wäre ohne Liebesgeschichte stärker gewesen
Das Licht von tausend Sternen„Ich habe gelernt, das Leben als eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen zu sehen, und jede einzeln zu genießen oder abzuhaken.“
(Harper in Das Licht von tausend Sternen)
Worum geht’s?
Tagsüber ist ...
„Ich habe gelernt, das Leben als eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen zu sehen, und jede einzeln zu genießen oder abzuhaken.“
(Harper in Das Licht von tausend Sternen)
Worum geht’s?
Tagsüber ist Harper eine ganz normale Studentin. Doch nach der Vorlesung, wenn sie nach Hause kommt, verwandelt sie sich in einen anderen Menschen: Das Mädchen, was liebevoll ihren stark autistischen kleinen Bruder pflegt und auf ihn aufpasst, während die alleinerziehende Mutter arbeiten geht. Der Spagat zwischen den beiden Welten gelingt ihr, bis Ashton in ihr Leben tritt. Denn in seiner Gegenwart spürt sie ein Kribbeln. Aber ihr kleiner Bruder Ben kann mit Veränderungen schwer leben und wenn Harper mit Ashton zusammenkommen würde, würde ihr dann noch genug Zeit bleiben? Als Harper dann noch von Ashtons Familiengeschichte erfährt, weiß sie, dass ihre Welten nie zusammenpassen werden. Doch so einfach gibt Ashton nicht auf…
Das Licht von tausend Sternen ist ein Einzelband und in sich geschlossen.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover ist in matt-dunkelgrau gehalten und wird mit gold- und silberfolierten Illustrationen verschönert, ebenso ist der Titel und Autorenname foliert. Das Cover wirkt verspielt und romantisch, zugleich aber auch nicht kitschig. Es passt zum Buch und ist ein wahrer Hingucker. Die Erzählweise des Buches ist linear, im späteren Verlauf kommen im Zuge von Traumsequenzen kleine Rückblicke in Ashtons Vergangenheit vor. Diese sind nicht entsprechend beschriftet, aber als solche erkennbar. Die Erzählperspektive erfolgt in der Ich-Form, wechselnd durch Harper und Ashton. Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, sprachlich für Jugendliche und (junge) Erwachsene angemessen. Es gibt wenige angedeutete Intimszenen und selten wird mal geflucht.
Mein Fazit
Auch wenn das Buch mit seinem wahrlich wunderschönen Cover ein Hingucker ist, war es dieses Mal der Klappentext, der meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein autistischer Bruder, der versorgt werden muss, der Spagat zwischen Unileben und Familienleben und das kombiniert mit einer Liebesgeschichte? Klang emotional, innovativ und vielversprechend. Von der Autorin habe ich bisher nichts gelesen, daher war ich durchaus gespannt. Und ich kann sagen: Das Buch war eine gute Wahl.
Harper verlangt von sich selbst, ihr Studium ernstzunehmen und bereitet sich so schon zum Semesterbeginn fleißig auf ihre Vorlesungen vor. Während sie in der Bibliothek sitzt, stolpert Ashton mit seinen Freunden Becca und Will herein. Und als er Harper anschaut, liegt sofort ein Knistern in der Luft. Selbstbewusst tritt Ashton auf sie zu und fragt sie nach einem Date. Harper denkt aber gar nicht daran, sie hat keine Zeit für Ablenkungen und erst recht keine Lust darauf, für Ashton ein Abenteuer zu sein. Also lässt sie ihn abblitzen. Ash, der der absolute Womanizer ist, kommt damit nicht so wirklich klar, denn zwischen ihnen ist irgendetwas. Daher fängt er an, es immer wieder zu versuchen und Harper davon zu überzeugen, ihm eine Chance zu geben. Doch Harper hält ihn stets auf Abstand. Denn nach der Uni wird sie nach Hause gehen, zu ihrer alleinerziehenden Mutter und ihrem Bruder Ben. Alles in ihrem Privatleben ist darauf ausgerichtet, für Ben da zu sein. Sein Leben als Autist prägt das Familienleben sehr und verlangt Harper einiges ab. Und niemand soll wissen, wie es bei ihr zuhause aussieht, wie es um ihrem Bruder steht und vor allem soll niemand das empfindliche Gleichgewicht bei ihr zuhause stören, das für ihren Bruder so wichtig ist. Nur kennt Harper Ash noch nicht, der sehr hartnäckig ist und nicht aufgeben möchte. Wird er Harpers Panzer knacken können?
