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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.02.2020

Unfall oder Mord? Das ist hier die Frage

Steirerstern
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In ihrem zehnten Fall müssen Sandra Mohr und Sascha Bergmann in einem unklaren Treppensturz ermitteln. Ausgerechnet David, Bergmanns Sohn, glaubt, dass Luigis Sturz über die Stiege kein Unfall gewesen ...

In ihrem zehnten Fall müssen Sandra Mohr und Sascha Bergmann in einem unklaren Treppensturz ermitteln. Ausgerechnet David, Bergmanns Sohn, glaubt, dass Luigis Sturz über die Stiege kein Unfall gewesen ist. Ein Fall oder doch kein Fall für die Mordermittler?

Die beiden tauchen in die kleine Welt der steirischen Rock-Pop-Volx-Musik ein, in der es - gefühlt - mehr Egoisten und Neider gibt, als irgendwo sonst auf der Welt. Für die Sängerin Jessica Wind sind ihre Bandmitglieder schnell austauschbar. Wer seine Leistung nicht bringt, wird ersetzt. Das musste auch Niko Stein erleben, der wegen einer seltenen Krankheit aus der Band geflogen ist.
Welche Rolle der Manager Karl „Charlie“ Braun spielt und was es mit dem durch geknallten Fan auf sich hat, lest bitte selbst ...

Meine Meinung:

Dieser zehnte Fall ist ein wenig anders als die vorhergehenden. Diesmal kommt Bergmanns Sohn David eine etwas größere Rolle zu.

So ganz nebenbei, entlarven die Ermittler einen jungen Mann, der vom Opfer zum Täter wird.

Das Team erhält mit Renate Puntigam eine nicht ganz so hilfreiche Verstärkung. Ich hoffe, die wird bald abgezogen. Sie benimmt sich wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen und nicht nur wegen ihres Körpergewichts.
Auch Sandras Freundin Andrea darf wieder vorbeischauen und stellt die Hypothese auf, dass Sandra für den Macho Bergmann doch mehr als kollegiale Gefühle hegt.

Ganz, ganz fies ist der Cliffhanger, mit dem das Buch endet. Ich hoffe, dass wir nicht ein ganzes Jahr warten müssen, bis der nächste Band herauskommt. Nun ja, im Vorwort steht, dass die Autorin bereits an Krimi Nr. 11 schreibt. Na dann, schnell in die Tasten hauen, bitte.

Fazit:

Ein Krimi, der Einblick in den mühsamen Alltag der Polizei und die schillernde Welt der Rock-Pop-Volx-Musik gibt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 10.02.2020

Harte Kost

Geißel der Menschheit
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"Nur wenn wir aus der Vergangenheit eine Lehre ziehen, gibt eine wirkliche Hoffnung für die Zukunft"

Auch wenn viele Leser glauben, (fast) alles über den Holocaust zu wissen, dieses Buch wird sie eines ...

"Nur wenn wir aus der Vergangenheit eine Lehre ziehen, gibt eine wirkliche Hoffnung für die Zukunft"

Auch wenn viele Leser glauben, (fast) alles über den Holocaust zu wissen, dieses Buch wird sie eines besseren belehren.

Der Autor liefert in diesem Buch, das auf der Basis von Augenzeugenberichten, geheimen und weniger geheimen Dokumenten aus den Archiven der Wehrmacht sowie aus den Akten des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses stammen, ein umfassendes Kompendium des Grauens. Die Details sind so grauenvoll, dass das Buch eigentlich nicht erscheinen sollte. Niemand konnte und wollte sich vorstellen, dass dies wirklich geschehen ist.

Der Autor erwähnt so verstörende grausame Einzelheiten wie: Die Knochen der Ermordeten wurden fein zermahlen und als Dünger auf die Felder aufgebracht. Oder mit den abgeschnittenen Haaren der Menschen wurden Matratzen gestopft. Ob die darauf Schlafenden deswegen Albträume hatten?

Doch hier kommt die peinlich genaue, fast schon pathologisch anmutende, Akkuratesse der Nazis, alles aufzeichnen zu wollen, zum Tragen. Obwohl man sich in den letzten Kriegstagen bemüht hat, belastendes Material zu vernichten, ist noch genügend davon übrig geblieben. Listen über Listen von geraubten Kunstschätzen, Möbeln oder Schmuckstücken - alles fein säuberlich dokumentiert. Es wird über die Menschenversuche genau Buch geführt.

