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Veröffentlicht am 20.10.2020

Nette Unterhaltung für Zwischendurch

Das kleine Café am Pier
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Bereits das zauberhaft schöne Cover lässt vermuten, dass es sich bei Helen Rolfes im März 2020 beim HEYNE Verlag erschienenen Roman um eine Feel-Good-Story handelt. Ich habe das Buch in einer kalten, düsteren ...

Bereits das zauberhaft schöne Cover lässt vermuten, dass es sich bei Helen Rolfes im März 2020 beim HEYNE Verlag erschienenen Roman um eine Feel-Good-Story handelt. Ich habe das Buch in einer kalten, düsteren Jahreszeit gelesen und allein das in hellen Blau- und Rosatönen gestaltete Cover, das in Bezug auf die Handlung perfekt gewählt worden ist, erzeugte bei mir schon Sehnsucht auf einen Ausflug ans Meer.

Dorthin, genauer gesagt, ins idyllische Städtchen Salthaven-on-Sea, verschlägt es die weibliche Hauptfigur. Jo hatte bisher in Edinburgh gelebt, richtig Wurzeln schlagen konnte sie in der Großstadt jedoch nie. Ohne zu zögern folgt sie daher dem Hilferuf ihrer Großeltern, die dringend Unterstützung in ihrem Café benötigen. Kaum ist Jo wieder zurück in Salthaven-on-Sea, entdeckt sie den Ort ihrer Kindheit, den sie einst mit gebrochenem Herzen verlassen hatte, aufs Neue. Mit Feuereifer stürzt sie sich in ihre neue Aufgabe im Café, kreiert köstliche Gerichte und fühlt sich bald herzlich aufgenommen von der kleinen Gemeinde. In ihrem Tatendrang startet sie zudem eine Aktion namens "Abend der Liebe" – Jo möchte Amor spielen und macht sich daran, die Stammkunden des Lokals zu verkuppeln, indem sie Blind Dates arrangiert. Ob ihr Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird…? Und wer ist der heimliche Verehrer, der Jo geheimnisvolle Postkarten schickt…?

Erzählt wird in der dritten Person (aus Jos Perspektive - bis auf eine kurze Ausnahme gegen MItte der Handlung). Den Einstieg in die Geschichte, die sich über ein ganzes Jahr erstreckt, habe ich als etwas schnell (und auch ein wenig zu nüchtern) empfunden und hatte so meine Zweifel, ob es mir im Laufe des doch an die 450 Seiten umfassenden Romans gelingen würde, mich in Jo hineinzuversetzen. Tatsächlich waren es eher die Nebenfiguren, die für mich das Highlight der Story bildeten. Jo ist nicht unsympathisch, im Gegenteil - sie hat stets das Wohl anderer Menschen im Sinn und liebt ihre Familie über alles, aber ihre Figur blieb dennoch leider recht blass. (Nur als Beispiel: Als ich mich mit einer Freundin über unsere jeweilige aktuelle Lektüre austauschte, fielen mir zig andere Charaktere des Werkes ein, nur an Jos Namen konnte ich mich erst nach kurzem Grübeln erinnern und das, obwohl sie die Hauptfigur ist.) Jos Großeltern hingegen sind einfach zum Knuddeln und auch sämtliche Stammkunden des Cafés schließt man direkt ins Herz. Neben dem Café-Alltag, auf dem eindeutig der Hauptfokus der Handlung liegt, bilden die Schicksale der Stammkundschaft das interessanteste Element. Auch das Zerwürfnis zwischen Jos Mutter und deren Eltern (- jenes Familiengeheimnis, über das die Großeltern partout keine Auskunft geben wollen -) sowie die anonymen Postkarten heben die Spannungskurve etwas an.

Der Schreibstil ist angenehm und sehr detailreich, aber teilweise viel zu ausschweifend; die ganze Geschichte hätte sich locker auch auf deutlich weniger Seiten erzählen lassen können. Insgesamt blicke ich etwas zwiegespalten auf das Werk zurück. - Der Humor in den Dialogen, das Setting einer süßen englischen Hafenstadt und die große Frage, wer denn nun Jos heimlicher Verehrer ist, fand ich sehr unterhaltsam. Doch wirklich Herzklopfen kam bei mir nicht auf und auch für einen allgemeinen (nicht romantischen) Wohlfühlroman zog sich die Abfolge der Ereignisse einfach zu sehr in die Länge; ich hatte häufig am Ende einer Seite das Gefühl, dass im Grunde nichts passiert sei und nichts vorwärts geht. Lediglich gegen Ende, in den letzten Kapiteln und im Epilog, gewinnt das Ganze an Fahrt (und an Emotionen) – diese Intensität hätte ich mir für das gesamte Werk gewünscht. Auch die Enttarnung Jos Verehrers hat mich positiv überrascht.

