Gefühlsbetonter und intensiver als der erste Teil
Jahre der VeränderungDie Jahre sind vergangen und mittlerweile haben Edith, Margot und Luise ihren festen Platz in Berlin gefunden. Edith ist Hebamme, Luise bildet Hebammen-Schülerinnen aus und Margot hat ihr Herz an den verheirateten ...
Die Jahre sind vergangen und mittlerweile haben Edith, Margot und Luise ihren festen Platz in Berlin gefunden. Edith ist Hebamme, Luise bildet Hebammen-Schülerinnen aus und Margot hat ihr Herz an den verheirateten Georg verloren. Tagtäglich sind die Freundinne dabei, wenn sich wieder einmal kleine Erdenbürger den Weg ins Leben bahnen. Doch so schön ihre Tätigkeit als Hebamme ist, es werden auch die Schattenseiten immer größer. Illegale Abtreibungen, Syphilis und die Spuren der Weltwirtschaftskrise halten die Freundinnen immer mehr in Schach. Als Edith dann ein verlockendes Angebot erhält, droht das Kleeblatt zu zerbrechen…
In „Jahre der Veränderung“ merkt man deutlich, wie sehr die Freundinne zwischenzeitlich gereift und in ihrem Beruf angekommen sind. Ihr Leben dreht sich um Kinder, das Wohlergehen der Schwangeren und um die Beratung von Müttern. Der Zusammenhalt scheint unerschütterlich, egal, welche Katastrophe sich auch anbahnt. Gerade was Herzensdinge betrifft, haben Edith, Margot du Luise doch arg zu kämpfen und ein schweres Los zu tragen.
Linda Winterberg schildert das historische Berlin mit unglaublich tollen Bildern, verpackt das schillernde Nachtleben in den Bars und Varietés so lebendig, dass man direkt mit hineingezogen wird und sich zwischen Revuegirls, Bardamen und amüsierten Besuchern wiederfindet.
Aber das schillernde Nachtleben hat auch seien Preis und Luise muss einiges wegstecken, um nicht gänzlich zu verzweifeln, was ihre Herzensangelegenheiten betrifft.
Margot kämpft lange um den verheirateten Georg, doch es scheint so, dass es für die beiden Liebenden keinen Weg gegen könnte, der sie vereint. Doch auch hier dreht das Schicksal am Rädchen und lässt Margot erst unendlich leiden, um sie dann strahlen zu lassen.
Edith bekommt als Jüdin leider immer mehr die politischen Veränderungen zu spüren, der Wind hat sich gedreht und in Berlin haben die braunen Schergen Einzug gehalten. Edith hat sich nie viel aus ihrer Religionszugehörigkeit gemacht und kann nicht verstehen, dass von nun an alles anders werden soll. Noch geht sie souverän mit den Anfeindungen um, doch der Ton wird härter und auf miese Worte folgen noch miesere Taten. Dass ausgerechnet in dieser schlimmen Zeit ihr eine schicksalhafte Begegnung die Lösung ihres Problems präsentiert, hätte keiner für möglich gehalten. Edith packt die Gelegenheit beim Schopfe, auch wenn das bedeutet, dass das Kleeblatt auseinandergerissen wird.
Die Fortsetzung der Hebammen-Saga ist für mich noch gefühlsbetonter und intensiver zu lesen, als der erste Teil. Die Charaktere haben sich spürbar weiterentwickelt, versprühen Charisma und man fühlt sich zugehörig. Ich leide, liebe und lache mit Edith, Luise und Margot, zerbreche mir den Kopf über die anstehenden Entscheidungen und frage mich immer wieder, wie ich in ihrer Situation gehandelt hätte. Dazu kommt der flüssige, packende Schreibstil, der mich die Seiten schon fast hypnotisch umblättern und die Szenen vor Ort hautnah erleben lässt. Linda Winterberg versteht es vortrefflich, historische Hintergründe, Bauten und Plätze ihrer fiktiven Geschichte beizumischen und so die Grenze zwischen Dichtung und Wahrheit verschwimmen zu lassen, sodass sich die Geschehnisse tatsächlich so zugetragen haben könnten.
Für mich ist diese Saga ein Meilenstein unter den historischen Büchern !