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Veröffentlicht am 18.01.2020

Vielfältiges Kochbuch für alle Jahreszeiten

Mit dem LITTLE LIBRARY COOKBOOK durchs Jahr
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Nach dem Kate Young mit dem "Little Library Cookbook" bereits 100 literarische Rezepte vorgelegt hat, ergänzt sie diese nun mit ihrem zweiten Werk: "Mit dem Little Library Cookbook durchs Jahr". Der Unterschied ...

Nach dem Kate Young mit dem "Little Library Cookbook" bereits 100 literarische Rezepte vorgelegt hat, ergänzt sie diese nun mit ihrem zweiten Werk: "Mit dem Little Library Cookbook durchs Jahr". Der Unterschied zum ersten Kochbuch wird dabei schon im Titel deutlich - dieses Mal konzentriert sich die Autorin ganz auf die Jahreszeiten. In gewohnt guter Papierqualität, ansprechend gestaltet und mit ästhetischen Fotos teilt sie in sechs Kapiteln ihre Rezepte mit dem Leser. Jedes Kapitel umfasst zwei Monate des Jahres und präsentiert Gerichte, die die Stimmung der Jahreszeit einfangen sollen. Einfache Rezepte für den Januar, in dem wir uns noch im Winterschlaf befinden, Kleinigkeiten für den Picknickkorb im Frühsommer und Canapés und Snacks für die Feierlichkeiten zu Weihnachten und Silvester. Dabei sind nur die Basics in der Küchenausstattung notwendig, was das Buch auch für weniger gut sortierte Köche und Köchinnen attraktiv macht.

Von anderen Kochbüchern unterscheidet sich Kate Young dadurch, dass sie einen literarischen Bezug herstellt. Viele Rezepte sind inspiriert durch Textstellen in Büchern, einige spiegeln jedoch auch persönliche Assoziationen wider, die die Autorin zu einer Stimmung oder einer bestimmten Zutat hat. Jedes Kapitel beginnt zudem mit einer Liste derjenigen Zutaten, die für die Autorin für genau diese Jahreszeit stehen und die auch saisonale Verfügbarkeit berücksichtigen. So ergibt sich ein Sammelsurium aus Gerichten unterschiedlicher Kulturen und unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades, indem Kimchi neben Käse-Makkaroni oder Lamm aus dem Ofen mit Erbsen-Radieschen-Salat neben French Toast steht. Den Schluss des Kapitels bilden Leseempfehlungen für die jeweilige Jahreszeit.

Die Auswahl der Gerichte zeichnet sich dadurch aus, dass viel Gemüse und Obst, weniger Fleisch und dafür mehr Fisch verwendet werden. Die Darreichungsform ist jedoch äußerst vielfältig - neben Hauptgerichten und Suppen bietet das Buch Rezepte für Gebäck und Desserts, Salate, Gelees oder Getränke. Auch die literarischen Quellen könnten unterschiedlicher nicht sein: Klassiker wie Narnia oder Sherlock Holmes sowie moderne Romane wie diejenigen von Sarah Perry oder Banana Yoshimoto. Die Assoziationen der Autorin sind dabei zuweilen jedoch etwas eigenwillig. Zu Bram Stokers "Dracula" bietet sie auf der einen Seite ein Rezept für Räuberspieße an, die Jonathan Harker auf dem Weg zum Schloss des Grafen in einem Gasthaus zu sich nahm - soweit sehr passend. Auf der anderen Seite wählt sie ein Spinat-Canir-Curry, weil sie dies in ihrer Zeit als Kindermädchen in den USA immer zu Halloween gekocht hat - ein Gedankengang, dem man als Leser nicht wirklich folgen kann und der sich meines Erachtens auch zu weit vom Ziel des literarischen Kochbuches entfernt.

Fazit: Wer sich etwas von den literarischen Vorlagen lösen kann, erhält ein vielfältiges Kochbuch für das ganze Jahr

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  • Cover
Veröffentlicht am 11.01.2020

Düsteres Stockholm

1794
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Das Jahr 1793 hat Stadthäscher Mickel Cardell übel mitgespielt und er fällt in ein tiefes Loch. Da wendet sich eine verzweifelte Mutter an ihn, deren Tochter in der Hochzeitsnacht brutal getötet wurde. ...

