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Veröffentlicht am 16.02.2020

Die unbekannte Schwester

Geteilt durch zwei
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Mit ihrer Tochter Lena und ihrem Mann Ralph führt Nadja Kleman im Taunus eigentlich ein zufriedenes Leben. Doch schon seit Längerem hat die 41-Jährige das Gefühl, dass ihr etwas Entscheidendes fehlt. Und ...

Mit ihrer Tochter Lena und ihrem Mann Ralph führt Nadja Kleman im Taunus eigentlich ein zufriedenes Leben. Doch schon seit Längerem hat die 41-Jährige das Gefühl, dass ihr etwas Entscheidendes fehlt. Und dann hört sie im Radio eine merkwürdig bekannte Stimme. Sie gehört der Steuerberaterin Pia Albrecht. Durch Zufall erfährt sie so, dass sie eine Zwillingsschwester hat. Nadja wusste schon immer, dass sie adoptiert ist, aber kennt nicht die genauen Umstände und die Geschichte ihrer leiblichen Eltern. Durch die Neuigkeit ändert sich ihr Leben nun mit einem Schlag. Eine Menge neuer Fragen und schmerzhafte Erkenntnisse stürzen auf sie herein. Gemeinsam mit ihrer Schwester will Nadja die gemeinsame Vergangenheit aufarbeiten. Können sie zusammen die Wunden der Kindheit zu heilen?

„Geteilt durch zwei“ ist ein Roman von Barbara Kunrath.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus neun Kapiteln, die wiederum in mehrere Abschnitte unterteilt sind. Eingerahmt werden sie von einem Pro- und einem Epilog. Erzählt wird vorwiegend in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Nadja, zum Teil aber auch aus der Sicht weiterer Personen. Die Geschichte spielt auf zwei Zeitebenen: einerseits in der Gegenwart, also in den Jahren 2017 und 2018, und andererseits in der Vergangenheit, in den 1970er-Jahren. Einheitliche Angaben zu den Zeiten und zur jeweiligen Erzählperspektive sorgen dennoch dafür, dass die Orientierung nicht schwierig ist. Der Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist schnörkellos, aber anschaulich und angenehm. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht.

Im Vordergrund des Romans steht vor allem Nadja. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich, ihr Charakter wirkt authentisch. Dennoch wurde ich nicht so richtig mit ihr warm. Die übrigen Figuren erscheinen ebenfalls realitätsnah.

Thematisch dreht sich die Geschichte um die Themen Familie, Adoption, Geheimnisse und einiges mehr. Inhaltlich ist der Roman tiefgründig und regt zum Nachdenken an. Emotional konnte mich die Geschichte berühren, allerdings nicht so sehr wie gehofft.

Auf annährend 400 Seiten bleibt der Roman abwechslungsreich. Er hat mehrere Wendungen zu bieten. Die Handlung wirkt schlüssig und nachvollziehbar.

Das Cover mit der Spiegelbild-Metapher passt gut zum Inhalt. Auch am Buchtitel habe ich nichts auszusetzen.

Mein Fazit:
„Geteilt durch zwei“ ist ein unterhaltsamer Roman von Barbara Kunrath, der mich zwar nicht völlig begeistern konnte, mir aber schöne Lesestunden beschert hat.

Veröffentlicht am 11.02.2020

Ein besonderer Sommer

Sweet Sorrow
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Sommer 1997: Nach seinem Schulabschluss hat es Charles Lewis nicht leicht. Seine Eltern haben sich getrennt. Der Teenager lebt nun mit seinem depressiven, arbeitslosen und alkoholkranken Vater. Als er ...

Sommer 1997: Nach seinem Schulabschluss hat es Charles Lewis nicht leicht. Seine Eltern haben sich getrennt. Der Teenager lebt nun mit seinem depressiven, arbeitslosen und alkoholkranken Vater. Als er zufällig in die Proben zu einer Theateraufführung von „Romeo und Julia" hineinstolpert, will er nicht bleiben. Doch Fran Fisher, die im Stück die Julia spielt, überredet ihn. Sie macht es zur Bedingung für weitere Treffen, dass er sich mit ihr der Laientheatergruppe anschließt. Mit Fran macht er die schönsten, peinlichsten und aufregendsten Erfahrungen seines Lebens. 20 Jahre später steht Charlie vor der Entscheidung, ob er seine erste große Liebe wiedersehen will.

