Überlebenswichtig ist hier jeder Schachzug und jedes Erinnerungsmosaik – wirkt intensiv nach. Wendungsreich!
England, 2020:
Elissa Mirzoyan, eine hochbegabte 13jährige, findet sich von gerade eben einem ...
Überlebenswichtig ist hier jeder Schachzug und jedes Erinnerungsmosaik – wirkt intensiv nach. Wendungsreich!
England, 2020:
Elissa Mirzoyan, eine hochbegabte 13jährige, findet sich von gerade eben einem Grand-Prix-Turnier gezerrt in einen Lieferwagen aufs andere verschleppt in ein verschlossenes Kellergewölbe, unter einem verfallenen Cottage im Wald, wieder. Doch sie weiß nicht wo sie ist, alles ist völlig dunkel, sie ist angekettet.
Ihr heimlicher Besucher nennt sich Elijah und Elissa bald Gretel – warum sucht der Sonderbare so fasziniert die Konversation mit ihr, und, ist ihm zu trauen? Er entwickelt den innigen Wunsch Schach zu spielen.
Ob ihr Wärter, der von ihr gedanklich als Ghul bezeichnet wird, davon etwas ahnt?
Wird Elissa Elijah dazu bringen können, ihr zur Flucht zu verhelfen - denn, sie ist keineswegs die Erste von Verschwundenen, oder einzig Gefangene…
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SPRECHER
Dieses über 10 Stunden laufende Argon-Hörbuch ist unglaublich gut besetzt und schafft damit ausgeklügelte Übersicht über alle Charaktere, sodass beim konzentrierten Zuhören selbst die hin-und herpendelnden Zeitsprünge zwischen mehreren Tagen im Blick behalten werden können.
Gerrit Schmidt-Foß überrascht mit jugendlicher Stimme für den unberechenbaren Elijah, und gerade ihn als interpretierenden Sprecher für diese Rolle ausgewählt zu haben, erschließt sich im Laufe der Geschichte als absolut geniale Besetzung.
Dass Monika Oschek neben Elissa auch den Part des Ghuls übernimmt ist einfach perfekt entschieden worden, gerade auch im Rückblick. Ihr hauchiges Flüstern stellt beim Lauschenden die Härchen auf und gruselt derart, als ob wirklich der Entführer bedrohlich neben einem steht und man dessen übelriechenden Atem förmlich gezwungen ist zu inhalieren.
Tanja Gekes rauchige Stimme transportiert die Plagen rastloser Arbeit und unermüdliche Anstrengungen bis zur Erschöpfung der ermittelnden Detectiv Superintendant Mairéad MacCullagh auf den Punkt.
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Im bildgewaltigen und allegoriestarken Sprachstil ist die Rede von aasverzehrenden Krähen, einem Knöchelchensee, Bäume als Erinnerungsmarker stehen dicht an dicht. Die beschriebene Atmosphäre ist durchsogen von Fäulnisgeruch, Bleiche, Blut und Galle. Es gibt eine Schrottstadt, Zauber-Annie und das ferne Anwesen eines Lords.
Schach, ein Spiel, bei dem königliches Können der Kontrahenten und nicht der Zufall entscheidet, bei dem es um schwierige Entscheidungen geht. Und so stehen sich auch Elissa und Elijah gegenüber, die sich jeden ihrer Züge ganz genau überlegen müssen. Spielen sie wirklich gegeneinander oder vielmehr füreinander?
Beeindruckend wie Elissa einfallsreich und tapfer versucht, bedachtsam mit dem offensichtlich labilen und so rätselhaften Elijah umzugehen, mit welcher Vorsicht um ihn nicht zu verletzen. Und was sie an Scharaden entwickelt, um Hinweise an die Außenwelt zu verschlüsseln. Allerdings erkennt Elijah Manipulationen und ist selbst ein raffinierter Stratege, gerade in seinem Kampf GEGEN und FÜR Erinnerungen.
Was ist wahr und was ist real? Und was ist, wenn die Wahrheit unerträglich in ihrer Realität ist, weil dieser Wahnsinn einem sonst den Verstand raubt, und dennoch es so wichtig ist, dies zu begreifen, um in Wahrheit befreit und leben zu können.
Die memorierten Bibelzitate als stützende Kraft das Richtige zu tun, die Wahrheit zu erkennen, haben mir noch nie so gut gefallen wie hier, und sind womöglich für manche sogar nur durch dies Buch besonders vortrefflich zu verstehen!
„Zuletzt seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke
Zieht an die Waffenrüstung Gottes
Damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels.“
(Epheser Kapitel 6, Vers 10)
F A Z I T:
Hänsel & Gretel als Schachfiguren in einem horriblen Spiel - wer wird diese Partie für sich entscheiden?
Hochinteressante Adaption der Grimmschen Vorlage, authentische True Crime Stories als Vorbilder nicht ausgeschlossen. Ein Gänsehaut-Thriller um Auffaltung der Psyche von Menschen mit einem ungebrochenen Überlebenswillen samt unsagbar aufwühlenden Ende.
Ihr wisst nicht, wie Damengambit gespielt wird? Lest es hier nach… und nie werdet ihr es je wieder vergessen!
„Mit einer Kindheit voll Liebe kann man ein halbes Leben hindurch die kalte Welt aushalten.“ (Jean Paul)
Fetter Sterneabzug dafür dass...
- ⚠️ SPOILER
.... die Begriffe Gaslighting und DIS nicht gefallen sind und der Hintergrund der Monsterschaft unergründet bleibt.
SPOILER ⚠️
- 2 MP3-CDs im Pappschuber ohne Halterung, somit bereits vorhandene Schleifspuren möglich!
- Außerdem handelt es sich um eine gekürzte Fassung entgegen der ungekürzten Download-Variante ❗
💘 wenn eine falsche Entscheidung alles andere auslöscht – eine Liebesgeschichte mit viel Drama, Herzschmerz und HE 💘
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Bei MEIN HERZ IN DEINEN HÄNDEN handelt es sich um den ersten Teil der 3-bändigen ...
💘 wenn eine falsche Entscheidung alles andere auslöscht – eine Liebesgeschichte mit viel Drama, Herzschmerz und HE 💘
++++
Bei MEIN HERZ IN DEINEN HÄNDEN handelt es sich um den ersten Teil der 3-bändigen RETURN-TO-ME-Reihe um die Hennington-Brüder, mit Fokus auf das Paar Zachary & Presley (Wyatt, der jüngste, wird in Bd. 2, der älteste Trent in Bd. 3 thematisiert).
++++ zum INHALT, Spoiler möglich ++++
Presley Benson, geborene Townsend, war vorgesehen, mit ihrem Bruder Cooper eines Tages die Cattle Ranch Bell Buckle ihrer Eltern in Tennessee zu übernehmen, doch ihr widerstrebte das Erbe als Viehzüchterin auf dem Lande. Mit dem drei Jahre älteren Zachary, seit ihrem 12.Lebensjahr Seelengefährte und nun Verlobter, einem begabten Baseballspieler mit Vollstipendium, stehen die gemeinsam ausgeschmiedeten und aussichtsreichen Zukunftspläne seit jeher fest: College in Pennsylvania, Arbeitsvertrag, dann Haus und Familiengründung.
Nach einem kolossalen Zerwürfnis von ein auf den anderen Tag ist die 19jährige Presley unwiderbringlich am Boden zerstört, fühlt sich von ihrem so tief-geliebten Partner als wertlos gebrandmarkt und verlassen.
Eine Welt zerbricht. Ein Jahr später kann sie nur der Bruder ihrer allerbesten, schwesterlichen Freundin Angela auffangen. Eine solide Ehe und mittlerweile 11jährige Zwillinge sind das Ergebnis, wobei Pres nach 13 geerdeten Jahren plötzlich vor einem gänzlich neuen Debakel und Zerschmetterung ihres Herzens steht: ihr Mann Todd stirbt auf unsäglich-unnachvollziehbare Weise; katastrophale Nachbeben vernichten ihre bisherige Exsistenz zum zweitenmal komplett: sie findet sich aufs Neue im Stich gelassen, ihre Lebensplanung ist dahin.
Mit ihren beiden Söhnen Logan & Cayden bleibt der 35jährigen Witwe nichts anderes übrig, als zurück auf die Elternranch zu ziehen, um ihr Leben zu ordnen... ausgerechnet an jenem einst so glücklichen Ort, den sie seit 17 Jahren mit aller Macht mied.