Das Jahr 1793 hat Stadthäscher Mickel Cardell übel mitgespielt und er fällt in ein tiefes Loch. Da wendet sich eine verzweifelte Mutter an ihn, deren Tochter in der Hochzeitsnacht brutal getötet wurde. Niemand will der Frau helfen, zumal der Bräutigam ein Sohn aus adeligem Hause und sein Vormund ein einflussreicher Mann ist. Ungerechtigkeit ist jedoch etwas, das ein Mann wie Cardell nicht hinnehmen kann und so macht er sich mit Cecils Bruder Emil Winge an die Ermittlungen in den sündigen, dreckigen Straßen von Stockholm.

Wie auch bereits der erste Band wird "1794" durch vier Jahreszeiten hindurch und aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Neben dem jungen Adeligen Erik Drei Rosen kommen auch Cardell, Winge und erfreulicherweise Anna Stina zu Wort. Doch auch in diesem Jahr meint das Schicksal es mit keinem von ihnen gut. Erik gerät an den undurchsichtigen Tycho Ceton, Cardell und Winge haben mit dem Verlust eines Freundes und Bruders zu kämpfen und Anna Stina muss den Platz im Stockholmer Stadtleben wieder räumen, den sie sich so hart erarbeitet hat. Verbunden werden alle vier Handlungsstränge durch die Ermordung von Eriks Braut Linnea Charlotta und seine anschließende Einweisung ins Tollhaus.

Es ist ein düsteres, aber vermutlich wahres Bild, das Niklas Natt och Dag in diesem Band zeichnet. Der Zustand der Straßen Stockholms, all der Dreck und die Verkommenheit lassen sich auf den Charakter der Menschen, die in ihr leben übertragen. Neid, Intrigen, Brutalität und Hass bestimmen die Handlung und je weiter diese fortschreitet, umso mehr menschliche Abgründe tun sich auf. Stellenweise ist das Beschriebene beinahe unerträglich, so drastisch ist das Verbrechen an Linnea Charlotta oder das Schicksal der sowieso schon gebeutelten Anna Stina. Es ist klar, was der Autor mit seinen düsteren Schilderungen und sprachlich brutalen Details darstellen will - man fragt sich jedoch, ob so viel Gewalt notwendig ist oder es sich doch eher um Effekthascherei handelt.

Fazit: Ein gewohnt spannender, gut geschriebener Roman mit etwas zu viel Brutalität

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2019

Die Verlierer des Klimawandels

Winteraustern
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Eigentlich läuft in Luc Verlains Leben gerade alles perfekt. Aus seinem nervenaufreibenden Einsatz im vom Terror eingeschüchterten Paris ist er wieder zurück und auch zwischen ihm und Partnerin Anouk ist ...

Eigentlich läuft in Luc Verlains Leben gerade alles perfekt. Aus seinem nervenaufreibenden Einsatz im vom Terror eingeschüchterten Paris ist er wieder zurück und auch zwischen ihm und Partnerin Anouk ist endlich alles geklärt. Und so nimmt er sich die Zeit, um mit seinem Vater noch ein letztes Mal den Sonnenaufgang über dem Bassin der Austernzüchter zu betrachten. Dem geht es nämlich trotz schwerer Krankheit momentan sehr gut und Vater und Sohn verbringen viel Zeit miteinander. Doch ausgerechnet auf diesem Ausflug entdecken die beiden zuerst einen Überfall und dann zwei Leichen. Die Ermittlungen führen immer tiefer in die Sorgen und den Zwist der lokalen Austernzüchter, bis Luc schließlich nicht mehr weiß, wem er noch glauben kann. Und auch zwischen ihm und Anouk ziehen dunkle Wolken auf.

