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Veröffentlicht am 25.01.2020

Drollige Halb-Geisterfledermaus flattert durch eine witzig-coole Geschichte

Vincent flattert ins Abenteuer (Band 1)
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Vincent, leider nur eine Halb-Geisterfledermaus, sucht für seinen geräumigen Dachboden einen Freund und Mitbewohner, um es gemeinsam gegen die hässliche Katze aufzunehmen und in die Geisterwelt zu reisen. ...

Vincent, leider nur eine Halb-Geisterfledermaus, sucht für seinen geräumigen Dachboden einen Freund und Mitbewohner, um es gemeinsam gegen die hässliche Katze aufzunehmen und in die Geisterwelt zu reisen. Bis ein akzeptabler Freund anklopft, stehen ganz schön schräge Typen bei Vincent vor der Dachluke.

Die Autorin Sonja Kaiblinger hat dem kleinen, drolligen Vincent ein eigenes Abenteuer geschenkt. Viele Kinder kennen ihn schon aus den Scary Harry-Büchern, wo er bisher rumgeflattert ist.

Hier steht er im Mittelpunkt, umringt von zahlreichen skurrilen Tieren und einem Poltergeist. Das Buch habe ich meinem fast siebenjährigen Sohn in einem Rutsch vorgelesen. Er war gleich vom Beginn des Buches gefangen, da fielen die Begriffe “Geisterhaus“ und „geheimes Portal in der Schornsteinklappe“ und dann kam die hässliche Katze. Ihm hat die Geschichte sehr gut gefallen, vor allem die lustigen Szenen und Figuren. Einige Stellen musste ich mehrfach vorlesen.

Die großzügigen, detailreichen und liebevollen Zeichnungen haben ihm auch gefallen und unterstützen den Text hervorragend. Auf Nachfrage hätte er sich die Geschichte aber auch ohne Bilder angehört.

Die Textdarstellung ist besonders, da sie sich an Comics anlehnt. Es gibt kleine, ergänzende Beschriftungen der großflächigen Zeichnungen, verschiedene Schrifttypen und -größen, um zu unterscheiden, wer gerade spricht. Kleine Textabschnitte, die optisch an Sprechblasen erinnern. Dies schafft kleine Leseeinheiten für noch ungeübte Leser, für die die Bücher zum Selbstlesen gedacht sind. Die verschiedenen Schrifttypen und -größen lockern das Schriftbild für diese Zielgruppe auf. Beim Vorlesen war es für mich an wenigen Stellen etwas verwirrend, wer gerade spricht und was zuerst gelesen werden sollte.

Das gebundene Buch ist hochwertig ausgestattet, mit einem farbigen Buchblock und festen, griffigen Seiten.

Insgesamt eine lustige Geschichte zum Vor- und Selbstlesen mit winzigen Gruselspritzern, coolen Sprüchen, einer tollen Aufmachung für junge Leser und wunderschönen Zeichnungen.

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Veröffentlicht am 28.12.2024

Fotojournalistin oder Reisefotografin?

Jenseits von New York
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Mit dieser Diskussion beginnt das interessante und informative Nachwort zu der Foto- und Reportagesammlung "Jenseits von New York" der Schweizerin Annemarie Schwarzenbach (1908-1942). Schwarzenbach stammte ...

Mit dieser Diskussion beginnt das interessante und informative Nachwort zu der Foto- und Reportagesammlung "Jenseits von New York" der Schweizerin Annemarie Schwarzenbach (1908-1942). Schwarzenbach stammte aus einer sehr wohlhabenden Industriellenfamilie, war mit Erika und Klaus Mann befreundet und bereiste unter anderem Spanien, Persien, Afghanistan und die USA.