IHM nun dort nach all der langen Zeit wiederzubegegnen, damit hätte sie nicht gerechnet. Was wird der Unaussprechliche bei ihr auslösen, der einst innig Geliebte und Seelenverbundene, dessen bloße Nähe sie schwach macht: Zachary Hennington.
++++ MEINUNG Lob & Kritik
Der flüssig und anschauliche Schreibstil nimmt einen voll und ganz ein, vermittelt eine Nähe gerade am Anfang, so daß man das Buch nicht verlassen kann, und Seite um Seite weiterlesen muß.
Schock, unendliche Trauer, Verzweiflung, eine Benommenheit und ein Verloren-sein, welche sich über die Hinterbliebenen mit dem Tode Todds ausbreiten – die Autorin vermittelt all diese Gefühle voller Authentizität, daß es beim Lesen erschüttert und man/frau meint, sogar inmitten dieses Hauses der Tragödie vor Ort selbst zu stehen und alle gerne in tröstende Arme schließen zu wollen.
Daß Pres trotz der ersten Ohnmacht für ihre Kinder da ist, deren unbedingter Schutz und Wohl für sie an erster Stelle steht, und sie deswegen ein Schweigen über die Umstände um Todds Sterben erstmal alleine mit sich austrägt, zeichnet sie als starke Mutter aus.
Das Suchen nach Antworten, Unverständnis über mangelndes Vertrauen, aufziehende zornige Wut, Vorwürfe, dann nagende Gefühle eigenen Versagens und Schuldgefühle über nachlassende Tränenflut und sich einstellende fehlende Sehnsucht nach ihrem Gatten Todd führt die Autorin nach und nach feinfühlig aus.
Mit Bedacht fügt sie dabei auch zusätzlich kurze, traumhafte Zwiegespräche mit dem Verstorbenen ein, welche Presley alle Aspekte ihrer konflikthaften Trauer auszuloten helfen.
Vieles strafft Corinne Michaels aber auch in zeitlichen Sprüngen von Monaten, um der fatalen damaligen Entwicklung und jetzigen Wiederaufnahme der Liebesbeziehung zwischen Pres und Zach genügend, in den Vordergrund rückenden, Spielraum zu verleihen.
Zuviel Unausgesprochenes schwellt zwischen den beiden Protagonisten mit erstem gebannten Blickwechsel beim unerwarteten Aufeinandertreffen in der Luft und droht schier Preslyn zu zerreißen, wie Zachary zu verwirren.
Pres‘ Position durch Offenbarung ihres Innersten wird der Leserin/dem Leser verständlich und nachvollziehbar.
In übersichtlich eingewobenen Rückblenden erklären sich die aufgestauten Emotionen und damaligen Hintergründe.
Außerdem erhält die Leserschaft ab dem 2. Buchdrittel zudem dankbaren Zugang zu Zachs Gedanken-und Gefühlswelt mit den Einstreuungen seiner Sichtweise.
Durch den intensiven Gesprächsaustausch, das Klären der Vergangenheit, scheint Zach jetzt erst zu begreifen, was damals genau zum Bruch geführt hatte, v.a. daß er Pres nicht deutlich genug seine innige Liebe zum Ausdruck brachte.
Genauso wie Zachary Die Welt für Preslyn ist, so bedeutet Pres ein Alles für Zach, sie hegen eine besondere Liebe füreinander, derer sich beide nicht erwehren können und die ewiglich besteht.
++++
Der Inbegriff einer Kleinstadt mit all seinem Klatsch &Tratsch, aber auch Zusammenhalt und sofortigen Einander-Helfen liefert einen unterstützenden Rahmen für die Romanze, wobei die sehr liebenswert skizzierten Nebenfiguren des kleinen dörflichen Städtchens fast schon wie eigene Bekannte auftreten (Grace, Presleys beste Freundin von der Highschool; die ermutigende, hübsche Countrysängerin Emily; die gütig-weise Gemischtwarenhändlerin Mrs. Rooney).
Was sehr gut gefiel war, wie sich Cooper und Wyatt sofort um die Zwillinge gekümmert haben, und auch die Art & Weise wie Zachary Bande zu ihnen aufknüpft, um die Jungs von ihrem tragischen Verlust abzulenken und in ihnen neue Lebensfreude zu erwecken, wozu die Atmosphäre auf der Ranch mit den Pferden beisteuert.
Besonders Preslyns fürsorgliche Eltern beeindruckten sowie Angie, temperamentvoll und schwesterliche ganz loyale Freundin.
Darüberhinaus hinterläßt der humorig-verschmitzte Playboy Wyatt, Vorarbeiter unter Cooper auf der Townsend Ranch, in seiner Rolle einen bleibenden Eindruck: der jüngste des Hennigton-Trios steht als ein bester, vertrauenswürdiger Freund Preslyn bei, und bringt sie dazu, sich wieder zu öffnen und sich dem Leben zu stellen, und dann heizt er auch noch seinem zwei Jahre älteren Bruder Zach ins Gewissen ein; obwohl seit jeher selbst verliebt in dessen Ex-Verlobte bemüht er sich altruistisch, Pres und Zach einander wieder näher zubringen.
Teuflische Hexe Felicia kam zu kurz: sie ist eine klassische Stereotype eines arroganten, hinterhältigen und egoistischen Miststücks, über die man/frau wohl sowieso auch nicht mehr lesen möchte als notwendig aufgrund ihres schlechten Charakters.
In der Mitte des Buches kam es zu einer kleinen Länge, etwas wurde wiederholt, einige kleine Aspekte nicht ausgeführt. Davon abgesehen hätte Zachs Kampfesgeist um Presley ruhig noch mit Schärfe elaboriert werden können, weshalb mir Presleys Charaktere und ihre Seelenliebe viel näher kam als die Zacharys.
Eine weitere ‘Info‘ um eine andere, tiefschürende Dramatik wurde hinsichtl. bedeutender emotionaler Intensivität nur knapp ausgegraben und abgehandelt. Dies könnte so gestaltet worden sein, da es 17 Jahre zurückliegt (im Gegensatz zum eher aktuellen Verscheiden Todds und der regelrechten ‚Gefühls-Wucht‘ am Anfang), und, um das nie-versiegende Trauerweh Pres‘ nicht all zu sehr neu aufzureißen; davon abgesehen wurde auf diese Weise wohl auch ein eventueller Trigger so weit wie möglich eingedämmt gehalten.
Welche Schwere lag auf Todds Seele - auf einige Fragen, die nur er beantworten hätte können, gelingt im Laufe der Handlung eine gewisse, auflösende Antwortenfindung, und doch verharrt dieser Roman dann letztlich in seiner Konzentration auf dem ‚Wie geht es weiter, wie damit umgehen‘.
Denn am Ende zählt nicht das „Warum“, sondern einzig die Liebe „Für immer“.
☆☆☆☆ F A Z I T : ☆☆☆☆
So einen Einstieg in einen Roman habe ich noch nie erlebt, und, wie dieser eine/n beschäftigen und sehr zu denken geben kann.
Was wenn urplötzlich die Gegenwart passé ist und der Aufbruch in eine verschüttete Vergangenheit neue Erkenntnisse eröffnet... Über Vertrauen, vom Fallen und Aufgefangenwerden.
Trotz der Tragiken ist es der Autorin dennoch mittels sukzessiver Verarbeitung gut gelungen, der Hoffnung und der Chance auf ein wiedergewonnenes Glück voller Liebe in einem Happy End aufblühen zu lassen.
Kurzmeinung:
ungewöhnliche Erzählperspektive intensiviert Einblick in die übelkeiterregende Folter-Realität des Alltags geschundener Tiere
Dem Autor nach ist der Begriff „Menschen“ verfehlt, „Raubtiere“ ...
Kurzmeinung:
ungewöhnliche Erzählperspektive intensiviert Einblick in die übelkeiterregende Folter-Realität des Alltags geschundener Tiere
Dem Autor nach ist der Begriff „Menschen“ verfehlt, „Raubtiere“ für sie wäre passender. Nach der Lektüre der zahlreichen Schilderungen über übelste Körperqualen, maßlose Schmerzen, immense Enge, Angst und Horror aus der Sicht und Gefühlswelt der Tiere kommt man/frau zu dem Schluß: nein, das ist eine Beleidigung für die Raubtiere-Fraktion, Menschen sind regelrecht krank vor Gier nach Geld und (Lust-)Gewinn jedweder Weise, ohne Geist wie vom Teufel besessen, da wäre ja die Beschimpfung als Bestie noch ein Loblied auf sie.