"Winteraustern" ist das perfekte Buch für diese trübe Jahreszeit. Die Stimmung im Austernbassin von Arcachon hat Alexander Oetker wunderbar eingefangen: Schnee auf Europas höchster Düne - wer möchte das schon verpassen? In diesem Band treffen wir auch einige alte Bekannte wieder, womit der Autor gekonnt diesen mit den ersten zwei Bänden verknüpft. So spielt endlich Lucs zauberhafter Vater eine größere Rolle und ist seinem Sohn als ehemaliger Austernzüchter eine unschätzbare Hilfe bei der Lösung des Falls. Auch Etxeberria, der grummelige Kommissar aus Band eins, Robert Dubois, der sympathische Journalist aus Band zwei und Lucs amüsanter Pariser Kollege Yacine sind wieder mit von der Pathie. Neben den treffenden, malerischen Beschreibungen der Landschaft und der Menschen macht genau das auch den Reiz der Reihe aus; die Charaktere wachsen dem Leser schnell ans Herz und so mächte man unbedingt wissen, wie es mit ihnen weitergeht.

Der Kriminalfall selbst ist spannend und hat auch eine politische Komponente, denn die Austernzüchter sind die großen Verlierer der Klimaerwärmung und vermutlich irgendwann die ersten, die ihre Leidenschaft völlig aufgeben werden müssen. Im Sommer heizt das Becken sich auf und die Austern finden vor lauter Algen keine Nahrung mehr, während im Winter die jungen Austern aufgrund der kalten Temperaturen sterben. Tausende, wenn nicht Zehntausende Euros an Verlust und zahlreiche Geschäftsaufgaben sind die Folge. In diesem Milieu, in dem Menschen um ihre Existenz kämpfen müssen, um das Familienerbe, das sie ihren Kindern noch vermachen möchten, ist die Handlung wirklich gekonnt angesiedelt. Für Krimi- und vor allem Oetkerfans kommt das Ende zwar nicht ganz überraschend, dennoch ist es dem Autor gelungen, den Leser zu verwirren und auf einige falsche Pfade zu schicken.

Fazit: Ein gewohnt guter Krimi von Alexander Oetker, der Lust auf den nächsten Band macht

Veröffentlicht am 01.11.2019

Ein Weg aus der Trauer

Alles okay
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Marin lebt nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Großvater. Sie liebt das Meer und ihre beste Freundin Mabel. Doch dann geschieht eines Tages etwas, das Marins ganzes Leben, ja ihr ganzes Sein auf den Kopf ...

Marin lebt nach dem Tod ihrer Mutter bei ihrem Großvater. Sie liebt das Meer und ihre beste Freundin Mabel. Doch dann geschieht eines Tages etwas, das Marins ganzes Leben, ja ihr ganzes Sein auf den Kopf stellen soll. Und so verschwindet sie einfach, aus ihrem eigenen Leben und dem von Mabel. Doch die gibt nicht auf, schreibt unzählige Nachrichten und schließlich, zu Beginn unserer Geschichte, besucht sie Marin kurz vor Weihnachten in ihrem Studentenwohnheim.

Mabels bevorstehender Besuch ist der Startpunkt der Handlung, von welchem aus in Rückblicken Marins Geschichte erzählt wird und wie es zu ihrer überstürzten Flucht gekommen ist. "Alles okay" ist ein Roman über Trauer, über Verlust und über die Einsamkeit. Ihren Vater hat Marin nie gekannt, ihre Mutter starb, als sie 3 Jahre alt war bei einem Surfunfall. Und obwohl alle am Strand sie zu kennen scheinen und ihre Ähnlichkeit zueinander immer wiederholen, so hat Marin doch kaum eine Erinnerung an ihre Mutter. Ihr Großvater ist da keine große Hilfe. Er zieht sich selbst immer mehr zurück und findet nur in der Brieffreundschaft mit der mysteriösen Birdie Trost. Eine schwierige Umgebung für ein junges Mädchen - umso wichtiger, dass sie in Mabel eine Freundin und in deren Familie beinahe so etwas wie Ersatzeltern gefunden hat.

Wenn man über diese Umstände nachdenkt, ist umso schwerer zu begreifen, wie Marin dies alles so plötzlich hinter sich lassen kann. Es scheint keinen Sinn zu machen. Doch als sie sich nach und nach Mabel öffnet, beginnt auch der Leser zu verstehen, was in diesem einsamen Mädchen vor sich geht. Die Auflösung ist erschreckend und macht auch wütend, dennoch bleibt am Ende Hoffnung auf einen Neuanfang.