Und wer glaubt, dass nur Männer an diesem Terror beteiligt waren, irrt. Dutzende Frauen haben mit besonderer Härte Häftlinge gequält und getötet.

Das Buch ist, neben einer Einleitung von Moshe Zuckermann, einem Vorwort zur westdeutschen Ausgabe und einem Prolog in sieben Kapitel eingeteilt:

Die Instrumente der Hitlertyrannei
Misshandlung und Ermordung von Kriegsgefangenen
Kriegsverbrechen auf hoher See
Misshandlung und Ermordung der Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet
Zwangsarbeit
Konzentrationslager
Die Endlösung der Judenfrage

Dem Epilog folgen noch Anhang, Namensregister und Anmerkungen. Mir persönlich fehlt ein Verzeichnis der Fotos. Das Foto auf dem Cover ist das wohl bekannteste. Es wurde vermutlich im April 1943 im Warschauer Getto aufgenommen. Einige Fotos, manche grobkörnig, andere gestochen scharf, zeigen die Unmenschlichkeit des Naziregimes.

Interessant sind die Worte im Epilog zu den Ausstellungen in Vernichtungslagern wie Auschwitz oder Dachau. Dort können die Besucher das Grauen nur entfernt erahnen, denn die Baracken sind klinisch sauber. Es fehlt der Gestank des Todes, der menschlichen Exkremente und der süßliche Geruch der verbannten Leichen.

Das hat schon Ginette Kolinka in ihrer Biografie „Rückkehr nach Birkenau“ festgestellt. Sie beschreibt das so: „Ich mag Auschwitz nicht, diese leicht voyeuristische Anhäufung. Ich habe das Gefühl, dass dort alles zum Mitleid bewegen soll. Das hat mich nie beeindruckt.“

Fazit:

Ein Buch, trotz allem unbedingt gelesen werden muss. Wenn heute, im Jahr 2020 der Antisemitismus wieder zunimmt, so kann man nur sagen „Wehret den Anfängen“.

Veröffentlicht am 08.02.2020

Einblick in die von Nazis besetzten Niederlande

Durch die kalte Nacht
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Dies ist nun der dritte und letzte Band der Trilogie rund um Gerhard Prange, Sofieke Plet und Richard Christmann.
Wir befinden uns nun zwischen 1943 und 1945 in den von der Deutschen Wehrmacht besetzten ...

Dies ist nun der dritte und letzte Band der Trilogie rund um Gerhard Prange, Sofieke Plet und Richard Christmann.
Wir befinden uns nun zwischen 1943 und 1945 in den von der Deutschen Wehrmacht besetzten NIederlanden. Das Terrorregime macht Jagd auf Juden, Widerständler und Spione. Je schlechter die Lage der Wehrmacht ist, desto mehr Druck wird auf die Bevölkerung ausgeübt. Für jeden getöteten Deutschen gibt es Vergeltungsmaßnahmen.

Die Schlinge um Sofieke und Gerhard zieht sich immer enger zu. Fast täglich muss mit ihrer Verhaftung gerechnet werden. Von den Briten, die Gerhard als Spion abgesetzt haben, ist nichts mehr zu erwarten, denn der Spionagering ist aufgeflogen. Jeder ist sich selbst der nächste und muss sehen, wo er bleibt. Immer wieder kreuzt der undurchsichtige Richard Christmann die Wege von Gerhard und Sofieke. Es ist völlig unklar, ob er Freund oder Feid ist. Sicher ist nur, dass Christmann jeden nur benutzt, um selbst heil aus dem Krieg zu kommen.

Gerhard und die Jüdin Sofieke sorgen sich um das ihnen anvertraute jüdische Mädchen Sara, das als Grietje einige Zeit bei Bauern Unterschlupf findet, aber dann letztlich doch im Durchgangslager Westerbork landet.

Meine Meinung:

Wie schon in den beiden Vorgängern („Tod von oben“ und „Im dunklen Nebel“) ist die Stimmung der Menschen im besetzten Land authentisch wiedergegeben.

