidung geht es plötzlich um weitaus mehr als unerwiderte Liebe. Doch anstatt die plötzliche Wendung zu nutzen um mehr Tiefe in die Geschichte zu bekommen, überspringt die Autorin wichtige Schlüsselszenen einfach durch extrem große Zeitsprünge, weshalb ich endgültig die Verbindung zu Connor und Autumn verloren habe. Etwas enttäuscht war ich auch, dass wir von den vielen Briefen, die Weston im hinteren Teil der Geschichte schreibt nur einen einzigen abgedruckt bekommen und so alles, was zuvor sehr langsam entwickelt wurde plötzlich viel zu schnell vonstattengeht.


"Eine kupferrote Strähne wehte über ihre porzellanweiße Wange. Ihr braunen Augen waren voller Gedanken über die Welt und die Menschen darin. Sie ist zu süß für meine Bitterkeit. Zu freundlich für meine boshafte Ader."


Und dann... dann kommt das Ende mit einem Cliffhanger, der es in sich hat. Anders als in den meisten YA-Büchern kommt kein übertriebenes Schmalz-Happy-End mit Flughafen-Renn-Szene, Heiratsantrag, Kinder oder Haus oder vielleicht ein Cliffhanger der "es gab einen schlimmen Streit, werden wir das je wieder gerade biegen"-Sorte, nein, Emma Scott lässt ihre Protagonisten in einer Szene zurück, bei der ich mich wirklich gefragt habe: "Warum tust du uns das an?". Ein Ende, das gleichzeitig der Anfang einer neuen Geschichte voller Schmerz und Liebe ist … und auf die wir noch bis zum 31. Januar 2020 warten müssen!




Fazit:


Eine dynamische Dreiecksgeschichte mit bittersüßer Grundstimmung, die sich zu Beginn viel Zeit lässt, nur um nach einem fiesen Bruch mit dem heftigsten Cliffhanger aller Zeiten zu enden. Ein sensibler Schreibstil, viel Gefühle und "der anbetungswürdigste Charakter ever" stehen sonst eher mittelmäßigen Protagonisten und einem überhasteten Schlussteil gegenüber, die meine Bewertung leider herunterziehen.

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Veröffentlicht am 01.12.2019

Eine spannende Zeitreise durch die Geschichte der Menschheit

Sofies Welt (Hörspiel)
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Oft zitiert, preisgekrönt, verfilmt und diskutiert - "Sofies Welt" ist mittlerweile ein echter Klassiker geworden, dem sich meiner Meinung nach jeder Leser mindestens einmal widmen sollte. Fragen wie "Wer ...

Oft zitiert, preisgekrönt, verfilmt und diskutiert - "Sofies Welt" ist mittlerweile ein echter Klassiker geworden, dem sich meiner Meinung nach jeder Leser mindestens einmal widmen sollte. Fragen wie "Wer bist du?", "Woher kommt die Erde?", "Was ist ein Mensch?", "Was ist wirklich sicher?" oder "Gibt es einen Gott?" wurden durch alle Epochen der Menschheitsgeschichte anders beantwortet und sich heute noch von großer Relevanz - also warum sich nicht auf einen schnellen Crashkurs der Philosophie einlassen und eine erste Annäherung an brillante Denker und schwierige Theorien vornehmen?


"Sie stellte fest, dass man Philosophie im Grunde nicht lernen kann, aber vielleicht, dachte sie, kann man lernen, philosophisch zu denken."


Wer sich auf diesen Roman einlässt, der auf den ersten Blick mit den 600 Seiten und dem ausufernden Sach- und Personenregister am Ende recht sperrig wirkt, wird mit einer spannenden Zeitreise durch die Geschichte der Menschheit mit einem genaueren Blickwinkel auf Denkweisen, Kulturen und Religionen belohnt. Wir lernen nämlich nicht nur das Leben, den Kontext und die Theorien von Denkern wie Parmenides, Heraklit, Demokrit, Sokrates, Aristoteles, Platon, Augustins, Thomas von Aquin, Hobbes, Descartes, Spinoza, Locke, Hume, Berkeley, Kierkegaard, Marx, Darwin oder Freud kennen, sondern reisen auch durch alle Epochen der Menschheitsgeschichte. So kann altes Wissen über die großen Zusammenhänge der Geschichte wieder aufgefrischt und mit neuen Informationen ausgeschmückt werden. Wir befassen uns im Laufe des Romans kurz mit der Antike, dem Mittelalter, der Renaissance, dem Barock mit Reformation und Dreißigjährigem Krieg, der Aufklärung mit Industrialismus, der Romantik und der späte Neuzeit mit neuen technologischen Entwicklungen und Globalisierung.

Der Untertitel "Roman über die Geschichte der Philosophie" und der Klapptext vermitteln den Anspruch, 3000 Jahre Geschichte des Denkens, der Religion und der Wissenschaft verständlich für Jugendliche wie für Erwachsene darzustellen. Ein ganz schön gewagtes Vorhaben - selbst auf 600 Seiten müssen da natürlich Abstriche gemacht, müssen Fokusse gesetzt und komplizierte Schlussfolgerungen an einfachen Beispielen erklärt werden. Wer also durch einen leicht zugänglichen Grundkurs der Philosophie einen groben Eindruck von wichtigen Strömungen von Wissenschaft und Glaube über die Jahrhunderte hinweg erhalten will, wird in diesem Roman viele spannende neue Informationen und Blickweisen erhalten. Durch gut verständliche, eingängige Beispiele werden Zusammenhänge auch Neulingen auf dem Gebiet klargemacht und die sachbuchartigen Info-Abschnitte sind einfach genug um von Kindern und Jugendlichen verstanden werden zu können, aber doch so komplex um Erwachsene zu bereichern.