Wie geht der Mensch nur mit den Tieren und der Umwelt um, und das auch noch in einem erschreckenden, routinierten Vorgehen, nicht nur bzgl. Massenabfertigung, die tagtäglich von statten geht - was für Sünden laden wir uns auf (evtl. sogar unbewußt)?!
Um dies in aller Deutlichkeit und Direktheit zu transferieren, um den Tieren eine Stimme zu geben, entschied sich der Autor für eine sehr ungewöhnliche Erzählperspektive, die aber gerade dadurch eine ganz eigene nachdrückliche Dimension eröffnet. Denn läßt sich Leser auf diesen Wartenwechsel ein, entsteht dadurch ein dichterer, unmittelbarer Blick und Wirkung – hier sind es nämlich die Tiere selbst, die wortwörtlich zu Worte kommen.
Jürgen Zwilling nahm seinen eigenen schwarzen, grünäugigen Streunerkater nicht nur für das Cover, sondern als gleichnamiges Vorbild für den Protagonisten Dr. Rodolfo: dieser ist studierter und promovierter Jurist, betreibt eine Anwaltskanzlei zur Durchsetzung von Rechten und Abschaffung von Gräueltaten. Seine assistierende Kollegin dabei ist Katzentigerin Mimi, die eine Art von philosophischen Gedanken und Gedichte zwischenstreut. In einzelnen Kapiteln berichtet die Klientel, - Tiere aller Klassen -, ihr individuelles Leid in expliziten Details dem Rechtsanwalt, gewährt damit Einsicht in ihr ‚Leben‘ (was keines ist) und erbittet Mandatsübernahme.
Im Eingang des Gesprächs sind für jede einzelne Tier’gattung‘ teils mehr, teils knapper konsise Fakten zur Biologie, nebst dem natürlichen Lebensraum, zusammengeführt, sowie mit Zahlen, Daten, Gerichtsurteilen bereichert.
Einem Mantra gleich wiederholt jedes Kapitelende, daß Dr. Rodolfo den jeweiligen Fall übernimmt, er stellt Strafantrag, um zivilstrafrechtlich vorzugehen, verklagt die Menschheit entsprechend dem Strafgesetzbuch auf Mord, Körperverletzung, unterlassene Hilfeleistung, usw.usf..
Was man/frau dem Autor sehr deutlich anmerkt während des Lesens: er hegt beachtliches Einfühlungsvermögen und Liebe für alle tierischen Geschöpfe; sie haben eine Seele und Gefühle, sind wertvolle Lebewesen.
Der Mensch ist ein Folterer und Zerstörer sondersgleichen, der ohne jegliche Gefühlsaufwallung barbarische Qualen und Schmerzzufügungen an Tieren aller Spezien auf der ganzen Welt und der Natur wie selbstverständlich praktiziert, und somit begeht er auch unweigerlichen und gezielten Selbstmord. Ausquetschung des jeweiligen Tages bis zum letzten (Bluts-)Tropfen, Konsequenzen auch hinsichtl. Naturbelastungen und Ressourcenplünderung irrelevant, Gewissen nicht vorhanden, ein abgestumpfter Konsument, Prassen bis zum geht nicht mehr und ein schwelgend-ausuferndes Luxusleben ohne jedweden Sinn noch Verstand.
Darüberhinaus richtet der Autor den Spot auf das Tierschutzgesetz, welches, anstelle die Tiere zu schützen, eher juristische Hintertüren öffnet für die Grausamkeiten am Tier und sie damit sogar legitimiert (Bsp.: horrible, bestialische Schlachtmethoden, Schächten, Umstände in der Massen-/ oder allgemeinen Tierhaltung.)
Was sich v.a. ändern muß: der Rechtsstaat, der gar keiner ist, weil er Spielräume schafft und scheitert beim Durchsetzen neuer Regelungen (als Bsp.: Kükenschreddern oder Schweinemastzucht).
Selbst mit der Frage, ob es eine Tierethik gibt, setzt sich Jürgen Zwilling auseinander. Dabei legt er dar, daß keine gelebte praktische, sondern lediglich eine akademisch theoretische exsistiert.
Der Mensch ist von niederen Beweggründen geleitet (ein Profitjunkie, Neider, Machtbesessender, ein nie zufriedenstellbarer Unersättlicher) - Ethik, Humanität sind ihm Fremdwörter solange sie nicht unmittelbar ihn betreffen. Denn der Mensch sieht nur sich selbst, sein momentanes Los, seine eigenen Bedürfnisse. Das Handeln, keinem Tier (noch Zweibeiner) Leid anzutun, bedarf einer stetigen Reflektion auf sich selbst.
Als unbedingte Pflichtlektüre im Schulunterricht empfiehlt sich dieses wichtige Buch, um als aufrüttelnder Schock-Weckruf noch rechtzeitig Aufmerksamkeit und Bewußtsein zu schüren und sich mit diesem Lebens-Thema auseinanderzusetzen, über die eigene Gedankenhaltung Gewissensforschung zu betreiben. Vorraussetzung für schulischen Einsatz ist eine Überarbeitung: vor Neuauflage ist der Lesestoff von vorne bis hinten auf alle Druck-Schreib-& Genitiv-fehler zu durchforsten (an die 100 sind wirklich zu viele). Evtl. könnte sich zudem noch etwas einfallen gelassen werden, um die wiederholten Einheitsabsätze im Abschluß eines jeden Kapitels verkürzt darzustellen?
Dem Autor geht es bei seinem Aufschrei nicht darum, von Heute auf Morgen ins Extreme zu ziehen, aber, wenn Fleisch, dann bewußt, weniger ist mehr, d.h. nur einmal die Woche und, wenn auch teurer, von regionalen Bio-‚glücklichen‘ Tieren eines bekannten Hof-Bauern um die Ecke (um die Zustände vor Ort zu sehen). Bei seinem persönliche Einkaufsverhalten im Kleinen beginnen, z.B. auf Biokäseprodukte von mikrobiellen Lab (statt tierischem), auf Wein mit Vegan-Label achten, VERZICHTen auf Fisch aus Aquakultur, auf halal-Produkte, auf Büffel-Mozzarella, auf Plastik, auf Echtpelz, auf chinesisch-tierische „Arzneien“, u.dergl. ... genauer hinsehen, sich selbst fortwährend informieren, und viele weitere Schritte unternehmen.
F A Z I T :
Für die/den eine/n Auffrischung mit sogar neuen Details, für andere womöglich grausames Neuland, als unbedingte Pflichtlektüre für den Schulunterricht empfehlenswert (nach Überarbeitung in 2.Auflage)!
Portraits aus einem Gruselkabinett im Umgang mit Tieren in Realität und gelebter ‚Normalität‘(!) – außergewöhnlich aufgrund der tierischen Perspektive, vertreten vom einzigen Fachanwalt, selbst Kater, der die Sprache der Tiere versteht.
Tiere sind Lebewesen! – keine Sache, Rohstoff, billige Wegwerf-Produkte. Dafür ein Umdenken und Bewußtsein zu entwickeln fordert dieses Buch mit Vehemenz auf.
Ein Plädoyer für die Tiere, eine Anklage des sog. Menschen.
Bis ultimo und dann... wird homo sapiens sich selbst und seine Nachkommen vernichtet haben. Ob sich der zerstörte, ruinierte blaue Planet je wieder erholen wird können, bevor ihm eine sich ausdehnende Sonne habhaft wird? Ohne Mensch... besteht vielleicht ein Schimmer Hoffnung. Oder, mit einem neuen Menschen der Gegenwart, der geläutert jedes Leid an Tieren, an der Umwelt wie an seiner eigenen Spezies, ab heute und für eine Zukunft, unterläßt und anfängt, aufzuräumen.
Für alle jene, die ihre Witze über Veganer reißen und für das Schächten/halal sind, ist Folgendes Pflichtprogramm: ZDF-Reportage (2020) „37°: Tiertransporte grenzenlos- Leder für Deutschland“. SCHAUT es Euch an!! und DENKT endlich UM!
Ausblick:
Im bald erscheinenden Nachfolgebuch „Katze Mimis tierischer Menschblick, eine Reise durch die Welt“ wird das Betragen des Menschen aus der Sicht der Tiere beurteilt, mit Schwerpunkt Naturleid – unterstützt wird die Protagonistin mit juristischem Ratschlag vom zeitungslesenden und Presseberichte verfolgenden Dr. Rodolfo.
