Profilbild von SigiLovesBooks

SigiLovesBooks

Lesejury Star
offline

SigiLovesBooks ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit SigiLovesBooks über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.02.2017

'Simple' kochen - aber das mit der besonderen Note Diana Henry's!

Simple
0

Das Kochbuch "Simple" Kleiner Aufwand, grandioser Geschmack von Diana Henry erschien in der 1. Auflage Januar 2017 im ars vivendi-Verlag: Das Cover mit Bratpfanne auf hölzernem Hintergrund ist haptisch ...

Das Kochbuch "Simple" Kleiner Aufwand, grandioser Geschmack von Diana Henry erschien in der 1. Auflage Januar 2017 im ars vivendi-Verlag: Das Cover mit Bratpfanne auf hölzernem Hintergrund ist haptisch und wirkt (ebenso wie das Gewicht des Buchs) rustikal und bodenständig sowie ansprechend für Kochbuchfans.

Die Inhaltsangabe am Buchanfang mit einem Vorwort der Autorin wie der einzelnen Rubriken (über Eier, Salate, Toast zu Gemüse, Pasta, Fisch, Ofengerichte, Fleisch und Hähnchen bis hin zu fruchtigen tollen Desserts und Süßspeisen) gibt einen guten Überblick und lässt einen die einzelnen Rezeptideen und Gerichte, die man nachkochen möchte, sehr gut finden. Ein Leitfaden zum Einkauf, Rezepthinweise und ein Register am Ende des Buchs runden die gute Überschaubarkeit positiv ab.

Im Vorwort erklärt die Autorin, weshalb sie dieses Buch schrieb (und auch schöne Fotografien beinhaltet, die von der Autorin selbst gemacht wurden, wie es mir scheint - ich konnte jedenfalls keine Angabe über eine/n Fotografen/in finden). Nach ihrem ersten Kochbuch (Look Simple 2004) versuchte sie sich, da sie Mutter geworden war, an guten Rezeptideen, die sehr schmackhaft sind einerseits, andererseits aber kein großes Kochwissen und vor allem keine langen Zubereitungszeiten erfordern. Dieser ansatz ist ihr in der Umsetzung vieler Rezeptideen hier gut gelungen.

Allerdings sind es teils Rezepte, die auch Kräuter oder Gewürze benötigen, die aus der indischen, afrikanischen Küche z.B. stammen und die nicht jeder zwangsläufig zu Hause im Vorrat hat (z.B. Cumin, Harrissa, Koriandergrün); für viele Rezepte benötigt man jedoch Zutaten, die man wirklich überall im Handel bekommt. Die einzelnen Kapitel sind ausgewogen und vielfältig, die Fotos auf den Rezeptseiten sehr gelungen, motivierend zum Nachbereiten und einige Fotos sind sehr ästhetisch mit künstlerischer Note (besonders das Foto zum Rezept Cous-cous mit Blüten gefiel mir sehr). Auch ist für jeden Geschmack sicher etwas dabei; sowohl für Vegetarier als auch für Leute, die auf den Verzehr von Fleisch nicht verzichten möchten.

Fazit:

Ein optisch und inhaltlich sehr ansprechendes Kochbuch für Leute, die raffiniertere (und dennoch einfach zuzubereitende) Gerichte - auch internationaler Art - sehr mögen. Mit einer 'Prise Humor' versehen, sind die Rezeptideen und Hinweise der Autorin eine persönliche Einladung und ein guter Wegweiser zum Nachkochen! Von mir gibt es 4* und 89° auf der Kochbuch-Couch.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Gelungener Generations- und Familienroman mit französischem Flair und viel savoir-vivre!

Mein Sommer mit Mémé
0

"Mein Sommer mit Mémé" von Élaine Briag erschien 2016 bei HarperCollins Germany (TB, broschiert) und auch wenn der Erscheinungstermin etwas ungünstig anmutet (Spätherbst), so vermag die Geschichte, die ...

