Die Reise der Amy Snow
Die Reise der Amy SnowJanuar 1891. Die achtjährige Aurelia Hatville findet im verschneiten Park der Villa ihrer Eltern ein nacktes Bayb in ein Stoffbündel gewickelt. Aurelia nennt das Kind nach ihrer Lieblingspuppe Amy. Fortan ...
Januar 1891. Die achtjährige Aurelia Hatville findet im verschneiten Park der Villa ihrer Eltern ein nacktes Bayb in ein Stoffbündel gewickelt. Aurelia nennt das Kind nach ihrer Lieblingspuppe Amy. Fortan sind die Beiden ein Herz und eine Seele. Ihre Eltern jedoch dulden das fremde Kind nur um Aurelias Willen im noblen Hatville Court und behandeln sie wie einen Dienstboten.
Doch eines Tages bricht für die beiden Mädchen eine Welt zusammen. Bei Aurelia wird ein Herzfehler diagnostiziert und ihre Eltern müssen den Wunsch auf einen männlichen Nachkommen und Erben begraben und Aurelia denkt aufgrund ihrer Krankheit nicht ans Heiraten. Sie möchte noch etwas von der Welt sehen und nimmt sich eine Art "Auszeit". Doch aus den geplanten drei Monaten wird fast ein Jahr. Amy vermisst ihre beste Freundin sehr. Auch der Briefwechsel wird mit der Zeit immer weniger. Als Aurelia mit 18 Jahren stirbt, wird Amy von Aurelias Eltern sofort vor die Tür gesetzt. Das ehemalige Findelkind hat nun nicht nur ihre beste und einzige Freundin verloren, sondern auch ihr Zuhause. Aurelia hinterlässt ihr noch ein Bündel Geldscheine und einen geheimnisvollen Brief mit einem Rätsel, das nur Amy lösen kann.
Tracy Rees schickt Amy, nach dem Tod von Aurelia, auf eine Reise quer durch das viktorianische England. Die unbedarfte junge Frau, die bis jetzt nur auf Hatville Court gelebt und keinerlei Unterstützung von Aurelias Eltern erhalten hat, ist anfangs ängstlich und unerfahren. Der Leser begleitet sie auf allen Stationen ihrer Reise. Mit jedem Ziel, das sie erreicht, wird sie selbstbewusster und findet immer mehr zu sich selbst. Neben den Erinnerungen an die gemeinsame Zeit lernt sie jedoch noch eine ganz andere Aurelia kennen....eine junge Frau mit Geheimnissen und das allergrößte ist nur Amy bestimmt. Die einzigartige Freundschaft zwischen Aurelia und Amy bildet den Mittelpunkt des Romans und ist sehr berührend. Man erlebt zwei sehr unterschiedliche Charaktere, die sich im viktorianischen England dem Rollenbild der Frau mehr oder weniger anpassen müssen. Aurelia als Adelige und Amy, die als Waise nicht akzeptiert wird. Vermisst habe ich allerdings historischen Details, die in einem "richtigen" historischen Roman ganz selbstverständlich neben der eigentlich Handlung miteingewoben sind.
Nach einem interessanten und fesselnden Anfang verliert der Roman leider etwas an Tempo. Die verschiedenen Reisestationen erlauben allerdings auch kleine Lesepausen, ohne dass man den Faden verliert. Der Aufenthalt in Bath waren für mich nämlich zeitweise etwas langatmig und Amys Probleme lösen sich manchmal etwas zu schnell und sehr zufällig. Außerdem gab es einige unnötige Wiederholungen und Nebensächlichkeiten. Hundert Seiten weniger hätten dem Roman sicher gut getan.
Tracy Rees hat mit dieser Geschichte bei einem Schreibwettbewerb gewonnen und viele gute Kritiken erhalten. Idee und Plot finde ich wirklich sehr interessant, jedoch verliert der Roman mit den Seiten zusehends an Format.
Charaktere:
Die Beschreibungen der Charaktere, auf die Amy während ihrer Reise trifft, sind sehr vielfältig und wunderbar beschrieben. Besonders die exzentrische Mrs. Riverthorpe ist eine außergewöhnliche Person, die unterhält und gleichzeitig etwas undurchschaubar erscheint. Auch ihre neuen Freunde in Twickenham sind sehr sympathisch und Amy selbst beginnt sich langsam immer mehr zu einer selbstbewussten Frau zu entwickeln. Allerdings blieb sie mir trotzdem etwas fremd....
Schreibstil:
Der Schreibstil ist flüssig, ziemlich detailliert und der Zeitepoche angemessen. Der Roman ist in zwei Erzählstränge gegliedert, die beide aus der Sicht der Hautprotagonistin erzählt werden. Ein Teil erzählt von Amys Reise in der Gegenwart und der andere wirft Rückblicke auf ihre Kindheit und Jugend. Ergänzt wird das Ganze durch die Briefe Aurelias, die sie Amy hinterlassen hat und die sie auf eine Art Schnitzeljagd führen.
Fazit:
Eine tolle Idee, die leider nur teilweise gut umgesetzt wurde. Eine großartige erste Hälfte, die sich gut lesen lässt. Leider flacht der Roman danach ziemlich ab und bietet einige Längen - als Romandebüt allerdings gelungen. Ich bin schon auf weitere Romane der Autorin gespann