Das opulente Spiel des Bieres
Mit einer großen Portion Vorfreude auf den Roman über die Brauhausdynastie Bruckner, habe ich die Geschichte gelesen und bin sehr begeistert über die schöne, vielfältige und herausfordernde Geschichte ...
Mit einer großen Portion Vorfreude auf den Roman über die Brauhausdynastie Bruckner, habe ich die Geschichte gelesen und bin sehr begeistert über die schöne, vielfältige und herausfordernde Geschichte der Autorin. Das Brauhaus an der Isar - Spiel des Schicksals ist ein wundervoller Auftakt in das Leben und den Alltag der Menschen in Bayern gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Als Freund des flüssigen Brotes habe ich viele Facetten rund um den Braualltag der damaligen Zeit kennengelernt.
Das Cover ist sehr bunt gehalten. Im Vordergrund sieht man die Rückansicht einer jungen Frau in einer typisch bayerischen Tracht mit einer schicken Hochsteckfrisur. Im Hintergrund schaut der Leser auf den mondänen Marienplatz in München. Der Klappentext beschreibt den wesentlichen Hintergrund der Handlung, ohne dabei die Haupthandlungsstränge vorwegzunehmen. Auf der Innenseite der Buchklappe ist ein Stadtplan von München zur damaligen Zeit abgebildet. Des Weiteren sind am Anfang des Buches ein Personenverzeichnis, sowie am Ende des Romans ein kleines Glossar für Nichtbayern aufgeführt. Eine Anleitung für die eigene „Bierherstellung“, runden den Roman süffisant ab.
Diese Ideen der Autorin haben mir sehr gut gefallen und machen die ohnehin schöne Story noch interessanter. Die Geschichte erzählt von einer jungen Frau, Antonia Pacher, welche aus dem kleinen Bayerischen Ort Flechting aufbricht, um in der Großstadt München ihr berufliches Glück zu finden. Die Geschichte beginnt am Ende des 19. Jahrhunderts, welche eine zeitliche Einordnung für die Leser gut ermöglicht. Durch die detailreiche und abwechslungsreiche Beschreibung der damaligen Bräuche und Sitten wird der Leser hervorragend mit dem Zeitgeschehen vertraut. Die Hauptdarstellerin zeichnet sich durch ein, für damalige Verhältnisse, ungewöhnliches Persönlichkeitsprofil aus. Uninteressiert an Sitte und Selbstverständlichkeit in einer „männerdominierenden Gesellschaft“ arbeitet und fügt sie sich mit Fleiß und Geschick in das Brauhaus Bruckner ein. Am Anfang als einfaches „Zimmermädchen“ angestellt, wird sie im Laufe der Geschichte immer mehr Aufgaben und Verantwortung übernehmen. Auch persönliche Rückschläge bewältigt sie dabei mit Bravour und wird nach und nach zu einer geschäftsbereichernden Persönlichkeit. Sehr ausgeprägt sind die vielfältigen Nebenfiguren der Story. Franziska Bruckner, die Geschäftsführerin der Brauerei Bruckner, Melchior Bruckner ihr Sohn und Erbfolge, Alois Hopf (Inhaber der Hopf Brauerei) der vor nichts zurückschreckende Konkurrent der Brauerei, sowie Quirin ein platonischer Freund, welcher erst zu spät sein wahres Gesicht zum Vorschein kommen lässt. Mir persönlich hat die facettenreiche Persönlichkeit des Melchior Bruckner am besten gefallen. Anfänglich als arroganter und erhabener Erbe der Brauerei auftretend, zeigt er im Verlauf der Geschichte immer mehr sein Interesse an Wissenschaft und dem Fortbestand der Brauerei. Sehr unterhaltsam ist das Zusammentreffen von Antonia, Melchior und seinem Studienfreund Albert Einstein. Der junge Einstein, welcher selbstverständlich allerhand physikalisches Interesse aufweist, beweist dass auch er den menschlichen Genüssen nicht abgeneigt ist. Der gemeinsame Besuch auf dem Münchener Oktoberfest war einer der viele Höhepunkte des Romans für mich.
Der Aufbau der Geschichte ist chronologisch und es sind keine großen Zeitsprünge erkennbar. Die Handlung ist sehr detailiert beschrieben und lässt keine offenen Fragen für den Leser entstehen. Der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig, detailreich, bildhaft und sprachverliebt. Dabei schafft die Autorin es immer wieder den markanten bayerischen Dialekt in die Geschichte einzubinden. Verschachtelte oder komplizierte Sätze waren nicht zu erkennen. Als Zielgruppe des Romans kommen sowohl Anhänger historischer Romane als auch Fans von Bayern und Brauereikultur in Frage. Er ist wegen seiner starken weiblichen Persönlichkeiten zwar tendenziell für Frauen geeignet, aber auch Männer kommen aufgrund der detailreichen Geschichte rund um das Bier in München auf Ihre Kosten. Als Fazit der Geschichte bleibt für mich festzuhalten, Julia Freidank ist ein wahrhaft wundervoller Auftakt in die Brauhausreihe geglückt. Dieses Buch ist eine Ode an die Brauhauskultur, eine kleine Liebeserklärung an die Stadt München, sowie ein sehr schöner und aufschlussreicher Roman über das Bier und den starken Willen einer Frau, welche sich über alle Maße nicht von ihren persönlichen Zielen abbringen lässt. Ich bin sehr zufrieden mit dem ersten Band und als Einziger Wehrmutstropfen bleibt festzuhalten, dass ich das Buch bereits zu Ende gelesen habe. Allerdings bleibt die Hoffnung, dass der zweite Band der Reihe nicht mehr lange auf sich warten lässt. Ich bedanke mich beim Rowohlt Verlag für die Bereitstellung des Buches.