Fazit: Ein netter, locker geschriebener Unterhaltungsroman, der aufgrund der zahlreich erwähnten Köstlichkeiten gewiss für Appetit beim Lesen sorgen wird!

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Veröffentlicht am 16.10.2020

Leider mehr Drama als Wohlfühlfaktor

Träume in Meeresgrün
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Nachdem die Autorin mich bereits mit ihren Romanen "Sommer in Atlantikblau" und "Sommer unter Sternen" begeistert hatte, ging ich mit hohen Erwartungen an dieses im Mai 2020 beim Heyne Verlag erschienene ...

Nachdem die Autorin mich bereits mit ihren Romanen "Sommer in Atlantikblau" und "Sommer unter Sternen" begeistert hatte, ging ich mit hohen Erwartungen an dieses im Mai 2020 beim Heyne Verlag erschienene Werk heran. Aufgrund des in wunderschönen, hellen Farben gestalteten und ganz im maritim-sommerlichen Look gehaltenen Covers von "Träume in Meeresgrün" sowie basierend auf dem Klappentext, hatte ich mir eine Wohlfühlgeschichte zum Entspannen und Träumen erhofft.

Die 34-jährige Amelie ist seit Jahren unglücklich verliebt in Lars, den Freund ihrer Schwester Nele…der gemeinsam mit ihrer Familie einen Urlaub in Kanada verbringt. Als wäre dies nicht unangenehm genug, leidet Amelie zudem immer noch unter einem tragischen Verlust, der ihr Leben vor 13 Jahren komplett aus der Bahn geworfen hat. Zu allem Überfluss stellt sich heraus, dass ihr Vater über viele Jahre hinweg ein schwerwiegendes Geheimnis gehütet hat, das nun mit aller Gewalt an die Oberfläche drängt. Und dann ist da auch noch der attraktive Hobby-Musiker Callum, der so gar nicht Amelies Typ ist, ihr aber dermaßen unter die Haut geht, dass sie beginnt, ihr Leben neu zu überdenken und sich aus ihrem Schneckenhaus zu wagen.

Der Schreibstil von Miriam Covi besticht durch realistische Dialoge und kreative, bildreiche Metaphern, die den Lesern einen perfekten Einblick in die Gedankenwelt ihrer Figuren geben. Eine besondere Auszeichnung hat die ungemein atmosphärische Darstellung der Location verdient. Lunenburg ist mehr als nur das Backgroundsetting zur Handlung - man spürt in jeder Zeile, dass die Autorin ein großer Fan dieser Region ist. Es würde mich nicht wundern, wenn das idyllische kanadische Hafenstädtchen in Zukunft einen Tourismus-Boom erleben würde! Von den bunten Holzhäuschen über die kleinen, urigen Geschäfte bis hin zum Hafen mit seinen Segelbooten und den herzlichen Einwohnern – man ist beim Lesen gedanklich vor Ort und es herrscht Urlaubsfeeling pur.

Mit den Figuren wurde ich nur bedingt warm. Insbesondere in der ersten Hälfte der Handlung erschien mir das verhuschte, duckmäuserische Verhalten von Amelie, aus deren Perspektive erzählt wird, völlig übertrieben. Auf gefühlt jeder zehnten Seite bricht sie in Tränen aus und/oder stolpert in jemanden hinein. Dem sympathischen Callum gegenüber reagiert sie so unreif und patzig, dass man sich fremdschämt. Ihre permanente Selbstgeißelung und ihr deprimierendes Selbstmitleid nervten mich ziemlich. Hier wäre weniger mehr gewesen. Selbiges gilt für zahlreiche, mit negativen Assoziationen und Emotionen behafteten Elemente des Plots. Mir ist bewusst, dass auch traurige Momente zum Leben (und folglich zu Romanen darüber) gehören. Doch hier erschien es mir, als hätte sich die Autorin zum Ziel gesetzt, auf Krampf eine ganz besonders tiefgründige Geschichte zu verfassen. Abgesehen von einer alles andere als harmonischen Familiendynamik geht es alle paar Seiten um Themen wie Tod, Trauer(-bewältigung), Schuld und Reue, Krankheiten (Krebs, Alzheimer, Schlaganfälle, …), Wut und Frustration. Das wiederum hat mich frustriert. Positiv überrascht war ich davon, wie früh das Familiengeheimnis gelüftet wurde. In der zweiten Hälfte des Werks ist mir vor allem Callum ans Herz gewachsen, der ebenfalls kein leichtes Leben gehabt hat bisher, aber ganz anders damit umgeht als Amelie. Weiterhin gefiel mir gut, dass Musik eine bedeutende Rolle spielte in der Story.