"Mein Sommer mit Mémé" von Élaine Briag erschien 2016 bei HarperCollins Germany (TB, broschiert) und auch wenn der Erscheinungstermin etwas ungünstig anmutet (Spätherbst), so vermag die Geschichte, die Élaine Briag erzählt, dennoch etwas sommerliches französisches Flair durch das wundervolle Cover und auch die Handlung sowie die Beschreibung der Landschaft des Burgund mit seinen Weingütern in die kältere Jahreszeit bringen...
Mémé (im Französischen für Großmutter) schart ihre Familie mittels einer Einladung, die ihr sehr wichtig ist, um sich, da sie zum einen ihren 80. Geburtstag im Kreise der Familie feiern möchte und Hilfe bei der Renovierung des altes Hauses, eher Schlösschens braucht, in dem zuvor lange Zeit ihr nun verstorbener Cousin Valentin wohnte...
Für ihr Alter außergewöhnlich agil, fährt sie Mobylette, wandert gerne, ist ein Genußmensch und steht zu ihrer Entscheidung, die sie von ihrer französischen Familie einst entzweite, einen Deutschen geheiratet zu haben, dem sie ins Markgräfler Land folgte und viele glückliche Jahre mit ihm verbrachte.
Als Ich-Erzählerin tritt Paula auf, die eigentlich ihre Verlobung mit Jakob, einem angehenden Arzt, in Paris nachfeiern will, sobald er von seiner Tätigkeit in Kenia als 'Arzt ohne Grenzen' Urlaub erhält...So treffen also (meist ohne es wirklich zu wollen) im Burgund für 3 Wochen alle Familienmitglieder zusammen: Paula, Claire, ihre Mutter, Marcel, ihr Bruder mit Frau Helen und Tochter Meike, was für alle nicht ohne Folgen bleiben soll und ihr Leben verändert; von der resoluten Mémé wird der Menüplan erstellt, sie schreibt auch ansonsten die Règlements vor und jedem ist klar, dass diese Zeit sehr wichtig für Mémé sind, geht es doch um Renovierung und den Erhalt des 'zurückeroberten' geliebten Chateaus, in dem sie einst aufwuchs... Da bleibt auch nicht aus, dass unter den Teppich gekehrte Probleme plötzlich auftauchen, wo die anderen sie nicht vermutet haben:

"Dort, wo reine Harmonie herrscht, nagt der Wurm im Gebälk, bis bei der geringsten Erschütterung das marode Gebäude zusammenbricht". (Zitat Méme, S. 107)

Solche Sätze sind es, die diesen mit viel Empathie und sehr sympathischen Figuren - allen voran die betagte Mémé - emotionale Tiefe geben, die ohnehin in gewohnter 'manière' der Autorin mit viel Herz in der Feder geschrieben wurde. Mémé macht Enkelin Paula zu ihrer Komplizin, um die Rätsel um Valentin zu lösen, mit dem sie lange Zeit keinen Kontakt hatte. Paula, die auch ihre Beziehung zu Jakob überdenken muss, begibt sich nur allzu gerne in die Schatzkammer des Dachbodens, da ihr dies als Kind stets verwehrt worden war...

In diesem Familienroman geht es sehr viel um das französische savoir-vivre, was sich bei den Menüzubereitungen typisch französischer Küche und den herrlichen Landschaftsbeschreibungen zeigt: Im Ets. Martin & Fils, einem Weinhändler und Weingut, von dem noch zu lesen sein wird, entführt die Autorin den Leser in die Welt der Sommeliers und beschreibt in herrlich-humorvoller Weise eine Wahrheit: Dass der alte Rouge im separaten, dunklen Kellergewölbe nur ein Flüstern verträgt: Er braucht Ruhe ;)

Die Frage, um die der Roman kreist, ob es eine weitere erbberechtigte Person außer Mémé, die mit der Sanierung von Haus und Garten überaus beschäftigt und nicht zu stoppen ist, gibt und Valentin unerwarteterweise doch Nachkommen hatte, spitzt sich zum Romanende hin zu; auch die schwelenden Familienprobleme bedürfen einer "kollektiven Konfliktlösung"... Das von Mémé initiierte 'Sommerwichteln' spielt hierbei eine tragende und durchaus positive Rolle...
Ein runder, stimmiger Abschluss krönt diesen Frauen- und Familienroman, der flüssig zu lesen und sehr unterhaltsam ist und dem es an emotionaler Tiefe nicht mangelt.