Jetzt endlich (Jan.2020) auch als Hörbuch erhältlich:
"Kalter Zwilling" ist nach „Der Puzzelmörder von Zons“ und „Erntezeit (vormals: Der Sichelmörder von Zons)“ der dritte Band der mittlerweile bereits ...
Jetzt endlich (Jan.2020) auch als Hörbuch erhältlich:
"Kalter Zwilling" ist nach „Der Puzzelmörder von Zons“ und „Erntezeit (vormals: Der Sichelmörder von Zons)“ der dritte Band der mittlerweile bereits 9 Teile umfassenden und Jahr um Jahr fortgesetzten Thriller-Reihe, die sich um das kleine mittelalterliche Städtchen Zons abspielt. ZONS ist ein realer Ort, der am Niederrhein zwischen Düsseldorf und Köln liegt und Sehenswürdigkeiten wie Bauwerke bietet, deren geschichtliche Hintergründe in diese Thriller informativ einfließen - und somit ein bißchen historisches Sightseeing mal von einer ganz besonderen, spannenden, sogar einprägsameren Art aufbereitet wird. Ein Lageplan des Ortes liefert i.Ü. Band 1.
Falls jemand sich eher nicht für das MA begeistern kann: Catherine Shepherd schreibt gleichzeitig noch an zwei weiteren Thriller-Serien (eine um die Berliner Spezialermittlerin Laura Kern, die andere um die Kölner Rechtsmedizinerin Julia Schwarz), die beide auch jährlich je um ein Buch Erweiterung finden.
Die jeweiligen Bände sind, in Hinblick auf die einzelnen Kriminalfälle, in sich abgeschlossen und unabhängig voneinander lesbar. Da aber auf die Vorgänger Bezug genommen wird und damit deren Mörder, resp. die Auflösung gespoilert werden, ist wohl zu einer chronologischen Vor-Lesehaltung zu tendieren. Davon abgesehen entwickeln sich gewisse Rahmenhandlungen, resp. der Protagonistenkreis fortwährend weiter.
In der Vergangenheit des Mittelalters löst jeweils Bastian Mühlenberg von der Zonser Stadtwache Fälle auf, die packend verknüpft sind mit solchen der heutigen Gegenwart, in welcher der Kriminalkommissar Oliver Bergmann ermittelt, die Journalismus-Studentin Emily Richter recherchiert und, im Laufe der Serie, aus diesen beiden ein Paar wird. Noch zur Info:
Die beiden Vorgänger (Bd. 1 und 2) dieser Reihe sind momentan nur als Download über audible (!) verfügbar, dafür ungekürzt (Erzähler dort: Josef Vossenkuhl).
Beim Hörbuch KALTER ZWILLING handelt es sich um eine lediglich um 11 Min. gekürzte Ausgabe mit ca. 8 Stunden auf einer MP3-CD; die Download-Variante der Online-Buchhändler ist ungekürzt.
Der in Schauspiel ausgebildet, versiert und selbst darüber lehrende Wolfgang Berger spricht sehr klar und deutlich; es ist nicht zu schnell, schon gar nicht monoton, gelesen, denn er weiß gekonnt mittels seiner Stimmmodulation einzelnen Charakteren Leben einzuhauchen, somit Szenen angemessen zu inszenieren.
Top: Auf eine unangenehme Geräuschkulisse oder eingeschobene Möchtegern-Jingles wurde verzichtet.
Extra lobenswert ist zudem die Entscheidung, die hochsensible Scheibe NICHT in einem ollen Pappschuber einzupferchen, sondern hier ist die MP3-CD in sogar einer klassischen Hartplastik CD-Hülle mit Aufsteckmodul (jewel case) kratzsicher aufbewahrbar.
Absolut vortrefflich wäre es, dies beizubehalten und sie auch mal noch mit einem mehrseitigen Info- od. Glossar-booklet auszustatten (z.B. für diesen dritten Band mit noch mehr komprimierten Wissensfakten rund um IvF / seit wann?, wo sind die größten Samenbanken?, zur gesetzlichen Lage in D, in Europa!, Der Trend in GB, wo Mütter für ihre Töchter ihre Eizellen einfrieren lassen; Wer hat‘s eigentl. erfunden?, „Befruchtungstourismus“ / Phänomenales wie Obskures zur Zwillingsforschung, usw.usf.).
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Seit mehr als 40 Jahren wird die künstliche oder Reagenzglasbefruchtung (sprich: IVF = In-vitro-Fertilisation) zur Kinderwunscherfüllung praktiziert. Seitdem sind so, -- gemäß Stand 2016,-- weltweit 6,5 Millionen Kinder zur Welt gekommen. Etwa jede fünfte Reagenzglasbefruchtung führt zu Zwillingsgeburten.
Eizellspenden sind in Europa unterschiedlich geregelt - in Deutschland, wie auch etwa in der Schweiz und Italien, sind sie gesetzlich verboten (d.h.: einer Frau dürfen lt. dem Embryonenschutzgesetz nur eigene, künstlich befruchtete Eizellen, bis zu drei, wieder eingesetzt werden.)
Als im Februar 2013 das Oberlandesgericht Hamm verfügte (Urteil I-14 U 7/12), daß der Arzt verpflichtet ist, dem Kind den Namen des anonymen Samenspenders zu nennen und damit Auskunft über seine genetische Abstammung zu gewähren, schrieb selbigen Jahres Catherine Shepherd diesen Thriller... um einen Fluch über Zwillingskinder in jeder 7.Generation, der sich nun wiederholt.
Gleich dem MA-Erzählstrang beginnt auch die Gegenwart mit einer Rückblende: ein Biologe wird seit 20 Jahren von einem Albtraum an eine Frau heimgesucht, welche damals eine Patientin in IvF-Behandlung war. Albtraumhaft geht es auch weiter mit Tötungen von Tieren im Zeitalter der Vergangenheit. Wird es noch weitere Morde geben und in wieweit hängen sie mit denen der Gegenwart zusammen? +++++
In ausgewogendem Rhythmus pendelt der Thriller zwischen den Mordfällen der Vergangenheit des Mittelalters zu denen in der heutigen Gegenwart.
Trotz selben Sprechers bleibt das Hörbuch dabei erstaunlicherweise immer übersichtlich, und es deutlich, in welchem Zeitabschnitt sich der Zuhörer momentan befindet(, da ja auch jeweils spezielle Personengruppen auftreten) - auch wenn man sich für einen noch perfekteren Lauschgenuß wohl zwei Stimmen und evtl. eine an das MA noch ergiebiger angepaßteren Ausdrucksstil wünschen könnte.
Der Thriller zeigt auf, zu was für Grausamkeiten teuflische Menschen mit „kalter Seele“ fähig sind, damals wie heute, und wie es ihnen ein erfüllendes Bedürfnis ist, einem inneren Zwang folgend, und welch sadistische Freude es ihnen bereitet, anderen, - Tieren wie Menschen,- schlimmstes Leid und brutale Qual zuzufügen.
Die Ermordungsvorgänge wie Morddetails sind fürchterlich, es wird nicht an deren realen Darstellung gespart. So kommen z.B. nicht nur Welpen schockierend zu Tode... doch beginnt das ‚Pervertierte‘ in der Gegenwart nicht schon mit dem Satz „Wählen Sie, egal, irgendeins aus – vernichten Sie den Rest“?! oder spätestens mit der Möglichkeit zur Separierung per, grundsätzlich unbegrenzt langer, Kryokonservierung -- womit die Zwillinge im Pro & Contra auch die sich abblätternde Kehrseite der Medaille von Medizin und deren Errungenschaften versinnbildlichen.
Auch in diesem Thriller von Catherine Shepherd könnte sich das Publikum, im Erzählungsstrang der Gegenwart, mal wieder bis zum Schluß nicht wirklich ganz sicher sein, wer der Täter ist.
Dennoch streut die Autorin sehr wohl einige Hinweise, anhand derer auf den wahren Serienmörder geschlossen werden kann. Und das ist m.u. das generelle Besondere der Thriller von Catherine Shepherd: sie fordert ihre Leserschaft heraus, konzentriert aufzupassen, stets objektiv und skeptisch zu bleiben, sich nichts suggerieren zu lassen, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen - denn oft ist nicht alles so, wie es erstmal scheint.
