Geschichte über große Ziele, Mut, Leidenschaft und Zusammenhalt in einer Zeit des politischen Wandels, die mir etwas zu langatmig war
Die Schule am MeerIm Sommer 1925 gründet die Jüdin Anni Reiner gemeinsam mit ihrem Ehemann Paul und weiteren befreundeten Lehrern eine Schule auf der Nordseeinsel Juist. Die privat organisierte Schule mit Internat legt ...
Im Sommer 1925 gründet die Jüdin Anni Reiner gemeinsam mit ihrem Ehemann Paul und weiteren befreundeten Lehrern eine Schule auf der Nordseeinsel Juist. Die privat organisierte Schule mit Internat legt den Wert auf Freiheit, eigenverantwortlichem Handeln und einem gleichberechtigten Miteinander von Schülern und Lehrern. Neben den Lehrzielen sollen dabei auch Musik, Kunst und Handwerk wesentliche Schwerpunkte in der Erziehung der Schüler bilden.
Für die Schüler, die in der Regel aus privilegierten Familien stammen und oft weit entfernt von ihren Eltern sind, bietet das Internat ein neues Zuhause. Doch die Schule wird seit ihrer Gründung von einigen einheimischen Inselbewohnern in Loog argwöhnisch beäugt und als Hort von Kommunisten und Juden beschimpft. Mit dem Erstarken der Nationalsozialisten erhält die Schule am äußersten Ende Deutschlands noch mehr Gegenwind.
"Die Schule am Meer" existierte tatsächlich von 1925 bis 1934 und war die erste reformpädagogische Schule Deutschlands, die auf einer Insel gebaut wurde. Die Autorin vermischt damit historische Fakten mit fiktiven Geschichten um die Protagonisten, von denen einzelne historisch belegt sind.
Der Roman ist wechselnd aus der Sicht der verschiedenen handelnden Personen, sowohl Schüler als auch Lehrer, aber auch der Inselbewohner geschrieben, so dass es zu Beginn Konzentration verlangt, einen Überblick über die zahlreichen handelnden Personen zu behalten. Die Charaktere sind sehr unterschiedlich und haben, auch den Auswirkungen des Großen Krieges geschuldet, Schicksalsschläge erlitten oder mit persönlichen Problemen zu kämpfen.
Neben dem Schulalltag, der durch viele - zumal amüsante - Anekdoten des Zusammenlebens von Schülern und Lehrern auf engstem Raum erzählt, spielen vor allem die Probleme wie Krankheiten, Tod, Kälte, Isolation und Abgeschiedenheit eine wesentliche Rolle.
Begeisternd ist zu lesen, welche Träume und Ideale die Lehrer damals hatten und wie konsequent sie sich als eingeschworene Gemeinschaft gegen Kritik, Anfeindungen und noch schlimmere Attacken zur Wehr setzten. Vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung und der sich abzeichnenden Machtergreifung des noch als "Witzfigur" bezeichneten Adolf Hitler bangt man mit Schülern und Lehrern mit, ob die mühevoll aufgebaute und sehr erfolgreiche Inselschule weiterhin Bestand haben kann.
Es ist eine Geschichte über große Ziele, Mut, Leidenschaft und Zusammenhalt, aber auch über Neid und Misstrauen, in einer Zeit geprägt von der Wirtschaftskrise, die einem politischen Wandel unterworfen ist.
Die Autorin beschreibt sehr anschaulich und detailliert und erschafft einen interessanten Mikrokosmos auf Juist. Ich empfand die Geschichte an einigen Stellen als zu langatmig und hätte mir zumal etwas mehr Dichte und Dynamik gewünscht. Die große Anzahl an Charakteren verhinderte zudem, dass man zu einzelnen eine Nähe hätte aufbauen können. Mir blieben selbst die wesentlichen Protagonisten wie Lehrerin Anni, Schüler Moskito, Hauswirtschafterin Kea und ihre Patentochter Marje fremd, so dass mich der Roman nicht durchgehend fesseln konnte.