Nachdem ich mich vom Einstieg ins Buch doch schon eher überrumpelt gefühlt habe und schon große Befürchtungen hatte, was das schnelle Aufkeimen von Interesse bei Ashton anging, war meine anfängliche Euphorie erst einmal etwas begraben. Durch das wirklich rasante (sowohl zeitlich als auch inhaltlich) Aufeinandertreffen von Harper und Ashton, ohne einen von beiden vorher wirklich kennengelernt zu haben, hat es etwas gedauert, bis ich eine leichte Verbindung aufgebaut hatte. Als Harpers uns dann jedoch die ersten Einblicke in ihr Familienlieben gibt, war es um mich geschehen. Im Grunde genommen bewegt sich das Buch auf zwei Handlungsebenen: die Liebesgeschichte und die familiäre Geschichte. Harper ist sehr stark bemüht, zu verhindern, dass beide Ebenen aufeinandertreffen und ist damit auch tatsächlich über lange Zeit sehr erfolgreich. Bei mir führte dies aber dazu, dass es fast so war, als würde man zwei Bücher lesen. Ein ernstes, emotionales und ein belangloses, kitschiges. Denn die Liebesgeschichte zwischen Harper und Ashton konnte mich zu keiner Zeit für sich gewinnen oder auch nur ansatzweise vom Hocker hauen. Es ist eine fast schon stereotypische Aneinanderreihung von Szenen, die man aus zig Collegeromanen kennt. Ein individueller Mehrwert wird nicht mitgeliefert, ganz im Gegenteil gelang es der Autorin auch nicht, mir Ashton als legitimes Love Interest vorzustellen. Die Geschichte um Harpers Familie hingegen hatte von Anfang an Schlagkraft und hat mich berührt. Es war schwer, miterleben zu müssen, wie es um Ben steht, wie komplex Harpers Leben zuhause aussieht und wie es theoretisch zwei Harpers gibt. Besonders ab der Hälfte des Buches führt dies dazu, dass mein Interesse eingeschränkt war. Denn etwa ab der Hälfte steht mehr als deutlich die Liebesgeschichte zurück und bis auf das große Drama am Ende spielt Harpers Familie gefühlt keine Rolle mehr. Es ist wirklich dann nur noch ein 0815-Liebesroman.