„Sweet Sorrow“ ist ein Roman von David Nicholls.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus vier Teilen, die wiederum in mehrere Kapitel mit einer angenehmen Länge und kurzen Überschriften untergliedert sind. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Charlie. Die Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart werden leider nicht gekennzeichnet.

Der Schreibstil ist anschaulich und dank viel wörtlicher Rede lebhaft. Sprachlich ist der Roman dem Alter der Protagonisten angepasst. Der Einstieg fiel mir leicht. Allerdings nimmt die Geschichte nur langsam Fahrt auf.

Die Charaktere und ihr Verhalten erscheinen durchweg authentisch. Mit Charlie steht ein besonderer und interessanter Protagonist im Fokus des Romans. Allerdings muss ich zugeben, ich wurde nicht sofort mit ihm warm.

Thematisch steht natürlich die Liebe im Vordergrund. Dem Autor gelingt es jedoch, nicht ins Kitschige und Überdramatische abzudriften. Stattdessen stecken viel Witz und Tiefgründigkeit in der Geschichte, was zum Nachdenken und Mitfühlen anregt.

Mit mehr als 500 Seiten ist der Roman recht umfangreich. Zwar kann die Geschichte größtenteils unterhalten, aber es gibt auch einige Längen.

Die Gestaltung der deutschen Hardcover-Ausgabe, die in zwei farblich unterschiedlichen Versionen erhältlich ist, wirkt zwar sehr verspielt und ohne direkten Bezug zum Inhalt. Dennoch gefällt mir die Optik sehr gut. Der passende Titel wurde vom Original übernommen.

Mein Fazit:
Mit „Sweet Sorrow“ konnte mich David Nicholls gut unterhalten. Der Roman sorgt für schöne Lesestunden. An sein bereits verfilmtes Buch „Zwei an einem Tag“, das mich fesseln und begeistern konnte, kommt sein neuestes Werk aber leider bei Weitem nicht heran.

Veröffentlicht am 07.02.2020

Von der Nonne zum Priester

Die Wunder von Little No Horse
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Das abgelegene Indianerreservat Little No Horse im Norden der USA: Schon mehr als 50 Jahre lebt Father Damien Modeste unter den Angehörigen des Stammes der Ojibwe. Viele, viele Jahre hat er als Priester ...

Das abgelegene Indianerreservat Little No Horse im Norden der USA: Schon mehr als 50 Jahre lebt Father Damien Modeste unter den Angehörigen des Stammes der Ojibwe. Viele, viele Jahre hat er als Priester Gottesdienste gehalten, Beichten abgenommen und seiner Gemeinde auch in anderer Hinsicht gedient. Nun ist er im Ruhestand, sein Leben geht dem Ende entgegen. Und er muss befürchten, dass sein großes Geheimnis ans Licht kommt: In Wahrheit ist der Geistliche eine Frau und heißt eigentlich Agnes DeWitt, die nach einer Zeit im Kloster und einem kurzen weltlichen Zwischenspiel in die Rolle des echten, aber toten Fathers geschlüpft ist…

„Die Wunder von Little No Horse“ ist ein Roman von Louise Erdrich, der im Original vor 19 Jahren bereits in den Vereinigten Staaten erschienen ist.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus vier Teilen, die sich wiederum in 22 Kapitel gliedern. Sie werden eingerahmt von einem Pro- und Epilog. Die Handlung umfasst den Zeitraum von 1910 bis 1996, allerdings liegt der Schwerpunkt auf den ersten und letzten Jahren, denn es wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Die Chronologie wird dabei nicht eingehalten. Kapitel aus der Vergangenheit wechseln sich mit dem gegenwärtigen Geschehen ab.