Fazit: Größtenteils tragisch bis bittersüßer Familienroman, der sich erst kurz vor knapp zur Romanze entwickelt. All dies jedoch vor traumhafter Kulisse.

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Veröffentlicht am 01.09.2020

Die Schwermut überwiegt

Riviera - Der Traum vom Meer
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Dieser historische Roman, der die Jahre 1922 bis 1936 umspannt, bildet den Auftakt zur Riviera-Reihe aus der Feder von Autorin Julia Kröhn und hat mich mit derart gemischten Gefühlen zurückgelassen, dass ...

Dieser historische Roman, der die Jahre 1922 bis 1936 umspannt, bildet den Auftakt zur Riviera-Reihe aus der Feder von Autorin Julia Kröhn und hat mich mit derart gemischten Gefühlen zurückgelassen, dass die erhoffte (in einen geschichtlichen Kontext verpackte) sommerliche Leichtigkeit beinahe gänzlich ausgeblieben ist.

Die junge Salome ist Halbwaise und lebt zusammen mit ihrem stets in Tagträumen verlorenen Vater Arthur, der ein Reisebüro in Frankfurt leitet. Zunächst fällt die Betreuung des kleinen Mädchens noch in den Aufgabenbereich ihrer altmodischen, oftmals strengen Großmutter, die allerdings recht bald verstirbt. Fortan nimmt sich Untermieterin Paola, in der Salome längst eine Art Schwester sieht, der kleinen Familie an, reißt den naiven Arthur aus seiner Lethargie und fädelt einen Urlaub in ihrem Heimatland ein: Italien. Kurzum wird beschlossen, dass man sich den boomenden Tourismus im Süden zunutze machen und expandieren sollte. Unterstützt wird Familie Sommer dabei vom Hotelier Renzo Barbera, dessen unscheinbare, pummelige, von ihren zwei Brüdern schikanierte Tochter Ornella zu Salomes bester Freundin wird. Aber bald wirft der Zweite Weltkrieg seine Schatten voraus und auch die innige Freundschaft der Mädchen ist in Gefahr, als Félix, Sohn eines französischen Unternehmers, in ihr Leben tritt – Ornella ist ihm regelrecht verfallen, doch der zynische junge Mann straft sie regelmäßig mit Demütigung und Ignoranz, während Salome schon eher sein Interesse erweckt…

Zunächst möchte ich festhalten, warum ich mich mit der Beurteilung dieses Werkes schwergetan habe: Schreibstil und Impressionen zur Szenerie verdienen 5 Sterne; Handlung, Figuren und Gesamteindruck schaffen es hingegen auf 3 Sterne. Ich lese des Öfteren historische Romane, hatte mir also keine reine Happy-Sunshine-Story erwartet und wurde diesbezüglich nicht enttäuscht. Stattdessen gab es jedoch Realität, Tiefsinn und persönliche Dramen im Überfluss. Die erhoffte sommerliche Lektüre mit historischen Elementen entwickelte sich ab Mitte der Handlung in Richtung Schicksalsroman mit eher ernüchterndem Unterton. Diese Tendenz fand ich insbesondere schade, da gerade die ersten Kapitel, in denen wir Salome als junges Mädchen erleben, mit herrlich witzigen Elementen gespickt sind und mich mehrmals auflachen ließen. Ich war begeistert! Mit fortschreitender Handlung stellte sich allerdings eine gewisse Schwermut ein; die Dreiecksgeschichte zwischen Salome, Ornella und Félix habe ich als viel zu ausgedehnt empfunden, was dem Roman eine zusätzliche Langatmigkeit verlieh und zum Querlesen verleitet.