Hervorragend ist auch ihr Einbau von Wissenswertem, z.B. hier läßt sie die angehende Journalistin Emily eine Recherche mit dem Thema „Gibt es das Böse im Menschen wirklich?“ betreiben, welche fesselnde Fakten und wissenschaftliche Studien nebst neuen Erkenntnissen auf dem Gebiet der Psychopathie dem Zuhörer präsentiert (u.a. Robert D. Hares Checkliste, Skala zur Psychopathie; Businesspsychopathen; Persönlickheitsprofile,-störungen und Gehirnforschung im Zusammenhang mit Psychopathen, welche man z.B. auch aktuell in der Thrillerreihe von Ellison Cooper antrifft).
Allerdings fehlen hier und da noch kleine Infoelemente, mittels derer komplementiert hätte werden können, damit, auch wenn am Ende die Auflösung schlüssig ist, wirklich jede Frage bis in ihre Einzelheiten Beantwortung findet (nur z.B. : begegnen zwei gewisse Frauen noch einem gewissen Mann?)
Weiterer Kritikpunkt:
Hinsichtl. der Konstellation Anna Winterfeld (Emilys bester Freundin) + Bastian Mühlenberg mag die Frage interessant sein: Ist es möglich, seinen Verwandten aus dem MA, bzw. solchen ihnen damals nahestehenden oder mit deren Schicksal verquickten Personen in Träumen oder Visionen zu begegnen? (Noch dazu, da es ja heute Menschen gibt, die behaupten, davon felsenburgfest davon überzeugt zu sein, bereits früher einmal gelebt zu haben. Oder: Reinkarnation, schamanenhafter Kontakt mit Verstorbenen, etc.p.p.) Dieses eigentlich geniale Konzept soll nochmal auf anderer Ebene Perspektiven in die Vergangenheit wie Zukunft, bzw. Gegenwart ausleuchten, um sich dem Täter anzunähern. Aber, dies ist eher nur angeschnitten eingeflossen, noch dazu als romanzierte Sehnsucht dargestellt, wobei doch Bastian in glücklicher Beziehung ist.
Hier, in diesem sich durch die Zons-Thriller-Reihe durchziehenden mystischen Erzählfaden, ist folglich unbedingt ein Ausbau notwendig, so daß er nicht nur für Quereinsteiger greifbarer werden kann und sich besser in das Gesamtwerk einflicht. Und, es aufgrund der bestehenden Partnerschaften auf eher Freundschaft belassen, nicht amourös-angetoucht gestalten.
Beeindruckend ist, daß der Thriller mit einem Eierklau und Fluch beginnt und gewissermaßen auch so Ausgang findet. Auch wenn die Autorin nie Partei ergreift, scheut sie sich nicht das brennende Eisen humaner Reproduktionsmedizin & –biologie anzupacken. So wirken wie ein authentischer Erfahrungsbericht die ungeschönten Einblicke in die klinische (und für Frauen unangenehm eindringliche) Prozedur, ja man vermeint all dem als Zeuge beizuwohnen. Und, es wird aufgezeigt, wie Fakten und Umstände (sogar aktuelle Schlagzeilen! bei eigen-Recherche in den Medien) neutralen Boden verlassen und einfach für sich sprechen, was die aufstürmende Streitfrage entscheiden mag: IVF – Segen? doch vielmehr Fluch. Denn eine gefühlskalte, geschäftsmäßige, gewissenlose Massen-Handhabung auf dem Sektor IvF zeigt fast schonungslos die ‚dreckige‘ Realität, was passieren kann und sogar tatsächlich praktiziert wird, in Labors, per Gesetz, auf Patienten Wunsch, oder aus Größenwahn. Zudem verheerend, was Lügengespinste, Geheimnisse mal wieder für Ausmaße nehmen...
F A Z I T :
Für all jene, die sich gerne in der Täter-Ermittlung herausgefordert sehen gehören wohl Catherine Shepherds Publikationen zum Must-Read.
Bereits hier, in einem ihrer Anfangswerke läßt sich unglaubliches Steigerungspotenzial dieser Autorin erahnen.
Es ist nicht alles Goldmünze was glänzt.
Sehr viele, unterschiedliche Aspekte, ja ein ganzes Spektrum greift Catherine Shepherd auf, wobei wohl die aufwühlenste dabei sein, oder was aus diesem Thriller neben der Zwillingsfrage gen Ende am intensivsten mitgenommen werden kann:
IvF – eine in die Normalität eingegangene alltägliche Praxis, dessen wirkliche Brisanz erst noch die Zukunft uns vor Augen führen wird.
Catherine Shepherds Thriller entzündet beim Leser die Dringlichkeit, sich mal eingehender mit dieser Thematik zu beschäftigen, faktisch wie moralisch. Alles keine Hexerei sondern Wissenschaft, aber eine anscheinend von Anfang an verfluchte Angelegenheit, die teuflisch ausgehen kann.
++++ Bewertung 3,85 von 5 Sternen ++++
AUSBLICK:
Wolfgang Berger liest, neben diesem aktuell als Hörbuch veröffentlichten Bd.3, auch Bd.4 (Auf den Flügeln der Angst/451 Min.) und Bd. 5 der Zons-Reihe (Tiefschwarze Melodie/408 Min.), die Ende Feb. & März 2020 als gekürzte Lesung auf MP3-CDs, auch wieder mit um die 8 Stunden Länge, erscheinen werden.
Es ist anzunehmen, daß auch die Zons-Thriller-Bände 6, 7 und 8 noch als Lesung folgen werden.
Band 9 der Zons-Reihe (Sündenkammer) war bereits auf MP3 herausgekommen, und, ist auch als Hörbuch-Download in ungekürzter Lesung erhältlich.
Kurzeindruck:
solider und übersichtlicher realitätsnaher Kriminalfall der sich mit einem anderen Cold Case um eine Verschwundene überschneidet //
strukturierte, mehrebene Polizeiermittlung in Reinkultur ...
Kurzeindruck:
solider und übersichtlicher realitätsnaher Kriminalfall der sich mit einem anderen Cold Case um eine Verschwundene überschneidet //
strukturierte, mehrebene Polizeiermittlung in Reinkultur und Echtzeit mit äußerst sympathischen und v.a.integeren Charakteren, im leise gethrillten Showdown mit psychologisch-getunten Kammerspiel
+++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Jørn Lier Horst, selbst ehemaliger Kriminalhauptkommissar bei der norwegischen Polizei, veröffentlicht seit 2004 Buch um Buch und erhielt zahlreiche Auszeichnungen (für Winterfest und Jagdhunde, Bd. 7+8 aus der Wisting-Reihe).
Der bei uns aktuell erschienene, strenggenommen bereits 12. Band aus der bisher 13teiligen William-Wisting-Serie, aber davon ausgekoppelt als Erster im Piper-Verlag unter dem weiter fortgesetzten Cold Cases-Quartett um den besten Ermittler Norwegens, „WISTING und der Tag der Vermissten“ (im norwegischen Original „Katharina-koden“/The Katharina Code) wurde jüngst mit dem renommierten Petrona Award als bester skandinavischer Kiminalroman prämiert.
Die einzelnen Bände sind je in sich abgeschlossen und können auch außerhalb der Reihenfolge ohne Verständnisprobleme gelesen werden.
Dies gilt auch für das jetzt begonnene 4tlg. Spin-Off.
Da die Rechte an William Wisting bereits an eine norwegische Produktionsfirma verkauft wurden, (in deren Boot mit unter Leute sind, die bei der Verfilmung der Varg Veum Bücher und dem norwegischen Blockbuster “Kon-Tiki” mitwirkten,) könnten die Romane dieses skandinavischen Bestseller-Autors eventuell bald als Verfilmung fürs Fernsehen oder Kino Umsetzung auf die kleine oder große Leinwand erfahren.
Geplant sei bereits eine TV-Serie mit Sven Nordin in der Hauptrolle und Carrie-Anne Moss als FBI-Agentin.
Noch zur Info:
Bisher wurden leider nicht alle Bücher der William-Wisting-Reihe ins Deutsche übertragen (damit fehlen: Bd. 1,4,5,6,11). Dies gilt auch für die englische Translation.
Davon abgesehen hat J.L. Horst für junge Leser viele Detective-Stories verfaßt: Die mittlerweile auf 9 Büchern ausgebaute CLUE-Reihe (2012-2016) ist noch nicht übersetzt worden, ganz zu schweigen von der 10bändige Detektivbyrå nr. 2- Reihe (2013-2016).
