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Veröffentlicht am 16.02.2020

Ein Hörbuch, welches sich schon aufgrund des geschichtlichen Hintergrundes lohnt.

Der Angstmann
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Ungeplant habe ich das Hörbuch zur richtigen Zeit gehört.
"Der Angstmann“ spielt in Dresden in dem Jahren 1944/1945. Es ist ein Krimi mit einem grausamen Mörder, aber mich hat tatsächlich mehr das "Drumherum" ...

Ungeplant habe ich das Hörbuch zur richtigen Zeit gehört.
"Der Angstmann“ spielt in Dresden in dem Jahren 1944/1945. Es ist ein Krimi mit einem grausamen Mörder, aber mich hat tatsächlich mehr das "Drumherum" gepackt und nachdenklich zurückgelassen.

Frank Goldammer beschreibt die Lebenssituation der Dresdner so genau und so packend, als wäre man mittendrin. Auch und besonders die Bombennacht vom 13. auf den 14. Februar 1945. Die Wucht der Angriffe, die Angst und die Panik der Menschen und die Gefahren, die sowohl in den Kellern als auch im Freien drohten.

Es war beklemmend Heikko Deutschmann zuzuhören und doch musste man dranbleiben. Die Beklemmung blieb lange und löste sich erst langsam wieder. Das Leben ging weiter, wenn auch mit noch mehr Abstrichen und noch mehr Trauer und Angst. Auch der Mörder machte weiter und Max Heller hängt sich wieder an ihn dran. Mit Max Heller durch die zerbombten Straßen zu laufen, um einen Mörder zu jagen, war schon etwas eigenartig, wenn man sich bewusst war, dass ringsum hunderte Leichen lagen. Auch sind die Ermittlungsmethoden und –möglichkeiten sehr begrenzt und alles geht mühsamer voran, aber Max Heller ließ sich nicht abbringen und ermittelte fast schon wie besessen.

Das Hörbuch hatte mich ordentlich nachdenklich zurückgelassen. Die Beschreibungen der Bombennacht, der verschiedenen Charaktere und des grausamen Mörders waren sehr gut und packend. Heikko Deutschmann als Sprecher war (für mich) eine ideale Besetzung. Seine Stimme sorgte für Gänsehaut, für Aufregung und Freude. Ein Hörbuch, welches sich schon aufgrund des geschichtlichen Hintergrundes lohnt.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.01.2020

Ein typischer Joël Dicker Roman

Das Verschwinden der Stephanie Mailer
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Das Verschwinden der Stephanie Mailer ist ein typischer Joël Dicker Roman. Ich habe bisher alle seine Romane als Hörbücher angehört. Es sind Stunden, die wir zusammen verbracht haben und Torben Kessler ...

Das Verschwinden der Stephanie Mailer ist ein typischer Joël Dicker Roman. Ich habe bisher alle seine Romane als Hörbücher angehört. Es sind Stunden, die wir zusammen verbracht haben und Torben Kessler hat mit seiner Interpretation der Charaktere und seiner tollen Stimme immer dafür gesorgt, dass sich diese Stunden gelohnt haben.

Es sind viele Handlungsstränge, die nebenherlaufen und man muss sich schon etwas konzentrieren, um den Faden nicht zu verlieren, aber es lohnt sich. Die Geschichten von Joël Dicker sind immer recht komplex und aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr merkt man, dass Stephanie Mailer nur ein kleines Puzzleteil von einem großen Ganzen ist. Sie bringt den Stein ins Rollen, der so viele Jahre ruhig und schwer am Boden gelegen hat. Es tun sich Abgründe auf, Streitereien, Erpressungen, Wut und Hass werden aufgedeckt. Betrug und Missbrauch von Macht offengelegt und es gibt am Ende kaum eine Figur, die eine reine Weste hat. Manchmal bekommt das Gefühl die Vergangenheit überrollt die Gegenwart. Immer wenn ich dachte „Aha, so einer bist du also.“, wurde das Ruder rumgerissen und ich musste meine Gedanken neu sortieren.