Gepunktet hat die Autorin mit ihrem sagenhaft schönen, poetisch anmutenden Schreibstil, welcher nur so strotzt vor atmosphärischen, detailreichen Beschreibungen, vor allem im Hinblick auf die Szenerie – San Remo scheint zum Greifen nah, man spürt beinahe die heiße Sonne auf der Haut und ist mittendrin im südländischen Flair. Es wird deutlich, dass dem Werk eine hervorragende Recherche zugrunde liegt; meisterhaft sind alltägliche Gegebenheiten der damaligen Zeit in die Geschichte eingeflochten worden, was sich auch im Sprachgebrauch widerspiegelt. Die auf der Recherchereise von der Autorin geschossenen Fotos zu den Handlungsschauplätzen ergänzen das liebevoll gestaltete Innencover des Romans, das dem in hellen Farben gehaltenen Buchcover in nichts nachsteht.

Von den Figuren ist mir leider keine wirklich ans Herz gewachsen, auch wenn sie überaus facettenreich gestaltet sind, was ihr Verhalten und ihre Entwicklung durchaus realistisch erscheinen lässt, da es schließlich auch im echten Leben keinen Menschen gibt, der nur gut oder nur böse ist. Das beste Beispiel hierfür ist Paola. - Die lebenslustige, kluge (- man könnte auch sagen ausgefuchste -) junge Italienerin macht das Beste aus dem Hier und Jetzt, verliert aber zeitgleich nicht ihren Masterplan aus den Augen: endlich finanziell abgesichert zu sein, nie mehr in Armut leben zu müssen. Für mich ist sie, trotz ihrer Funktion als Nebenfigur, die schillerndste Persönlichkeit des Werkes und ganz klar meine Favoritin unter den Charakteren. Ich mag ihren trockenen Humor, ihr freches Wesen und ihrem Optimismus. Gewiss, auch ihr z.T. berechnendes Verhalten ist mir nicht entgangen, doch ich habe ihre Motive durch und durch nachvollziehen können. Und sind wir nicht alle mehr oder weniger geprägt von dem Wunsch nach Sicherheit? Zudem beweist sie immer wieder, dass sie im Ernstfall für Salome da ist. Bei Salome und Ornella verhält es sich anders; je älter sie werden, umso weniger konnte ich mich mit ihnen identifizieren und es entstand eine gewisse Distanz, wodurch sich das Mitfiebern bezüglich ihres Schicksals in Grenzen hielt. Meines Erachtens hat sich die Autorin, die in der betreuten Leserunde ausführliche Hintergrundinformationen zum Buch mit uns geteilt hat, zu sehr darauf konzentriert, welche Figur welches Konzept verkörpern soll. Für eine literarische Analyse oder eine Charakterstudie wäre der Roman ideal geeignet, zum Liebgewinnen der Protagonisten eher nicht.

Fazit: Kein Sommerroman zum Träumen. Für meinen Geschmack zu zäh, schwermütig und nicht so beschwingt, wie man es aufgrund des Covers und des Klappentextes vermuten könnte. Ich habe keine Bindung zu den Figuren aufbauen können, habe sie mit wachsender Distanz wahrgenommen, was leider auch der wundervolle Schreibstil nicht ausgleichen konnte.

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Veröffentlicht am 07.06.2020

Kann es eine zweite Chance für die erste Liebe geben?

Strandkorbliebe
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Als Teenager waren Antje und Michael unzertrennlich gewesen in der kurzen Zeit, die er mit seinen Eltern auf Norderney verbracht hatte, wo Antje und ihre Familie eine Ferienhaussiedlung betrieben. Die ...

