Eine Biographie der etwas anderen Art
„Von Beruf Schriftsteller“ von Haruki Murakami (Rezension)
„Von Beruf Schriftsteller“ eine Autobiografie?
Wer ist Haruki Murakami? Er ist einer der der größten und erfolgreichsten Schriftsteller unserer ...
„Von Beruf Schriftsteller“ von Haruki Murakami (Rezension)
„Von Beruf Schriftsteller“ eine Autobiografie?
Wer ist Haruki Murakami? Er ist einer der der größten und erfolgreichsten Schriftsteller unserer Zeit. Ja! Sicherlich, er ist ein Bestseller Autor. Aber was wissen wir über den japanischen Autor selbst? Ich war sehr neugierig. Ich hatte mich schon mit „Naokos Lächeln“ und „1q84“ beschäftigt und mochte seinen Schreibstil auf Anhieb.
Haruki Murakami wählt hier einen etwas anderen Weg als eine Autobiografie. Er schreibt Essays über „Schriftsteller – ein toleranter Menschenschlag“ und „Wie ich Schriftsteller wurde“, oder „Worüber soll ich schreiben“. Und er beleuchtet noch weitere Themen, die zum Thema Schreiben gehören.
Bei jedem Thema schildert er zuerst die allgemeine Übersicht zum Thema und dann schildert er den Einzelfall sozusagen an eigener Person.
Und was erfahre ich?
Ja, das kann ich nicht wirklich greifen oder weitergeben. Keinesfalls erfahren wir etwas wirklich Privates über Haruki Murakami. Erhalten wir eine Anleitung zum Schreiben? Nicht unbedingt. Wir erfahren, dass der Autor selbst Texte aus dem Englischen ins Japanische übersetzt, z. B. für Raymond Carver, Raymond Chandler..
Er liebt klassische Musik und ist von Jazz fasziniert.
Er mag Baseball.
Er läuft jeden Tag eine Stunde und einmal im Jahr einen Marathon.
Sechs dieser elf Essays wurden vor einigen Jahren schon in einer japanischen Literaturzeitschrift veröffentlicht.
Sind „Schriftsteller – ein toleranter Menschenschlag“?
Auf eine gewisse Art und Weise ja! Es ist eine offene Gruppe. Jedem steht der Zutritt offen. Man benötigt keine Lehre oder einen Meisterbrief. Jeder kann mit Füller, Papier, Schreibmaschine, Laptop, PC, Diktiergerät, Bleistift oder sogar einer Serviette loslegen.
„Einen Roman zu schreiben ist nicht besonders. Auch einen ausgezeichneten Roman zu schreiben ist je nach Person nicht allzu schwierig. Ich will nicht behaupten, dass es einfach ist, aber unmöglich ist es nicht. Ausnehmend schwierig ist es jedoch, unentwegt Romane zu schreiben.
Na ja! Ich kenne einige Menschen einschließlich mir, die einen Roman zu schreiben, nicht so einfach finden. Wie kam Haruki Murakami eigentlich dazu, Schriftsteller zu werden?
Haruki Murakami saß beim Baseball, schaute dem Pitcher zu.
«Der schöne satte Ton, mit dem der Ball auf den Schläger traf, hallte im ganzen Stadion wider. Es ertönte vereinzelter Applaus. Und just in diesem Moment kam mir völlig zusammenhanglos der Gedanke: „Das ist es! Ich werde einen Roman schreiben“»
Er kaufte sich Füller und Papier, setzte sich an den Küchentisch und schrieb seinen Debütroman. Er schrieb diesen nicht etwa auf Japanisch, sondern in Englisch, den er dann auf Japanisch übersetzte. Für genau diesen Roman „Wenn der Wind singt“ gewann er einen Preis für Nachwuchsschriftsteller.