Ashton und Harper sind nicht stimmig für mich gewesen. Von Anfang an bleibt es offen, was Ashton bewegt hat, zu Harper zu gehen. Was Harper bewegt hat, ihn erst zu korben, später dann aber doch nochmal seine Gegenwart zu suchen. Wieso die beiden zueinander finden und auf welcher Grundlage eigentlich, da sich beide überhaupt nicht kennen und vor allem beide die grundlegenden Geheimnisse ihres Lebens, die nunmal ihr Dasein prägen, für sich behalten. Harper will auf Teufel kommt raus nicht, dass jemand von Ben erfährt. Nur warum? Stattdessen lügt sie und sucht Ausflüchte, was zu Skepsis und Reibungen führt. An irgendeinem Punkt redet sie sich ein, sie würde Ashton verlieren, deswegen spielt sie lieber weiterhin Scharade. Das war der Punkt, wo auch meine Stimmung langsam kippte und die mir von Anfang an sympathische Harper erste Abzüge auf der Beliebheitsskala hinnehmen musste, die später noch viel heftiger ausfallen, weil sie eine absolut unglückliche Wandlung durchmacht. Auch im Laufe der Handlung hatte ich oft das Gefühl, dass Ashton und die Clique fast schon schlechten Einfluss auf Harper haben. Ashton hingegen ist von Anfang an sehr ausdauernd und penetrant, ich fand ihn nervig, übergriffig und weit entfernt von süß. Durch einige Verhaltensweisen macht er Harper indirekt das Leben schwer. Geprägt von seiner zerrütteten Familie, was er immer wieder betont, aber wie ein trotziges Kind auch gar nicht mal angehen möchte (und entsprechend schnell wird es auch irgendwie am Ende abgehandelt), gilt bei Ashtion vor allem eins: Er will der Mittelpunkt sein. Vor dem Hintergrund seiner Geschichte ist es ja irgendwie ganz leicht nachvollziehbar, führt aber halt auch dazu, dass er für mich von Anfang an unten durch war. Daher konnte mich die Liebesstory nicht ergreifen und das übliche Drama ließ mich mehr als nur kalt. Ich würde sogar noch weiter gehen, dass durch Harpers eigenmächtiges Einmischen in Ashs Familie und Ashs penetrante Mittelpunktart, die Harpers Freiheitsdrang triggert und sie von ihrer Familie entfremdet, so viel verbrannte Asche vorliegt, dass ich mir gewünscht hätte, das Thema Liebe wäre einfach gegraben gewesen. Zwei angeblich so erwachsene Leute, die vom Schicksal so gebeutelt wurden, aber dennoch nicht in der Lage sind, grundlegend miteinander zu reden, das war irgendwie zu viel und zu gekünstelt. Daher: Fette Abzüge für die Liebesgeschichte, die es für mich nicht einmal gebraucht hätte.
Richtig begeistert hat mich dafür die Familiengeschichte von Harper. Die Einblicke, die die Autorin hier gewährt, sind ungefiltert und authentisch. Sie berühren, sie reißen mit, sie verblüffen – aber sie machen auch traurig. Die Einschränkungen, die Harper und ihre Mutter hinnehmen, um Ben ein Leben zu ermöglichen, sind gigantisch. So liebevoll und echt, wie hier das Verhalten von Ben und Harper beschrieben wird, hat mich wirklich vom Hocker gehauen. Wie schwer muss es sein, ein stabiles Umfeld für ein derart autistisches Kind zu bauen? Es ist eindrucksvoll, wie gute und nicht so gute Tage geschildert werden. Wie auf die Verzweiflung von Mutter und Tochter eingegangen wird, wie es an den Nerven, den Kräften und dennoch zu keiner Zeit an der unbändigen Liebe zerrt, das Leben nach Ben auszurichten. Ihre Mutter verlangt Harper von Anfang an sehr viel ab und die beiden sind ein eingespieltes Team, was durch Ashton, die Uni und Harpers aufkeimendem Drang, etwas vom Leben zu haben und etwas mit ihren Freunden zu erleben, aus den Gleichgewicht gerät. Und das fand ich wirklich interessant und zugleich schmerzhaft. Der anfängliche Spagat zwischen Uni und Ben wird immer mehr zu einem Sowohl als auch und später zu einem Entweder Oder. Und an dieser Stelle hat Harpers bei mir unglaublich viel Sympathie verloren. Natürlich ist es nachvollziehbar, dass man aus der belastenden Situation auch teilweise ausbrechen mag und als junge Frau hat sie auch Bedürfnisse. Aber in meinen Augen war das nichts, was man nicht hätte klären können. Stattdessen fährt Harper eine Egotour, die alles implodieren lässt. Die Beziehung von ihr und ihrer Mutter ist sehr komplex und verändert sich im Laufe des Buches, so wie sich auch Mutter und Tochter verändern. Beide müssen Erkenntnisse erlangen und verdauen, die ihre Dynamik in Frage stellen. In einer unglaublich tragischen Verkettung führt dies zu einem großen Unglück, was alles auf den Kopf und in Frage stellt. Ich war schockiert und überrascht, welchen Weg die Autorin eingeschlagen hat und ziehe am Ende den Hut dafür, dass sie dies so greifbar hinbekommen hat – anders als die lauwarme Liebesgeschichte.