Geschickt vermischt der Autor fiktive Gestalten mit historischen Personen. So sind Gerhard Prange, Sofieke Plet und die kleine Sara erfunden, die anderen Protagonisten wie Christmann, Seyß-Inquart, Anton van der Waals historische Persönlichkeiten.

Wie auch schon bei Teil 1 und 2, sind auf dem Cover Fallschirme und die Samen der Pusteblumen abgebildet. Das sorgt für einen hohen Wiedererkennungswert. Den Pusteblumen begegnen wir auch innerhalb des Buches.

Für die Leser, die sich in der Geschichte der besetzten Niederlande nicht so gut auskennen, gibt es zu Beginn eine Landkarte sowie ein Personenverzeichnis und zum Abschluss ein ausführliches Nachwort („Was wurde aus ...“) sowie ein weiterführendes Literaturverzeichnis.

Fazit:

Ein versöhnliches Ende dieser Trilogie, die einen interessanten Einblick auf die Jahre 1941-1945 in den besetzten Niederlanden gibt. Gerne gebe ich hier wieder 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.02.2020

Die verleugnete SChwester der Marlene D.

Im Schatten des "Blauen Engels"
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Dieser, bereits unter dem Titel „Fesche Lola, brave Liesel“ erschienene biografische Roman beschäftigt sich mich zwei höchst unterschiedlichen Schwestern: Marlene Dietrich und Elisabeth Will.

Während ...

Dieser, bereits unter dem Titel „Fesche Lola, brave Liesel“ erschienene biografische Roman beschäftigt sich mich zwei höchst unterschiedlichen Schwestern: Marlene Dietrich und Elisabeth Will.

Während Marlene Dietrich, stets in Uniform, mit ihren Liedern die amerikanischen Truppen im Zweiten Weltkrieg im Kampf gegen Hitler-Deutschland unterstützt, führt ihre ältere Schwester Elisabeth Wille mit ihrem Mann Georg ein Kino für Wehrmachtssoldaten und das ausgerechnet auf dem Gelände des KZ Bergen-Belsen.

Heinrich Thies beleuchtet die Herkunft der Schwestern, die von ihrer Mutter Josephine von Losch, streng als großbürgerliche Töchter erzogen worden sind. Marlene, Leni genannt, ist von Beginn an die beliebtere Tochter, denn sie ist musikalisch, lernt leicht und ist als Kind selbstbewusst. Elisabeth „Liesl“ ist in allem so ziemlich das Gegenteil: pummelig, unmusikalisch, schüchtern und lernt nicht gerne - also eher eine Enttäuschung für die Mutter. Und ja, Josephine von Losch ist eine herrschsüchtige Frau, die vor allem an Liesl ständig herum mäkelt und sich Zeit ihres Lebens in Liesls Leben einmischt.

Um ihre Karriere nicht zu gefährden, verleugnet die Dietrich ihre Schwester, unterstützt sie allerdings finanziell.

Meine Meinung:

Als echte Doppel-Biografie ist dieses Buch nicht zu sehen. Denn es gibt, wie der Autor in seinem Nachwort einräumt, über Elisabeth Will wenig Fundiertes. Dennoch hat er bei seinen Recherchen in den Archiven bzw. im Nachlass von Marlene Dietrich einiges zu Tage gefördert und so ein plastisches Bild der beiden Schwestern erschaffen. Einige dieser Quellen sind bislang unveröffentlichte Briefe und Dokumente. Auszüge davon kann der interessierte Leser hier lesen. Daneben ergänzen zahlreiche Fotos diesen biografischen Roman. Interessant auch, dass die beiden Schwestern eine Abmachung hatten, dass Marlene Liesl nicht weiter erwähnt. Ob sie sich deren Nazi-Vergangenheit geschämt hat? Dieses Stillschweigen erkauft sich die Dietrich durch weitere Zahlungen.

Der Schreibstil ist gut zu lesen. Gut gelungen finde ich die Darstellung der beiden unterschiedlichen Schwestern, die in manchen Belangen gar nicht so unterschiedlich sind. Unter der Dominanz der Mutter haben wohl beide gelitten.