Ja, ich bin zwiegespalten, wie das bei mir ankommt. Zum einen glaube ich, dass es vielleicht genau dieser Arroganz und zweifellos Überzeugung bedarf, dass es diesbezüglich überhaupt keine Handlungsalternative gibt, dies mit hundertprozentiger Kraft auszuführen.
Zum anderen überlege ich mir, war das wirklich so gewesen, oder spielt dabei auch das eigene Ich eine manipulierende Wirkung?
„Von Beruf Schriftsteller“ ist Beharrlichkeit und Fleiß
Die wichtigste Eigenschaft eines Schriftstellers ist die Beharrlichkeit. Aber in diesem Buch zeigt sich auch, wie diszipliniert Haruki Murakami ist und sicherlich auch ein entsprechend fleißiger Kontrollfreak. Er arbeitet ständig an sich und seinen Werken. Und er öffnet sich und lässt fremde Prüfung zu. Obwohl Haruki Murakami selbst aus dem Englischen ins Japanische übersetzt, lässt er beim Übersetzen Ursula Gräfe freie Hand. Bevor das Manuskript ins Lektorat geht, hat es die Prüfung Frau Murakamis bestanden.
Es wirkst so, als wäre der Benefit eines freien Schriftsteller-Daseins, damit meine ich, keine Deadline zu versäumen, weil man keine Termine ausmacht, sich nicht auf Multitasking zu verlassen, sondern sich immer nur auf eine Handlung zu konzentrieren und sich voll darauf einzulassen, alles andere muss so lange warten, bis die Handlung vollendet ist, gibt dem Werk große Qualität – zumindest ist es für diesen Autor, wie er selbst auch betont, der richtige Weg.
Welche Erwartungen hatte ich an „Von Beruf Schriftsteller“?
Ich habe „mehr“ erwartet. Es liest sich wie eine Studie: Wie ich schon erwähnt habe, stellt er zuerst den Begriff „Schriftsteller“ vor und definiert ihn. Dann beschreibt er das, wie das z. B. bei ihm selbst ist. Das empfinde ich als sehr distanziert. Ich hätte es gerne emotionaler.
Etwas mehr von dem „Haruki Murakami“, den ich in „Naokos Lächeln“ oder „1Q84“ gelesen habe. Also kurz und gut, ich kann mit „Von Beruf Schriftsteller“ nicht viel anfangen. Ich lese dafür demnächst „Kafka am Strand“. Ich glaube, das gibt mir mehr.
Trotzdem ist es interessant und manche Herangehensweise ist sicherlich eine Überlegung wert. Zum Beispiel: Jeden Tag eine Stunde zu laufen, würde wahrscheinlich jedem guttun.
Ich fand es spannend, nach und nach zu verstehen, warum der Autor glaubt, es sei einfach einen Roman zu schreiben.
Weil es für ihn selbstverständlich ist, sich ausschließlich auf eine Sache zu konzentrieren. Er lässt sich von nichts ablenken. Er ist ein Virtuose der Sprache und ich denke, das liegt auch daran, dass er Romane übersetzt und dadurch natürlich auch einen sehr großen Wortschatz hat und diesen exakt und raffiniert einzusetzen weiß. Er glaubt, noch nie eine Schreibblockade gehabt zu haben. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er keine Aufträge annimmt, sondern frei entscheidet, ob er seine Kraft für Übersetzen, Kurzgeschichten oder Artikel zu schreiben oder sich auf ein Großprojekt, wie einen Roman einlässt.
Haruki Murakami ist diszipliniert, fleißig, macht Sport und gibt in der Sache, die er gerade macht, 100 Prozent. Er ist ehrgeizig und ein Perfektionist. Außerdem liebt er die Freiheit und die Unabhängigkeit. Also habe ich, wohl doch viel mehr erfahren, als es auf den ersten Blick aussieht.
Trotzdem habe ich den Menschen „Haruki Murakami“ vor lauter „Von Beruf Schriftsteller“ nicht entdecken können.