Von den Charakteren her muss ich sagen, dass ich mit Ashton zu keiner Zeit warm geworden bin. Von Anfang an wirkt er übertrieben und affektiert. Seine selbstsichere Art wirkt unsympathisch und auch seine Handlungen begeistern mich nicht gerade. Er hatte für mich verhältnismäßig wenig Tiefe, was überraschend ist, da auch er eine durchaus ergreifende Geschichte hat. Diese wird aber primär als Entschuldigung für sein Fehlverhalten und seine Ich-Bezogenheit verwendet. Ashton ist stur und das nicht nur auf der Ebene, dass er nicht aufgibt, Harper für sich zu gewinnen, sondern auch, wenn es um Reden und Klären geht, was durchaus nervig war. Harper war anfangs sehr toll, verliert im Buch aber immer weitere meine Sympathie, da sie sich in eine einheitliche Masse zu den anderen Studenten in diesem Buch verwandelt, für die Freiheit, Party und Unischwänzen normal sind. Anfangs noch sehr vernünftig, scheint es fast so, als würde Ashton schlechten Einfluss auf sie haben. Diese Wandlung hat mich enttäuscht, ist aber immerhin nicht unbedingt unrealistisch. Als weitere Charaktere gibt es Harpers Mutter und Ben. Beide sind gut gelungen, hätten aber gern mehr Raum einnehmen dürfen. Zudem kommt Ashtons Eltern vor, die sehr oberflächlich und recht austauschbar sind. Ashtons Freunde Becca und Will hingegen waren sehr lustig und hatten in ihrer unterstützenden Rolle guten Einzug in die Geschichte gehalten. Gerade Becca rettet Ashton wohl mehr als einmal sein Hinterteil.
Etwas zwiegespalten bin ich vom ganzen Endpart des Buches. Natürlich kommt in solchen Büchern immer reichlich Drama zusammen, aber hier wirkte es etwas überspitzt. Nicht nur die Familienebene, sondern auch die Liebesebene wurden gecrashed und in beiden Fällen muss ich sagen: Hätte das in dieser Form sein müssen? Insbesondere zwischen Ashton und Harper wirkte es einfach gestellt und übertrieben, vor allem von Ashton, der mal wieder zeigte, dass er sehr egoistisch ist und auch nicht gerade „hier“ beim Verteilen der Empathie gerufen hat. Auf der Familienebene passt der Knall ja durchaus, die Konsequenzen davon zeigen aber, wie sich Harper verändert hat – und das für mich nicht unbedingt positiv. Als es dann zur finalen Katastrophe kommt und die Karten neu sortiert werden auf beiden Ebenen, hätte ich mir einfach teilweise andere und vor allem empathischere Lösungen gewünscht. Dennoch kann ich mit der Endsequenz, wie sie hier eingebracht wurde, durchaus leben. Begeisterung ruft sich aber nicht in mir hervor.
Insgesamt ist „Das Licht von tausend Sternen“ ein gutes Buch, welches mich aber vor allem mit der Storyline um Harper und ihren Bruder gewinnen konnte, während die Liebesgeschichte für mich sehr klischeehaft und teilweise auch wenig authentisch herüberkam. Vor allem die zweite Hälfte des Buches verliert sich sehr in einem 0815-Liebesroman. Das hochdramatische Finale war für mich nicht so ganz passend, dennoch habe ich mich von dem Buch im Großen und Ganzen abgeholt gefühlt und hatte Freude beim Lesen. Wäre das Buch durchgängig so stark wie in der ersten Hälfte, wäre es ein wahres Highlight gewesen, aber leider verläuft es sich etwas und auch die Charaktere verspielen zum Teil stark ihre Sympathien.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]