Als Teenager waren Antje und Michael unzertrennlich gewesen in der kurzen Zeit, die er mit seinen Eltern auf Norderney verbracht hatte, wo Antje und ihre Familie eine Ferienhaussiedlung betrieben. Die Jugendlichen wollten sich auf jeden Fall wiedersehen und waren überzeugt davon, dass ihre Liebe die große räumliche Distanz überstehen würde. Leider erlebten beide eine bittere Enttäuschung, die auch jetzt – nach 15 Jahren – immer noch genauso wehtut wie damals. Sie haben einander nie vergessen können. Michaels Eltern wollen nun ausgerechnet auf Norderney ihr Hochzeitsjubiläum feiern – und prompt steht Antje unverhofft ihrer ersten große Liebe gegenüber…dem Mann, der sie einst so verletzt hatte, dass sie sich nach ihm nie wieder zu einer ernsthaften Beziehung hatte durchringen können. Zu ihrer Überraschung verlangt er bald darauf Antworten von ihr – dabei sollte doch Michael derjenige sein, der sich bei ihr entschuldigt! Die Wahrheit verblüfft letztlich beide. Doch hat ihre Liebe noch eine Chance?

Lotte Römers Roman, dessen Cover bereits zum Träumen einlädt, eignet sich nicht nur aufgrund des lockeren Schreibstils hervorragend als entspannende Lektüre zwischendurch. Trotz allerlei Geheimnissen und Missverständnissen in der Handlung, die abwechselnd aus der Perspektive beider Hauptfiguren erzählt wird, bleibt der Gesamteindruck unkompliziert. Es gibt einige nette Beschreibungen von Norderney und Bayern, die sich angenehm lesen, aber gerne noch etwas ausführlicher hätten ausfallen können; immerhin handelt es sich dabei um solch reizvolle Regionen.

Sowohl Anje als auch Michael sind Charaktere, in die man sich leicht hineinversetzen kann. Für mich blieben sie ein wenig blass – schon sympathisch, allerdings eben auch nicht wirklich facettenreich. Michis Eltern, die Hubers, waren zunächst zwar nicht meine Lieblinge, wirkten dafür aber am authentischsten. Als Hundeliebhaber hat mich die niedliche Fellnase "Hund" natürlich begeistert! Die enge Freundschaft zwischen Antje und Nina ist greifbar gestaltet worden; auch Antjes Unmut hinsichtlich ihrer Schwester Katja, die ein sorgloses Leben als Weltenbummlerin führt, während Antje sich auf der Insel der Übernahme des elterlichen Betriebs hatte widmen müssen, wirkt äußerst realistisch.

Die Dialoge sind recht umgangssprachlich gehalten; lediglich ein paar Wortwiederholungen gab es, die ich jedoch nicht als dramatisch störend empfunden habe. Die Handlung war schon ziemlich vorhersehbar, wobei ich hinzufügen muss, dass ich von Romanen dieses Genres ja auch das obligatorische Happy End erwarte - nur vom Weg dorthin hatte ich mir etwas mehr erhofft.

Fazit: Eine nette Geschichte für zwischendurch.

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Veröffentlicht am 09.02.2020

Anders als erwartet

Alles, was wir sind
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"Alles, was wir sind", erschienen im Rütten & Loening Programm des Aufbau-Verlags, war der erste Roman, den ich von Autorin Lara Prescott lesen durfte und noch ehe ich die Lektüre überhaupt begann, kam ...

"Alles, was wir sind", erschienen im Rütten & Loening Programm des Aufbau-Verlags, war der erste Roman, den ich von Autorin Lara Prescott lesen durfte und noch ehe ich die Lektüre überhaupt begann, kam ich nicht umhin, die überaus hochwertige und optisch aufwendige Buchausstattung zu bestaunen. – Ein bedruckter Folienumschlag, der sich wunderbar vom ebenfalls bedruckten Buchdeckel abhebt, ein edles Innencover, ein Lesebändchen…nobler geht es kaum. Es wird sofort deutlich, dass dieses Werk sich von der Masse der anderen aktuell veröffentlichten Bücher abheben wird. - "Episch!", ging es mir durch den Kopf und genau solch eine Begeisterung erwartete ich mir auch vom Inhalt. Im Vorfeld hatte ich schon viel von diesem auf wahren Tatsachen beruhenden Roman gehört, der bereits seinen internationalen Siegeszug angetreten hatte.