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Mittels eines sehr leichten, flüssigen Schreibstils wird das Lesepublikum in die 88 Kapitel auf 444 Seiten umfassende Geschichte dermaßen hineingezogen, als sei es selbst vor Ort und würde William Wisting, - Polizeihauptkommissar und Ermittlungsleiter bei der Polizeidirektion in Larvik/Vestfold,- z.B. beim Studieren der Sammelmappen, Unterlagen, Befragungen, Lichtbilder und Notizen förmlich über die Schultern spieken, jene aufmerksam mit-durchexerzieren und sich über die einzelnen Puzzelsteine und die zahlreichen Rätselfragen rund um den Fall anfangen den Kopf zu zermalmen.
Seit nun mehr 24 Jahren holt William Wisting jedes Jahr zum 10.Oktober die ordnerdicken Ermittlungsakten rund um den Cold Case der damals mysteriös von daheim verschwundenen Katharina Haugen hervor und analysiert sie von Neuem eingehendst, obwohl er sie schon längst in- u. auswendig kennt.
Sein siebter Sinn, aller Merkwürdigkeiten diese Falles eingedenk, läßt ihn immer nur deutlich auf eine kriminelle Handlung schlußfolgern. Was ihm stets noch suspekt bleibt war die hinterlassene Szenerie des Hauses u.a. die Art des für eine Reise zusammengestellt und vorgepackten Koffers, ein aus dem Rahmen herausgenommenes Foto, die herausgezogenen Bücher, neben dem frischen roten Rosenstrauß, sowie ein auf dem Küchentisch gefundener Zettel mit ominös-ausgediftelt und zwischen Linien angeordneten Zahlenkombination, an deren Ausdeutung selbst alle möglichen diversen Expertengruppen und Spezialisten immer wieder verzweifeln. Der Schlüssel zur Lösung des Falls? Wie sind der undurchsichtige Nachbar und die stalkende Ex-Frau Martin Haugens einzustufen? Nach der Zeugenaussage einer Gesangskollegin aus dem Chor habe sich Katharina ein gutes Jahr vor ihrem Verschwinden verändert: die einst voll Energie berstende und ausgeglichene Frau hätte sich zurückgezogen, wirkte sonderbar niedergeschlagen und verschlossen – was ist Katharina am 10.10.1989 zugestoßen? Welches nagende Geheimnis trug sie anscheinend bereits geraume Zeit vor ihrem Verschwinden mit sich herum? Warum konnte bis heute der Leichnam nie aufgespürt werden?
Ansonsten hat sich Wisting zur jährlichen Gewohnheit angeeignet, zum Zeitpunkt des Verschwindens, den Ehemann der wahrscheinlich Ermordeten privat aufzusuchen, Martin Haugen, eigentlich dem Hauptverdächtigen schlechthin, der allerdings ein wasserdichtes Alibi vorweisen konnte. Eine ganz eigentümliche Nähe und Bekanntschaft zwischen den beiden Witwern entwickelte sich im Laufe der Jahre daraus. Doch heuer ist er zum ritualisierten Treffen mit dem Kommissar überraschend nicht anwesend noch auffindbar.
In der unermüdlichen Suche nach Antworten erscheint zeitgleich der für eine neu eingerichtete EU-Spezialabteilung um Cold Cases, bei der Kripo in Oslo, ermittelnde Kommissar Adrian Stiller und wuchtet den 26 Jahre alten Fall um die nach einer Party nie mehr aufgetauchte und angeblich entführte Nadia Krogh wieder auf den Tisch. Gegen Marin Haugen wird jetzt intern wegen Mordes ermittelt(!), denn er ist in der Krogh-Affäre nachweislich verwickelt. Was ist mit der damals 17jährigen geschehen, was hatte es mit den Erpresserbriefen auf sich, warum wurde das Lösegeld nicht abgeholt? Und zu guter Letzt: in welcher Verquikung könnte dann all das überhaupt zu Katharina Haugens späterem Verschwinden stehen?
In Detective Stillers sorgsam aufgestellten Spielplan beginnen nun austarierte Schachbrettzüge die Fälle in Bewegung zu bringen. Dieser erfordert parallel zu den wiederaufgenommenen Ermittlungen Kommissar Wistings Tochter Line zu integrieren: die für ihren investigativen Journalismus ausgelobte Reporterin soll darüber regelmäßig schreiben, in einer Artikelserie um die Krogh-Entführung von 1987, um (ihr unbewußt) dem Täter zuzusetzen; desweiteren vollzieht sich ohne ihr Wissen eine gleichzeitig geheime Involvierung ihres Vaters, der quasi undercover intensiv auf Haugen angesetzt werden soll, um ein Vertrauensverhältnis noch zu schüren. Die zeitgleichen auf vielen Ebenen wirkenden Ermittlungenstränge mitsamt psychologischer Kriegsführung verflechten sich zunehmend dichter, die Lage spitzt sich zu. Werden Stillers präzise ausgelegten Netze den Fisch endlich an Land ziehen und damit zur Strecke bringen, oder wird Wisting in diesem riskanten Manöver zu weit gehen und das Ganze in ein unaufhaltsames Roulett um Leben oder Tod ausarten?
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Wer hier einen rasanten und vollüberladenen Action-Thriller erwartet, wird nicht bedient werden. Auf blutige Grausamkeiten wird ebenfalls verzichtet genauso wie auf unnötigen Bombast und Effekthascherei. Und dieser wirklich gute Polizeiroman zeigt, daß er all das auch überhaupt gar nicht braucht. Denn es handelt sich um einen, durchaus auf wahren Tatsachen beruhenden und, die Realität langwieriger und hartnäckige Geduld wie Nerven aus Stahl erfordernder Polizei- u. Ermittlungsarbeit, in ihren einzelnen Schritten, abbildenden Krimi; ein Roman also, der wirkt, als ob reale Kriminalfälle aus dem wirklichen Leben nachgestellt wurden.
Dies umfaßt auch die Verfolgung und Auswertung der laufenden Kommunikationsüberwachung (Ortung, Peilsender, Abhörtechnik, versteckte Kameras, verdeckte Hausdurchsuchung), Feinarbeit der Techniker bei der Grabungsarbeit bei Leichenfundvermutung, und es fällt sogar ein gehauchter Blick darauf, wie anstrengend sich die alle höchste Aufmerksamkeit erfordernde Arbeit auf die Psyche der Kommissare und Beteiligten belastend auswirken kann.
Unmittelbare Quelle dieser Authentizitätsdichte ist der Autor selbst, der nach fast 20 Jahren Dienstzeit als Polizist und 10 davon auch als Chefermittler 2013 den Beruf quittiert hatte.
Das Teamwork der verschiedenen Abteilungen und Berufszweige wird klasse und authentisch übermittelt:
Die Leserschaft erhält nicht nur Einsichten in polizeiliche Verfahrensphasen, sondern in die Kooperation mit den Medien, und den Perspektivenwechsel und Blick von außen via Zeitung, Internet und Fernsehreportagen, aber auch hinsichtlich deren Arbeitsweisen eines seriösen Nachrichtenjournalismus und Reporterteams, allen voran Wistings Tochter Line, die bei VG, der größten Tageszeitung Norwegens, als Kriminalreporterin tätig ist.
Als sei der Leser Begleiter oder fast Azubi an der Seite der Polizeiermittler und Berichterstatter verfolgt er peu à peu die teils zähe Prozedur der Annährung zur Aufklärung mit und wird Zeuge beim Dechiffrieren des Codes von Katharina und aller anderen bisher ungelösten Geheimnisse.
Konturen einer Lösung zeichnen sich immer mehr ab und alle stehen im großen Kontext zueinander.
Hier wird nicht die Leserschaft etwa auf fälschlich ausgelegte Finten immer wieder aufs Neue weggeschickt, sondern, in einer fein-geknüpften Raffinesse verschiedener, parallel verlaufender Handlungsstränge eines subtil ausgestrickten Netzwerkes ist es der Täter der sich zunehmend verhadert und selbst am Ende zu Fall bringt.
Der Krimi ist sehr übersichtlich, auch in überschaulicher Personenanzahl und Orte, klar, deutlich, ohne viel Tamtam, nicht zu komplex oder gar versponnen, in (fast schon zu) einfacher Syntax zügig zu lesen, wobei die Handlung schlüssig, logisch bleibt und erst ab ca. dem letzten Viertel des Buches und zum Ende hin mit stetig packend-wachsender Spannungskurve leiser Töne aufwartet; direkt auf das Wesentliche steuernd - so ist es auch dem Charakterzug Wistings eigen.