Ich finde diese Art von Geschichten einfach gut und halte dann auch mal 1.192 Minuten am (AutRadio lauschend aus. Man braucht einen langen Atem und Muse für diese Geschichten, aber bisher wurde ich von Joël Dicker nicht enttäuscht.

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Veröffentlicht am 24.11.2019

Wunderbare (Liebes-)Geschichte

Lügen Sie, ich werde Ihnen glauben
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Adeline verschickt einen großen braunen Briefumschlag mit einem Inhalt, der es in sich hat. Der Empfänger, der berühmte Autor Pierre-Marie Sotto, ist einfach nur genervt, dass er schon wieder ein Manuskript ...

Adeline verschickt einen großen braunen Briefumschlag mit einem Inhalt, der es in sich hat. Der Empfänger, der berühmte Autor Pierre-Marie Sotto, ist einfach nur genervt, dass er schon wieder ein Manuskript lesen soll. Dabei fehlt ihm doch auch die Idee für ein neues Buch. Er lebt zurückgezogen und möchte dies gern auch weiterhin tun. Doch Adeline gibt so schnell nicht auf. Seine Antwort auf ihr Kuvert gibt den Startschuss für eine wunderbare und unterhaltsame E-Mail Korrespondenz. Sie schreiben sich anfangs nur kurze und recht unpersönliche Nachrichten und werden mit jeder weiteren Mail freier, offener und neugieriger.

Das Autorenduo Anne-Laure Bondoux und Jean-Claude Mourlevat haben einen wunderbaren Dialog erschaffen. Er ist voller Wärme, Liebe, Trauer und Humor. Man fühlt sehr schnell mit, freut sich auf die ironischen Mails von Adeline und auf die eher zurückhaltenden und steiferen Antworten von Pierre-Marie. Doch auch dieser kann sich dem Charme von Adeline nicht entziehen. Es tauchen im Laufe der Geschichte immer mehr Charaktere auf und die Vergangenheit (inkl. des Briefumschlages) holt sie dann doch noch ein.

Es ist eine schöne (Liebes-)Geschichte, die sich langsam entwickelt und den Charakteren die Zeit gibt, sich dem Leser bzw. Zuhörer zu öffnen. Das Ende ist anders als vielleicht erwartet, aber es passt so gut zum gesamten Hörbuch.

Veröffentlicht am 12.11.2019

Spannend, düster, kalt und sehr gut vorgelesen

Der dunkle Bote
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Es ist der dritte Fall von August Emmerich und seinem Assistenten Ferdinand Winter.

Sie haben viel zu tun in dieser dunklen Zeit. Es ist 1920 und die Menschen hungern, frieren und die Kindersterblichkeit ...

Es ist der dritte Fall von August Emmerich und seinem Assistenten Ferdinand Winter.

Sie haben viel zu tun in dieser dunklen Zeit. Es ist 1920 und die Menschen hungern, frieren und die Kindersterblichkeit ist aufgrund der Mangelversorgung hoch. Die Wut der Bürger auf den Staat ebenfalls. Es bilden sich immer mehr radikale Gruppen (linke wie rechte), die den verlorenen ersten Weltkrieg nicht akzeptieren können oder wollen. Es herrschen teilweise chaotische Verhältnisse in Wien. Soldaten, die zurückgekommen sind, sind zumeist Krüppel oder Rohlinge geworden. Die Gewaltspirale dreht sich rasant nach oben. Und dann geschieht ein Mord. Ein sehr unschöner Mord.

Die beiden Ermittler müssen ermitteln und bekommen bald die Nachricht, dass ein zweiter Mord geschehen ist. Der Frust der Ermittler ist hoch, denn sie stochern im Dunkeln und finden keinen guten Anhaltspunkt.