In dieser Publikation sind drei Fotostrecken und neben Prolog und Epilog zwei Abschnitte mit Textbeiträgen enthalten. Mit New York im Rücken begibt sich Schwarzenbach 1936-1938 auf die Suche nach dem armen Amerika im Griff der großen Depression. Mit der Kamera fängt sie die einfachen Leute auf der Straße ein und dokumentiert so das Leben jenseits des amerikanischen Traums. Unbarmherzige Arbeitsbedingungen einerseits, Arbeitslosigkeit andererseits, Ohnmacht und Macht der Gewerkschaften sind ihre vorherrschenden Themen, die sich auch in den Texten widerspiegeln. Die Kombination ist gelungen, unterhält, informiert und ist gleichzeitig ein kritisches Zeitdokument. Ihre Fotografien erinnern an die bekannten Arbeiten von Dorothea Lange, eine der wichtigsten Vertreterinnen der sozialkritischen Dokumentarfotografie, die für die Informationsabteilung der Farm Security Administration (FSA) durch die USA reiste. Während dieser Dokumentation der ländlichen Lebensverhältnisse 1936 entstand das bekannte Foto „Migrant Mother“.

Im Nachwort bedauert der Herausgeber Roger Perret, dass es keine Selbstzeugnisse über die Art und Form von Schwarzenbachs fotografischer Arbeit in Amerika gäbe. (S. 172) Interessant wäre es allemal gewesen zu erfahren, wie sie vorgegangen ist, um Motive zu finden und ob sie diese ggf. verändert hat etc. Möglicherweise gab es Aufzeichnungen, aber ihr Nachlass wurde durch ihre Mutter in großen Teilen vernichtet, so z.B. nahezu alle Briefe und Tagebücher. Was für ein Verlust!

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Veröffentlicht am 28.12.2024

Von Berlin nach Stettin

Kommissar Gennat und die Tote im Reisekorb
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Max Kaminski ist Reporter beim Berliner Abendblatt. Um die Leserinnen und Leser von den Auswirkungen des Krieges, wir schreiben das Jahr 1916, abzulenken, schlägt er eine mehrteilige Reportage über die ...

Max Kaminski ist Reporter beim Berliner Abendblatt. Um die Leserinnen und Leser von den Auswirkungen des Krieges, wir schreiben das Jahr 1916, abzulenken, schlägt er eine mehrteilige Reportage über die Arbeit der Kriminalpolizei vor. Kaminski wird dem bekannten Kriminalkommissar Ernst Gennat zugewiesen. Und noch bevor er Gennats Büro betritt, stolpert der Reporter über den Fall der vermissten Martha Franzke.


Die Handlung beruht auf einem tatsächlichen Berliner Kriminalfall und die Autorin hat alle verfügbaren Unterlagen eingesehen und sich für ihren Roman daran orientiert. Kommissar Gennat hat es tatsächlich gegeben, seine Mordinspektion war ebenso berühmt wie er selbst. Er spielt auch in den Gereon Rath-Romanen von Volker Kutscher eine wichtige Rolle.


Der Fall Martha Franzke ist jetzt nicht so spannend, er zieht sich eher, aber man erfährt sehr viel über die damalige Arbeit der Polizei. Die Schilderung des Umfeldes haben mir sehr gefallen. Die Welt der kleinen Leute, die im zweiten, dritten Hinterhof wohnen und kaum über die Runden kommen. Das Lokalkolorit macht das Besondere des Romans aus. Der Schreibstil läßt sich gut lesen. Wer sich für Berliner Kriminalfälle aus dieser Zeit interessiert, für den gibt es in der Reihe noch mehr Gennat-Bücher zu entdecken.

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Veröffentlicht am 28.12.2024

Der Ort, den es nicht mehr gibt

Ich bleibe hier
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Ein schlanker Kirchturm, der aus einem Stausee in Südtirol ragt, war für Marco Balzano Anlass, sich mit der Geschichte des Ortes zu beschäftigen. So trug er die Fakten um den gefluteten Ort Graun im Vinschgau ...

Ein schlanker Kirchturm, der aus einem Stausee in Südtirol ragt, war für Marco Balzano Anlass, sich mit der Geschichte des Ortes zu beschäftigen. So trug er die Fakten um den gefluteten Ort Graun im Vinschgau zusammen und ersann die fiktive Geschichte von Trina und ihrer Familie. Trina hat gerade ihre Lehrerinnenausbildung beendet, als in Südtirol alles Deutsche verboten wird. Mit Mussolini kommt 1922 auch der Faschismus in das Tal und Trina kann nur noch heimlich und unter großer Gefahr, in Kellern und in Scheunen, in ihrer Muttersprache unterrichten. Dieser Verlust wird nicht der einzige bleiben, denn bald geht ihre kleine Tochter mit Verwandten ins "Reich" und jahrzehntelang wird das Damoklesschwert des Staudammes über dem Ort hängen.

