Moderne Fantasy mit Erfolgsessenz
Schon bei der Leseprobe war mir bewusst, dass "Das Erbe der Macht" sich in einiger Hinsicht von gewohnten Fantasyromanen unterscheidet.
Die Thematik ist altbekannt: Gut gegen Böse. Der Kampf ist jedoch ...
Schon bei der Leseprobe war mir bewusst, dass "Das Erbe der Macht" sich in einiger Hinsicht von gewohnten Fantasyromanen unterscheidet.
Die Thematik ist altbekannt: Gut gegen Böse. Der Kampf ist jedoch eingebettet worden in die heutige Zeit und damit weder altbacken noch langweilig. Die Charaktere sind modern; sie kleiden sich so, sprechen zeitgemäß, haben Interessen, die auch Jugendlichen heutzutage sehr bekannt sein dürften. Dabei gehen sie aber dem Beruf der Lichtkämpfer nach - und werden sogar dafür bezahlt. Ein nettes Detail, das die ganze Situaton noch einen Ticken realistischer macht und vom üblichen Muster der "auserwählten Helden, die einfach so Gutes in der Welt tun" abweicht.
Den Anfang fand ich noch etwas zäh, aber bei einer so durchdachten Welt, wie der Autor sie uns hier vorgelegt hat, ist das wohl kein Wunder. Schließlich muss man sich erstmal in sie hineinfinden und mit allem vertraut werden. Ich war zusätzlich froh, dass Alex als Neuerweckter von nichts eine Ahnung hatte und deshlalb alles immer doppelt und dreifach erklärt bekommen musste; das hatte nämlich auch einen gewissen Mehrwert für mich, um Unklarheiten auszuräumen.
Die Spannung steigt nicht rasend schnell, aber doch stetig. Während der erste Teil noch schwächer war, haben mich der zweite und dritte vollends überzeugt. Viele neue Fragen wurden aufgeworfen, die zu meinem Leidwesen nicht alle in diesem Buch beantwortet wurden. Da werde ich wohl auf die Fortsetzung warten müssen...
Etwas verwirrend fand ich, dass so viele verschiedene Figuren im Mittelpunkt stehen und Perspektivenwechsel sehr plötzlich geschehen. Oft wusste ich nicht, aus der Sicht welcher Person gerade erzählt wird. Positiv ist daran, dass es nicht nur ein bis zwei Protagonisten gibt und alle anderen nur nettes Beiwerk sind. Die Charaktere bilden alle mehr oder weniger eine Gemeinschaft und im engeren Sinne sogar einen Freundeskreis. Schade fand ich, dass teilweise die Quantität der Qualität vorgezogen wurde, denn ein paar blieben sehr oberflächlich. Als Beispiel hierfür führe ich Chris an, über den ich mir nur gemerkt habe, dass er in gefühlt jedem zweiten Auftritt Liegestütze macht, muskulös und tätowiert ist. Und natürlich ohne Shirt trainiert. Währenddessen ist Max hauptsächlich bekannt für sein Kaugummikauen.
Das Problem der Eindimensionalität wurde insbesondere bei Jen und Alex sehr gut umgangen und ich empfand sie durchweg als realistisch gestaltet. Toll fand ich es, als sie beide mehr über einander, ihre Vergangenheiten und Beweggründe erfuhren. Das war ein kleiner Augenöffner, den man sich selbst ebenfalls zu Herzen nehmen kann, denn wie sagt man doch so schön: Der Schein trügt.
Von Freunden und anderen Buchkritiken habe ich schon gehört, dass nicht alle die Einbeziehung und Darstellung von Persönlichkeiten wie Leonardo da Vinci oder Albert Einstein gut fanden. Ich muss sagen, dass ich diese Vorstellung ebenfalls gewöhnungsbedürftig und deshalb im ersten Moment fast abschreckend fand, aber wenn man sich genug damit beschäftigt, merkt man, dass der Autor sie gut in die Geschichte eingegliedert hat. Davon abgesehen finde ich bereits die Idee bemerkenswert.
Mit der Kapitellänge bin ich voll zufrieden, so merkwürdig das klingen mag - aber ich bin ein großer Fan von kürzeren Kapiteln, die man schnell zwischendurch lesen kann. Was mir diesbezüglich höchstens noch fehlt, wäre ein Inhaltsverzeichnis. Kapiteltitel gibt es zum Glück schon.
Im Laufe meines Leseabenteuers fiel mir auf, dass viele der Kapitel mit Cliffhangern enden, in denen die Lichtkämpfer außer Gefecht gesetzt werden bzw. das Bewusstsein verlieren. Das hat einen guten Effekt, wenn man spärlich mit solchen Kapitelenden umgeht, aber hier war es mir doch zu viel.
Zuletzt möchte ich sagen, dass ich mir für die Fortsetzung(en) wünschen würde, mehr über die Beweggründe der "Bösen" zu erfahren und hoffe, dass sie, wie Jen und Alex, als glaubwürdige Personen mit ihren eigenen Geschichten und Denkweisen vermittelt werden.
Bonus: Man merkt, wie viel Mühe der Autor sich gibt! Mit der Post kamen nachträglich noch drei sehr schön gestaltete Postkarten/Lesezeichen zum Buch, welchem zusätzlich ein Brief beilag. Definitiv sympathisch!
Fazit: Eine empfehlenswerte Lektüre, die sich in einigen Punkten noch verbessern lässt, aber jetzt schon eine angenehme Abwechslung darstellt zum gewohnten Einheitsbrei des Fantasygenres. Ich bin gespannt auf den nachfolgenden Teil!