Der einzigartige Schreibstil ist geprägt von meist langen Sätzen und einer bildhaften Sprache. Immer wieder demonstriert die Autorin, dass sie sich vortrefflich ausdrücken kann. Allerdings ist ihr Stil auch ausschweifend.

Im Mittelpunkt des Romans steht Father Damien alias Agnes DeWitt, die mal als „er“, mal als „sie“ bezeichnet wird. Mit dem/der Protagonist/in erlebt der Leser einen ständigen Perspektivwechsel, da sie teils als Mann, teils als Frau agiert und wahrgenommen wird. Durch die Geschlechterlüge erleidet die Hauptfigur auch eine Art Identitätsverlust. Dieser Aspekt hat mein Interesse an der Lektüre geweckt. Den Charakter dieser Figur habe ich als realitätsnah und sympathisch empfunden.

Die Vielzahl an weiteren Personen im Roman ist allerdings groß. Diverse Mitglieder der Familien Kashpaw, Morrissey und Mauser sowie andere Charaktere tauchen in der Geschichte auf, sodass man immer wieder zum abgebildeten Stammbaum blättern muss. In diesem Punkt wäre weniger vermutlich mehr gewesen, zumal einige der Personen nur episodenhaft auftauchen, was den Lesefluss hemmt und die Handlung oft auf der Stelle treten lässt.

Nach einem kurzweiligen und spannenden Beginn verliert die Geschichte schnell an Fahrt. Immer neue Teilerzählungen tun sich auf, offene Enden entstehen und Fragen ergeben sich. Auf etwas mehr als 500 Seiten gibt es daher die eine und andere Länge. Erst zum Schluss hin wird die Handlung wieder straffer und nimmt Fahrt auf.

Mit ihrem Roman gibt die Autorin Einblicke in einen Stamm und schafft so Bewusstsein für die Lebenswelt und Nöte der amerikanischen Ureinwohner. Alkoholismus, Landverluste, tödlich verlaufende Krankheiten, Armut und andere Probleme werden eindrucksvoll deutlich. Dem Verhalten der übrigen Weißen wird das verständnis- und rücksichtsvolle Auftreten Damiens gegenübergestellt, der auf Zwangsmissionierungen verzichtet und sich auf die Traditionen und Sprache der Ojibwe einlässt. Dass dieses Volk tatsächlich existiert und ihre Lebensweise authentisch dargestellt wird, wohingegen das Reservat an sich rein fiktiv ist, verrät die Autorin im Nachwort, das gerne umfangreicher hätte ausfallen dürfen.

Ein wenig schwer getan habe ich mich mit einigen Dingen, die im Roman auftauchen. Sowohl etliche der Figuren als auch mehrere Begebenheiten wirken durch und durch skurril und abwegig. Auch die Anzahl an phantastischen und mystischen Elementen war mir insgesamt etwas zu viel, obwohl ich dem magischen Realismus durchaus nicht abgeneigt bin.

Das ausdrucksstarke Cover passt sehr gut. Mir gefällt auch, dass der Titel der amerikanischen Ausgabe („The Last Report on the Miracles of Little No Horse“) fast wörtlich übersetzt wurde.

Mein Fazit:
„Die Wunder von Little No Horse“ von Louise Erdrich ist ein Roman, der viele Stärken, aber auch Schwächen hat. Eine interessante Lektüre, die dem Leser jedoch einiges abverlangt.

Veröffentlicht am 20.01.2020

Der rätselhafte Landsitz in Gloucestershire

Das Geheimnis von Shadowbrook
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Als Kind ist es recht still um Clara Waterfield. Sie wächst behütet, aber auch isoliert in London auf, denn aufgrund der Glasknochenkrankheit darf sie nicht nach draußen. Doch als ihre Mutter stirbt, öffnet ...