Fazit: "Alles okay" ist ein sensibler Roman über Einsamkeit und Verlust. Ein wenig ärgere ich mich über die unnötige Änderung des Titels in der deutschen Übersetzung. Im englischen Original lautet er "We are okay" und bezieht sich auf Marin und ihre Freundschaft mit Mabel. Denn "Alles okay" ist in diesem Buch nun wirklich gar nichts!

Veröffentlicht am 01.11.2019

Und täglich grüßt Aiden

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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Um die Rückkehr auf ihr Familienanwesen Blackheath zu feiern, veranstaltet die Familie Hardcastle einen Maskenball. Dieser mutet ein wenig morbide an, findet er doch gerade zum Jahrestag der Ermordung ...

Um die Rückkehr auf ihr Familienanwesen Blackheath zu feiern, veranstaltet die Familie Hardcastle einen Maskenball. Dieser mutet ein wenig morbide an, findet er doch gerade zum Jahrestag der Ermordung des kleinen Thomas Hardcastle vor achtzehn Jahren statt. Da scheint es auch kein Zufall zu sein, dass am Ende dieses Tages Evelyn Hardcastle, die Schwester des Jungen, ebenfalls ermordet wird. Soweit klingt alles noch nach einer klassischen Kriminalhandlung, doch Stuart Turton hat sich für seine Leser etwas Besonders ausgedacht. Protagonist Aiden Bishop erlebt diesen einen Tag des Maskenballs acht mal hintereinander. Doch jeden Morgen wacht er in einem anderen Körper eines der Gäste auf Blackheath auf und soll so den Mord aufklären. Schafft er es nicht, so der mysteriöse Pestdokotor, der ihm die Regeln erklärt, dann wird Aidens Erinnerung gelöscht und die acht Tage beginnen von vorne. Noch dazu ist Aiden nicht der einzige, der die Lösung des Falles sucht und nur einer von ihnen kann durch die Aufklärung des Falles entkommen.

Es ist ein interessantes Szenario, welches der Autor hier erschafft. Auf diese Weise kann der Leser ein und denselben Tag immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven erleben und das Puzzle um den Mord nach und nach zusammenfügen. Aiden ist dabei nicht immer nur er selbst, sondern er nimmt auch Wissen und Charakterzüge seines Wirtes an. Eine Situation, die hilfreich, aber auch erschreckend sein kann, denn nicht immer steckt unser Protagonist im Körper eines liebenswerten Menschen. Vor allem Jonathan Derby an Tag 5 gibt einen tiefen Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele.

Die eigentliche Handlung erinnert an einen Agatha Christie-Roman: ein Schloss im Wald, begrenztes Personal (Adelige, Ärzte, Anwälte, Dienstboten) und jeder hat so seine Geheimnisse. Durch die Wechsel der Perspektiven ist das Buch manchmal etwas sperrig zu lesen. Man muss sich erst wieder einfinden, in welchem Körper Aiden nun steckt und da er nur männliche Gestalten annimmt, sind diese nicht immer ganz leicht auseinander zu halten. Schade eigentlich, denn bei so einem "Körpertausch" hätte mich doch auch sehr interessiert, wie Aiden mit einem weiblichen Körper umgegangen wäre. Oft geschehen die Wechsel auch sehr plötzlich, da Aiden in den nächsten Körper gezwungen wird, sobald sein Wirt das Bewusstsein verliert oder stirbt.

Aidens Mitspieler und hier vor allem die geheimnisvolle Anna geben ihm Rätsel auf. Wer sind diese Menschen? Sind sie Freunde oder Feinde? Und wie sind sie nach Blackheath gekommen? Auch Aiden weiß sich darauf keinen Reim zu machen. Er kann sich nur noch erinnern, freiwillig gekommen zu sein und daran, dass er Anna unbedingt retten möchte. Dennoch wird er das Gefühl nicht los, dass ausgerechnet sie ihn verraten wird. Die Auflösung am Ende, sowohl der Kriminalfälle als auch der gesamten Situation sind durchaus plausibel und teilweise auch sehr überraschend. Und auch wenn aufgrund der häufigen Wechsel und des ausufernden Schreibstils nicht immer alles ganz einfach zu verfolgen war, bin ich mit dem Roman doch sehr zufrieden.