Fazit:

Ein wie gewohnt mit emotionaler Feder, viel Herz und sympathischen Figuren geschriebener Roman, der ein wenig Sommerwärme und die französische Kultur mitbringt, die auch im Winter das Herz des Lesers zu wärmen vermag. Einziger Minuspunkt meinerseits: Mir fehlte etwas mehr Spannung und auch das Ende war, wenn auch schön, etwas zu vorhersehbar. Gerne vergebe ich verdiente 4 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 05.12.2016

Sehr lesenswerter Roman über 2 starke Frauen - oder: Mütterchens Koffer....

Im Sommer wieder Fahrrad
0

"Im Sommer wieder Fahrrad" von Lea Streisand erschien im Ullstein-Verlag (HC, 2016) und kommt in dunkeltürkisem Cover daher, auf dem das Foto einer jungen, rauchenden Frau (wohl "Mütterchen") abgebildet ...

"Im Sommer wieder Fahrrad" von Lea Streisand erschien im Ullstein-Verlag (HC, 2016) und kommt in dunkeltürkisem Cover daher, auf dem das Foto einer jungen, rauchenden Frau (wohl "Mütterchen") abgebildet ist, das mittels eines 'Schnipsgummis' nicht vom Cover fallen kann ;)
Der Titel selbst spiegelt die positive Sichtweise auf den Inhalt wieder und die Thematik, in dem es in diesem Roman, dem Début von Lea Streisand, geht:

Es handelt sich um eine sehr unterhaltsame, tiefgründige und in ironisch-heiterem Ton verfasste Familiengeschichte mit starken Charakteren: Da ist zum einen die Großmutter Ellis, "Mütterchen" genannt und deren Enkelin Lea, die kurz vor dem Ende des Studiums an Krebs erkrankt. Verortet ist der Roman in Berlin.

Zwei Erzählstränge, die immer wieder ineinandergreifen, kurze Wechsel haben, bestimmen den Stil: Während einerseits das Leben von Mütterchen - seit den 20er Jahren des letzten Jhd. nach und nach aufgerollt oder auch (sie war Schauspielerin) 'zurückgespult' wird, erlebt der Leser gleichzeitig die verschiedenen Stadien der Krebsbehandlung Lea's, vom ersten Schock über die Diagnose bis zu den Zyklen der Chemotherapie.

Der Roman liest sich wie eine Reise durch zwei miteinander verbundene Leben: Mit Mütterchen geht die Reise durch die NS-Vergangenheit, in die Säle und Bühnen des deutschen Theaters in Kriegs- und Nachkriegszeiten und ihre Passion für die Schauspielerei, die sie auf Wanderbühnen und später als Regieassistentin ausübte und dabei sehr viel erlebte. Die andere Reise ist die der Enkelin Lea, die sehr ehrlich und nachvollziehbar von der Behandlung ihrer Krebserkrankung erzählt.. In Rückblicken, auch Mütterchen's Leben betreffend, deren Koffer sie nach deren Tod öffnet, sieht sie vieles analytisch und hat Paul an ihrer Seite, der sich sehr liebevoll und empfindsam um sein "Schätzchen" kümmert; hier werden auch Grenzen der Belastbarkeit aufgezeigt, die Angst der Protagonistin vor dem Tod, die sehr realistisch beschrieben wird....

Mir hat besonders die große Authentizität gefallen, in der sowohl von Lea's eigenem Leben und ihre Erkrankung beschrieben wird, als auch das von Mütterchen, das Lea mit ihrem eigenen Leben vergleicht und aus deren Notizen sie Stärke bezieht, große Liebe zur Großmutter spricht. So spendet Mütterchen postum ihrer Enkelin große Kraft, die Lea selbst für sich nutzen kann.

Aus vielen Sätzen blitzt eine gute Portion Schalk; Humor und Ironie kommen auch trotz oder gerade wegen der Thematik nicht zu kurz, was mir sehr gut gefallen hat. Auch kleinere Seitenhiebe auf das Leben in der früheren DDR sind in dem Roman zu finden, die ich sehr realistisch empfand (ich habe die DDR mehrmals mit meinem Vater Anfang der 80er Jahre bereist).
So ist auch der Bau der Mauer, die lange Zeit Freunde und Familien auseinanderriss und die Tragik für die Betroffenen als ein Stück Berliner Nachkriegsgeschichte sehr gut dargestellt.

