Klappentext
Ruth Jefferson gehört zu den besten und erfahrensten Säuglingsschwestern des Mercy-West Haven Hospitals in Connecticut. Als sie eines Tages ein Neugeborenes versorgen will, wird ihr das von der Klinikleitung untersagt. Die Eltern des Babys gehören einer rechtsradikalen Vereinigung an und wollen nicht, dass eine Schwarze ihr Kind anfasst. Doch als Ruth einmal allein in der Säuglingsstation Dienst hat und der Junge eine Atemnot erleidet, gerät sie in ein moralisches Dilemma. Darf sie sich der Weisung widersetzen und dem Kind helfen? Nach kurzem Zögern folgt sie ihrem Gewissen - aber für den Jungen kommt jede Hilfe zu spät. Und es wird noch schlimmer: Der Vater verklagt Ruth, schuld am Tod des Babys zu sein. Es folgt ein nervenaufreibendes Verfahren, das vor allem eins offenbart: den Selbstbetrug, dem die moderne westliche Welt unterliegt, indem sie den unterschwelligen täglichen Rassismus verleugnet ...
Einstieg ins Buch
Das Wunder ereignete sich an der West 74th Street, in dem Haus, in dem Mutter arbeitete. ...
Meine Meinung
Ruth ist eine der besten Hebammen am Mercy-West Haven Hospital in Connecticut und seit über zwanzig Jahren im Dienst. Eines Tages wird ein Baby geboren, dessen Eltern überzeugte Rassisten sind. Sie wünschen nicht, dass ihr Baby noch einmal von Ruth oder einer Hebamme mit ihrer Hautfarbe, angefasst und behandelt wird. Ruth ist die einzige afroamerikanische Hebamme im Hospital und fühlt sich diskriminiert, als die Klinikleitung dem Wunsch der Eltern nachkommt. Als es bei dem kleinen Jungen nach einem einfachen Eingriff zum plötzlichen Atemstillstand kommt, ist nur Ruth in seiner Nähe. Sie versucht ihr Bestes, doch es reicht nicht um den jungen Davis zu retten. Kaum ein paar Tage alt, stirbt der Junge unter den Händen der erfahrenen Hebamme. Doch die Eltern des Jungen glauben nicht an einen plötzlichen Tod. Sie geben Ruth die Schuld und beschimpfen sie als Mörderin. Ruth wird festgenommen und ein zermürbender, nervenaufreibender Prozess beginnt. Nicht gegen das Hospital und auch nicht gegen die Ärzte, die das junge Leben nicht retten konnten. Nur gegen die einzige schwarze Hebamme, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort war.
Dieses Buch reflektiert und kritisiert die amerikanische Bevölkerung. Und dennoch kann man die Verhaltensweisen, sowie die Denkmuster auf jedes Land und auf alle Menschen projizieren. Es geht um die altbekannte Rassenfrage - weiß gegen schwarz. Jodi Picoult hat dieses Thema nicht mit Samthandschuhen angefasst, sondern geht ganz direkt auf das Thema ein. Sie behält sich trotz des schweren Themas einen Schreibstil bei, der flüssig zu lesen ist. Indem sie den Alltag von Ruth erzählt, die immer hart gekämpft hat und erfolgreich war, die gut in dem ist, was sie tut, die trotzdem demütig und dankbar ist und nur das Beste für ihren Sohn möchte, öffnete sie mir die Augen für die Selbstverständlichkeiten, mit denen Weiße durch die Welt gehen. Denn trotz ihrer harten Arbeit musste Ruth sich gegen Hass und Vorurteile durchsetzen, die seit über 400 Jahren in den Köpfen der Menschen verankert sind. Und das jeden Tag!
Turk und Brittany Bauer, die Eltern des kleinen Davis dagegen, sinnen nur auf Rache und brauchen einen Schuldigen, um ihre Wut und Trauer an ihm auslassen zu können. Sie standen schon immer für die weiße Rasse und sehen sich jetzt bestätigt, als eine schwarze Hebamme ihr Kind tötet. Ich konnte ihren Hass auf die ganze Welt förmlich spüren.
Kennedy ist die Pflichtverteidigerin von Ruth und versucht alles, um einen Freispruch für ihre Klientin zu erwirken. Doch am Ende kommt alles ganz anders, als sie es erwartet hat. Ich bin begeistert von diesem Charakter, weil sie die Chance ergreift, sich selbst zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Besonders spannend fand ich hier, dass die Autorin immer wieder zwischen den einzelnen Perspektiven gewechselt hat und ich als Leser immer direkt in die Gedankenwelt der einzelnen Figuren eintauchen konnte.
Dass es im 21. Jahrhundert immer noch Rassismus gibt überrascht nicht. Doch, dass viel zu wenig dagegen getan wird und viel zu wenig hinterfragt wird in unserer zivilisierten Welt, überrascht doch ein bisschen. Dieses Buch öffnete mir die Augen auch passiven Rassismus zu erkennen, z. B. dass ein Bettler mit weißer Hautfarbe öfter ein bisschen Geld zugeschoben bekommt, während um den schwarzen Bettler vorsichtshalber ein weiter Bogen gemacht wird. Wenn wir alle in unserem Alltag auf kleine Anzeichen achten und uns selbst mal vor Augen führen, warum wir nicht hinterfragen und viele Dinge als selbstverständlich hinnehmen weil wir, die Weißen, immer noch privilegiert sind, können wir unsere Verhalten ändern und die Welt in kleinen Schritten, die für andere aber ganz groß sind, etwas besser machen.
Mich hat das Buch sehr nachdenklich gemacht und an manchen Stellen war ich wütend, manchmal sehr traurig, oft demütig bei Stellen, die mich meiner selbst reflektieren ließen und ab und zu bekam ich eine Gänsehaut. Emotional hat mich dieses Buch und dieses Thema sehr gepackt und es hat mir wieder einmal eins verdeutlicht: Rassismus geht uns alle etwas an!
Vielen Dank an das Team vom bloggerportal für dieses Rezensionsexemplar!
Zitat
Als Christina meine Hand hielt und Ms. Mina die Hand meiner Mutter hielt, gab es einen Moment - einen Herzschlag, einen Atemzug lang -, in dem alle Unterschiede in Ausbildung, Vermögen, und Hautfarbe verpufften wie Luftspiegelungen in der Wüste. Wo wir alle gleich waren und es nur eine Frau gab, die einer anderen half. (Seite 13)
Fazit
Ein mutiger Roman, der den Leser zur Selbstreflektion anregt und einen passiven Rassismus offen legt, der jeden Tag selbstverständlich zur Kenntnis genommen wird. Von mir eine absolute Leseempfehlung!