Fazit:

Das Buch ist ein schönes Stück Zeitgeschichte. Vielen Menschen ist gar nicht bekannt, dass die Dietrich eine Schwester hatte. Ihnen sei dieser biografische Roman ans Herz gelegt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 02.02.2020

Fesselnder AUftakt einer neuen Krimi-Reihe

Die Toten von Marnow
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„Die Toten von Marnow“ ist der Auftakt zu einer neuen Reihe von Holger Karsten Schmidt. Ihn kennt man als Drehbuchautor von s manchem Tatort und unter seinem Pseudonym Gil Ribeiro als Schöpfer der Fuseta-Krimis ...

„Die Toten von Marnow“ ist der Auftakt zu einer neuen Reihe von Holger Karsten Schmidt. Ihn kennt man als Drehbuchautor von s manchem Tatort und unter seinem Pseudonym Gil Ribeiro als Schöpfer der Fuseta-Krimis mit dem liebenswerten Autisten Leander Lost.

Der Krimi beginnt mit einem nach Routine aussehenden Mord: Alexander Beck wird mit durchschnittener Kehle in seinem Badezimmer aufgefunden. Der Rostocker KHK Frank Elling und seine aus Hannover zugezogene Kollegin Lona Mendt beginnen im Umwelt des Toten zu recherchieren. Da passiert der nächste Mord. Wieder eine Leiche mit durchschnittener Kehle (und die wird nicht die letzte sein).

Was haben die beiden Toten außer der Todesart noch gemeinsam? Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass der Täter Linkshänder sein muss. Sowohl der Zusammenhang als auch das Motiv bleibt lange im Unklaren. Obwohl, „lange“ ist ein dehnbarer Begriff, denn der ganze Krimi spielt sich innerhalb von nur 16 Tagen ab.

Meine Meinung:

Der Autor hat es geschafft, Ereignisse der deutsch/deutschen Geschichte geschickt in diesen fesselnden Krimi zu verpacken. Es geht um Versuche von noch nicht zugelassenen Medikamenten, die von westlichen Pharmafirmen - mit Billigung der DDR-Politik - an den eigenen Bürgern, natürlich häufig ohne deren Wissen, durchgeführt wurden (und wie man sieht, auch noch werden).

Sehr interessant sind die beiden Hauptfiguren ausgearbeitet. Da ist zum einen Frank Elling, ein in der DDR groß gewordener Beamter, der sein tägliches Dienstende penibel einhält, seiner Familie beinahe jeden Wunsch erfüllt und sich dadurch finanziell übernimmt. AUf der anderen Seite haben wir Lona Mendt, eine toughe Frau, die sich mit dem Nimbus der Unnahbarkeit umgibt, der natürlich Anlass zu allerlei Spekulationen in der Dienststelle gibt. Sie lebt in ihrem Wohnmobil, scheint ständig auf der Flucht vor den eigenen Dämonen zu sein.

Sehr interessant finde ich Ellings ambivalentes Verhalten: Er ist entsetzt über die Menschenversuche, aber als seine, an Demenz erkrankte, Mutter von ihrem Hausarzt eine Beta-Version eines (noch) nicht zugelassenes Medikament erhält, das augenscheinlich eine Verbesserung ihres Zustandes bewirkt, sieht seine Welt doch ein klein wenig anders aus.

Der Erzählstil ist spannend. Die Leser werden mehrfach in die Irre geführt. Sowohl Elling als auch Mendt greifen manchmal zu nicht autorisierten Hilfsmitteln. Ob das im wirklichen Leben auch so möglich wäre?

Der Autor greift unterschiedliche Themen, wie auch die Verstrickung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter in das aktuelle politische Geschehen auf. Oder das „über seine finanziellen Möglichkeiten leben“ und damit für Bestechungsversuche anfällig zu sein. Diese vielen Aspekte sind aber so gekonnt in die Handlung eingebettet, das dem Leser ganz natürlich erscheinen.

Ellings Privatleben ist einen Hauch zu üppig beschrieben - aber das ist Meckern auf höchstem Niveau.

Fazit:

Ein fesselnder Auftakt einer Krimi-Reihe, die ich bestimmt weiterverfolgen werde. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.