Das größte Plus dieses berührenden Romans ist die Ehrlichkeit sich selbst und ihrem Körper gegenüber, die Lea zum Ausdruck bringt wie die Konsequenz, mit der sie alles "Falsche" (Perücke, Schminke) strikt ablehnt. Auch im emotionalen Ausdruck schafft es die Autorin, ihren Figuren sehr viel Leben einzuhauchen, oftmals mit einer ironischen Note. Sie leuchtet die Protagonisten gut aus und macht sie zu Sympathieträgern; sowohl Mütterchen, als auch die Mutter von Lea als auch Lea selbst.

Fazit:

Ein Familienroman, eine sensible, heiter-ironische, zuweilen auch tieftraurige Geschichte über das Leben zweier starker Frauen, die jede auf ihre Art gegen die Anfeindungen des Lebens erfolgreich kämpfen; eine Erzählung, die Einblicke gewährt in die Geschichte des deutschen Theaters und in eine der ärgsten Krankheiten unserer Zeit; nicht zuletzt eine Mutmach-Geschichte, die ich sehr lesens- und empfehlenswert finde. Der Titel ist übrigens von Hoffnung getragen, ebenso wie der Roman selbst! Ich vergebe 4 Sterne am Bücherfirmament.

Veröffentlicht am 29.10.2016

Wünsche mit Herz

Das Café der guten Wünsche
1

"Das Café der guten Wünsche" von Marie Adams erschien 2016 (tb) bei Blanvalet. Cover und Titel ergänzen sich und harmonieren; die bunten Tassen um den Romantitel sind ein farbenfroher Blickfang und machen ...

"Das Café der guten Wünsche" von Marie Adams erschien 2016 (tb) bei Blanvalet. Cover und Titel ergänzen sich und harmonieren; die bunten Tassen um den Romantitel sind ein farbenfroher Blickfang und machen das "Café Juliette", um das dieser Liebesroman kreist, zum Hauptort der Handlung.

Buchbeschreibung/Inhalt:

"Julia führt mit ihren Freundinnen Laura und Bernadette ein kleines Café mit einem ganz besonders charmanten Konzept: Jedem Gast wird heimlich ein guter Wunsch hinterhergeschickt. Julia wundert sich nicht, dass alle Gäste das Café glücklicher verlassen, schließlich glaubt sie an die Macht der guten Gedanken - die auch ihre große Liebe Jean zurückbringen soll. Alle anderen Männer hält sie deshalb auf Abstand - bis Robert sich mit (anfangs) unlauteren Mitteln in ihr Herz schleicht. Ist es seine Schuld, dass auf einmal manches schiefläuft? Oder braucht sie nicht nur Glück, sondern auch eine große Portion Mut, um sich wirklich auf die Liebe einzlassen?"
(Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Wir lernen die Hauptprotagonisten Julia, ihren Bruder Nick, ihre Freundinnen Bernadette und Laura kennen: Das Café ist der Lebensinhalt von Julia, die es von ihrer Großmutter mitsamt einem "Glücksbüchlein" erbte. Sie glaubt an die Kraft guter Gedanken und wird etwas naiver und gutgläubiger dargestellt, als sie es tatsächlich ist; Laura, deren Misstrauen auf schlechte Erfahrungen mit Männern beruht und Bernadette, die als Einzige hervorragend Französisch spricht und die Chance eines Stipendiums in Frankreich ergreift...
Jean, ein Franzose, den Julia vor Jahren kennenlernte, dessen Bild sie seither vor Augen hat, ihn wiedersehen möchte und sich die große Liebe mit ihm vorstellt, spielt ebenfalls eine Rolle in diesem Roman. Julias Bruder, ein BWL-Student, möchte sich als ewige "no. 2" in der Familie Heller endlich etwas Eigenes aufbauen, Julia an Erfolg noch übertrumpfen und neigt zu Skrupellosigkeit und Prunksucht, die seine Schwester und auch das Café in den finanziellen Ruin treiben könnten....
Nick ist mit Robert befreundet, ein Journalist in einem Provinzblatt, eher mürrisch, mit diesem Schicksal hadernd, Macho mit einem Hang zum Zynismus. Als er Julia kennenlernt und beide eine WG auf Zeit beschließen, geht in Robert eine wundersame Wandlung vor und es entwickelt sich eine zarte, aber nicht unverletzbare erste Freundschaft zwischen ihnen. Sowohl Julia als auch Robert wie auch Jean müssen sich letztendlich ihren wahren Gefühlen stellen, die ihre Zukunft verändern sollten.....