William Wisting brilliert mit seiner in sich geerdeten Ruhe, nachdenklichen und konzentrierten Vorgehensweise, und, mit seiner nie nachlassenden Sorgfalt und hohem Engagement; dessen Ziel ist es, neue Perspektiven aus den alten, kalten Akten mittels neuer Ermittlungen & Forschungsergebnissen herauszuspüren, das Verbrechen unbedingt aufzudecken, um somit potentiellen Opfern doch noch endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Trotz all den Jahren der Konfrontation und bewußten Auseinadersetzung mit dem Dunklen im Menschen hat er sich seine moralische Integrität und Menschlichkeit bewahrt.
Eine Maxime Wistlings ist ferner, immer zu versuchen, das Unfassbare zu verstehen, wieso ein Mensch einen anderen töten kann.
Wieder und wieder geht er von Jahr zu Jahr Fotos und Aufzeichnungen, Zeugeninterviews, Vernehmnungsprotokolle, Larborberichte, wirklich alles, akribisch durch, in der Hoffung, daß sich ihm neue Erkenntniswege eröffnen. All diese Zeit für einen Fall, einen Menschen zu investieren unterstreicht nur den hohen Ehrenkodex, der William Wistling innewohnt. Allein die Tatsache, daß W.W. Pappkartons mit allen Dokumenten in seinem Kleiderschrank zu Hause, sicher und jederzeit zugriffsbereit, aufbewahrt, zur tagtäglichen Ermahnung an den ungeschlossenen Fall und der steten geistigen Vergegenwärtigung, um den Verstand immer arbeiten zu lassen und am Laufen zu halten, läßt einen den Hut vor ihm ziehen. Wie er sich ganz und gar hineinkniet in die Fokussierung auf Einzelheiten imponiert genauso: er sucht Kleinigkeiten, kleine Verdrehungen der Wahrheit rufen einen falschen Eindruck hervor von dem was sich tatsächlich zugetragen haben könnte. Sachte Misstöne, feinste Nuancen, fast nicht auszumachen dennoch vorhanden, die man unterschwellig wahrnimmt im Verhalten, oder minimalste Abweichungen in Gefühlsreaktionen, die nicht gleich faßbar oder zu bestimmen sind; darüber hinaus in Äußerungen im Gespräch schimmern winzige Details, die sich geringfügig manchmal verändern in weiteren Unterhaltungen. Das zu durchschauen und mit einer laserscharfen Beobachtungsgabe zu registrieren, denn Körperhaltung, Gesichtsausdruck, Tonfall sollen ohne Widerspruch in harmonischer Wahrheit vereint sein, hat sich Wisting bereits als Wesenszug verinnerlicht und unterstützt sein kriminalistisches Gespür und kriminologischen Feinsinn.
Jørn Lier Horst beschreibt seine Protagonisten sehr anschaulich und läßt sie mit ihren Eigentümlichkeiten, Stärken wie Schwächen oder kleinen Ticks wie Personen aus dem eigenen, realen täglichen Leben wirken, als seien sie Freunde, Bekannte oder Verwandte, ja, man kann sich sogar selbst in ihnen gespiegelt wiederfinden.
W.W. ist ein wunderbarer, liebender Papa der in jährlich gepflegter Routine bei Besuchsantritt seines Sohnes Thomas, einem eingespannten Berufspiloten beim Militär mit Einsätzen in Afghanistan, eigens Pizza bäckt. Auch sonst versorgt er seine beiden erwachsenen Zwillinge mit selbst zubereiteten Speisen.
Die eingewebten, schnuckligsüßen und teils schmunzligen ‚Aufpassen-aufs-Enkeltöchterchen‘-Einschübe lassen Kommissar Wisting als Großdaddy nur noch mehr an unglaublicher Sympathie liebgewinnen und ein klein wenig tiefer in seine Seele blicken; zudem beleben die Babysitting-Elemente der auch als Journalistin Mobile Working-betreibenden Line, neben des harmonisch Miteinanders, den Alltag der Familie und wärmen das Herz des Lesers.
Der 1958 geborene Wisting beeindruckt auch in seinem unterstützenden und aufrichtigem Umgang mit seiner 30jährigen Tochter Line, der kategorischen nicht-Kaffee-Trinkerin und Hobby-Ahnenforscherin, Mutter der 14monatigen Enkelin Amalie, die Strafzettel beim Falschparken sammelt. Als ursprünglich verantwortungsvolle Nachrichtenreporterin möchte sie nach ihrer 16monatigen Mutterschaftsauszeit als freie Journalistin weiterarbeiten, und ist sogar schon als Freelancer tätig. Auf Anordnung und minutiösem Kalkül Adrian Stillers wird sie in das gerissene Gefüge seines raffinierten Spielwerkes eingebaut, um als eines der wichtigen Rädchen die Maschinerie zur Ergreifung oder Erlegung eines geständigen Täters in Gang zu setzen.
Gleichwohl hat Jørn Lier Horst mit Adrian Stiller, ehemals Adrian Palm, einen weiteren fazinierenden Charakter zum Leben erweckt: dieser arbeitet nicht nur versessen an unaufgeklärten Mordfällen, sondern auch mit ungelösten Vermisstenfällen, bei denen es sich um Mord handeln könnte. Ca. 35 Jahre alt, gepflegt, mit stahlgrauen, wegen Überanstrengung leicht geröteten Augen, erinnert er an einen Firmenanwalt oder korrekten FBI-Typ im Film; er vertilgt Fisherman’s Friends Pastillen und leidet unter notorischer Schlaflosigkeit seit einem schicksalshaft tragischen Trauma, wobei die Albträume nachgelassen haben. Seine Berufsausbildung hatte er sich aufgrund dessen, seines persönlichen Cold Case, gewählt: seine eigene Freundin, Julia Ann, verschwand völlig spurlos vor 18 Jahren in Südafrika. Zielgerichtet und ergebnisorientiert ist Kommissar Adrian Stiller taktischer Stratege mit fragwürdigen, kreativen Methoden: er manövriert die Ermittlungen einem ausgewieften Spiel gleich bei hohem Einsatz, sogar manchmal mit etwas unorthodoxen doch sorgsam plazierten Winkelzügen. Für ihn ist der kurz vor der Pension stehende Wisting der eher defensive und doch so unverzichtbare und v.a. ausschlaggebende Joker im Hintergrund. Dabei will W.W. gar nicht wirklich manipulativ agieren, sondern immerzu ehrlich und offen, balanciert aber gezwungenermaßen auf einem schmalen ethischen Grat, da ein Geständnis zu erhalten für die Gerechtigkeit des Opfers Vorrang hat.
Kritikpunkte
SPOILER – Anfang:
Wer als Leser aber generell alles ganz genau wissen möchte, dem wird hier ein bißchen noch was fehlen: nämlich wurde auf den Ablauf, oder besser diese Augenblicke des damaligen Streits nicht eingegangen; Katharina plante, sich der Polizei auszuliefern; kurz davor hatte sie auf Martin eingeredet, ihr es gleich zu tun und sich doch auch der Polizei zu stellen, aber er weigerte sich, er gehe doch nicht ins Kittchen(!?), da er es ((das unauffällige Beiseiteschaffen Nadias Leichnams)) für sie getan habe - die Verantwortung für alles trage letztlich nur Katharina; die unmittelbaren Auswirkungen die zum Tode Katharinas führten, wurden nicht eindeutig verifiziert [war es nun, im Gezanke, etwa ein Schubsen mit tödlicher Unfallfolge, oder, ein eruptierter Wutausbruch mit auf die Ehepartnerin losgehen und sie zu Tote schlagen, oder, eher doch ein gezieltes, absichtliches z.B. Erdrosseln, um zu vertuschen und nicht ins Gefängnis zu müssen(?),] sind hier denn die pathologischen Untersuchungen gar nicht so wichtig (?) ((sie waren es nur bei Nadia; was exakt mit Nadia geschah, erfährt ausführliche Auflösung. Da war es ein fataler Autounfall. Aber hier? Totschlag aus Affekt oder doch Mord)). Darüber hinaus wurde das situationsgeprägte Emotions- wie Gedankenchaos nicht eruiert, diese psychologische Tiefenschichtigkeit blieb dann doch aus – nur vorher, in Wistings Mutmaßungen zu einem Mord im Affekt und den verqueren Aussagen Martins über einen gewissen 'Urinsinkt', (statt tatsächlich anerlerntem Reflex oder unbeherrschter Triebe,) kann vom Leser erahnt werden, was geschehen sein könnte, abgelaufen sein muß. Martin ist jedenfalls Katharinas Mörder - egal aus welcher Konstellation heraus. Hatte Martin jetzt Katharina versehentlich erschossen(?), weil er sich bedroht fühlte ((er müsse ins Gefängnis)), deshalb sei sein Angriff angeblich aus vererbtem Urinstinkt erfolgt(?). Dieser Satz hätte im 'Autowagen-Geständnis' quasi nochmal kommen müssen! Das präzise Herausfiltern der Wahrheit war wahrscheins gar nicht mehr möglich, weil der Täter/Mörder über all diesen jahrelangen Zeitraum davor weggelaufen ist, das Geschehen in Eis gelagert hatte, sich dem nie wirklich stellt, einfach nur vergessen wollte(?), weil er sämtliche Schuld ja auch seiner Gattin zugeschanzt hatte(?!).