In einer schlichten Sprache wird diese Lebensgeschichte vermittelt, die geprägt ist von einer zerrissenen Heimat, die zwischen Faschismus und Nationalsozialismus, Konzerninteressen und Korruption aufgerieben wird und die doch Widerstand leistet. Trina und ihr Mann Erich nehmen unsägliche Mühen auf sich, um im Dorf bleiben zu können, um nicht den Nationalsozialisten in die Hände zu fallen, um schlicht am Leben zu bleiben. Dieser Abschnitt nimmt einen großen Teil der Geschichte ein, der eigentliche Bau des Stammes dagegen wird erst auf den letzten Seiten verhandelt. Eine sehr eindrückliche Geschichte, die den Blick auf die Region Südtirol verändert.

Als ein einziger Brief an die verlorene Tochter verfasst, läßt Trina ihre Geschichte vor unseren Augen lebendig werden.

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Veröffentlicht am 28.12.2024

Die sechs Leben der Mascha Kaléko

Die paar leuchtenden Jahre
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Kleine Notizen aus dem Berliner Alltag, im Sinne der Neuen Sachlichkeit nüchtern und mit einfachen Worten aber auch mit Witz erzählt, bringen der jungen Mascha Kaléko rasch Erfolg. Ab 1929 wird ihre "Gebrauchslyrik" ...

Kleine Notizen aus dem Berliner Alltag, im Sinne der Neuen Sachlichkeit nüchtern und mit einfachen Worten aber auch mit Witz erzählt, bringen der jungen Mascha Kaléko rasch Erfolg. Ab 1929 wird ihre "Gebrauchslyrik" in vielen der zahlreichen Berliner Tageszeitungen abgedruckt. 1933 erscheint bei Rowohlt ihr erstes Buch "Das Lyrische Stenogrammheft". 1937 werden ihre Schriften verboten und ein Jahr später flieht sie mit ihrer Familie in die USA. An den großen Erfolg während der Weimarer Republik kann sie nie wieder anknüpfen. Kaléko stirbt 1975.

Der Titel des Buches "Die paar leuchtenden Jahre" meint die Zeit um 1930, vor der "großen Verdunkelung". Diese Zeile hat die Herausgeberin einem Vortrag von Kaléko entnommen. In dieser Veröffentlichung hat Gisela Zoch-Westphal Gedichte zusammengestellt, die lange vergriffen waren, dazu Chansons und Lieder; neben zeitbezogener Lyrik gibt es auch Kindergedichte und einige längere Prosatexte z.B. über ihre Zeit in New York. Eine mit Dokumenten und Fotos angereicherte Biographie von über 100 Seiten, sowie ein Essay, eine Zeittafel, eine Bibliografie und ein alphabetisches Werkverzeichnis machen das Buch absolut rund.

Ich hatte mich zuvor so gut wie gar nicht mit Mascha Kaléko beschäftigt und habe ihre Lyrik nun sehr gerne gelesen. Die Texte wirken immer noch frisch und frech. Sie spielt mit Worten, mit dem Berliner Dialekt, sie springt zuweilen ins Englische oder Französische, schreibt aber häufig so, wie die Wörter gesprochen werden. Da ist viel Witz in ihren Gedichten enthalten. Das hat mir sehr gefallen, obwohl oft von Abschied geschrieben wird. Sehr bereichernd war der biografische Teil, der auch Tagebuchaufzeichnungen enthält. In diesen wird deutlich, wie sehr sie ihren Sohn und ihren Mann geliebt, ja verehrt hat. Tragischerweise hat Kaléko beide überlebt.

Insgesamt eine Veröffentlichung, die ich sehr empfehlen kann, um sich mit der Person und Künstlerin Mascha Kaléko erstmals vertraut zu machen.

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