Als Kind ist es recht still um Clara Waterfield. Sie wächst behütet, aber auch isoliert in London auf, denn aufgrund der Glasknochenkrankheit darf sie nicht nach draußen. Doch als ihre Mutter stirbt, öffnet sich für die junge Frau eine völlig neue Welt. Im Sommer 1914 wird sie als Botanikerin nach Gloucestershire gerufen: Sie soll auf einem Landsitz namens Shadowbrook den Aufbau eines Gewächshauses mit exotischen Pflanzen betreuen. Der dortige Garten ist üppig bewachsen und überwältigend. Doch das alte Wohnhaus wirkt seltsam abweisend, die meisten Räume stehen leer oder sind verschlossen. Mr. Fox, der Eigentümer, ist viel auf Reisen. Und nachts scheint es im Haus zu spuken. Doch Clara glaubt nicht an Geister und macht sich daran, die Geheimnisse zu ergründen. Dabei muss sie feststellen, dass dort nichts so ist, wie es scheint.

„Das Geheimnis von Shadowbrook“ ist ein Roman von Susan Fletcher.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 17 jeweils recht langen Kapiteln. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Clara. Die Handlung umfasst einige Jahre und endet im Februar 1918. Der Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist anschaulich, bildhaft und sehr atmosphärisch, aber zum Teil auch ausschweifend. Der Einstieg fiel mir nicht schwer. Die Geschichte nimmt jedoch nur sehr langsam Fahrt auf.

Mit Clara gibt es eine reizvolle Protagonistin, die durchaus authentisch dargestellt wird, aber mir nicht auf Anhieb sympathisch war. Auch die übrigen Charaktere sind größtenteils interessant gestaltet.

Thematisch hat der Roman einiges zu bieten: eine seltene Krankheit, die Botanik, mutmaßlicher Geisterspuk und andere rätselhafte Dinge, eingebettet in die Kulisse der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.

Alles in allem ist die Geschichte abwechslungsreich und unterhaltsam. An einigen Stellen ist der mehr als 400 Seiten umfassende Roman jedoch etwas langatmig, weil die Handlung zwischendurch an Tempo verliert. Auch die Auflösung der Geheimnisse konnte mich nicht ganz überzeugen.

Die optische Gestaltung der gebundenen Ausgaben wirkt hochwertig und spricht mich sehr an. Der deutsche Titel weicht zwar stark vom englischsprachigen Original ab („House of Glass"), gefällt mir aber sehr gut.

Mein Fazit:
„Das Geheimnis von Shadowbrook“ von Susan Fletcher ist ein Roman mit vielen Stärken, aber auch einigen Schwächen. Eine ungewöhnliche Lektüre, die meine Erwartungen nicht voll erfüllen konnte, aber mich trotzdem gut unterhalten hat.

Veröffentlicht am 09.01.2020

Wie ein Rosenbusch

Das schräge Haus
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Beruflich läuft es für Ella rund: Im Ruhrgebiet hat die psychologische Psychotherapeutin eine eigene Praxis. Doch privat ist die 34-Jährige nicht glücklich. Sie ist Single und kinderlos und hat neben ihrer ...

Beruflich läuft es für Ella rund: Im Ruhrgebiet hat die psychologische Psychotherapeutin eine eigene Praxis. Doch privat ist die 34-Jährige nicht glücklich. Sie ist Single und kinderlos und hat neben ihrer besten Freundin Yvonne und ihrer Großmutter Mina kaum soziale Kontakte. Außerdem leidet Ella noch immer darunter, was an jenem Sonntag im Juni 1986 in Minas Schrebergarten passiert ist. Nicht nur ihre Patienten haben so ihre Probleme. Auch Ella selbst fühlt sich recht schräg, genauer gesagt wie ein Haus mit krummem Giebel oder ein Rosenbusch, der sich nicht von der Stelle bewegen kann. Wird es ihr gelingen, ihre Welt ein wenig geradezurücken?