Auf Zeit spielte, denn es kam zu einer Gesetzesänderung, nach der die Tat jetzt nicht mehr nach 25Jahren als verjährt gilt.
Und dennoch: Er hegt Gewissensbisse (?) wegen Nadia, einer Fremden, fährt 2x zu den Kroghs, weil Martin die damaligen Ereignisse zu erzählen beabsichtigt; hingegen, in Bezug zur eigenen Gemahlin gibt’s keinerlei Gefühlsregung/Bedenken? ... diese total ausbleibenden Worte dazu im Wortschwall zu Wisting ((alles über Nadia, nix zur eigenen Frau)) entsetzen einfach, ja, sind ein blanker Horror, denn, man bedenke auch, daß er bereits zum zweiten Mal einen Leichnam unterteerte, und dann diesmal auch noch der einer ihm so nahe stehenden Person. (Oder, muß hier erst am Anfang auch angesetzt werden: wer wollte ursprünglich, bei dem Unfall, durchsetzen, es zu verschleiern? er oder sie?) Da ja ‚Katharina‘ immerhin der Hauptfall ist, sollte hier doch dahingehend keine dezidierte Darlegung dem Leser unterschlagen bleiben. Vielleicht bietet sich dem Autor bei einer Verfilmung noch die Gelegenheit, diesen Umstand unbedingt auszuführen. SPOILER -- Ende
F A Z I T:
Meisterlich konzipiert: Wie der stete Tropfen den Stein höhlt so schürft sich Wisting fast tastend Jahr für Jahr, und besonders gen Ende, noch dazu hin-und herpendelnd zu Kommissar Stillers fortschreitenden Ermittlungen, Medien-Einspielungen und sprichwörtlichen Ausgrabungen, im zum sich psychologisch verdichtenden Kammerspiel einer 3tägigen Hütten(tor)tour mit der Geduld des immer wieder die Rute auswerfenden Fischeanglers, Stunde um Stunde, dann minütlich, ins Gewissen des Täters vor, welcher so unendlich lange schon etwas hinter einem mit Lügen zugeteerten Fassadenbau versteckt.
Wie Wisting angesichts des Horrors um die damaligen Ereignisse und der möglichen unmittelbaren Lebensgefahr für die eigene Person seine Zurückhaltung und diese beherrschte Ruhe-in-sich aufrecht erhält, und, dabei auf der rutschig-glatten Eisdecke von Psyche des Mörders zu gleiten vermag, bis er sie zum Einbrechen bringen kann, packt den Leser in bewundernder Sprachlosigkeit und gewichtet die Dramatik um so mehr.
Das Prozedere der kohärend und simultan zu einander ablaufenden Verfahrensstationen sind von ganz eigener Faszination und entwickeln einen ungewöhnlich leisen, aufschraubenden Thrill.
Wer regelmäßig Aktenzeichen XY ... ungelöst verfolgt, kommt nicht umhin, sämtliche Bücher dieses Autors zu vertilgen.
Tusen takk! Danke vielmals, Herr J.L. Horst - es gibt sie doch noch, wundervolle Menschen, inspirierende Kommissare, vorbildhafte Detectives, einwandfreie, integere, ehrliche Ermittlungsbeamte, die unermüdlich kämpfen, um eines Tages doch noch die Wahrheit aus dem Eis des Schweigens herauszubrechen, an die Oberfläche zu befördern und damit zu befreien – für die Wahrheit ist es wohl nie zu spät. Mögen die Fälle, die das Leben im Lichte wie im Dunkeln schreibt, auch noch so grausam, kompliziert, einbetoniert sein, mit unbändigem Willen und voller Einsatzbereitschaft streben Leute solchen charakterlichen Schlages danach, sie dennoch zu lösen, Gerechtigkeit anheimfallen zu lassen, den Täter zur Verantwortung zu ziehen, zu etwas Größerem beizutragen, einen Sinn zu entdecken in dem was man tut.
Ob Adrian Stillers angedeuteter ganz eigener, privater Vermisstenfall je Enträtselung erleben wird? - das möchte man irgendwann gerne doch noch erleben. Und natürlich William Wisting, dem Fels in der Brandung zum Eisknacken ominöser verschütteter und eingefrorener Fälle, gerne wieder begegnen. Mitsamt seinem liebenswerten Familyclan Auf die drei nächsten Bücher dieser Cold Case-Reihenauskopplung bin ich nun sehr gespannt.
COVER-Interpretation & Buchgestaltung:
In großen, klar-umrissenen Lettern prangt in einem warmen Morgensonnenorange der Nachname des besten Kommissars Norwegens WISTING auf einer kaltweißen, nur partiell eisblau-kolorierten Schneelandschaft, (oder zugefrorenem Eissee), so als ob sich dieser von nichts aufhalten läßt und ein unerschütterliches & markantes Zeichen, gleich einem Branding, darauf setzt. Die Versale ragen reliefartig hervor und sind haptisch erspürbar - toll! Die leichten aber vorhandenen, im Schneeweiß allerdings ungesehenen Unebenheiten & feinen Nuancierungen dieser planar zugeschneiten und verkarsteten Oberflächenstruktur gewinnen nur hier, in des Ermittlers Großbuchstaben, mittels mandarinengüldener Akzentuierung, an ausgeleuchteter Dimension und kommen zum sichtbareren Vorschein.
Feinste Details in der Indizienanalyse sind auch im Kriminalroman von ausschlaggebender Erhellung und tragen so zur Lösung des Doppel-Falls mit bei. Das durchgehend kompakte, ziemlich gleichmäßig verlaufende Schneegebiet, welches sich bis zu einem nur mehr kleinen, kaum merklichen Horizont hochzieht, mit diesem teils fast zu verschmelzen scheint, ist mit einer metertiefen Schneise versehen; diese schneidet sich, wie ein Durchhau eines wasserfarbenen Gletscherspaltes ausgeformt, mit vertikalen Seitenwänden, quasi durch die Buchfront, knackt auf diese Weise die gefrorene Eischneedeckenschicht auf und bahnt einen Weg zur Zivilisation – als beabsichtige sie eine versinnbildliche Betonung darauf zu eröffnen, daß selbst ‚eingefroren-verkrustete‘, ältere, ungelöste Kriminalfälle aufgebrochen und aufgeklärt werden können. Als wäre es möglich, Geheimnisse, die tiefer verborgen lauern als die tiefsten Schluchten oder bodenlos klafternden Wunden, doch noch an die Oberfläche und damit zu Tage zu fördern.
Unter dem Wort Wisting ist in Schwarzdruck der Titel etwas kleiner fortgesetzt mit „und der Tag der Vermissten“ - Band 1 der Cold Cases-Reihe.
Das Brochüreformat ist wunderbar informativ, wenn auch etwas komprimiert, ausgestattet: Es enthält, zusätzlich zur Plotbeschreibung auf der Buchrückseite, auf ihren aufschwenkbaren Klappenseiten vorne ein Mini-Recap, und hinten ein Foto samt Kurzbiographie des 1970 in Bamble/norwegischen Provinz Telemark geborenen Autors, sowie, innen einen prima Steckbrief zu Wisting, nebst Vorankündigung eines weiteren Bandes zur Cold-Cases-Serie, welcher mit dem Titel „WISTING und der fensterlose Raum“ („Det innerste rommet“) im Januar 2020 ihre Fortsetzung erfährt.