Alex Beer hat zwei sehr unterschiedliche Ermittler aus dem Dezernat Leib und Leben erschaffen. Der eine, Kriminialinspektor Emmerich, aufbrausend, laut und manchmal auch über die Grenzen gehend, der andere (sein Assistent Winter) eher ruhig, leise und besonnen, klug und mit einem Gespür für die Menschen. Während der Ältere mit den Schrecken des ersten Weltkrieges zu kämpfen hat, muss der Jüngere sich erst noch behaupten. Beide ergänzen sich jedoch sehr gut.

Wenn man der tiefen Stimme von Cornelius Obonya folgt, dann kann man ohne Probleme in diese Zeit abtauchen. Dank des unglaublich guten Dialektes von ihm ist man mittendrin in Wien. Die Ermittlungen sind noch echte „Handarbeit“, denn die Wege an die relevanten Informationen sind lang, die Bleistifte müssen stets gespitzt sein und die Kutschen sind nicht so schnell. Dazwischen tauchen immer wieder die ganz persönlichen Probleme von August Emmerich auf.

Alex Beer hat einen spannenden und interessanten Fall geschrieben. Ihre Ermittler sind greifbare Charaktere, die ihre Fehler haben und die sich auch mal Fehler leisten. Sie kämpfen mit ihren ganz eigenen Dämonen und gegen das Verbrechen. Die beschriebene Zeit (Wien, 1920) ist richtig gut widergegeben worden und schon nach kurzer Hörzeit hat man ein (dunkles, trauriges) Bild vor Augen.

Cornelius Obonya ist für diese Geschichte der ideale Sprecher und schafft es mit seiner Stimme, die verschiedenen Charaktere so gut darzustellen, dass man schon am Wechsel der Tonlage die Figur erkennt. Insgesamt ist ein sehr gutes und nach einer Fortsetzung rufendes Hörbuch.

Veröffentlicht am 05.11.2019

Unglaublich gut. Tolle Geschichte und sehr gut vorgelesen

Der Stotterer
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Es gibt Hörbücher, die sollen möglichst wie enden. „Der Stotterer“ von Charles Lewinsky ist ein solches Hörbuch. Was für eine unterhaltsame Geschichte. Sie hatte alles, was sich das Hörbuchhörerherz so ...

Es gibt Hörbücher, die sollen möglichst wie enden. „Der Stotterer“ von Charles Lewinsky ist ein solches Hörbuch. Was für eine unterhaltsame Geschichte. Sie hatte alles, was sich das Hörbuchhörerherz so wünscht. Gute und fiese Charaktere, Spannung und Wendungen, die überraschen, eine Hauptrolle, die man eigentlich nicht mögen sollte, weil sie unter anderem alte Damen betrogen und belogen hat.

Aber was soll man tun, wenn man den Stotterer trotzdem ein bisschen mag?

Seine Geschichten aus seinem Leben sind so voll mit Ironie, Humor und kleinen Bösartigkeiten. Seine Macht liegt in dem geschriebenen Wort. Er beobachtet seine Mitmenschen ganz genau, analysiert sie und belauscht sie. Er knüpft Verbindungen und weist sehr viel Geduld auf. Er bereitet sich gründlich vor und pirscht sich langsam ran. Die alten Damen, die auf einmal einen längs verschollenen Enkel wiederbekommen oder die Männer, die Post von ihren Traumfrauen bekommen (auch hinter diesen Frauen steckt der Stotterer). Das Ende ist nicht immer schön und genau deshalb kam er ins Gefängnis.

Aber auch hier kann er seiner Berufung, gute Texte und Briefe schreiben, nachgehen. Für den Gefängnispfarrer, für den Boss im Knast und für eine kirchliche Zeitschrift. Er zeigt, wie man mit Worten Menschen für sich gewinnen und manipulieren kann.

Die Kombination Charles Lewinsky (Auor) und Robert Stadlober (Sprecher) hätte nicht besser sein können. Ich werde jetzt nach einem weiteren Buch von Charles Lewinsky Ausschau halten und darauf hoffen, dass das nächste Buch ebenso gut ist.