Die Hauptthemen dieses Liebesromans, vor allem für Frauen geeignet, zeigen sich in den "Regeln des Glücks", die von den 3 Freundinnen nochmals bekräftigt und manifestiert werden: Es geht um die Macht und auch die Kraft guter, positiver Gedanken, die die Welt besser machen könnten.
Eine sehr schöne Grundidee, wie ich finde, aus der man noch mehr hätte machen können; auch in puncto Humor. Weitere Themen sind Dankbarkeit, Loslassen und auch, um etwas oder jemanden zu kämpfen, das oder der einem wichtig ist. Die Geschichte ist sehr unterhaltsam zu lesen, jedoch finden sich leider einige Klischees in der Handlung. Auch die Nebenfiguren bleiben recht flach und oberflächlich. Gut gefallen hat mir hingegen die Beschreibung wahrer Freundschaft am Beispiel von Robert und Carsten. Der Stil der Autorin, die hier unter Pseudonym scheibt und bereits einige Romane veröffentlichte, ist eingängig, flüssig und klar zu lesen. Auch an einer passenden Emotionalität fehlt es durchaus nicht.

Fazit:

Ein Liebesroman mit hohem Unterhaltungsfaktor, sympathischen Figuren, einer schönen Grundidee, der allerdings zuweilen nach einem Geschmack etwas zu trivial und klischeebehaftet ist. Daher konnte er mich nicht ganz überzeugen, für die Handlung, die in sich stimmig ist und den hohen Unterhaltungswert vergebe ich gerne 3,5 Sterne und bin überzeugt, dass es sicher noch 'Luft nach oben' gibt!

Veröffentlicht am 02.10.2016

Stimmungsvoll, atmosphärisch, sympathische Ermittler - lesenswerter Berlin-Krimi!

Wintertod
0

"Wintertod" ist nach "Ein dunkler Sommer" der 2. Fall für Hauptkommissar Arne Larsen und erschien (TB) im Oktober 2016 im Rowohlt-Verlag.Das Cover ist stilistisch sehr passend zu Romanverlauf und Jahreszeit, ...

"Wintertod" ist nach "Ein dunkler Sommer" der 2. Fall für Hauptkommissar Arne Larsen und erschien (TB) im Oktober 2016 im Rowohlt-Verlag.Das Cover ist stilistisch sehr passend zu Romanverlauf und Jahreszeit, in der er spielt (November): Es gibt zwei Zeitebenen, die im Berlin der Gegenwart und in Berlin-Buch 1979, zu DDR-Zeiten, verortet sind. Stimmung: Düster und eisigkalt....

Inhalt/Buchbeschreibung:

"Eisiger Frost überzieht die Hauptstadt, da wird auf einem verwilderten Friedhof in Berlin-Buch eine Leiche gefunden. Hauptkommissar Arne Larsen nimmt zusammen mit seiner Kollegin Mayla Aslan die Ermittlungen auf, doch die Spuren sind alles andere als eindeutig. War es Mord, oder sollte ein Suizid vertuscht werden? Und wie sind die Hinweise auf ein angeblich geheimes Haus Nr. 24 in der Waldsiedlung der DDR zu werten?
Gleichzeitig spielen sich seltsame Dinge an einer Berliner Schule ab: Ein Mädchen kritzelt mehrfach "Hilfe" in sein Aufsatzheft, und eine Lehrerin fürchtet ihre Schüler. Aber wie hängt das mit der toten Frau zusammen? Gerade als Larsen und Aslan sich auf der richtigen Fährte glauben, machen sie einen weiteren grausigen Fund."(Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Ohne den Vorgänger zu kennen, kam ich durch die sehr kurzen Kapitel und den eingängigen Erzählstil des Autors schnell in die Handlung: Die beiden Erzählstränge wechseln sich perspektivisch ab (Arne Larsen/Lea Zeisberg) und berichten von Gewalt in der Schule (Lea) im sozialen Brennpunkt 'Prenzlauer Berg' und dem allmählichen 'sich-zusammenraufen' im Ermittlerduo Aslan/Larsen, letzterer erst kürzlich in Berlin angekommen, die sich sowohl persönlich als auch kulturell einander annähern...
Während Lea, nach einer beruflichen Auszeit und noch immer mitgenommen, dem ständigen Fehlen der Geschwister Kolja und Merle Grossmann nachzugehen versucht, da sie das Gefühl nicht los wird, dass in dieser Familie etwas 'oberfaul' ist, ermitteln Larsen und Aslan im LKA über die möglichen Hintergründe einer unbekannten Toten auf einem stillgelegten Friedhof....
Wenig später entdeckt Larsen eine zweite Leiche unweit der toten Frau, die noch mehr Rätsel aufgibt.... Endlich wird "von oben" grünes Licht für eine SoKo gegeben und Nommensen hat es gut verstanden, das langsame Anlaufen von Verwaltung, Vorgesetzten (sowohl beim LKA als auch in der Schule) und das Herunterspielen von sich anbahnenden Konflikten bzw. Verbrechen plastisch darzustellen, was mir - da realistisch in dieser Gesellschaft - gut gefallen hat.
Die beiden Handlungsstränge werden später ergänzt durch einen dritten: In Rückblenden in die DDR-Zeit 1979 Ost-Berlin erzählt Martin von seinem 'neuen Vater' und den Einflüssen in seiner Kindheit, als sich ein dritter Mord ereignet...

Ab diesem Zeitpunkt nimmt der Krimi sehr an Spannung und Fahrt auf und man rätselt mit, welchem Motiv und welchen menschlichen Störungen die Morde geschuldet sind...
Bei der Beschreibung dieser Wurzeln, die Opfer zu Tätern werden lassen, ihnen keine andere Verhaltensmöglichkeit an die Hand gegeben wurde, geht der Autor sensibel vor; die erschreckenden Zusammenhänge wirken auf mich real und authentisch, auch glaubwürdig, da hier auch psychologische Faktoren menschlichen Verhaltens eine Rolle spielen.

Das letzte Drittel des Kriminalromans verfolgt dann zahlreiche unvorhersehbare Wendungen und der Plot ist insgesamt stimmig. Die kurzen Kapitel und sehr gute Darstellung und Figurenzeichnung der Protagonisten; allen voran Larsen und Aslan, finde ich sehr gelungen: Besonders gut gefielen mir die "winterlyrischen Passagen", die diesem Krimi eine außergewöhnliche atmosphärische Dichte verleihen, so dass man die Kälte fast spüren kann beim Lesen....
Der Stil von Thomas Nommensen ist klar und flüssig zu nennen, was die Handlung unterhaltsam macht: Die mir etwas fehlende anfängliche Spannung (während der ca. ersten 100 Seiten) steigerte sich nach und nach und konnte bis zum Schluss dann gehalten werden: An sozialkritischen Themen wie z.B. der DDR-Vergangenheit (kam ein wenig zu kurz, finde ich), binationale Teams und Zusammenarbeit (Larsen/Aslan); Gewalt an Schulen und Überforderung der Lehrer, Opfer, die zu Tätern werden fehlt es ebenfalls nicht...

Fazit:

Eine eigenwillige, sensible Erzählweise, sich steigernde Spannung, eine Prise 'Lyrik' und ein sympathisches und toughes Ermittlerduo sowie ein interessanter Mordfall lassen mich "Wintertod" Lesern, die Krimis mit psychologischer Spannung und Tiefgang schätzen, gerne weiterempfehlen. Ich vergebe 4 * und 87° auf der 'Krimi-Couch'. Der Vorgänger sowie der Nachfolger, der bereits in Planung ist, befindet sich bereits auf meiner "Merkliste" ;)