„Das schräge Haus“ ist ein Roman von Susanne Bohne.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus zwei Teilen. Die ersten sechs Kapitel spielen allesamt am Sonntag, 22. Juni 1986, in der Schrebergarten-Siedlung im Richterbusch. Die übrigen der insgesamt 37 Kapitel mit einer angenehmen Länge sind 26 Jahre später, also im Jahr 2012, angesiedelt. Der Roman endet mit einem kurzen Epilog, der wiederum elf Monate später spielt. Erzählt wird vorwiegend in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Ella, wobei dies nicht konsequent durchgehalten wird, da die Protagonistin auf märchenhafte Weise auch Einsichten in die Gedanken und Gefühle von anderen zu haben scheint. Zudem gibt es mehrere Kapitel, in denen die Perspektive zu weiteren Personen wechselt.

Sehr gut gefallen hat mir der Schreibstil. Er ist warmherzig, lebhaft, anschaulich und bisweilen sogar poetisch. Obwohl das Erzähltempo meist recht langsam ist und die Geschichte erst nach längerem Anlauf Fahrt aufnimmt, kommt beim Lesen keine Langeweile auf. Kreative Wortneuschöpfungen wie „Zeitpudding“ und „Seelenhaus“, treffende Metaphern und Vergleiche, gelungene Beschreibungen und eine dichte Atmosphäre zeugen vom Talent der Autorin, mit Sprache umzugehen. Zwar gibt es einige Wiederholungen, was die Formulierungen angeht, aber daran habe ich mich nicht gestört.

Mit Ella steht eine sympathische Protagonistin mit gutem Herz im Vordergrund, die ihren Hang zum Träumen nicht verlernt hat und die Intention verfolgt, ihren Mitmenschen zu helfen. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich. Sie wird zwar mit liebevollem Blick beschrieben, allerdings auch recht kindlich, realitätsfern und naiv dargestellt. Ihr Verhalten konnte ich nicht immer nachvollziehen. Auch viele der anderen Personen, und dabei nicht nur ihre Patienten, wirken etwas verschroben oder zumindest speziell, was jedoch einen Reiz der Geschichte ausmacht.

Besonderes Interesse hat der Roman bei mir deshalb geweckt, weil es nicht nur um eine Liebesgeschichte geht, sondern auch um Ellas psychotherapeutische Arbeit und die Patienten in ihrer Praxis. Leider vermittelt die Geschichte kein authentisches Bild einer Therapeutin und wirft ein eher schlechtes Licht auf diesen Bereich. Zum einen spricht Ellas mangelndes Selbstbewusstsein und ihre fehlende Verarbeitung eigener Traumata nicht dafür, dass sie selbst die im Studium und in der Ausbildung gelernten Techniken bei sich anwenden kann. Zum anderen verhält sie sich im Umgang mit vor allem einem Patienten zum Teil erschreckend verantwortungslos. Zeitweise wird der Roman auch der Ernsthaftigkeit psychischer Krankheiten nicht ganz gerecht, etwa dann, wenn eine Depression mit suizidaler Tendenz als „Frau Traurigkeit“ verniedlicht wird. Mir ist durchaus bewusst, dass der Wohlfühlroman nicht wortwörtlich genommen werden darf und einen hoffnungsvollen Blick auf das Leben mit seinen wundervollen Momenten bieten möchte. Bei diesem heiklen Thema fehlt es mir allerdings ein wenig an Sensibilität. Positiv anzumerken ist dagegen, dass der Roman viel Tiefgang besitzt und die lobenswerte Botschaft vermittelt, dass es durchaus okay ist, wenn man nicht perfekt ist, sondern Ecken und Kanten hat.

Die reduzierte Gestaltung mit der Schildkröte passt gut zum Inhalt. Schön, dass sich auch im Inneren hübsche, kleine Illustrationen finden. Der Titel ist ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Das schräge Haus“ stellt Susanne Bohne ihr Talent zum Schreiben eindrucksvoll unter Beweis. Der etwas andere Liebesroman, der märchenhaft anmutet, hat mir unterhaltsame Lesestunden beschert. Allerdings sind die Darstellungen von Psychotherapie und psychischen Krankheiten stellenweise problematisch.