Vielleicht kennt nicht jeder Leser den Namen Boris Pasternak, aber sein Lebenswerk, der Roman "Doktor Shiwago", dessen Verfilmung Mitte der Sechziger Jahre gleich fünf Oscars gewann, ist ein Stück Kulturgeschichte. Tatsächlich sollte in der damaligen Sowjetunion die Veröffentlichung Pasternaks Romans mit allen Mitteln verhindert werden, wovon nicht nur er selbst, sondern vor allem seine Geliebte (und Muse) Olga Iwinskaja betroffen war. Trotz mehrerer Jahre Gefangenschaft, die sie aufgrund ihrer Bekanntschaft mit Boris in einem weit von Moskau entfernten Gulag unter desaströsen Bedingungen verbringen muss, bleibt sie ihm treu und unterstützt ihn in seinem Schaffen. In den USA leitet die CIA derweil eine sanfte Propagandawelle ein, indem sie gedruckte Exemplare des Romans heimlich nach Russland zurückschmuggeln will, um die Menschen dort aufzurütteln und somit das Sowjetregime quasi von innen, vom eigenen Volk ausgehend, zu schwächen.

Erzählt wird sowohl aus Ost- als auch aus West-Perspektive, jeweils mit immer wechselnden Protagonisten als Hauptstimme des jeweiligen Kapitels. Insbesondere die Beleuchtung des Alltags und der Spionagetätigkeiten diverser Agenten/-innen in den USA fand ich unheimlich spannend, da das alte Washington D.C. der 50er Jahre faszinierend real von der Autorin zum Leben erweckt wurde, auch im Hinblick auf die damalige Gesellschaftsordnung. Frauen waren noch weit von der heutigen Gleichberechtigung entfernt und vor allem in den Kapiteln der Stenotypistinnen wird dies deutlich. Die junge Irina wird aufgrund ihrer russischen Abstammung von der Agency für Spionagetätigkeiten angeworben und von der charismatischen Agentin Sally (die meine Lieblingsfigur in diesem Roman war) entsprechend ausgebildet. Hierbei lag der Fokus allerdings größtenteils auf Irinas Privatleben – sie verliebt sich in jemanden, mit dem eine Beziehung unmöglich scheint…

So interessant die Hintergrundgeschichte zur Veröffentlichung des legendären Romans Pasternaks ist, so fremd blieben mir die Charaktere in Lara Prescotts Werk. Möglicherweise lag es an der Vielzahl der Figuren oder am permanenten Wechsel der Erzählstimme - oftmals hatte ich zu Kapitelbeginn Probleme zu erkennen, aus wessen Perspektive gerade erzählt wird. Beinahe alle Protagonisten waren mir schlichtweg unsympathisch. Olga opfert ihr Lebensglück auf mehr als nur eine Weise für Boris (- der wiederum nur für seinen Roman lebt -), vernachlässigt sogar ihre Kinder darüber. Boris Pasternak mag ein großer Schriftsteller gewesen sein, aber menschlich wird er hier als selbstsüchtiger, rücksichtsloser Narzisst dargestellt; sein Erfolg geht ihm über alles, bedeutet ihm mehr als Olga. Sein Ego ist ihm wichtiger als Olgas Sicherheit, wichtiger als das Wohl seiner (sowie ihrer!) Familie. Ich hätte Olga vor Wut über ihre devote, naive Haltung ihm gegenüber am liebsten schütteln wollen!

Über das Werk "Doktor Shiwago" hatte ich mir insgesamt mehr Detailinformationen erhofft. Warum genau war der Roman der Sowjetregierung solch ein Dorn im Auge? Welche Kritik hat er am Staat geübt? Stattdessen nahmen allerlei 'Nebenschauplätze' einen dermaßen großen Raum ein, dass die Hauptthematik etwas verblasste und die Geschichte mich letztlich nicht so fesseln konnte, wie ich es mir erhofft hatte. Speziell im Mittelteil zogen sich einige der Passagen in die Länge und lenkten vom Hauptfokus ab. Leider hat der wundervolle, mal poetisch schöne, mal nüchterne Schreibstil der Autorin nicht ausgereicht, um diese negativen Punkte auszugleichen. Den realen, in die fiktive Rahmenhandlung eingebetteten geschichtlichen Fakten liegt gewiss eine aufwendige Recherchearbeit zugrunde, das wird mehr als deutlich; dennoch hatte ich das Gefühl, als Leserin gerade mal an der Oberfläche der Informationen zu kratzen. Für Kenner von "Doktor Shiwago" ist das Werk sicherlich interessant, sozusagen als Ergänzung. Im allgemeinen Vergleich mit anderen historischen Romanen würde "Alles, was wir sind" (aufgrund der bereits angesprochenen Oberflächlichkeit und Emotionslosigkeit) allerdings den Kürzeren ziehen.

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