"Sie selber war einfach nur ein zufälliger Mensch. aber wenn sie ihre historischen Wurzeln kannte, wurde sie etwas weniger zufällig. Sie selber lebte nur wenige Jahre auf diesem Planeten. Aber wenn die Geschichte der Menschheit auch ihre eigene Geschichte war, war sie in gewisser Weise viele tausend Jahre alt."


Wer sich aber gerne tiefgehender mit Theorien befassen möchte oder sich selbst durch die Geschichte philosophieren möchte, sollte sich eher an den ursprünglichen Werken der Denker oder an ausführlicheren Sachbüchern orientieren. Denn wir befassen uns hier leider nur mit einer recht begrenzten Auswahl an Themen und setzen einen klaren Fokus auf die Anfänge der Philosophie und die tragen dabei wie sooft die Brille der europäischen Kultur. Außerdem setzt der Autor großteils einen sehr belehrenden Stil auf, der viele (gerade Erwachsene Leser mit Vorwissen) stören könnte. Das resultiert vor allem daraus, dass die Art und Weise, wie der Autor versucht, die Informationsblöcke aufzulockern nur bedingt funktioniert. An manchen Stellen wirken die Dialoge, zwischen Sofie und ihrem "Lehrer" Alberto Knag, die der Autor nutzt um Informationen zu vermitteln, sehr zäh und trocken, da sich immer wieder dieselbe Phrasen wiederholen und fehlende gedankliche Tiefe aufseiten von Sofie dafür sorgt, dass man den Dialog schnell als Farce entlarven kann. So wiederholen sich ständig bestimmte Phrasen vonseiten Sofies ("Erklären!", "Und das bedeutet?", "Ich verstehe.", "Erzähl.", "Beispiele bitte.", "Mach weiter.", "Ich höre.", "Begriffen."), die wie abgehackte Einwürfe erscheinen, sie aber nicht zu einem wertvollen Gesprächspartner machen. Sie stellt keine wirklichen Fragen, die sich der Leser dann selber für sich beantworten kann sondern fungiert über große Teile des Romans nur als Stichwortgeberin für den Monolog des Lehrers. So erreichen die Theorie-Teile nicht immer die gewünschte gedankliche Tiefe - aber das ist wirklich Meckern auf hohem Niveau.


"Im Garten war alles wunderbar klar und still. Die Vögel zwitscherten so energisch, dass Sofie fast lachen musste. Morgentau kullerte von den Grashalmen wie kleine Kristalltropfen. Wieder ging ihr auf, was die Welt für ein unfassbares Wunder ist."


Ein weiterer Kritikpunkt, den man in Bezug auf Sofie anbringen kann ist dass sie über die gesamte Handlung hinweg sehr blass bleibt und der Autor das Identifikationspotential, das er durch seine junge Protagonistin für ebenfalls junge Leser gehabt hätte, verschenkt. An manchen Stellen wirkt sie nicht nur kilometerweit weg sondern auch schlichtweg unsympathisch. Bevor man sich als Leser jedoch über die scheinbar total belanglose Rahmenhandlung ärgern kann, überrascht der Autor mit einer spannenden Wendung, die Sofies Geschichte nicht nur zum Medium sondern auch zum Beispiel für philosophische Probleme und deren Lösung macht. Bald wird klar, dass der Aufbau des Plots mit den zwei ineinander verschachtelten Handlungsebenen voller echter und romantischer Ironie leicht über die banale, oberflächliche Geschichte mit ihren blassen Figuren hinwegtrösten kann. Sieht man großzügig über einige Stellen hinweg, in denen der Autor etwas über das Ziel hinausschießt und konstruiert märchenhaft und übertrieben abstrakt Märchenfiguren auftauchen lässt oder die physikalischen Kräfte außer Kraft setzt, lockert die Rahmenhandlung also den Theorieteil auf und lädt unterhaltsam zum Miträtseln und Mitfiebern bei den großen und kleinen Rätseln unseres Daseins ein.


"Leben und Tod waren zwei Seiten derselben Sache. Man kann nicht erleben, dass man existiert, ohne auch zu erleben, dass man sterben muss, dachte sie. Und es ist genauso unmöglich, darüber nachzudenken, dass man sterben muss, ohne zugleich daran zu denken, wie phantastisch das Leben ist."


Das tatsächliche Ende ist wohl einfach Geschmacksache und auch wenn die Mischung aus Sachbuch und Roman an manchen Stellen etwas unausgegoren wirkt, wird diese Geschichte den Horizont sämtlicher Leser erweitern und zum Sinnieren und Reflektieren anregen.




Fazit:


Eine spannende Zeitreise durch die Geschichte der Menschheit mit einem ganz neuen Blickwinkel auf Denkweisen, Kulturen und Religionen. Eingängige Beispiele, eine unterhaltsame, gut durchdachte Rahmengeschichte und der leichte Erzählton trösten über oberflächliche, blasse Figuren und die doch recht begrenzte Auswahl an Themen hinweg. Zu Recht ein echter Klassiker!